- 64. LUST Februar/März 01
- Warum ich den Beutel geworfen habe:
Der Farbbeutel flog im Kontext eines
Kriegsparteitages der Grünen. Tausende von Autonome, wütenden
GrünwählerInnen und PazifistInnen, Menschen aus den
bombardierten Regionen und AntifaschistInnen versuchten, den
Parteitag zu verhindern, mit Blockaden und gezielten Angriffen
auf führende Delegierte.
Uns ging es darum, den Parteitag zu stürmen, um ihn zu einem
Antikriegskongress umzudrehen. Ein Teil dieser Menschen steht
gerade draußen vor der Tür und ist von diesem Prozess
ausgeschlossen, andere sitzen hier. Mit dem Farbbeutel auf den
Kriegsaußenminister habe ich Fischer als verantwortlich
für Mord und Vertreibung blutrot markieren wollen. Mit ihm
ist eine zentrale kriegstreibende Person getroffen worden. Es
ging um nicht weniger als darum, mit der direkten Aktion den
Antikriegswiderstand zu stärken, um die angelaufene Kriegsmaschinerie
blockieren zu helfen. Eine Verletzung schien mir ausgeschlossen
und war nicht beabsichtigt.
Mit dem Farbbeutel wollte ich auch eine korrupte, machthungrige
und opportunistische Partei treffen, eine Partei, die den Kriegsparteitag
veranstalten musste, um ihr Auseinanderbrechen zu verhindern.
Eine Partei die mit dem Geschwätz von innerer Zerissenheit
möglichst vielen verunsicherten Menschen einen Platz auf
der Seite der KriegsbefürworterInnen anbieten wollte.
Mit dem Farbbeutel waren aber auch jene Politiker wie Scharping
und Schröder gemeint, die genau wie Fischer mit Lügen,
Verdrehungen und Halbwahrheiten zu einem angeblich humanitären
Feldzug für Menschenrechte trommelten. Es ist aus der Geschichte
bekannt, dass Kreuzzüge veranstaltet wurden, um anderen
unsere Leidkultur aufzuzwingen.
Es ist für den Widerstand gegen den Krieg politisch völlig
unerheblich, ob in diesem Krieg das Völkerrecht formal gebrochen
wurde oder ob in einem kommenden Krieg formal alle völkerrechtlichen
Bestimmungen eingehalten werden. Es ging darum, alles dafür
zu tun, diesen Krieg zu behindern, zu stoppen, zu verhindern.
Würden die Parteien in der BRD ihre selbstgewählten
Prinzipien folgen, müssten sie veranlassen, dass Deutschland
bombardiert wird, nämlich für die Einhaltung der Menschenrechte
gegen die humanitäre Katastrophe in diesem Land, gegen Morde,
Todhetze und die täglichen Erniedrigungen von Menschen,
die nicht in das Bild in deutschen Hirnen passen. Anders gefragt:
Wann werden die Abschiebegefängnisse von der Regierung aufgelöst
und jene freigelassen, deren einziges Verbrechen es ist, keinen
deutschen Pass zu besitzen ? Wann werden die militaristischen
Denkmäler gesprengt? Wann werden die jüdischen Friedhöfe
vor den Antisemiten geschützt? Was bliebe von diesem Land
übrig, wenn es bombardiert würde, um die alltäglichen
Vergewaltigungen, Missbrauch und andere sexistische Gewaltformen
in Ehe, Beziehung und auf der Straße zu unterbinden?
Kriege fallen nicht vom heiteren Himmel, sie entstehen in den
Zeiten zwischen den Kriegen. Und manche Kriege werden provoziert,
gewollt und kalkuliert. Erinnern wir uns also gemeinsam einiger
ausgewählter Lügen während des Krieges...
Und tun wir dies mit einem schönen Zitat von Adorno: Der
Deutsche ist ein Mensch, der keine Lüge aussprechen kann,
ohne sie tatsächlich zu glauben. Rückblickend
können wir erkennen, das der Vertrag von Rambouillet einen
Passus enthielt, welcher der Nato ungehinderte Bewegungsfreiheit
auch auf serbischem Gebiet garantieren sollte. Die Weichen waren
also auf Krieg gestellt, die Bombardierungen waren geplant, es
fehlte nur noch der Anlass...
