97. Print-Ausgabe, Winter-LUST 08/09
 
Hoffnungsträger Obama?
Nach der Wahl jubelte eine Zeitlang die ganze Welt. Auch in muslimischen Staaten hörte man: sie mal an, wenn ein Schwarzer dort Präsident werden kann, sind die USA wohl dann doch demokratischer, als unter Bush vorher schien.
Auch in der US-Gay-Bewegung macht sich langsam ein verhaltener Optimismus breit, und es scheint sogar Signale von Obama zu geben.
Das war allerdings im Wahlkampf nicht so. Barak Obama, Senator in Ilinois, der dem konservativen wirtschaftsliberalen Flügel der US-Demokraten angehört, möchte statt Hillary Clinton der demokratische Kandidat bei der US-Präsident-schaftswahl werden. Er wird von den konservativem Medien der Präsidentschaftskandidatin vorgezogen.

Trotz Aufforderung amerikas Lesben. und Schwulenverbände, verweigerte er bisher Aussagen zur Gleichstellung von Homosexuellen und Heterosexuellen. Stattdessen sieht die US-Gay-Bewegung mit großem Misstrauen Obamas gemeinsame Wahl-kampfotur mit dem Prediger McClurkin, der von sich behauptet, durch Gott vom “Übel der Homosexualität geheilt” worden sei. Auch dass Obama den “geheilten” McClutin in einer dreiseitigen Presseerklärung in Schutz nahm, erweckt Zweifel in der US-Gay-Szene, nach einem wirklichen Wechsel in Washington.

Im Vergleich zu Hillary Clinton hat es sehr lange gedauert, doch nun hat sich auch Barack Obama zur Eingetragenen Partnerschaft für die schwullesbische Paare geäussert: Er möchte sich für die Einführung einer zivilen Partnerschaft einsetzen.

Er bezeichnet sich selber als gläubiger Christ, und dies führt dazu, dass Barack Obama automatisch auch ein Problem mit dem Begriff der Homo-Ehe hat. Wie er nun im Bundesstaat Ohio erklärte, glaube er nicht an eine Homo-Ehe, aber er denke, dass Schwule und Lesben mit Würde und Respekt behandelt werden sollten und nicht vom Staat diskriminiert werden dürften. Daher glaube er an eine zivile Partnerschaft, die es gleichgeschlechtlichen Paaren erlaube, sich gegenseitig im Krankenhaus zu besuchen und Eigentum zu vererben. Er finde, dass dies nicht Ehe heissen, sondern, dass es ein legales Recht sein soll, welches durch den Staat anerkannt wird.

Mit dieser Aussage äussert sich Barack Obama kurz vor der Entscheidung im Lager der Demokraten einiges vorsichtiger als seine Kontra-hentin Hillary Clinton. Diese hat sich bereits Anfangs Februar mit einem offenen Brief direkt an die schwullesbische Wählerschaft gewandt. Auch in Interviews, wie beispielsweise für die Youtube-Community, hat sich Clinton bereits zu Beginn für die Belange der Schwulen und Lesben stark gemacht. Barack Obama hat sich im Gegensatz dazu immer etwas vor aussagekräftigen Antworten gedrückt.
Doch bei Obamas staatsmännischer Rede am Wahltag nach seinem Sieg zählte er u.a. die „Gay People“ auf, wo Reformen nötig seien.
Der designierte US-Präsident Barack hat auf seiner neu eingerichteten Website „change.gov“ sein Programm für die nächsten Jahre veröffentlicht: Darin verspricht er auch, die Diskriminierung von Schwulen und Lesben abzubauen.

Der Homo-Plan der Obama-Biden-Regierung, die ab dem 20. Januar im Amt sein wird, umfasst insgesamt acht Punkte. Ganz oben stehen die Einführung von Eingetragenen Partnerschaften, die Stärkung von Antidiskriminierungsrichtlinien und die Verschärfung der Gesetze gegen Hassvergehen.

