88. Ausgabe, Herbst-LUST 06
 
Die deutsche Nationalhymne
Als Deutschland 1871 als Nationalstaat und Kaiserreich unter preußischem Diktat in Versailles bei Paris gegründet wurde, bekam es auch eine Nationalhymne, deren Melodie wir auch heute noch von der englischen Nationalhymne kennen, die eine Königshymne ist.

Die Zeit der Heiligen Römischen Reiches ist vorbei, nachdem Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, eher ein europäischer Kaiser, der in der Tradition des weströmischen Reiches stand, nachdem dieser durch Napoleon gezwungen war, zurückzutreten. Er wurde dann Kaiser von Österreich (später Österreich-Ungarn).

Der Deutsche Kaiser und König von Preußen erhielt nun also seine Nationalhymne mit der Melodie der englischen Nationalhymne.

1. Heil dir im Siegerkranz,
Herrscher des Vaterlands!
Heil, Kaiser, dir! ||:
Fühl in des Thrones Glanz
Die hohe Wonne ganz,
Liebling des Volks zu sein!
Heil Kaiser, dir!:||
 
1. Nicht Roß und Reisige
Sichern die steile Höh’,
Wo Fürsten steh’n: ||:
Liebe des Vaterlands,
Liebe des freien Manns
Gründen den Herrscherthron
Wie Fels im Meer.:||
 
2. Heilige Flamme, glüh’,
Glüh’ und erlösche nie
Fürs Vaterland! ||:
Wir alle stehen dann
Mutig für einen Mann
Kämpfen und bluten gern
Für Thron und Reich!:||
 
3. Handel und Wissenschaft
Heben mit Mut und Kraft
Ihr Haupt empor! ||
Krieger- und Heldentat
Finden ihr Lorbeerblatt
Treu aufgehoben dort,
An deinem Thron!:||
 
4. Dauernder stets zu blüh’n
Weh’ unsre Flagge kühn
Auf hoher See! ||:
Ha, wie so stolz und hehr
Wirft über Land und Meer
Weithin der deutsche Aar
Flammenden Blick.:||
 
5. Sei, Kaiser Wilhelm, hier
Lang’ deines Volkes Zier,
Der Menschheit Stolz! ||:
Fühl’ in des Thrones Glanz,
Die hohe Wonne ganz,
Liebling des Volks zu sein!
Heil, Kaiser, dir!:||
 
Das war also die erste Nationalhymne des ersten deutschen Staates, denn das Heilige Römische Reich, also das weströmische Kaiserreich, das gegen Ende seiner Existenz noch den zusätzlichen Kommentar „deutscher Nation“ erhielt, war kein deutscher Nationalstaat, sondern ein klerikal-monarchistischer Vielvölkerstaat.
 
Die uns heute bekannte Melodie der deutschen Nattionalhymne wurde von Hayden damals für Franz den II. des Heiligen Römischen Reiches komponiert, den letzten (west)römischen Kaiser. Er wurde dann als Franz der I. Kaiser von Östterreich, und für diesen Vielvölkerstaat wurde diese Melodie bis zum Ende des ersten Weltkrieges und dem gleichzeitigen Ende von Österreich-Ungarn genutzt.
Im neuen Deutschen Kaiserreich bekamen aber 2 Lieder eine gewisse Popularität.

Man darf nicht vergessen, dass das deutsche Kaiserreich gegen den demokratischen Bemühungen um eine große Republik durch Krieg und Zwang von Preußen gegründet wurde.

Das erste hier galt als die heimliche deutsche Nationalhymne:
Ernst Moritz Arndt

Was ist des Deutschen Vaterland?
1. Was ist
des Deutschen Vaterland?
Ist’s Preußenland?
Ist’s Schwabenland?
Ist’s wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist’s wo am Belt die Möwe zieht?
|: O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein!
 
2. Was ist
des Deutschen Vaterland?
Ist’s Bayerland? ist’s Steierland?
Ist’s, wo des Marsen Rind
sich streckt?
Ist’s, wo der Märker Eisen reckt?
|: O nein . . . .
 