Das sogenannte Massaker von Racak war das unmittelbare Ereignis,
dass den Kriegseintritt öffentlich legitimierte. Fischer
und die Bundesregierung wussten sehr wohl, dass es das Massaker-
verübt von serbischem Militär an kosovoalbanischen
ZivilistInnen- nicht gegeben hat. Eben auf Grund dieser Zweifel
gab es bereits am 17. März 1999 einen von finnischen Ärztinnen
und Ärzten vorgelegten Autopsiebericht. Die Leichen wurden
darauf untersucht, ob es sich wirklich um Zivilpersonen handelte
und nicht etwa um als Zivilisten verkleidete UCK-Kämpfer.
-
- Diesen Autopsiebericht nahm der damalige
EU-Ratspräsident - wir hören und staunen - Fischer
unter Verschluß. Aus diesem mittlerweile bekannten Bericht,
der zu Kriegszeiten nicht öffentlich werden durfte, geht
hervor: Es gab keine Hinrichtungen, wie Fischer behauptet hat.
Es gab keine Verstümmelungen und Schüsse aus naher
Distanz, wie der Vorsitzende der OSZE , William Walker, behauptete.
Die Menschen sind in keinem Massaker umgebracht worden. Geliefert
wurde die Inzenierung von dem zwielichtigen, dem CIA nahestehenden
OSZE-Vorsitzenden, William Walker. Der Mann hat eine lange Geschichte:
Bewegungen in Lateinamerika ( im Zusammenhang mit Todesschwadronen)
und der Vertuschung vom Mord an Erzbischof Romero 1980 oder der
Ermordung von zwei Frauen und sechs Jesuitenpriestern in El Salvador
1989.
Einen Genozid, wie ihn Scharping behauptete, hat es selbstredend
auch nicht Erwähnt sei hier seine eindeutige Rolle beider
Bekämpfung bewaffneter gegeben, auch keinen so genannten
Hufeisenplan.
Kommen wir zu einer weiteren Lüge: Die Lüge, ein allmächtiges,
hochtechnisiertes Militär könne präzise morden
und nur das Militär des Gegners vernichten, ist eine Behauptung,
welche die Geschichte Lügen straft. Ziel der letzten Kriege
war immer die Zivilbevölkerung. Ist sie demoralisiert, bröckelt
der Rückhalt für die Machthaber im Land. Die Gewinner
diktieren die Bedingungen, schreiben Geschichte und beugen Recht
in ihrem Sinne.
Wohlüberlegt war wohl vor allem die Bombardierung der chinesischen
Botschaft. Hier lag eindeutig das Interesse vor, die Kriegssituation
weiter zum Eskalieren zu bringen und eine Konfliktausweitung
herbeizuführen. Es ging auch um die Vorbereitung eines Einsatzes
von Bodentruppen und seine Legitimierung.
Ich zitiere Fischer aus der TAZ vom 25.Juni1999: Wir sind
ein hohes Risiko eingegangen erklärte Fischer. Auch
den Einsatz von Bodentruppen hätten er, Scharping und der
Kanzler, wenn nötig, in der Öffentlichkeit durchgesetzt.
Wir erinnern uns der Propaganda, es würden auf keinen Fall
Bodentruppen eingesetzt.
Ich verlasse das schmutzige Feld der Lügen. Mir liegt an
dieser Stelle nichts daran, genau zu verstehen, welche unterschiedlichen
Interessen z.B. zwischen Nato, USA, BRD, EU und Jugoslawien zu
welchen Entscheidung geführt haben und mich in eine Mischung
aus Kriegsstrategien und wirtschaftlicher Interessen zu vertiefen.
Der Krieg ist durchgesetzt worden. Die Kriegspropaganda hatte
die schweigende Zustimmung eines Teils der Bevölkerung,
die sich von den Herrschenden gut geführt fühlen. Der
Krieg fand ja nicht hier statt. Die Bevölkerung spürte,
bewusst oder unbewusst, dass dieser Krieg den deutschen Wohlstand
und die deutsche Vormachtsstellung sichert.
In wilder Spendenwut war die Nation geeint. Deutsche Gutmenschen,
die den Titelbildern der Mütter mit Kleinkindern und den
weinenden Männern Geld spendeten. Für die Unterbringung
der Flüchtlinge in Lagern, bewacht von Militärs und
NGOs. Wo Männer weinen, gibt es kein Schutz mehr für
die Frauen, da musste die starke NATO her.
Wer da nicht mitzog oder innerhalb Deutschlands Kritik vorbrachte
war einE VaterlandsverräterIn, für Hitler, den Genozid
und Auschwitz, für Massenvergewaltigung und letztlich für
die Barbarei... Trotz allem gab es auch eine schweigende Ablehnung
zu dem Krieg. Und wie wir wissen auch lautstarken Protest und
Widerstand wie anlässlich des Grünen Parteitages am
Himmelfahrtstag in Bielefeld.