„Barack Obama unterstützt Eingetragene Partnerschaften, die gleichgeschlechtlichen Paaren die gleichen Rechte und Privilegien gibt wie sie verheiratete Paare haben“, heißt es in dem Text. “Obama glaubt auch, dass wir den ‚Defense of Marriage Act´ abschaffen müssen, damit wir die gut 1.100 Bundesrechte, die derzeit nur Ehepartnern gewährt werden, auf gleichgeschlechtliche Paare in Eingetragenen Partnerschaften ausgedehnt werden können.“

Dieses „Gesetz zur Verteidigung der Ehe“ wurde 1996 mit überwältigender Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses verabschiedet, als die Angst umging, dass manche Bundesstaaten die Ehe für Lesben und Schwule öffnen könnten. Es besagt, dass nur verschiedengeschlechtliche Ehepaare Bundesrechte erhalten. Daher werden gleichgeschlechtlich verheiratete oder verpartnerte Amerikaner bei der Bundeseinkommenssteuer wie Ledige behandelt; auch für ausländische Partner gibt es – anders als bei Hetero-Partnern – keine automatische Niederlassungserlaubnis.

Des Weiteren spricht sich Obama für die Homo-Adoption aus: „Barack Obama glaubt, dass wir allen Paaren und Einzelpersonen die Adoptionsrechte zukommen lassen müssen, unabhängig von deren sexueller Orientierung. Er denkt, dass ein Kind von einem liebenden und gesunden Zuhause profitiert, egal ob die Eltern schwul sind oder nicht.“

Außerdem will der Noch-Senator die Gesetze gegen Hassvergehen verschärfen, wie er es schon in seinem Heimatstaat getan hat: „Als Senator in Illinois hat Obama für harte Gesetze gestimmt, die Hassvergehen und die Verschwörung, ein solches Delikt zu begehen, gesetzeswidrig machten“, heißt es bei change.gov. Im letzten Jahr ist ein Hassdelikte-Gesetz noch an der Vetodrohung von Präsident George W. Bush gescheitert.

Obama will außdem das Militär für Schwule und Lesben öffnen. Manche Lesben und Schwule wollen das ja und in einigen Regionen der USA ist das Millitär der einzige Arbeitgeber. Derzeit gilt noch die „Don’t ask, don’t tell“-Regelung, nachdem nur Homosexuelle in Army, Navy oder bei den Marines dienen dürfen, wenn sie ihre sexuelle Orientierung geheim halten. Ein Ende des Verbotes wurde bereits von ranghohen Generalen und Admiralen gefordert. „Der Test für die Eignung zum Militärdienst sollte Patriotismus, Pflichtbewusstsein und die Bereitschaft zu dienen sein. Diskriminierung sollte verboten sein“, schreibt Obama. Er wolle mit den führenden Militärs zusammenarbeiten, um die augenblickliche Regelung abzuschaffen.

Auch die Antidiskriminierungsgesetze will Obama verschärfen. Damit soll die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz erzwungen werden. Zudem will der 47-Jährige die HIV-Prävention verbessern und dabei auch umstrittene Wege gehen wie Sex-Unterricht für Jugendliche und den kostenlosen Austausch von Nadeln für Drogenabhängige in Gefängnissen.

Berater von Barack Obama erklärten, dass der designierte US-Präsident die Förderung von Enthaltsamkeit im weltweiten Kampf gegen Aids einstellen und stattdessen für Kondomgebrauch werben werde.

Bislang ist ein großer Teil der milliardenschweren Hilfe, die vor allem an afrikanische Länder geht, an Enthaltsamkeits- und Anti-Abtreibungsprogramme gekoppelt. Zwischen 2009 und 2013 wollen die USA 48 Milliarden Dollar für den „President’s Emergency Plan For AIDS Relief“ ausgeben, der von George W. Bush gegründet wurde.

