- 97. Print-Ausgabe, Winter-LUST 08/09
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- Hoffnungsträger Obama?
Nach der Wahl jubelte eine Zeitlang die
ganze Welt. Auch in muslimischen Staaten hörte man: sie
mal an, wenn ein Schwarzer dort Präsident werden kann, sind
die USA wohl dann doch demokratischer, als unter Bush vorher
schien.
- Auch in der US-Gay-Bewegung macht sich
langsam ein verhaltener Optimismus breit, und es scheint sogar
Signale von Obama zu geben.
- Das war allerdings im Wahlkampf nicht so.
Barak Obama, Senator in Ilinois, der dem konservativen wirtschaftsliberalen
Flügel der US-Demokraten angehört, möchte statt
Hillary Clinton der demokratische Kandidat bei der US-Präsident-schaftswahl
werden. Er wird von den konservativem Medien der Präsidentschaftskandidatin
vorgezogen.
Trotz Aufforderung amerikas Lesben. und Schwulenverbände,
verweigerte er bisher Aussagen zur Gleichstellung von Homosexuellen
und Heterosexuellen. Stattdessen sieht die US-Gay-Bewegung mit
großem Misstrauen Obamas gemeinsame Wahl-kampfotur mit
dem Prediger McClurkin, der von sich behauptet, durch Gott vom
Übel der Homosexualität geheilt worden
sei. Auch dass Obama den geheilten McClutin in einer
dreiseitigen Presseerklärung in Schutz nahm, erweckt Zweifel
in der US-Gay-Szene, nach einem wirklichen Wechsel in Washington.
Im Vergleich zu Hillary Clinton hat es sehr lange gedauert, doch
nun hat sich auch Barack Obama zur Eingetragenen Partnerschaft
für die schwullesbische Paare geäussert: Er möchte
sich für die Einführung einer zivilen Partnerschaft
einsetzen.
Er bezeichnet sich selber als gläubiger Christ, und dies
führt dazu, dass Barack Obama automatisch auch ein Problem
mit dem Begriff der Homo-Ehe hat. Wie er nun im Bundesstaat Ohio
erklärte, glaube er nicht an eine Homo-Ehe, aber er denke,
dass Schwule und Lesben mit Würde und Respekt behandelt
werden sollten und nicht vom Staat diskriminiert werden dürften.
Daher glaube er an eine zivile Partnerschaft, die es gleichgeschlechtlichen
Paaren erlaube, sich gegenseitig im Krankenhaus zu besuchen und
Eigentum zu vererben. Er finde, dass dies nicht Ehe heissen,
sondern, dass es ein legales Recht sein soll, welches durch den
Staat anerkannt wird.
Mit dieser Aussage äussert sich Barack Obama kurz vor der
Entscheidung im Lager der Demokraten einiges vorsichtiger als
seine Kontra-hentin Hillary Clinton. Diese hat sich bereits Anfangs
Februar mit einem offenen Brief direkt an die schwullesbische
Wählerschaft gewandt. Auch in Interviews, wie beispielsweise
für die Youtube-Community, hat sich Clinton bereits zu Beginn
für die Belange der Schwulen und Lesben stark gemacht. Barack
Obama hat sich im Gegensatz dazu immer etwas vor aussagekräftigen
Antworten gedrückt.
Doch bei Obamas staatsmännischer Rede am Wahltag nach seinem
Sieg zählte er u.a. die Gay People auf, wo Reformen
nötig seien.
Der designierte US-Präsident Barack hat auf seiner neu eingerichteten
Website change.gov sein Programm für die nächsten
Jahre veröffentlicht: Darin verspricht er auch, die Diskriminierung
von Schwulen und Lesben abzubauen.
Der Homo-Plan der Obama-Biden-Regierung, die ab dem 20. Januar
im Amt sein wird, umfasst insgesamt acht Punkte. Ganz oben stehen
die Einführung von Eingetragenen Partnerschaften, die Stärkung
von Antidiskriminierungsrichtlinien und die Verschärfung
der Gesetze gegen Hassvergehen.
Barack Obama unterstützt Eingetragene Partnerschaften,
die gleichgeschlechtlichen Paaren die gleichen Rechte und Privilegien
gibt wie sie verheiratete Paare haben, heißt es in
dem Text. Obama glaubt auch, dass wir den Defense
of Marriage Act´ abschaffen müssen, damit wir die
gut 1.100 Bundesrechte, die derzeit nur Ehepartnern gewährt
werden, auf gleichgeschlechtliche Paare in Eingetragenen Partnerschaften
ausgedehnt werden können.