Die Grünen sind die Partei, die bekanntermaßen vorgab,
die Gesellschaft auf parlamentarischen Wege zu verändern.
Dazu äußerte Hilmar Kopper, Vorstandsmitglied der
Deutschen Bank: Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt
hätten, ob ich mir eine aktive Beteiligung der Bundesrepublik
an einem Krieg auf dem Balkan unter einer rot-grünen Regierung
vorstellen könnte, dann hätte ich Sie für nicht
ganz gescheit gehalten. Genauso aber kam es.
-
- Und es konnte nur von einer rot-grünen
Regierung kommen. Sonst hätten wir in diesem Land eine Revolution
gehabt. Ähnliches gilt wohl auch für die Veränderung
des Sozialstaates. Wahrscheinlich müssen die heiligen Kühe
von denen geschlachtet werden, die an der Aufzucht am aktivsten
beteiligt waren. (Hamburger Abendblatt, 4. Nov.1999)
Der Werdegang der Grünen beispielsweise versinnbildlicht
einmal mehr, wie krumm das Rückgrat beim dem Marsch durch
die Institutionen werden kann. Die Funktion der Grünen ist
offensichtlich gewesen, Widerstand in herrschende Bahnen zu kanalisieren,
an Geld, Macht und Posten zu binden und Herrschaft zu modernisieren.
Und weil es so schön ist immer wieder Joseph Martin Fischer.
(Zitat vom 30.Dez. 1994, Die Woche) Für die Zukunft
sehe ich die erhebliche Gefahr, das die Bundesregierung, Koalition
und Generalität nach den Gesetzen der Salamitaktik Anlässe
suchen und Anlässe schaffen werden, um die Barrieren abzuräumen,
die es gegenüber der Außenpolitik des vereinten Deutschland
noch gibt. Als Vehikel dienen dabei die Menschenrechts- und Humanitätsfragen.
-
- 5 Jahre später, endlich an den Töpfen
der Macht, setzt er seine Analyse konsequent um. Für die
Macht war und ist Fischer bereit, über Leichen zu gehen
und unterscheidet sich nicht von jenen, die er einst zu bekämpfen
vorgab. Es ging ihm darum, die Regierungskoalition zu erhalten
und gleichzeitig die grüne Partei vor dem Auseinanderbrechen
zu bewahren.
Ein letztes Zitat von Fischer. In der TAZ vom 26.10.2000 äußerte
er anlässlich seiner Halbzeitbilanz als Kriegsaußenminister:
Auf die Frage, was geschehen wäre, wenn nicht er Außenminister
geworden wäre, antwortete er: Dann gäbe es diese
Koalition nicht mehr Nur weil ein Grüner in der Verantwortung
für den Kosovokrieg eingebunden gewesen sei, habe die Koalition
die Zerreißprobe um den Waffengang überstanden, so
Fischer.
Das einzige Erstaunliche an den Grünen ist, dass es ihnen
immer wieder gelingt, ihr eigenes Niveau konsequent zu unterbieten.
Die einstigen Linken wie Tom Königs bauen im Kosovo einen
Polizeiapparat nach deutschem Vorbild auf. Oder sie degenerieren
in Amt und Würden als Umwelt-Atom-Minister mit einer Restlaufzeit
von 30 Jahren. Oder sie bereiten wie die olivgrüne Wehrexpertin
Angelika Beer die Reformierung der Bundeswehr als aggressive,
schnelle Eingreiftruppe vor und verkaufen uns Frauen in
die Bundeswehr als Emanzipation.
Emanzipation und Grüne sind zwei
Begriffe, die sich nicht miteinander vertragen. Beenden wir damit
das Kapitel und Projekt Grüne.
Emanzipatorische Politik heißt meiner Ansicht nach, einen
alltäglichen Widerstand zu leben, der unter anderem militärische
Strukturen in der Gesellschaft angreift.
Emanzipatorische Politik heißt nicht, Frauen in die patriarchale
Mördermaschine Militär zu integrieren, weil Not am
Mann ist und der Nachwuchs ausbleibt und Tornadobomberinnen wohlmöglich
nicht so viele Unfälle bauen.