Obama-Beraterin Susan F. Wood sagte, dass die Hilfe bisher in eine „falsche Richtung“ gegangen sei. Viele Gruppen hätten keine US-Unterstützung erhalten, nur weil sie Kondome als Schutz gegen HIV propagiert haben: „Der alten US-Regierung ist es gelungen, Kondome zu dämonisieren“, so Wood in einem „Bloomberg“-Interview. „Wir wollen zeigen, dass sie Teil einer Strategie sind, um ungeplante Schwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten zu verhindern.

Ich habe immer gewitzelt, dass eigentlich die ganze Welt an den US-Wahlen hätte teilnehmen müssen, denn die ganze Welt ist davon betroffen.“

Im Übergangsstab von Obama-Biden ist zudem festgelegt worden, dass Anstellungen nicht von der sexuellen Ausrichtung des Bewerbers abhängig gemacht werden sollen und Diskriminierung im Job verboten sei: „Das Obama-Bilden-Übergangsprojekt diskriminiert nicht auf der Basis von Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Alter, nationaler Herkunft, Veteranenstatus, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und Behinderung“, heißt es auf der offiziellen Website. Es wird erwartet, dass Obama eine Präsidentenverfügung erlässt, die diese Regelung für den gesamten Regierungsapparat verpflichtend macht. Eine ähnliche Bestimmung gab es bereits unter Präsident Bill Clinton, der von 1993 bis 2000 im Weißen Haus residierte.

In Kalifornien fand bei der Präsi-dentschaftswahl auch eine Abstimmung über die Ehe für homosexuelle Paare statt. Besonders die Obama-WählerInnen, Latinos und Schwarze stimmten gegen die Ehe für Homosexuelle.

Die Mehrheit hat gesprochen: 52 Prozent der Kalifornier wollen Schwulen und Lesben nicht das Recht geben zu heiraten. Alle Appelle von Stars wie Brad Pitt, Steven Spielberg oder Barbra Streisand haben nichts geholfen. Zwar werden die bereits geschlossenen Ehen weiterhin Bestand haben. Wer jetzt noch heiraten will, muss sich mit einer „Eingetragene Partnerschaft begnügen“, immerhin.

Der Rückschlag trübt die Freude über die Wahl des als homofreundlich geltenden Barack Obama. Für viele schwule und lesbische Kalifornier war „Proposition 8“ sogar wichtiger als die Präsidentschaftswahl. So haben Besucher der Schwulenmetropole San Francisco in den letzten Wochen weit mehr Werbeposter mit der Aufschrift „No On 8“ als mit dem Wunsch „Obama for President“ gesehen.

Mit der Entscheidung enthält die kalifornische Verfassung künftig widersprüchliche Bestimmungen: Zwar heißt es im darin, dass alle Menschen - egal welcher sexuellen Ausrichtung - gleichbehandelt werden müssen. Darum hat der oberste Gerichtshof des Bundesstaates im Mai das Ehe-Verbot für verfassungswidrig erklärt. Jetzt heißt es darin auch, dass die Ehe eine „Verbindung zwischen Mann und Frau“ sei.

Mit diesem Widerspruch werden sich voraussichtlich bald Gericht beschäftigen müssen. Zunächst gilt: Homo-Paare sind also offiziell weiter gleichberechtigt - allerdings werden sie das künftig in „Eingetragenen Partnerschaften“ sein.
Geschlagen geben sich die Homosexuellenverbände nach dem Volksentscheid aber nicht.

Befürworter der Homo-Ehe haben unmittelbar nach dem abgehaltenen Referendum in Kalifornien Klage eingereicht. Die Homosexuellenver-bände, die Bürgerrechtsbewegung ACLU und die Städte San Francisco und Los Angeles beantragten beim Obersten Gerichtshof des Westküs-tenstaates, dass das Wahlreferen-dum „Proposition 8“ für ungültig erklärt werde, weil es gegen die Verfassung Kaliforniens verstoßen würde. Es hätte nach ihrer Ansicht nie durchgeführt werden dürfen.