3. Was ist
des Deutschen Vaterland?
Ist’s Pommerland? Westfalenland?
Ist’s, wo der Sand
der Dünen weht?
Ist’s, wo die Donau
brausend geht?
|: O nein . . . .
 
4. Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Ist’s Land der Schweizer?
ist’s Tirol?
Das Land und Volk
gefiel mir wohl.
|: O nein . . . .
 
5. Was ist
des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Gewiß, es ist das Österreich,
An Ehren und an Siegen reich?
|: O nein . . . .
 
6. Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne endlich mir das Land!
So weit die deutsche Zunge klingt
Und Gott im Himmel Lieder singt:
|: Das soll es sein!
Das soll es sein!
Das wackrer Deutscher,
nenne dein!
 
7. Das ist
des Deutschen Vaterland,
Wo Eide schwört
der Druck der Hand,
Wo Treue hell vom Auge blitzt
Und Liebe warm im Herzen sitzt.
|: Das soll es sein!
das soll es sein!
Das, wackrer Deutscher,
nenne dein! :|

8. Das ist
des Deutschen Vaterland,
Wo Zorn vertilgt
den welschen Tand,
Wo jeder Franzmann
heißet Feind,
Wo jeder Deutsche heißet Freund.
|: Das soll es sein!
das soll es sein!
Das ganze Deutschland
soll es sein!

9. Das ganze Deutschland
soll es sein!
O Gott vom Himmel, sieh darein
Und gib uns rechten
deutschen Mut,
Daß wir es lieben treu und gut!
|: Das soll es sein!
das soll es sein!
Das ganze Deutschland
soll es sein!
 
Der „Welche Tand“ in der 8. Strophe ist die französische Lebensart, wie sie angeblich sei (Arbeiten um zu leben) statt der deutschen Lebensart (Leben um zu arbeiten).
Und dann gab es auch noch das Lied des Hofmann von Fallersleben, das bei bestimmten Anlässen gesungen wurde, das „Lied der Deutschen“, das der geschrieben hatte, als noch gar kein deutscher Staat bestand, sondern viele Kleinstaaten, es ging hier also um seinen Traum.
 
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) dichtete den Text im Jahre 1841 auf der damals britischen Nordseeinsel Helgoland. Hoffmann war Professor für Germanistik an der Universität Breslau. Er setzte sich dafür ein, dass aus den vielen souveränen Fürsten-tümern Mitteleuropas als eine konstitutionelle Monarchie oder eine Republik ein großer deutscher Nationalstaat entstehen sollte, was sich in seiner nationalistischen und burschenschaftlichen Lyrik zeigt. Hoffmann war Mitglied der Göttinger und Bonner Burschenschaft. Er wurde seiner Professur enthoben und des Landes verwiesen. Als Vorlage für die Melodie benutzte er das von Joseph Haydn (1732-1809) 1797 komponierte „Kaiser-Quartett“ (opus 76, Nr.3), welches er zu Ehren Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation), komponierte. Aus gutem Grund hier erst mal die 2. Strophe:
 
„Deutsche Frauen,
deutsche Treue,
deutscher Wein
und deutscher Sang,
sollen in der Welt behalten
ihren alten schönen Klang.
Uns zu edler Tat begeistern
unser ganzes Leben lang.
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein
und deutscher Sang.
 
Als nach dem 1. Weltkrieg 1918 die Weimarer Republik entstand, wurde das gesamte Lied des Hofmann von Fallersleben mit all seinen 3 Strophen die Hymne dieser Republik. Das war unter einer sozialdemokratischen Regierung.
Besonders die erste Strophe gefiel den Nazis sehr gut, weil dort Grenzen angegeben waren, von denen Hoffmann von Fallersleben für seine Republik träumte, die aber so nicht als Nationalstaat existierten, das wäre bestenfalls in einem Vielvölkerstaat möglich gewesen, doch so etwas stand historisch nicht mehr auf der Tagesordnung. Aber die Bedrohung der Nachbarstaaten existierte natürlich in diesen Zeilen.