So wie eine rassistische Regierung einerseits in Tod, Folter
und Elend abschiebt und mit Greencard andererseits jene ins Land
holt, die für den Standort Deutschland verwertbar sind,
so werden mit einer Olivgreencard Frauen in eine Institution
eingelassen, die als exklusiver Männerclub galt. Die einzige
Bedingung: Funktionieren nach patriarchalen Prinzipien: Befehl
und Gehorsam, Hierarchien und das Akzeptieren von Gewalt und
Mord als Mittel von Konfliktlösung oder Durchsetzung von
Machtinteressen.
Jede Positionierung gegen den Krieg galt als Parteinahme für
Milosevic und dessen gewalttätige Herrschaft. Ein drittes
Denken, das sich dem Frontdenken zu verweigern suchte, ist in
der Kriegspolarisierung zwischen Freund und Feind fast zerrieben
worden.
Insofern ist es ganz schön, dass der Farbbeutel aus einem
geschlechtsuneindeutigen Zwischenraum auf das Ohr des Machtmannes
Fischer flog.
Wie sonst sind die Schlagzeilen kurz nach der Aktion zu erklären.
Der Mann im Rock - ich bitte Sie - wo leben wir denn?
Versuchen Sie mir mal bitte nachzusprechen: Mann im Rock...Frau
in Hose Merken Sie was?
Warum nicht gleich: Farbbeutel im Rock Warum denkt
sich ein Journalist so eine Schlagzeile aus - von Bild bis Spiegel?
Wie absurd das Ganze wirkt, lässt sich besser erkennen,
wenn wir die Kleidungsstücke so zuordnen wie auf den Toilettenschildern
allgemein üblich. Die Hose zum Mann, den Rock zur Frau.
Mann in Hose schmiss Farbbeutel oder Frau im
Rock schmiss Farbbeutel. Gerade weil die Hose als Zuordnung für
Männer festgeschrieben ist, steht die Presse Kopf, wenn
eine Schlampe daherkommt und geschlechtlich eindeutig uneindeutig
ist und den beliebtesten Politiker nach Franz Josef Strauß
besudelt. Und das auch noch mitten im Krieg, wo eine Nation seinen
Mann zu stehen hat. Vor diesem Hintergrund war der Farbbeutelwurf
eine doppelte Bedrohung.
-
- Hier wurden nicht nur Kriegstreiber markiert,
sondern die Geschlechterverhältnisse in Frage gestellt,
und zu Recht. Der Farbbeutel im Rock flog quer zu einem Krieg,
wo klare Linien vonnöten sind. Abweichungen irritieren,
verunsichern und stören die scheinbar klaren Fronten, an
denen alle sitzen und sich festzuhalten versuchen. Freund - Feind,
gut - böse, schwarz - weiß, deutsch - fremd, Mann
- Frau.
-
- Der Transvestit, der Fischer besudelte
(Bild, BZ), Der Mann im Rock (Spiegel) - da wird
Eindeutigkeit gesucht und Zuordnung betrieben, um Ordnung zu
schaffen, um Abweichungen einzuordnen. Die Abweichung ist selbstredend
pervers, und der Transvestit kann nur sudeln.
Sexismus, Homophobie und Transphobie frei Haus. Ein Aufschrei,
wenn die Abweichung die Bühne verlässt und ins Publikum
steigt. Das ist bedrohlich für eine Gesellschaft, die in
Frau und Mann kategorisiert, und das auch noch für natürlich
hält.
Die Kategorisierung in Frau und Mann schafft den Ausgangspunkt
täglicher Rollenzuweisung. Das beinhaltet ein Oben und Unten,
sexistische Lebens- und Arbeitsbedingungen, die tagtäglich
mit Gewalt durchgesetzt werden. Die Verunsicherung durch Abweichungen
von der Norm ist so stark, weil das eigene soziale und biologische
Geschlecht und die Kategorien, in denen wir leben, fühlen
und denken überhaupt nicht hinterfragt werden.
Weil ganze Weltbilder darauf aufbauen, die natürliche
Herrschaft zu zementieren. Es sind die selben bipolaren Bilder
im Denken und Fühlen, die bedeutend für die Kriegsführung
sind. In Kriegszeiten oder vergleichbaren Konfliktsituationen
polarisiert sich das Denken der Menschen in Freund und Feind.
Der Feind ist logischerweise böse und wir sind
die Guten; und die Guten können nicht anders, als gut zu
sein, und tragen ihre Zivilisation in die Welt hinaus. Wir
sind Humanitär und für die Menschenrechte, was da soviel
heißt wie Männerrechte.