Obama selber will dieses Widerspruch wohl in der Weise lösen, dass er für die geamten USA die Eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare befürwortet, ein Schlag ins Gesicht der homosexuellen Eheliebhaber, aber auch der religiösen Rechte, die zur Kenntnis nehmen muss, dass der Staat nun homosexuelle Partnerschaften anerkennt, was ein Verbot ausschließt, immer-hin.
Nun gibt es in den USA auch noch weitere Probleme, die gelöst werden sollten, so die riesige Arbeits-losigkiet in weiten Teilen des Landes, die Velendung breiter Bevöl-kerungsteile, das katastrophale Ge-sundheitssystem, die marode Infrastruktur, die riesige Auslandsver-schuldung, die partiellen Eingriffe in die Meschenrechte und die Verstrickung in zahlreiche Kriege und Konflikte rund um den Erdball, was wiederum in der USA zu großen sozialen Verwerfungen führt.

Ausländische Hoffnungen
Um es gleich hier zu benennen, in solchen Staaten, in denen die Regierungen eher in Konfrontation mit anderen Regierngen oder Bevölkerungen usw. sind, ist die Freude über Obamas Sieg eher verhalten. Auch bei Regierungen, die relativ realistisch die unterschiedlichen Interessenslagen abwägen sind die Hoffnungen eher klein.

Durch die ganze Welt geht ein Aufatmen, wie Befreiung von einem Alptraum. Werden jetzt die aberwitzigen Einreisekontrollen zurückgenommen? Werden nach wie vor Fluggastdaten über den Teich wandern, die Us Geheimdienste auf der ganzen Welt zurückgepfiffen? Ich befürchte, daß versucht wird diesen und andere Wünsche nicht Wirklichkeit werden zu lassen. „In Amerika“ sagt Obama „ist alles möglich“. Nach den Kennedy’s, Martin Luther usw. ist es nicht unvorstellbar, daß die “dunklen Kräfte” wieder zuschlagen werden. Es steht zuviel auf dem Spiel. Wer hat die statements seiner haßerfüllten Gegner von nach der Wahl vergessen? Das ist ein Angriff auf die weiße Kultur in Amerika.

In den Brvölkerungen ist die Hoffnung auf bessere Zeiten durch den designierten US-Präsidenten Obama recht groß. Obama wird dann wohl nicht nur als US.Präsindet gesehen, sondern als so etwas wie ein Weltpräsident. Vielleicht ist Einschätzung, dass der US-Präsident so eine Art Weltpräsident ist, insofern realistisch, dass es gegen die USA kam geht und eher notgedrungen mit. Aber nun die einzelnen Länder:

„Wir entscheiden gemeinsam und handeln dann auch gemeinsam.“ Schluss mit der amerikanischen Arroganz der Macht? Das war Barack Obamas Berliner Botschaft. Und diese wird Konsequenzen haben, die den Europäern nicht immer gefallen werden.
Der Kampf gegen den Terrorismus ist mitnichten beendet. Der Krieg im Irak sei falsch gewesen, der Krieg gegen al-Qaida und die Taliban in Afghanistan aber unausweichlich. Europa gehe in Afghanistan dasselbe Risiko ein wie die USA.

Peking hat Obamas protektionistische Töne im Wahlkampf aufmerksam registriert. Sein Versprechen, jenen Arbeitern zu helfen, die ihren Job wegen des ausländischen Wettbewerbs und der Globalisierung verlieren, könnte bedeuten, dass die Amerikaner im Ausland weniger investieren werden, während weniger billige Waren aus Entwicklungsländern in die USA strömen. Dies dürfte auch Konsequenzen für China haben.

Obama hat von Peking bereits im Wahlkampf verlangt, seinen Wechselkurs flexibler zu gestalten. Dies ist kein unbedingt neuer Gedanke, dieser Forderung hat Peking lange widerstanden. In den vergangenen drei Jahren ist der Wert des Yuan aber schon über 20 Prozent gegenüber dem Dollar gestiegen.