Und nach Hitlers Machtergreifung war dann nur noch die 1. Strophe dieses Liedes die Nationalhymne, die beiden anderen Strophen wurden einfach weggelassen, und Nazis singen diese 1. Strophe immer noch gerne bei gewissen Anlässen:
 
Deutschland,
Deutschland über alles,
über alles in der Welt,
wenn es stets zu Schutz und Trutze
brüderlich zusammen hält.
Von der Maas bis an die Memel,
von der Etsch bis an den Belt.
Deutschland,
Deutschland überalles,
über alles in der Welt.
 
Der Hoffman von Fallersleben hatte nämlich damals von einer deutschen Republik geräumt, die Österreich einschließt und von den Nachbarländern ein bisschen was abtrennt.
Mit dieser Strophe als Hymne wurden andere Länder angegriffen, wurden Deutsche und Ausländer aus den deutsch besetzten Gebieten, die jüdischen Glaubens waren, (oder deren Familie, denn Religion war nach der vorherrschenden Ideologie eine Rassenfrage) in Vernichtungslager gesteckt und 6 Millionen von ihnen vernichtet. Aber auch viele andere traf es, unter anderem auch zehntausende der „Männer mit dem rosa Winkel“ dem KZ-Symbol für die schwulen oder als Schwule denunzierten Männer.
 
Nach dem 2. Weltkrieg gab es dann 2 deutsche Staaten, und die DDR hatte selbstverständlich auch ihre eigene Hymne, gedichtet von Johannes R. Becher und komponiert von Josef Eisler, bestehend aus 3 Strophen:

1. Strophe
Auferstanden aus Ruinen
Und der Zukunft zugewandt,
Laß uns dir zum Guten dienen,
Deutschland, einig Vaterland.
Alte Not gilt es zu zwingen,
Und wir zwingen sie vereint,
Denn es muß uns doch gelingen,
Daß die Sonne schön wie nie
|: Über Deutschland scheint. :|
 
2. Strophe
Glück und Frieden sei beschieden
Deutschland, unserm Vaterland.
Alle Welt sehnt sich nach Frieden,
Reicht den Völkern eure Hand.
Wenn wir brüderlich uns einen,
Schlagen wir des Volkes Feind!
Laßt das Licht des Friedens scheinen,
Daß nie eine Mutter mehr
|: Ihren Sohn beweint. :|
 
3. Strophe
Laßt uns pflügen, laßt uns bauen,
Lernt und schafft wie nie zuvor,
Und der eignen Kraft vertrauend,
Steigt ein frei Geschlecht empor.
Deutsche Jugend, bestes Streben,
Unsres Volks in dir vereint,
Wirst du Deutschlands neues Leben,
Und die Sonne schön wie nie
|: Über Deutschland scheint. :|
 
Johannes R. Becher, war übrigens ein versteckter schwuler Mann, dessen Homosexualität offenbar wurde, als er wegen § 175 StGB auf einer Westberliner Klappe verhaftet wurde. Aber das ist eine völlig andere Geschichte und Fragestellung.
 
Und die westdeutsche Bundesrepublik besann sich auf einen großen alldeutschen Anspruch, besonders gegenüber der DDR, und entschied sich nach einige Suche (z.B.: Ich hab mich ergeben, mit Herz und mit Hand, Dir Land voll Lieb und Leben, Dir deutsches Vaterland) für das Lied vom Hoffman vom Fallersleben, und zwar auch wieder alle 3 Strophen, von denen aber bei feierlichen Anlässen nur die 3. Strophe gesungen wurde. Erst seit 1990 ist alleine die 3. Strophe die Nationalhymne der deutschen Bundesrepublik:
 
Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland,
danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand.
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand.
Blüh’ im Glanze dieses Glückes,
blühe deutsches Vaterland!
 
Also, als es die DDR noch gab, konnte man vielleicht die Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Auge haben, wenn von Einigkeit die Rede war. Aber es gibt sie nun nicht mehr. Und da nicht „von der Maas bis an die Memel“ gesungen wird und „von der Etsch bis an den Belt“, kann es sie eigentlich nur um eine irgendwie geartete innere Einigkeit gehen.

Um welche Einigkeit geht es hier? Mit was und wem soll ich nun als Deutscher einig sein?

Besonders bin ich nicht mit den politischen Parteien einig, die den Sozialabbau vorantreiben. Und soll ich z.B. Nazi-Schwulenfeinde lieber mögen, weil sie Deutsche sind, statt ausländische schwule Menschen?