Sexuelle Gewalt war in diesem Krieg nicht nur Legitimationsgrund
für das eigene kriegerische Eingreifen - sie wurde nur deshalb
als Verbrechen angesehen , weil sie angeblich zur Vernichtung
eines Volkes eingesetzt wurde. Sexuelle Gewalt gegen Frauen wurde
nicht als das benannt, was sie ist, nämlich die am weitesten
verbreitete Gewalt von Männern.
Perspektiven: Die Aussichten, die sich uns bieten, sind nicht
rosig. Im Kosovo ist die D-Mark als Währung durchgesetzt
worden. Und wenn die Vertreibungen unter umgekehrten Vorzeichen
abgeschlossen sind, kann der Aufbau im NATO-Protektorat beginnen.
Im Kosovo blüht der Frauen- und Mädchenhandel. Deutsche
Soldaten und die männlichen Mitarbeiter der NGOs profitieren
davon. Die Landwirtschaft ist mit Nato-Minen verseucht.
-
- Hilfsorganisationen und NGOs schaffen sich
Arbeitsplätze aus Spendengeldern. Die Brotkrumen, die vom
EU-Tisch fallen, sind für die Bevölkerung, verknüpft
mit Bedingungen und sozialer Abhängigkeiten. Jugoslawien
wurde zum Spielball einer deutschen Außenpolitik, die gezielt
auf militärische Optionen setzt. In diesem Sinne wird die
Bundeswehr gerade zur Angriffsarmee hochgerüstet.
Die Festung Europa wird Weltmacht. Interventionsarmeen sind das
deutlichste Zeichen. Als Feinde gelten ganze Bevölkerungen,
die sich an der Peripherie der neuen Weltmacht wiederfinden.
Sie sind die ökonomische Reseverarmee, die in Armut gehalten
wird. Die Überlebensstrategie der Menschen, die dort leben
besteht unter anderem darin, dass sich ein Teil von ihnen nach
Westeuropa aufmachen.
Der Krieg um das Kosovo war der erste neue Krieg in Europa, der
zwangsmobilisierte, migrierende Flüchtlinge in ihrer Herkunftsregion
aufhalten sollten. Die NATO als Kriegspartei richtete Flüchtlingslager
in der unmittelbaren Nähe des Kriegsschauplatzes ein. Ziel
war, dass die Flüchtlinge nicht selbständig Westeuropa
erreichen konnten.
Widerstand: Widerstand war und ist gerechtfertigt. Ohne Zweifel
traf der Farbbeutel Fischer zur rechten Zeit am rechten Ohr.
Kein Kreuz auf dem Stimmzettel alle vier Jahre nimmt denkenden
Menschen die Verantwortung für Zivilcourage und Gegenwehr
gegen die beschriebenen gesellschaftlichen Verhältnisse
ab. Widerstand hat keinen Ort in Institutionen und Parteien.
Wir brauchen keine Politik, die auf Machtbeteiligung und Teilhabe
am herrschenden Kuchen schaut.
Ein grundsätzlicher Widerstand gegen den Krieg überschreitet
und bricht bewusst, mit viel Mut womöglich, mit persönlichen
Konsequenzen sicherlich, Gesetze , um jede Kriegspolitik zu sabotieren.
Was wir brauchen, ist ein gelebter Widerstand gegen jeden Krieg
und einen Widerstand, der außerparlamentarisch, anti-institutionell
und radikal ist. Das ist ein Widerstand, der keine nationalen
Grenzen kennt und sich mit den emanzipatorischen NestbeschmutzerInnen,
VaterlandsverräterInnen und KriegsgegnerInnen
des jeweiligen Landes verbündet.
Und hierzulande braucht es neue Bündnisse, die quer zu allen
Schubladen laufen, in denen wir zu denken gewohnt sind. Ob mit
MigrantInnen, Lesben, Schwulen, Krüppeln, sozial Marginalisierten,
Linken - all jenen, die etwas anderes wollen, als das was uns
dieses triste Land zu bieten bereit ist. Solange wir in einer
Gesellschaft leben, die Kriege hervorbringt und selber die Menschenrechte
mit Füssen tritt, ist und bleibt Widerstand dagegen unverzichtbar.
Das Ergebnis dieses Krieges verweist auf die Notwendigkeit den
zukünftigen Kriegen eine entschlossene Haltung entgegenzusetzen.
Eine Gesellschaft, die Militär und Kriege als festen Bestandteil
hervorbringt muss radikal verändert werden.
Samir F. (Jürgen ?)
Dieser Erklärung wurde vom Autor am 21.12.2000 vor Gericht
vorgetragen.Er mailte sie uns zur Veröffentlichung zu.
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