Interessanter ist es, welchen Kurs Obama gegenüber dem Nordkoreaner Kim Jong-Il einschlagen wird, der Washington und die Welt mit seinen Atomplänen nervt. Peking hat dazu die Sechser-Gespräche geleitet, doch in den vergangenen Monaten haben sich zum Ärger der Chinesen die US-Unterhändler lieber direkt mit den Nordkoreanern getroffen.

Südkorea begrüßte die Einigung mit dem nordkoreanischen Diktator als Schritt nach vorn. Doch das politische Japan reagierte entsetzt. Tokio beharrt auf Sanktionen gegenüber Kim, es will ihn zwingen, auch das Schicksal mehrerer Japaner aufzuklären, die seit den siebziger Jahren auf bizarre Weise von nordkorea-nischen Agenten verschleppt wurden.

Die USA jedoch zeigen sich immer weniger geneigt, auf Sonderwünsche ihres einst wichtigsten asiatischen Verbündeten Rücksicht zu nehmen. Und diese Tendenz dürfte sich unter Obama verstärken: Er fordert in seinem Wahlprogramm, die bilateralen Bündnisse in Asien durch eine breitere Sicherheitsarchitektur zu ergänzen. Doch damit laufe Oba-ma Gefahr, die Partnerschaft mit Japan weiter auszuhöhlen, warnt die japanische Zeitung „Nihon Keizai“.

Die russisch-amerikanischen Beziehungen waren selten so schlecht wie 2008. Der Krieg zwischen Russland und Georgien und die eindeutige Parteinahme der USA für den georgischen Präsidenten Micheil Saa-kaschwili setzte den Schlusspunkt in einer Serie von Konflikten und Gegensätzen zu der Regierung Bush: von der Anerkennung des Kosovo über die Forcierung der Aufnahme von Georgien und der Ukraine in die Nato bis zur Errichtung der ameri-kanischen Raketenabwehr in Polen und Tschechien empfand Russland den Kurs der Bush-Administration als Einkreisung. Wird Obama diese Politik änern? Wahrscheinlich ist es nicht, auch nicht so richtig denkbar.

Ein neuer Präsident in den USA, neue Sorgen in Jerusalem. Im israelischen Außenministerium befürchtet man, Barack Obama werde anders als George W. Bush das Land im Nahen Osten nicht isolieren wollen, sondern ein starkes Engagement anstreben und mit allen Kräften in der Region sprechen. Sogar gegenüber der Islamischen Republik Iran, so die Sorge im Außenamt, könnte Obama einen versöhnlichen Kurs einschlagen.

Sollte Obama auch den Dialog mit Syrien und RadikalIslamisten aufnehmen, wäre das „ein Desaster“, sagt Barry Rubin vom „Interdis-ciplinary Center (IDC)“ in Herzliya: „Das würde die Standfestigkeit der moderaten Kräfte im Nahen Osten untergraben.“ Gleichzeitig erwartet Israel aber keine Revolution der amerikanischen Nahost-Politik. Am Tag vor der Wahl versuchte der amtierende Premier Ehud Olmert alle Bedenken über den Kurs des nächsten Präsidenten zu zerstreuen. „Wer immer gewählt wird, wird ein Freund Israels sein“, sagte Olmert - ein Freund, auf den man sich verlassen könne.

Obama will den Krieg in Afghanista auf pakistanisches Gebiet ausdehnen, um dort Rückzugsgebiete des Widerstandes zu bekämpfen, was automatisch zu einer weiteren Eskalation führen würde. Andererseits beabsichtigt er insgesamt deutlich mehr Truppen an den Hindukusch zu senden. Mindestens zwei zusätzliche Brigaden (10.000 Soldaten) sollen es sein, gleichzeitig will er aber „diese Verpflichtung dazu nutzen, um von den NATO-Verbündeten größere Beiträge – mit weniger Einschränkungen – einzufordern.“
In Afrika sind andere, eher optimistische Töne zu hören.

