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Liebe LeserInnen der Frühlings-LUST!

Beim Schreiben eines Artikels knarrte er bedenklich, plötzlich fielen die Ordner von dem seit vielen Jahren zuverlässig dienenden (selbstgebauten) Regal, Regalbretter rutschten mit den Büchern und/oder gesamnmelten Zeitungen und Zeitschriften in sich zusammen, wir konnten von Glück sagen, dass nicht einer der Rechner oder Drucker damit beschädigt wurden.

Jetzt musste erst mal ausgeräumt und vorübergehend in Kisten gepackt werden, die Kisten wurden in der ganzen Wohnung verteilt, das sah vielleicht aus ... noch schlimmer als sonst, wenn wir gerade an einer Zeitschrift arbeiten, sie drucken, zusammenlegen, heften, falten, schneiden und in Umschläge stecken, adressieren, verschicken. Hinzu kommen Briefe mit Rechnungen, sonstigen Hinweisen usw.
Zurück zum Regal. Es mussten 6 neue Bretter zurechtgeschnitten werden, ein weiteres Tragendes befand sich praktischer Weise noch im Keller, dann wurde gebohrt und geschraubt.

Und dann wurde die Bücher wieder reingeräumt und dabei unwillkürlich ein bisschen anders geordnet. Wir werden sicher noch Monate brauchen, bis wir wieder alles irgendwie finden, wenn wir rasch mal nachschlagen müssen.

Jetzt musste das weitere schnell geschehen, damit es uns nicht doch noch leid tut. Blutenden Herzens haben wir ganze Jahrgänge von Queer, Rosa Zone, Gay Express, Our Munic, Siegessäule, GAB usw. in Wegwerf-Kisten gesteckt, 12 große Kisten wurden es. Und als wir beginnen wollten, immer mal ne halbe Kiste in den Papier-kontainer zu werfen, stellten wir entsetzt fest, dass statt des (Plastik)-Papierkontainers dort nur ein verkohlter unansehnlicher Haufen zu finden war.

Warum Herzblut? Niemand interessiert sich mehr für den Inhalt in diesen auf dem Flur stehenden Kisten, und wir, die wir annahmen, man könnte hier immer mal was nachsehen, sind auch schon aufs Internet gekommen. Die kommerziellen Blätter veralten ebenso schnell wie die Termine in ihnen. Richtungsweisende Beiträge sind in ihnen ohnehin nicht zu finden. Die müssen weg. Sie stehen nur noch im Weg rum.

Und - ach ja - die Frühlings-Lust muss jetzt aber fertig werden. Noch dieses Editorial schreiben, dann umspeichern und dann drucken.

Seht Ihr? Stolz präsentieren wir Euch das erste bunte Titelblatt der LUST. Klar, das ist verdammt teuer, und ein Satz farbiger Tonerpratonen kostet so ca. 650 Euro. Da wird noch ein Teil meiner Rente dran glauben müssen, jedes Mal. So habe ich mir früher meine Rente nicht vorgestellt. Aber ehrlich, sie sieht wirklich verdammt gut aus, die neue LUST mit dem farbigen Umschlag.

Bestimmt werden die BesucherInnen der einschlägigen Verkaufsstellen nun häufiger nach der LUST greifen, in den grauen Seiten blättern und feststellen, dass in den so geannten Bleiwüsten und zwischen den gelegentlichen Tippfehlern, wie wir selbstkritisch einräumen müssen, doch recht interessante Beiträge zu finden sind, die ihre 3 Euro wert sind. Das sind sie doch. Oder?

Wir machen uns doch diese Arbeit nicht, damit die Beiträge ungelesen irgendwo im Papierkontainer landen, vom investierten Geld gar nicht zu reden. Das wäre schon recht bedauerlich.

Eben flattert mir noch die Meldung rein, dass die Große Koalition am Freitag, also dem 23.03.07, ein Antrag an die Bundesregierung stellt, „Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV/AIDS in Deutschland“ zu ergreifen. Was sind das für „Maßnahmen“?

Es wird in Ziffer 6 des Antrages die Bundesregierung von den Regierungsparteien aufgefordert, „gemeinsam mit den Ländern und Verbänden bundesweit im Rahmen einer Selbstverpflichtung der Anbieter von Orten sexueller Begegnung auf Präventionsmaßnahmen hinzuwirken, die u. a. - den vollständigen Verzicht auf Werbung und Unterstützung für ungeschützten Geschlechtsverkehr beinhalten sollte.“

Die Grünen fordern, in der Drucksache 16/3615 die Ziffern 6 und 7 auf jeden Fall zu streichen. Den grundsätzlichen Unterschied zwischen „unsafem Sex“ und „Barebacking“ bewußt ignorierend, bergen diese nicht nur die Gefahr einer Krimi-nalisierung selbstbestimmter, eigenverantwortlicher und risikobewußter Sexualität von HIV-Positiven, sondern der Allgemeinheit.

Das geht nicht nur Wirte von Parties an, sondern Internetbetreiber, Herausgeber von Zeitschriften usw. Wenn zwei Menschen den gleichen Sero-Status haben (also beide z.B. positiv sind) und ungeschützt miteinander verkehren, verbreiten sie gar kein HIV. Und wird nun der Spruch der Aidshilfen „Raus bevor es kommt“ zukünftig als Propaganda für unsafen Sex angesehen, weil beim Blasen kein Pariser benutzt wird, diese lustvolle Tätigkeit also als „unsafe“ angesehen werden kann?

Das birgt die Gefahr, dass Eiferer, die nicht mal sachkundig sein müssen, im Zusammenhang mit diesen „Maßnahmen“ dramatisch in unser Leben eingreifen können.

Viele Frühlingsgrüße, auch von den anderen Lüstlingen,
 
Euer Joachim von der LUST.


(joachim-schoenert@lust-zeitschrift.de)