Und wessen Recht soll ich vertreten oder gut finden? Das Recht der Wohlhabenden in unserer Gesellschaft, vielfach abgesichert in vielen Gesetzen?

Und dann der problematische Freiheitsbegriff; denken wir da nur an die freiheitliche Partei von Österreich. Was nutzt der Begriff Freiheit ohne näherer Definition? Wer wird frei auf wessen Freiheit Kosten? Der Sozialabbau wird vielfach mit „Freiheit“ zum Wirtschaften, will heißen für das Geschäftemachen begründet.

Und wenn das „Deutsche Vaterland“ nun „einig, recht und frei“ ist, sind es denn die Bürger in Deutschland auch? Kein Nachbarschaftsstreit mehr, weil wir Deutsche sind? Sind wir auch frei vor staatlicher Bevormundung?

„Des Glückes Unterpfand“ sind diese drei Eigenschaften, hat Herr von Fallersleben in seinem Lied behauptet, und das Wort „Unterpfand“ ist ein zu diesem Zweck erfundenes Wort, es steckt zumindest das Wort „Pfand“ darin, also ein Art Rechtsversprechen. Wenn diese drei Eigenschaften da sind, wie auch immer, dann hat Irgendjemand oder haben wir alle Glück. Ist doch schön, wenn wir alle Glück haben.

Aber mit Glück ist vielleicht eine positive Zufriedenheitsverheißung gemeint.
Und wenn das Vaterland Glück hat, dann gehts uns allen irgendwie besser.

Wenns nach mir ginge, würde ich mich für Brechts Kinderhymne als deutsche Nationalhymne entscheiden, weil dort ja alles gessagt ist, aber mich fragt ja keiner:
 
Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land
 
Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.
 
Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.
 
Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir’s
Und das liebste
mag’s uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.

Also ich weiß nicht, ob wir überhaupt so etwas wie eine Nationalhymne brauchen. Na gut, manche meinen es.
Und dann wird immer mal argumentiert, die Nationalhymnen der anderen Länder seien ebenso martialisch, pathetisch und vielfach peinlich. Ist das ein irgendwie sinnvolles Argument?

Muss man dann auch solchen Unsinn machen, weil die Nachbarn es „dürfen“? Dieses Argument belegt nur, dass solche Hymnen wohl immer was Peinliches und auch sehr häufig Bedrohliches haben, auch wenn sie bei einem simplen Spiel, z.B. einem Fußballspiel gedudelt werden. Damit werden aus Spielen und Sportereignissen Ersatzkrige, und aus simplen Spielen mit nem Ball wird so was irgendwie ganz Großes.

Wenn in Deutschland manche Menschen sagten: die anderen Länder haben ja auch ihren Nationalismus, kommt da nicht die Sehnsucht nach Nationalistischer oder Patriotischer Führung zutage?

Empfinden statt denken? Sich in Kriege usw. führen lassen statt ein möglichst zufriedenstellendes Leben zu führen?
Wenn man die Geschichte betrachte und Nationen, die heute in einem Staatenverbund sind, haben die Nationalhymnen der dort vereinigten Länder doch was von boshaften oder peinlichen Provinzliedchen, nämlich die Liedchen einer Untergruppierung eines größeren Ganzen, nämlich, wie es eigentlich sein sollte, der Menschheit.

Gibts eigentlich auch für alle deutsche Bundesländer Hymnen oder nur die Bayernhymne? Und wenns die gibt, bei welchen Anlässen wären die wichtig? Wie ists mit den Städten, Gemeinden und/oder Landkreisen?

Und wenn wir man nicht nach unten in immer kleinere politische Einheiten gehen, sondern in die größeren Übergeordneten?
Die Ode „An die Freude“ (1785) ist eines der berühmtesten Gedichte Friedrich Schillers und der Titel seiner Bearbeitung im 4. und letzten Satz Beethovens 9. Sinfonie.

Mit hohem Pathos wird in der Ode das Ideal einer Gesellschaft von gleichberechtigten Menschen (nein, eher nur gleichberechtigten Männern) beschrieben, die durch das Band der Freude und der Freundschaft verbunden sind.

