98.Print-Ausgabe, Frühling 09
 
Rechtstrend überall
Es ist erstaunlich wie sehr die als rechts einzuordnende Gesinnung überall zunimmt. Das Erstaunen kommt daher, dass man in der Regel ein persönliches Umfeld hat, in dem man sich wohlfühlt. Wenn man aber die Nase daraus ein bisschen hervorstreckt ...
 
Sicher, woran macht man fest, welche Auffassung und welches gehabe „rechts“ ist?
Da gibt es den „rechten Flügel“ in der SPD, von dem in letzter Zeit viel die Rede war und der sich mit seinem Durchmarsch todsiegte. Es ist der bürgeliche Flügel, genauer betrachtet. Der „linke Flügel“ ist derart in die Defensive geraten, dass mit einer wie auch immer gearteten „linken Politik“ seitens der SPD kaum gerechnet werden kann, ob es sich um Arbeitnehmerfragen, Sozialversicherungen usw. handelt.
Der „rechte Flügel“ der CDU/CSU hat sich in der Union auch bemerkbar gemacht, sein Flügelmann ist ja der wiedergewählte hessische Ministerpräsident Koch. Der hat (das muss ihm von der interessierten Seite anerkannt werden) tatsächlich eine linke Politik in Hessen verhindert, unterstützt vom rechten SPD-Flügel.

Aber wirklich rechts wird es, wenn man sich in Jugendcliquen begibt und dort die Ohren aufsperrt.
Und das sind nicht die schon äußerlich auffallenden Nazis, das ist das nachwachsende Bürgertum.

Mit großer Naivität und kindischer Häme werden in Gespräche Ungeheuerlichkeiten ausgetauscht, die unsereins sprachlos machen.
Und auch in der Szene gibt es Äußerungen, die erkennen lassen, dass wir dort mehr tun müssen.
 
Die Union und das ZDF
Parteipolitischer Kampf um die Sprachreglungen

Mittels einer recht fragwürdigen Kampagne gegen den gegenwärigen parteilosen ZDF-Chefredeakteur Nikolaus Brender versucht hessens Koch noch vor der Bundstagswahl den stellvertretenden Leiter des ZDF-Hauptstadt-Studion Peter Hahne als Brenders Nachfolger durchzusetzen, der wie ein CDU-Sprecher auftritt.
Intendant Markus Schächter hat das alleinige Vorschlagsrecht und der hat Brender als Kandidat nominiert, wenn dessen Vertrag in einem Jahr ausläuft.

Es geht hier um nicht mehr oder weniger, ob es für Journalisten besser ist, sich ein entsprechendes Parteibuch zu besorgen oder eher doch auf parteipolitische Neutralität zu achten, zumindest einen gewissen Proporz einzuhalten. Das sollte in Deutschland mit den öffentlich-rechtliche Medien eigentlich selbstverständlich sein, die anders als in Italien und Frankreich staatsunabhängig sind oder sein sollten.

Nun hat aber die Union 9 Sitze im ZDF-Verwaltungsrat, die SPD hat nur noch 5 Sitze. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Kurt Beck, muss sich der Machenschaften seines Stellvertreters, Roland Koch (unterstützt von Söder), erwehren.

Nicht nur die SPD versucht, Brender zu halten, sondern nahe sämtliche hochrangige Journalisten des ZDF. Sie wissen nämlich, was ihnen drohen kann, wenn Kochs Kampagne, hinter der anscheinend auch die Kanzlerin und die CSU (im Gegensatz zu einigen Verwaltungsräten der CDU) steht, durchkommt.

Hahne hat mit seinem Bestseller „Schluss mit lustig“ verlangt, „Gott zurück in die Politik“ zu holen, wie der SPIEGEL anmerkt. Hahne steht auch hinter der Evangelisationsveranstaltung „ProChrist“.

In der FAZ schreibt Mitherausgeber Frank Schirrmacher, die Union sah die Möglichkeit „Wann, wenn nicht jetzt“, alleine zu bestimmen. Doch das sei kein übliches Parteienspielchen. Brenders hätte sich diesem Spielchen „Wo stehst du politisch?“ entzogen und sei der Qualität des unabhängigen Journalismus verpflichtet. Es gehe um die Demystifizierung der Macht und den Schutz der geistigen Freiheit.

Würde die Union hiermit durchkommen, würden parteipolitische Konditionen in der nächsten Journalis-tengeneration gleichsam genetisch festgelegt. Das sei die Verstaatlichung des Journalismus.

Wir aber ziehen daraus die Lehre, dass die Union die Meinungsführerschaft in allen Medien anstrebt und dabei bereit ist, auch eigene Leute, die nicht so spuren, wie sie sollen, abzuservieren, um dann ganz andere Leute in Schlüsselpositionen zu bringen. (js)
 
 
Gedenkfeier für homosexuelle NS-Verfolgte
Am Sonntag, dem 19. April 2009, findet ab 14 Uhr die Gedenkveranstaltung zum 64. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen statt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) veranstaltet an diesem Tag wieder eine Gedenkfeier für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen.

In diesem Jahr ist die Gedenkfeier dem Maler Richard Grune gewidmet. Grune wohnte Anfang der dreißiger Jahre in Berlin. Im Dezember 1934 wurde er im Rahmen der ersten Razzien auf Homosexuelle verhaftet, weil er in seinem Atelier schwule Partys veranstaltet hatte. Zunächst kam er für ein halbes Jahr ins Konzentrationslager Lichtenburg.

Im Mai 1935 kam er vorerst frei, gleichzeitig wurde er aber nach § 175 wegen “widernatürlicher Unzucht” angeklagt. 1936 wurde Grune zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt.

Nach Verbüßung der Strafe wurde er 1937 ins Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt. Dort erstellte Grune ein Lagerliederbuch, in dem er unter anderem das berühmte “Lied der Moorsoldaten” illustrierte. 1940 kam Grune in Konzentrationslager Flossenbürg, wo er bis zur Befreiung durch die Amerikaner war. Nach 1945 hat Grune unter dem Titel “Passion des XX. Jahrhunderts” Lithographien über seine KZ-Jahre veröffentlicht. Er starb 1983 in Kiel.

Die Gedenkfeier findet am ehemaligen “Isolierungs-Block” 14 statt, in den Grune im Herbst 1939 gemeinsam mit den anderen homosexuellen Häftlingen verlegt wurde. Alexander Zinn wird eine Rede halten. Musikalisch begleitet wird die Feier vom schwulen Männerchor “Männer-Minne”.

Die Veranstaltung findet in der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg statt. Sie beginnt um 14 Uhr mit einer Begrüßung durch den Stiftungsvorsitzenden Prof. Morsch, die Feier für die homosexuellen Opfer findet im direkten Anschluss am ehemaligen Block 14 statt. Gegen 15.30 Uhr schließt sich eine zentrale Gedenkfeier für alle Opfer mit einer Kranznie-derlegung an.
Weitere Informationen:

www.rosa-winkel.de sowie unter der Seite www.gedenkstaette-sachsenhausen.de und der Seite
www.maenner-minne.de
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