94. Print-Ausgabe, Frühling 08
 
Another Gay Movie
Reg.: Todd Stephens, DVD bei Pro-Fun Media, Außerdem: Audiokommentar mit Todd Stephens u. Produzent Jesse Adams, geschnittene Szenen, Interview mit Todd Stephens u. Schauspieler Michael Carbonaro, Making Of Nancy Sinatra’s „Another Sunshine Day“, Original Kinotrailer, web-link. PRO-FUN Media hat diesen Film nun als DVD herausgebracht.
Kennt man irgendwie schon: Die High-School zu Ende und vier junge Typen beschließen, bis zum Ende des Sommers wollen sie keine Jungfrauen mehr sein. „American Pie“ lässt grüßen.
Doch alles ist anders, denn die vier Jungs sind schwul. Andy (Michael Carbo-naro) mit den verständnisvollen Eltern. Sie platzen in den unpassendsten Momenten ins Zimmer.
Nico (Jonah Blechman) das feminine Wesen mit dem Hang zu älternen Männern, Jarod (Jona-than Chase), der etwas tumbe Sportler-Typ und Griff (Mitch Morris), der Intellektuelle, der an seinem Körper zweifelt.
Sie werden provoziert von Super-Lesbe Muffler (Ashlie Atkinson) und so beginnt ihre Entdeckungstour durch das schwule Universum. Doch die ersten Gehversuche in der schwulen Welt sind schwierig und es passiert, was passieren muss, wenn man seinen Weg noch finden muss und einem das nötige Know-How fehlt. ... Doch am Ende wird alles gut.
Bis dahin wird so ziemlich jedes Thema aufgegriffen: Internet-kontakte, Klappensex, Toys, ... keine Peinlichkeit zu peinlich.
„Another Gay Movie“ ist eine Klamotte im besten Sinne des Wortes - überdreht, derb, mit deftigem Humor.
Die Schauspieler sind bestens aufgelegt, man fühlt mit ihnen, auch in den absurdesten Situationen.
Aufgepeppt wird der Film noch mit Anspielungen auf bekannte Filme (von „Carrie“ bis „Queer as Folk“) und diversen Gaststars wie Richard Hatch, Graham Norton und Scott Thompson dem Come-dian Ant oder Pornostar Matthew Rush.
Natürlich werden sämtliche Klischees bedient. Und noch etwas was auffällt. Es gibt sie nicht, die Bösen, über die man sich lustig machen könnte – keine verständnislosen Elternteile, keine Alibi-Freundin, die sich betrogen fühlt, keine Schwulenhasser.
So zelebriert man sich in erster Linie selbst und bleibt in seiner eigenen kleinen Welt.
Und was das Vorbild „American Pie“ betrifft, die schwule Variante ist sehr viel lustvoller. (ts)
 
Cam Chat
(Open Cam) Engl. Originalfassung, Original mit deutschen Untertiteln, 8 geschnittene Szene, Musik-Video, ursprüngl. Titelsequenz, Trailer ... (DVD - Pro Fun Media)
Manny (Andreau Thomas) ist ein junger Künstler in Washington DC. Frustriert aus seiner letzten Beziehung sieht er sich nun als überzeugten Single, versucht sich auf seine Kunst zu konzentrieren. Seine sozialen Kontakte beschränkt er auf einen kleinen Freundeskreis, Sexkontakte findet im schwulen Internetchat „Washing-tondick.-com“. Aber auch Sex gegen Geld ist er nicht abgeneigt. Durch einen versuchten Überfall auf seinen Freund Maury und ihn, lernt er den sarkastischen schwulen Cop Hamilton (Amir Darvish) kennen. Nach kurzem Sex in der Nebenstraße trennen sich ihre Wege wieder. Doch bald trifft man sich in einer Ausstellung wieder. Dies ist kein Zufall, wie sich zeigt, denn Hamilton arbeitet an einem bestialischen Mord, der live per Cam im Chat zu sehen war und Manny kannte den Ermordeten ... Die Morde häufen sich und alle Ermordeten standen auf irgendeine Weise mit Manny in Beziehung. Als Bodyguard und zugleich Köder für den Mörder zieht Hamilton bei Manny ein und gibt sich als sein neuer Freund aus.
Passable Low-Budget-Produktion mit deutlichen Schwächen, die gemessen an dem Etikett „schwuler Erotik-Thriller“ scheitern muss. Regisseur Robert Gaston konzentriert sich vor allem auf die körperlichen Vorzüge seiner Darsteller. Die Handlung wird dadurch langatmig und bleibt in weiten Teilen ohne jede Spannung. Trotzdem sehenswert, auch wohl wegen der weitgehend klischeefrei agierenden Darsteller. Leider keine deutsche Synchronfassung. (ts)
 
