77. LUST, Winter 03/04
 
Guido Bachmann ist tot
Der Schriftsteller Guido Bachmann ist am 19. Oktober im Alter von 63 Jahren in St. Gallen gestorben, wie der Lenos Verlag, Basel, mitteilte. Bachmanns Romane und autobiografische Schriften wurden mehrfach ausgezeichnet. Er galt als sprachgewaltig – und war immer umstritten.
 
Guido Bachmann wurde 1940 in Luzern geboren. Er studierte Musikgeschichte und Theaterwissenschaft in Bern. Er galt als unangepasster Schreiber. 1966 erschien sein erster Roman: „Gilgamesch“. Das Buch löste wegen seinen homoerotischen Passagen heftige Reaktionen aus. Die „Basler Zeitung“ erinnerte sich 1997: „Das freimütige Bekenntnis zur Homosexualität sorgte für einen Skandal, der als ‘Zürcher Literaturstreit’ in die Landesgeschichte eingegangen ist. Gleichzeitig war es der Auftakt zu einem Lebenswerk, in dem ein ebenso sprachgewaltiger wie obsessiver Künstler sich existentiell der eigenen Identität zu vergewissern versuchte.“

Während über 30 Jahren lebte und arbeitete der Schriftsteller und Schauspieler in Basel, ehe er 1997 nach St. Gallen zog. Alle von Bachmann geschriebenen Bücher erschienen im Lenos Verlag. In der Folge publizierte der Autor weitere Romane und Novellen, darunter „Der Basilisk Dinoysos“, „Die Wirklichkeitsmaschine“, sowie die beiden autobiografischen Schriften „lebenslänglich“ und „bedingt entlassen“. 2002 erschien mit „Sommerweide“ Bachmanns letzter Roman.

Die „Frankfurter Rundschau“ schrieb über den Schriftsteller: „Sein Werk belohnt jeden, der einmal jenseits des Zauns des Üblichen und Eingeschliffenen verweilen möchte.“ Hart ins Gericht ging das Boulevardblatt „Blick“ mit dem Werk „lebenslänglich“: Es sei „ein unausgegorenes, ärgerliches Buch. Geschwätzig mit sinnlosen Wiederholungen. Ein Leben in Übelkeit, eine Biographie zum Erbrechen.“
 
Die „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb diesen Frühling nach der Publikation von „Sommerweide“: „Kein anderer dirigiert die Lesenden so autoritär - geradezu machiavellistisch - durch seinen Erfindungsreichtum, während er seiner Lust an der Theatralik freien Lauf lässt. Kein anderer wuchtet solche Motivmengen in die Erzählstruktur, über die er dennoch souverän herrscht. Kaum einer verknotet so selbstbewusst und selbstreflexiv Anleihen aus der weltumspannenden Geistesgeschichte mit Verweisen auf sein literarisches Schaffen. Umso mehr kann, wer Durststrecken zum Trotz den Irrgarten von „Sommerweide“ durchlaufen hat, auf die Fortschreibung der Motivik gespannt sein. Mit der Wahl der omnipräsenten Erzählerperspektive und dem traditionsreichen Stoff des literarischen Irrsinns hat Guido Bachmann in seinem neusten Roman wohl zu viel gewagt - aber gewonnen hat er damit erneut die Neugier seiner Leserinnen und Leser.“
 
Für seine Werke wurde Bachmann mehrfach ausgezeichnet. Er erhielt 1990 den Basler Literaturpreis für sein gesamtes literarisches Schaffen. Für „lebenslänglich“ wurde er 1997 mit dem Buchpreis des Kantons Bern und 1998 mit dem Buchpreis der Stadt Bern ausgezeichnet. 2003 erhielt er erneut den Buchpreis des Kantons Bern für „Sommerweide“.