Dieses Gesetz zur Verteidigung der Ehe wurde 1996
mit überwältigender Mehrheit in beiden Häusern
des Kongresses verabschiedet, als die Angst umging, dass manche
Bundesstaaten die Ehe für Lesben und Schwule öffnen
könnten. Es besagt, dass nur verschiedengeschlechtliche
Ehepaare Bundesrechte erhalten. Daher werden gleichgeschlechtlich
verheiratete oder verpartnerte Amerikaner bei der Bundeseinkommenssteuer
wie Ledige behandelt; auch für ausländische Partner
gibt es anders als bei Hetero-Partnern keine automatische
Niederlassungserlaubnis.
Des Weiteren spricht sich Obama für die Homo-Adoption aus:
Barack Obama glaubt, dass wir allen Paaren und Einzelpersonen
die Adoptionsrechte zukommen lassen müssen, unabhängig
von deren sexueller Orientierung. Er denkt, dass ein Kind von
einem liebenden und gesunden Zuhause profitiert, egal ob die
Eltern schwul sind oder nicht.
Außerdem will der Noch-Senator die Gesetze gegen Hassvergehen
verschärfen, wie er es schon in seinem Heimatstaat getan
hat: Als Senator in Illinois hat Obama für harte Gesetze
gestimmt, die Hassvergehen und die Verschwörung, ein solches
Delikt zu begehen, gesetzeswidrig machten, heißt
es bei change.gov. Im letzten Jahr ist ein Hassdelikte-Gesetz
noch an der Vetodrohung von Präsident George W. Bush gescheitert.
Obama will außdem das Militär für Schwule und
Lesben öffnen. Manche Lesben und Schwule wollen das ja und
in einigen Regionen der USA ist das Millitär der einzige
Arbeitgeber. Derzeit gilt noch die Dont ask, dont
tell-Regelung, nachdem nur Homosexuelle in Army, Navy oder
bei den Marines dienen dürfen, wenn sie ihre sexuelle Orientierung
geheim halten. Ein Ende des Verbotes wurde bereits von ranghohen
Generalen und Admiralen gefordert. Der Test für die
Eignung zum Militärdienst sollte Patriotismus, Pflichtbewusstsein
und die Bereitschaft zu dienen sein. Diskriminierung sollte verboten
sein, schreibt Obama. Er wolle mit den führenden Militärs
zusammenarbeiten, um die augenblickliche Regelung abzuschaffen.
Auch die Antidiskriminierungsgesetze will Obama verschärfen.
Damit soll die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz erzwungen werden.
Zudem will der 47-Jährige die HIV-Prävention verbessern
und dabei auch umstrittene Wege gehen wie Sex-Unterricht für
Jugendliche und den kostenlosen Austausch von Nadeln für
Drogenabhängige in Gefängnissen.
Berater von Barack Obama erklärten, dass der designierte
US-Präsident die Förderung von Enthaltsamkeit im weltweiten
Kampf gegen Aids einstellen und stattdessen für Kondomgebrauch
werben werde.
Bislang ist ein großer Teil der milliardenschweren Hilfe,
die vor allem an afrikanische Länder geht, an Enthaltsamkeits-
und Anti-Abtreibungsprogramme gekoppelt. Zwischen 2009 und 2013
wollen die USA 48 Milliarden Dollar für den Presidents
Emergency Plan For AIDS Relief ausgeben, der von George
W. Bush gegründet wurde.
Obama-Beraterin Susan F. Wood sagte, dass die Hilfe bisher in
eine falsche Richtung gegangen sei. Viele Gruppen
hätten keine US-Unterstützung erhalten, nur weil sie
Kondome als Schutz gegen HIV propagiert haben: Der alten
US-Regierung ist es gelungen, Kondome zu dämonisieren,
so Wood in einem Bloomberg-Interview. Wir wollen
zeigen, dass sie Teil einer Strategie sind, um ungeplante Schwangerschaften
und sexuell übertragbare Krankheiten zu verhindern.
Ich habe immer gewitzelt, dass eigentlich die ganze Welt an den
US-Wahlen hätte teilnehmen müssen, denn die ganze Welt
ist davon betroffen.