Schiller war mit dem Freimaurer Christian Gottfried Körner befreundet, der von 1812 bis 1816 eine Gesamtausgabe von Schillers Werken herausgab. Auf dessen Bitte entstand im Sommer 1785 in einem nahegelegenen Dorf von Leipzig, dem heutigen Stadtteil Gohlis die „Ode an die Freude“ für die Tafel der Freimaurerloge in Dresden „Zu den drei Schwestern. Schon in ihrer Entstehungszeit war die Ode äußerst populär, wie bereits die vielfachen Umdichtungen in studentischen Stammbüchern beweisen.

Die Ode „An die Freude“ liegt dem letzten Satz der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven zugrunde. Beethoven verwendete die komplette 1. und 3. Strophe, sowie einige Teile der 2. und 4. Strophe. Obwohl die Absicht der Vertonung von Schillers Hymne fast das ganze Leben Beethovens begleitete, war es für ihn selbst nicht von Anfang an klar, ob nun wirklich ein Chor oder ein rein instrumentales Finale das Werk abschließen sollte. Eine Entscheidung für den Chor fiel wahrscheinlich erst gegen Ende des Jahres 1823.

Der Freimaurer Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi schlug schon 1955 Beethovens Vertonung als neue Europäische Hymne vor.

Seit 1972 ist die Melodie offizielle Hymne des Europarats. Auf Bitte des Europarates arrangierte Herbert von Karajan drei Instrumentalversionen: für Klavier, für Blasinstrumente und für Orchester. Die von Herbert von Karajan arrangierte Instrumentalversion ist seit 1985 die offizielle Hymne der Europäischen Union.

Auch Franz Schubert hat die Ode 1815, also vor Beethovens 9. Symphonie, als Lied für Solostimme und Klavier vertont. Im Deutsch-Verzeichnis trägt das Werk die Nummer 189. Auch hier wurde der Text verkürzt.

Hier Friedrich Schillers „Ode an die Freude“
Freunde, nicht diese Töne!
Sondern lasst uns angenehmere
anstimmen, und freudenvollere!
Freude, Schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuer-trunken,
Himmlische, dein Heiligtum!
 
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Wem der große Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein,
Wer ein holdes Weib errungen,
Mische seinen Jubel ein!
 
Ja, wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer’s nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund!
Freude trinken alle Wesen
An den Brüsten der Natur;
Alle Guten, alle Bösen
Folgen ihrer Rosenspur.
 
Küsse gab sie uns und Reben,
Einen Freund, geprüft im Tod;
Wollust ward dem Wurm gegeben,
Und der Cherub steht vor Gott.
Froh, wie seine Sonnen fliegen
Durch des Himmels Prächt’gen Plan,
Laufet, Brüder, eure Bahn,
Freudig, wie ein Held zum Siegen.
 
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuer-trunken,
Himmlische, dein Heiligtum!
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
 
Seid umschlungen, Millionen!
Diesen Kuss der ganzen Welt!
Brüder über’m Sternenzelt
Muss ein lieber Vater wohnen.
Ihr stürzt nieder, Millionen?
Ahnest du den Schöpfer, Welt?
Such’ ihn über’m Sternenzelt!
Über Sternen muss er wohnen.
 
Als Europahymne wird nicht der ganze Text von Schiller genommen, sondern nur ein Auszug, teilweise Zusammensetzung aus verschiedenen Strophen.

Und dieser Auszug für die Europahymne lautet:
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.

Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
 
Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu sein,
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!

Ja - wer auch nur eine Seele
sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer’s nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund!

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.

Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt.

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.

Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
 
Auch das gehört zur europäischen Geschichte - die Freudenode als aberwitzige Verlegenheitslösung:
Bei den Olympischen Spielen 1952 bis 1964 diente die erste Strophe als Olympia-Hymne der gesamtdeutschen Mannschaft. 1985 wurde Karajans Version des Schluss-satzes der Neunten Symphonie von den Staats- und Regierungschefs der Union als offizielle Hymne der EU angenommen.