Amnesia
- Das James Brighton Geheimnis. Kanada 2005, Original mit Untertiteln, Regie: Denis Lanlois, DVD bei Pro-Fun Media.

Ein junger Amerikaner erwacht nackt, ohne jegliche Erinnerung auf einem Parkplatz in Montreal. Seine Kleidung liegt neben ihm. In der Tasche findet er einen Zettel mit dem Namen “James Brighton” und eine Telefonnummer. Eine Therapeutin, eine Kriminologin, alle bemühen sich, ihm zu helfen, doch seine Erinnerung bleibt schemenhaft. Das einzige, was er wirklich weiß, ist dass er schwul ist. Nach und nach gibt sein Gedächtnis einige Erinnerungsfetzen preis. Doch inwieweit stimmen sie und in welchem Zusammenhang stehen sie? Mehrere junge Männer, die auf ihn einschlagen, merkwürdige religiöse Beschwörungen und ist der Name James Brighton wirklich sein eigener? Langsam kommt er der Wahrheit immer näher.
Die Community nimmt anteil, die Medien schalten sich ein ... und plötzlich ist dann doch alles anders als gedacht.
Dennis Langlois Film, der sich an einer wahren Geschichte orientiert, lässt den Zuschauer im Dunkeln und lässt ihn mitfühlen ... Erinnerungsfetzen, Traumsequenzen, die ständig das Bild ergänzen und verändern. Außerdem ein überzeugender Hauptdarsteller (Dusan Dukic). “Amnesia” ist ohne Frage spannend und unterhaltend. Gleichzeitig wirft er Fragen auf: Was ist Identität? Was passiert mit ihr, wenn die Erinnerung verloren geht? Inwieweit wird sie von innen oder außen bestimmt? ... (ts)
 
The Bubble – 4 Liebende, 2 Welten, 1 Grenze
Israel 2006, Reg. Eytan Fox, Original mit Untertiteln, DVD bei Pro-Fun Media
Im Niemandsland der West Bank stehen sich zwei Gruppen gegenüber. Einerseits die hoch bewaffneten Israelis, auf der anderen Seite misstrauische Palästinenser, die eine Wegsperre passieren wollen und in der Hitze warten müssen. Als eine hochschwangere Frau unter Schmerzen zusammenbricht, versucht Noam, ein junger Reservesoldat zu helfen. Er leistet am Wochenende seinen Dienst in der israelischen Armee. Und hier begegnet er Ashraf, einem jungen Palästinenser, zum ersten mal. Zurück in Tel Aviv wird Noam in seiner WG von seinen Mitbewohnern schon erwartet. Da sind Lulu, die Verkäuferin und Yali, der Café-Besitzer. Lulu steckt mitten in den Vorbereitungen für einen “Rave Against Occupa-tion” am Strand, Yali sucht einen neuen Kellner für sein Café.
Plötzlich steht Ashraf, der junge Palästinenser vor der Tür.
Er hat Noams Ausweis gefunden, den er im Durcheinander an der Grenze verloren hatte. Sie lernen sich besser kennen, kommen sich näher und Ashraf wird mit offenen Armen in der WG aufgenommen. Sein Outfit wird angeglichen und er arbeitet fortan illegal und als Israeli getarnt als Kellner in Yalis Café. Doch ein mitgehörtes Gespräch zwischen Yali und Noam in dem es um die Zukunft zwischen Israelis und Palästinensern geht und ein mögliches Outing als illegaler Palästinenser, lassen ihn Hals über Kopf Noam und Tel Aviv verlassen und zu seiner Familie nach Nablus zurückkehren.
Als er auch telefonisch nicht erreichbar ist, verschaffen Lulu und Noam sich internationale Presseausweise, um Ashraf in Nablus zu besuchen und eine Erklärung zu bekommen. Ein leidenschaftlicher Wiedersehenskuss wird zufällig von Jihad, der Ashrafs Schwester heiraten will.
Nach “Yossi & Jagger” und “Walk on Water” ist “The Bubble” Eytons dritter Film über Homosexualität in Israel. Er erzählt die Liebesgeschichte eines Israeli und eines Palästinensers und ihres Versuchs die politischen und kulturellen Grenzen zu überwinden und schildert dabei das Lebensgefühl von jungen Menschen, die inmitten von Krieg und Ausnahmezustand nach individuellen Freiräumen und Normalität suchen, das Leben in Tel Aviv wie auf einer Insel, eher wie in einer Seifenblase, die doch so leicht zum Platzen gebracht werden kann. (ts)
 