Im Übergangsstab von Obama-Biden ist zudem festgelegt worden,
dass Anstellungen nicht von der sexuellen Ausrichtung des Bewerbers
abhängig gemacht werden sollen und Diskriminierung im Job
verboten sei: Das Obama-Bilden-Übergangsprojekt diskriminiert
nicht auf der Basis von Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht,
Alter, nationaler Herkunft, Veteranenstatus, sexueller Orientierung,
Geschlechtsidentität und Behinderung, heißt
es auf der offiziellen Website. Es wird erwartet, dass Obama
eine Präsidentenverfügung erlässt, die diese Regelung
für den gesamten Regierungsapparat verpflichtend macht.
Eine ähnliche Bestimmung gab es bereits unter Präsident
Bill Clinton, der von 1993 bis 2000 im Weißen Haus residierte.
In Kalifornien fand bei der Präsi-dentschaftswahl auch eine
Abstimmung über die Ehe für homosexuelle Paare statt.
Besonders die Obama-WählerInnen, Latinos und Schwarze stimmten
gegen die Ehe für Homosexuelle.
Die Mehrheit hat gesprochen: 52 Prozent der Kalifornier wollen
Schwulen und Lesben nicht das Recht geben zu heiraten. Alle Appelle
von Stars wie Brad Pitt, Steven Spielberg oder Barbra Streisand
haben nichts geholfen. Zwar werden die bereits geschlossenen
Ehen weiterhin Bestand haben. Wer jetzt noch heiraten will, muss
sich mit einer Eingetragene Partnerschaft begnügen,
immerhin.
Der Rückschlag trübt die Freude über die Wahl
des als homofreundlich geltenden Barack Obama. Für viele
schwule und lesbische Kalifornier war Proposition 8
sogar wichtiger als die Präsidentschaftswahl. So haben Besucher
der Schwulenmetropole San Francisco in den letzten Wochen weit
mehr Werbeposter mit der Aufschrift No On 8 als mit
dem Wunsch Obama for President gesehen.
Mit der Entscheidung enthält die kalifornische Verfassung
künftig widersprüchliche Bestimmungen: Zwar heißt
es im darin, dass alle Menschen - egal welcher sexuellen Ausrichtung
- gleichbehandelt werden müssen. Darum hat der oberste Gerichtshof
des Bundesstaates im Mai das Ehe-Verbot für verfassungswidrig
erklärt. Jetzt heißt es darin auch, dass die Ehe eine
Verbindung zwischen Mann und Frau sei.
Mit diesem Widerspruch werden sich voraussichtlich bald Gericht
beschäftigen müssen. Zunächst gilt: Homo-Paare
sind also offiziell weiter gleichberechtigt - allerdings werden
sie das künftig in Eingetragenen Partnerschaften
sein.
Geschlagen geben sich die Homosexuellenverbände nach dem
Volksentscheid aber nicht.
Befürworter der Homo-Ehe haben unmittelbar nach dem abgehaltenen
Referendum in Kalifornien Klage eingereicht. Die Homosexuellenver-bände,
die Bürgerrechtsbewegung ACLU und die Städte San Francisco
und Los Angeles beantragten beim Obersten Gerichtshof des Westküs-tenstaates,
dass das Wahlreferen-dum Proposition 8 für ungültig
erklärt werde, weil es gegen die Verfassung Kaliforniens
verstoßen würde. Es hätte nach ihrer Ansicht
nie durchgeführt werden dürfen.
Obama selber will dieses Widerspruch wohl in der Weise lösen,
dass er für die geamten USA die Eingetragene Partnerschaft
für homosexuelle Paare befürwortet, ein Schlag ins
Gesicht der homosexuellen Eheliebhaber, aber auch der religiösen
Rechte, die zur Kenntnis nehmen muss, dass der Staat nun homosexuelle
Partnerschaften anerkennt, was ein Verbot ausschließt,
immer-hin.
Nun gibt es in den USA auch noch weitere Probleme, die gelöst
werden sollten, so die riesige Arbeits-losigkiet in weiten Teilen
des Landes, die Velendung breiter Bevöl-kerungsteile, das
katastrophale Ge-sundheitssystem, die marode Infrastruktur, die
riesige Auslandsver-schuldung, die partiellen Eingriffe in die
Meschenrechte und die Verstrickung in zahlreiche Kriege und Konflikte
rund um den Erdball, was wiederum in der USA zu großen
sozialen Verwerfungen führt.