Es gibt das Gerücht, dass Beethoven seine 9. Symphonie seinerzeit als Ehrenlied an Napoleon komponierte, denn er war wohl ein Anhänger des bürgerlichen Revolution „Alle Menschen werden Brüder“ (Also wer es besser findet, sollten auch ruhig eine Schwester werden dürfen) gegen die Macht des Adels. Und als Napoleon dann das Heilige Römische Reich abschaffte und sich selber zum Kaiser krönte, hat er ihm das Lied wieder aberkannt.

Dann wird behauptet, diese Symphonie sei zu Ehren von Friedrich-Wilhelm III. komponiert worden. Wie dem auch sei, das ist nun die Europa-Hymne.

Wie wärs denn mit der Welt-Hymne? Nun die gibts schon, nämlich von Trutz Hardo:
 
Welthymne
Reißt auf das Tor zum Licht!
Die Freiheit soll uns werden!
Wir brauchen die Schwerter nicht,
Wir brauchen die Herzen auf Erden!
Die Grenzen verfallen der Zeit;
Weltbürger, sie bezwingen!
Macht euch dem Aufruf bereit,
Vernunft den Völkern zu bringen!
Alle Menschheit beseele ein Schwur:
Keinen Krieg mehr darf es geben!
Säen und Ernten auf jeglicher Flur;
GEHEILIGT SEI DAS LEBEN!
 
Aber es gibt viele Welthymnen in vielen Ländern. Oft religiöse Hymnen in vielen Religionen, die die Überwindung der anderen Religionen auf der ganzen Welt anstreben.

Die ganze Welt? Da hätte man doch vermutlich keinen Ärger mit der Beschreibung der Grenzziehung.

Obwohl, gehört der Mond, der die Erde umkreist, eigentlich zur Erde? Und dann die Sonne, ohne die menschliches Leben auf der Erde gar nicht denkbar wäre, auf die müsste natürlich in einer Welt-Hymne auch Anspruch erhoben werden, und die anderen Planeten der Sonne dürfen nicht außer Acht bleiben, denn ohne Sonne wäre die ja nicht denkbar.

Also hilft eine Welt-Hymne? Natürlich nicht, denn dann erfährt der Erdenbürger sehr schnell von der Hymne der Ferengi und vom Blutlied der Klingonen oder wie sie je heißen mögen. Anders kann es der Nationalist nicht sehen.

Selbst wenn es gar keinen „Feind“ mehr auf der Welt gibt, wenn der äußere und der innere Feind vernichtet ist, gegen irgend jemanden müssen wir auch in weiterer Zukunft mit Sicherheit zusammenhalten und deshalb alle (außer der davon profitierenden Oberschicht) Opfer bringen. Und wenn diese Feinde nicht reichen, dann nutzen immer noch die Klingonen und andere: Dämonen, Monster, Teufel usw. Wichtig ist: Man schafft im Bewusstsein der Leute, die man zu manipulieren gedenkt das „Wir“ und „Die Anderen“.

Und das „Wir“ wird immer pathetisch, farbenprächtig und glücksverheißend dargestellt, wenn man sich dafür aufopfert, wie es die Religionen auch machen: wenn Du dann tot bist, wirst Du dafür belohnt. Und „Die Anderen“ sind immer schlecht, gefährlich, usw. so dass jeder Bürger einsieht, dass man sich um das „Wir“ scharen muss.

Wer sich den Spaß machen will, und die verschiedenen Hymnen vergleichen will, findet dies immer entweder intendiert oder ganz offen.
Ach ja, ich habe im Lexikon nachgeschaut, was Hymen eigentlich heißt: „Hymen, Jungfernhäutchen.“ Nein, Moment, das war ja ein Tippfehler mit Auswirkung. Es heißt ja nicht Hymen, sondern Hymne. Hymne ist griechisch und heißt „feierlicher meist religiöser Lob- und Preisgessang“.

Und für sowas sollen wir bereit sein, auch unser Leben zu opfern oder vor den Spielen wie im alten Rom „Brot und Spiele“ in den Fußballstadien mit sogenannter vaterländischer Gesinnung lustvoll alle im Chor ein Gemeinsamkeitsgefühl herausbrüllen, und ein Schuft bzw. Verräter ist, wer da nicht mitmacht? Sehr peinlich das Ganze. (js)
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