Bernds Kultur-Tipp:
Es war wirklich nicht einfach, diese Fernsehserie auszugraben, neu zu synchronisieren und uns allen als DVD-Set wieder zugänlich zu mchen. Daran war auch ich beteiligt.
 
Wiedersehen mit Brideshead
Die heiligen und profanen Erinnerungen des Hauptmanns Charles Ryder ist ein 1944 erschienener Roman des englischen Schriftstellers Evelyn Waugh. Er beschreibt aus der Perspektive des Ich-Erzählers Charles Ryder den Zerfall der wohlhabenden, katholischen Adelsfamilie Marchmain im England der 1920er und 1930er Jahre. Der Roman wurde von 1979 bis 1981 unter dem Titel Brideshead Revisited als TV-Serie verfilmt.
Evelyn Waugh’s erstes nicht-satirisches Werk „Wiedersehen mit Brideshead“ spielt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Engländer Charles Ryder erzählt im Rückblick über seine Bekanntschaft mit der katholischen Adelsfamilie der Marchmains. Sein Zusammentreffen mit den Leuten, die sein Leben stark beeinflussen sollen, beginnt an der Universität, wo er sich mit Sebastian Flyte befreundet, dem exzentrischen Sohn von Lord und Lady Marchmain. Sebastian, der einen großen Teddybären namens Aloysius besitzt, Sebastian, der sich scheinbar nicht kümmert um das, was andere über ihn sagen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, die zwar zum Teil auf gegenseitigem Unverständnis beruht, aber trotzdem einige Jahre anhält. Charles lernt Sebastian’s Familie kennen, und wird immer tiefer in deren Konflikte mithineingezogen, Konflikte zwischen der von ihrem Mann verlassenen, streng katholischen Lady Marchmain und ihren Kindern, von denen Sebastian und Julia nicht so vom Glauben ihrer Mutter überzeugt sind, wie ihre Geschwister Cordelia und Earl von Brideshead. Als Sebastian immer mehr dem Alkohol verfällt, wendet sich Charles in seiner Hilflosigkeit von ihm ab. Später wird diese intensive Bindung an Sebastian durch eine Liebesbeziehung zu dessen Schwester Julia ersetzt, an der schließlich Charles’ Ehe zerbricht. Trotzdem können Charles und Julia nicht miteinander glücklich werden, weil Julia doch durch den strengen Katholizismus ihrer Familie geprägt ist, und zu ihrem Mann zurückkehrt. Der Edition ist wunderschön inszeniert, Stimmungen auf dem Herrensitz Brideshead sind voller schwelgerischer Melancholie, und die Problematik des Katholizismus wird ernsthaft angegangen. Die Freundschaft zwischen Charles und Sebastian ist voll tiefer Hingabe aber auch Unsicherheit und läßt den Zuschauer sicher nicht unberührt.
700 Minuten auf 7 DVDs, von hoher Qualität und faszinierenden Details. Eine tiefsinnige Fa-miliensage, die unterhaltsam ist. (Bernd)
 
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