Ausländische Hoffnungen
Um es gleich hier zu benennen, in solchen Staaten, in denen die
Regierungen eher in Konfrontation mit anderen Regierngen oder
Bevölkerungen usw. sind, ist die Freude über Obamas
Sieg eher verhalten. Auch bei Regierungen, die relativ realistisch
die unterschiedlichen Interessenslagen abwägen sind die
Hoffnungen eher klein.
Durch die ganze Welt geht ein Aufatmen, wie Befreiung von einem
Alptraum. Werden jetzt die aberwitzigen Einreisekontrollen zurückgenommen?
Werden nach wie vor Fluggastdaten über den Teich wandern,
die Us Geheimdienste auf der ganzen Welt zurückgepfiffen?
Ich befürchte, daß versucht wird diesen und andere
Wünsche nicht Wirklichkeit werden zu lassen. In Amerika
sagt Obama ist alles möglich. Nach den Kennedys,
Martin Luther usw. ist es nicht unvorstellbar, daß die
dunklen Kräfte wieder zuschlagen werden. Es
steht zuviel auf dem Spiel. Wer hat die statements seiner haßerfüllten
Gegner von nach der Wahl vergessen? Das ist ein Angriff auf die
weiße Kultur in Amerika.
In den Brvölkerungen ist die Hoffnung auf bessere Zeiten
durch den designierten US-Präsidenten Obama recht groß.
Obama wird dann wohl nicht nur als US.Präsindet gesehen,
sondern als so etwas wie ein Weltpräsident. Vielleicht ist
Einschätzung, dass der US-Präsident so eine Art Weltpräsident
ist, insofern realistisch, dass es gegen die USA kam geht und
eher notgedrungen mit. Aber nun die einzelnen Länder:
Wir entscheiden gemeinsam und handeln dann auch gemeinsam.
Schluss mit der amerikanischen Arroganz der Macht? Das war Barack
Obamas Berliner Botschaft. Und diese wird Konsequenzen haben,
die den Europäern nicht immer gefallen werden.
Der Kampf gegen den Terrorismus ist mitnichten beendet. Der Krieg
im Irak sei falsch gewesen, der Krieg gegen al-Qaida und die
Taliban in Afghanistan aber unausweichlich. Europa gehe in Afghanistan
dasselbe Risiko ein wie die USA.
Peking hat Obamas protektionistische Töne im Wahlkampf aufmerksam
registriert. Sein Versprechen, jenen Arbeitern zu helfen, die
ihren Job wegen des ausländischen Wettbewerbs und der Globalisierung
verlieren, könnte bedeuten, dass die Amerikaner im Ausland
weniger investieren werden, während weniger billige Waren
aus Entwicklungsländern in die USA strömen. Dies dürfte
auch Konsequenzen für China haben.
Obama hat von Peking bereits im Wahlkampf verlangt, seinen Wechselkurs
flexibler zu gestalten. Dies ist kein unbedingt neuer Gedanke,
dieser Forderung hat Peking lange widerstanden. In den vergangenen
drei Jahren ist der Wert des Yuan aber schon über 20 Prozent
gegenüber dem Dollar gestiegen.
Interessanter ist es, welchen Kurs Obama gegenüber dem Nordkoreaner
Kim Jong-Il einschlagen wird, der Washington und die Welt mit
seinen Atomplänen nervt. Peking hat dazu die Sechser-Gespräche
geleitet, doch in den vergangenen Monaten haben sich zum Ärger
der Chinesen die US-Unterhändler lieber direkt mit den Nordkoreanern
getroffen.
Südkorea begrüßte die Einigung mit dem nordkoreanischen
Diktator als Schritt nach vorn. Doch das politische Japan reagierte
entsetzt. Tokio beharrt auf Sanktionen gegenüber Kim, es
will ihn zwingen, auch das Schicksal mehrerer Japaner aufzuklären,
die seit den siebziger Jahren auf bizarre Weise von nordkorea-nischen
Agenten verschleppt wurden.
Die USA jedoch zeigen sich immer weniger geneigt, auf Sonderwünsche
ihres einst wichtigsten asiatischen Verbündeten Rücksicht
zu nehmen. Und diese Tendenz dürfte sich unter Obama verstärken:
Er fordert in seinem Wahlprogramm, die bilateralen Bündnisse
in Asien durch eine breitere Sicherheitsarchitektur zu ergänzen.
