Grußwort zur 76. LUST
Der Sozialabbau und der religiöse und politische Fundamentalismus, das sind die wichtigsten Themen unserer Zeit.
Aus dieser Mischung können schreckliche Folgen erwachsen. Das sind Folgen nicht nur für das angeblich so glückliche Leben unserer Leute an den Orten der Spaßgesellschaft, das sind Folgen für die gesamte Gesellschaft überhaupt. Ich haben den Eindruck, dass wir uns an einem entscheidenden Wendepunkt in unserer Geschichte befinden, und zwar in einer Rechtskurve.
Das soziale Klima wird mit dramatischer Geschwindigkeit schärfer, das Verhalten zwischen den Menschen verschlechtert sich zunehmend. Die Menschen entsolidarisieren sich immer schneller. Eine Zeit, in denen politische Fundamentalisten von rechts und religiöse Fundamentalisten unterschiedlicher Konfessionen immer größeren Einfluss gewinnen, zeigt sich immer deutlicher.
Die CDU/CSU/FDP-Opposition fordert immer neuere Brutalitäten gegen die arbeitende Bevölkerung und die SPD/GRÜNEn-Regierung ist bereit, auf diesen Druck zu reagieren. Sie scheint sich vom Schulterschluss mit solchen Leuten zu versprechen, dass man sie selbst ungeschoren lässt, statt auf die Teile der Bevölkerung zu setzen, die einen Sozialstaat benötigen und die deshalb immer SPD-WählerInnen waren. Diese Leute danken es ihr und gehen nicht mehr zur Wahl. Was sollten sie auch wählen? Etwa die Union?
Vielleicht ist es Euch entgangen, aber die CSU hat bei der letzten Landtagswahl 2003 gegenüber der Wahl 1998 genau 234.740 Stimmen verloren? Tatsächlich, es ist wahr, denn man muss auf die Zahlen und nicht die Prozente sehen. 1.946.068 WählerInnen sind weniger zur Landtagswahl gegangen als 1998. Die SPD hat weit mehr verloren, nämlich 1.491.239 Stimmen. Diese ehemaligen SPD-WählerInnen konnten natürlich nicht eine Partei wählen, die ihnen von Berlin aus das Geld wegnehmen will. Und Stoiber hat demagogisch diese Landtagswahl zur Abstimmung über rotgrün in Berlin gemacht, sonst hätte er noch mehr verloren. Einzig die Grünen haben mit 99.798 Stimmen real nennenswert zugelegt. (Quelle: Landeswahlleiter in Bayern) Das ist doch irgendwie interessant, oder nicht? Das belegt, dass sich immer weniger Menschen etwas davon versprechen, zur Wahl zu gehen. Man setzt nicht mehr auf “Politiker” wenn es um das Verteidigen der eigenen Interessen geht. Wir müssen also wieder zur Basis politischen Handelns zurück, Basispolitik machen.
Die meisten Medien betreiben eine Art Gehirnwäsche mit dem Ziel, dass die sozial Schwachen unserer Gesellschaft die Opfer, die vornehmlich sie erbringen sollen, den Menschen anlasten, die noch ein soziales Gewissen haben und sich deshalb gegen den Sozialabbau stemmen. Die linkern Verweigerer in der SPD sind schuld, die Gewerkschaften mit ihrer unnachgiebigen (schön wär’s) Haltung.
Wo sind die Menschen, die in einer starken Bewegung den herrschenden Milliardären und ihren in Bund und Ländern regierenden Parteien klar machen, dass sie die Rechnung ohne den Wirt machen? Bei einer solchen Arbeitslosenrate, wie sie nun eingetreten ist, ist es schon verwunderlich, dass sich auf der linken Seite so gar nichts mehr tut.
Dafür finden wir rechts im politischen Spektrum Schwule und Lesben, die ausgerechnet der CDU/CSU unter den Rock und dort in das Loch schlüpfen wollen, von dem sie sich persönliche Vorteile versprechen. Sie sind nicht nur bereit, sich selbst, sondern so ziemlich alles für ihre Karriere zu verkaufen. Das alles ist mehr als peinlich. Wissen die denn nichts aus der Geschichte, dass man genau solche Menschen wie sie eine Zeit lang gewähren lässt, so lange sie ihrer Partei einen gewissen Nutzen bringen, und dann, wenn sie selbst auch Forderungen stellen, lässt man sie entweder fallen oder benutzt gerade sie und ihr korruptes Spiel, die ganze Szene zu zerschlagen? Das ist doch alles schon hundert Mal und mehr geschehen. Nun ja, warum sollten Schwule und Lesben klüger sein als Heten?
Auch in der Stadt, in der immer noch unter Selbstausbeutung die LUST gemacht wird, in Wiesbaden, ist ein Sozialforum entstanden. Auch wenn wir es in Wiesbaden nie zu einem Lesben- und Schwulenzentrum gebracht haben, das nun von der Stadt geschlossen würde, weil kein Geld dafür mehr da sei, finden wir, dass man sich gegen den Sozialabbau wehren muss. Deshalb nehmen auch wir (als ROSA LÜSTE) an diesem Sozialforum teil. In fast jeder Stadt schließen sich engagierte Menschen und Gruppen zu den Sozialforen zusammen. Das sind lose Zusammenschlüsse von Organisationen und Menschen, die sich gegenseitig bei dem Protest gegen den Sozialabbau helfen wollen. Ob es außer uns im Rhein-Main-Gebiet noch sozial engagierte Lesben und Schwule gibt, die uns bei den unterschiedlichen Projekten helfen wollen, die wir betreiben? Das wäre natürlich schon was. Also: kommt endlich aus Euren Löchern, es gibt was zu tun! Wir brauchen Euch. Es genügt nicht mehr, sich nur gegenseitig attraktiv im Bett rumzuwälzen (wenn das auch den Schlüssel von allem berührt), wir müssen auch mal was für unsere gemeinsame Zukunft tun (und dabei lernt man sich ja auch irgendwie kennen. Gell Stefan?).
Es wäre noch so manches über den politischcen rechten Fundalismus zu sagen, und über das Nichtverbot der NPD, die man offensichtlich nocht braucht. Oder?
Ach ja die LUST noch. In dieser Form, in der sie nun seit einiger Zeit mehr schlecht als recht vor sich hindümpelt, wird sie nach unserer Planung noch 3 Mal erscheinen, um dann wieder stärker in der Szene aufzutauchen. Klar?
Ich wünsche Euch, auch im Auftrag der anderen Lüstlinge, schöne Herbsttage. Lasst aber auch mal die Herbststürme durch euer Schlafzimmer blasen und rappelt Euch auf, denn wir brauchen Euch.
Es grüßt Euch, Euer Joachim von der LUST