Doch damit laufe Oba-ma Gefahr, die Partnerschaft mit Japan weiter
auszuhöhlen, warnt die japanische Zeitung Nihon Keizai.
Die russisch-amerikanischen Beziehungen waren selten so schlecht
wie 2008. Der Krieg zwischen Russland und Georgien und die eindeutige
Parteinahme der USA für den georgischen Präsidenten
Micheil Saa-kaschwili setzte den Schlusspunkt in einer Serie
von Konflikten und Gegensätzen zu der Regierung Bush: von
der Anerkennung des Kosovo über die Forcierung der Aufnahme
von Georgien und der Ukraine in die Nato bis zur Errichtung der
ameri-kanischen Raketenabwehr in Polen und Tschechien empfand
Russland den Kurs der Bush-Administration als Einkreisung. Wird
Obama diese Politik änern? Wahrscheinlich ist es nicht,
auch nicht so richtig denkbar.
Ein neuer Präsident in den USA, neue Sorgen in Jerusalem.
Im israelischen Außenministerium befürchtet man, Barack
Obama werde anders als George W. Bush das Land im Nahen Osten
nicht isolieren wollen, sondern ein starkes Engagement anstreben
und mit allen Kräften in der Region sprechen. Sogar gegenüber
der Islamischen Republik Iran, so die Sorge im Außenamt,
könnte Obama einen versöhnlichen Kurs einschlagen.
Sollte Obama auch den Dialog mit Syrien und RadikalIslamisten
aufnehmen, wäre das ein Desaster, sagt Barry
Rubin vom Interdis-ciplinary Center (IDC) in Herzliya:
Das würde die Standfestigkeit der moderaten Kräfte
im Nahen Osten untergraben. Gleichzeitig erwartet Israel
aber keine Revolution der amerikanischen Nahost-Politik. Am Tag
vor der Wahl versuchte der amtierende Premier Ehud Olmert alle
Bedenken über den Kurs des nächsten Präsidenten
zu zerstreuen. Wer immer gewählt wird, wird ein Freund
Israels sein, sagte Olmert - ein Freund, auf den man sich
verlassen könne.
Obama will den Krieg in Afghanista auf pakistanisches Gebiet
ausdehnen, um dort Rückzugsgebiete des Widerstandes zu bekämpfen,
was automatisch zu einer weiteren Eskalation führen würde.
Andererseits beabsichtigt er insgesamt deutlich mehr Truppen
an den Hindukusch zu senden. Mindestens zwei zusätzliche
Brigaden (10.000 Soldaten) sollen es sein, gleichzeitig will
er aber diese Verpflichtung dazu nutzen, um von den NATO-Verbündeten
größere Beiträge mit weniger Einschränkungen
einzufordern.
In Afrika sind andere, eher optimistische Töne zu hören.
Denn für die resolute Managerin der Ubuntu-Klinik in Khayelitsha,
einem der ärmsten Vororte Kapstadts, ist ein Traum wahr
geworden: Barack Obama ist zum neuen amerikan-ischen Präsidenten
gewählt worden. Wir werden ein großes Fest feiern,
sagt die Klinik-Managerin. Im August 2006 ist Barack Obama bei
seiner Afrika-Tour in ihre Klinik in das Elendsviertel gekommen,
um sich vor Ort über die tödliche Seuche zu informieren.
Damals hat er uns Mut gemacht, sagt Aids-Aktivist
Zachie Achmat. Seitdem hat er bei uns in Khayelitsha seine
leidenschaftlichsten Anhänger.
Von Kairo bis Kapstadt hat Obama Hoffnungen geweckt, Hoffnungen
auf eine bessere Zukunft, auf Hilfe, auf Verständnis. Sein
Sieg ist ihr Sieg. Er ist doch einer von uns, sagt
der arbeitslose Frank Chikonga, der auf Kapstadts Strand Street
mit Hunderten anderen Verzweifelten auf einen Job wartet. Er
muss uns doch helfen.
Diese naive Gläubigkeit zieht sich durch fast alle Stellungnahmen
des sogenannten Mannes von der Straße, die
afrikanische Medien nach Obamas Sieg zitieren. Jetzt haben
wir wieder Hoffnung, dass die Dinge sich auch für uns ändern
werden, sagte Mohamed Shennawy in Kairo einer ägyptischen
Nachrichtenagentur.
Der ghanaische Journalist Kwaku Sakyi-Addo gibt zu: Ich
hätte mir nie vorstellen können, dass es so schwierig
sein könnte, über einen solchen Tag zu schreiben. Die
Worte schwirren mir nur so durch den Kopf. Aber keines ist stark
genug, um diesen Tag zu beschreiben. Shamina aus Malawi
verlangt schlicht: Das afrikanische Volk hat ihn unterstützt.
Jetzt soll er uns genauso unterstützen.
Ihr Landsmann Abdul-Azizi Kazem-be formuliert seine Hoffnungen
noch deutlicher: Wir fordern ihn auf, die Hilfe für
die afrikanischen Staaten zu verstärken, Malawi eingeschlossen.
Auch Mukasa Mbidde aus Uganda ist sehr zuversichtlich: Wir
erwarten vom neuen Präsidenten, dass er Lösungen für
die afrikanischen Probleme anbietet, auch für Uganda.
Südafrikas Freiheits-Ikone Nelson Mandela hat Obama nach
seinem Sieg einen bewegenden Brief geschrieben, in dem er zwischen
den Zeilen auch die Ängste und Hoffnungen für sein,
in eine schwere innenpolitische Krise geratenes, Land anklingen
lässt. Ihr Sieg hat gezeigt, dass jeder auf der Welt
den Traum träumen soll, die Welt zum Besseren zu verändern
... Wir vertrauen darauf, dass sie es zur Mission ihrer Präsidentschaft
machen werden, die Geißeln Armut und Krankheit überall
auf der Welt zu bekämpfen.
Fazila Farouk vom Informationszentrum der südafrikanischen
Zivilgesellschaft jubelt zwar über Oba-mas Wahlsieg: Wunder
geschehen, wenn niemand mehr daran glaubt. Barack Obama kann
jetzt beweisen, dass er das Wunder ist, auf das die ganze Welt
gewartet hat. Die streitbare Bürgerrechtlerin weiß
auch schon, wie der neue Held das tun kann: Er
muss endlich Amerikas Komplizenschaft in den Krisengebieten Afrikas
zugeben. Noch immer verstehen es afrikanische Politiker
wie Robert Mugabe meisterhaft, die Schuld für eigenes Versagen,
für Hunger und Elend in ihren Ländern auf den Westen
abzuwälzen und sich selbst zu Opfern zu stilisieren.
Doch auch damit soll jetzt Schluss sein. Die Kapstädter
Tageszeitung überschreibt einen Leitartikel zu Obamas Wahl
denn auch mit dem Satz : Obama wird die schwarze Opferrolle
schon morgen beerdigen.
In Deutschland hält man sich eher zurück. Merkels Freund
Busch und sein Wunschkandidat sind im Abseits. Vor allem hofft
man nun also in Berlin auf einen atmosphärischen Neuanfang.
Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin betonte, auf Grundlage der
tiefen Freundschaft zwischen Deutschland und den USA werden
wir auch die Probleme, die anstehen, lösen können,
davon bin ich überzeugt. Außer der Finanzkrise
meinte sie die Bekämpfung des Terrorismus und den Klimaschutz.
Ihre Hoffnung: dass die Zeit der US-Alleingänge zu Ende
ist. Wir werden das tun in dem Geist, dass keiner alleine
heute die Probleme der gesamten Welt lösen kann, so
Merkel.
Ähnlich äußerte sich auch Steinmeier. Er habe
Obama als einen Mann kennengelernt, der Schwierigkeiten
überwindet, der zusammenführt, der zuhören kann
und der am Ende sehr besonnen, der souverän und sehr überlegt
handeln kann.
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- Realität?
Die beschriebenen Hoffnungen der internationalen Jornalisten
überschlagen sich. Das könnten Nebelkerzen sein, die
uns den Blick vor der Realität verstellen.
Es gibt eindeutig erkennbare wirtschaftliche, politische und
militärische Interessen in den USA, die schon immer die
Grundlager der Politik der USA bestimmten. Die Hoffnungen werden
sich schrittwei-se als Seifenblasen erweisen, meine ich eher
bitter. Und das ist auch die Politik Europas, zum Teil in Konkurrenz
und zum Teil mit den USA verflochten.
Nun gut, der Freidensrausch tut auch mal gut, zumindest über
Weihnachten und zum Jahreswechsel. Die Alltagspolitk wird weniger
Beachtun in den Medien finden. Und wir werden weiter die Augen
auf halten.
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