Denn für die resolute Managerin der Ubuntu-Klinik in Khayelitsha, einem der ärmsten Vororte Kapstadts, ist ein Traum wahr geworden: Barack Obama ist zum neuen amerikan-ischen Präsidenten gewählt worden. „Wir werden ein großes Fest feiern,“ sagt die Klinik-Managerin. Im August 2006 ist Barack Obama bei seiner Afrika-Tour in ihre Klinik in das Elendsviertel gekommen, um sich vor Ort über die tödliche Seuche zu informieren. „Damals hat er uns Mut gemacht,“ sagt Aids-Aktivist Zachie Achmat. „Seitdem hat er bei uns in Khayelitsha seine leidenschaftlichsten Anhänger.“

Von Kairo bis Kapstadt hat Obama Hoffnungen geweckt, Hoffnungen auf eine bessere Zukunft, auf Hilfe, auf Verständnis. Sein Sieg ist ihr Sieg. „Er ist doch einer von uns,“ sagt der arbeitslose Frank Chikonga, der auf Kapstadts Strand Street mit Hunderten anderen Verzweifelten auf einen Job wartet. „Er muss uns doch helfen.“

Diese naive Gläubigkeit zieht sich durch fast alle Stellungnahmen des sogenannten „Mannes von der Straße“, die afrikanische Medien nach Obamas Sieg zitieren. „Jetzt haben wir wieder Hoffnung, dass die Dinge sich auch für uns ändern werden,“ sagte Mohamed Shennawy in Kairo einer ägyptischen Nachrichtenagentur.

Der ghanaische Journalist Kwaku Sakyi-Addo gibt zu: „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es so schwierig sein könnte, über einen solchen Tag zu schreiben. Die Worte schwirren mir nur so durch den Kopf. Aber keines ist stark genug, um diesen Tag zu beschreiben.“ Shamina aus Malawi verlangt schlicht: „Das afrikanische Volk hat ihn unterstützt. Jetzt soll er uns genauso unterstützen.“
Ihr Landsmann Abdul-Azizi Kazem-be formuliert seine Hoffnungen noch deutlicher: „Wir fordern ihn auf, die Hilfe für die afrikanischen Staaten zu verstärken, Malawi eingeschlossen.“ Auch Mukasa Mbidde aus Uganda ist sehr zuversichtlich: „Wir erwarten vom neuen Präsidenten, dass er Lösungen für die afrikanischen Probleme anbietet, auch für Uganda.“

Südafrikas Freiheits-Ikone Nelson Mandela hat Obama nach seinem Sieg einen bewegenden Brief geschrieben, in dem er zwischen den Zeilen auch die Ängste und Hoffnungen für sein, in eine schwere innenpolitische Krise geratenes, Land anklingen lässt. „Ihr Sieg hat gezeigt, dass jeder auf der Welt den Traum träumen soll, die Welt zum Besseren zu verändern ... Wir vertrauen darauf, dass sie es zur Mission ihrer Präsidentschaft machen werden, die Geißeln Armut und Krankheit überall auf der Welt zu bekämpfen.“

Fazila Farouk vom Informationszentrum der südafrikanischen Zivilgesellschaft jubelt zwar über Oba-mas Wahlsieg: „Wunder geschehen, wenn niemand mehr daran glaubt. Barack Obama kann jetzt beweisen, dass er das Wunder ist, auf das die ganze Welt gewartet hat.“ Die streitbare Bürgerrechtlerin weiß auch schon, wie „der neue Held“ das tun kann: „Er muss endlich Amerikas Komplizenschaft in den Krisengebieten Afrikas zugeben.“ Noch immer verstehen es afrikanische Politiker wie Robert Mugabe meisterhaft, die Schuld für eigenes Versagen, für Hunger und Elend in ihren Ländern auf den Westen abzuwälzen und sich selbst zu Opfern zu stilisieren.
Doch auch damit soll jetzt Schluss sein. Die Kapstädter Tageszeitung überschreibt einen Leitartikel zu Obamas Wahl denn auch mit dem Satz : „Obama wird die schwarze Opferrolle schon morgen beerdigen.“

In Deutschland hält man sich eher zurück. Merkels Freund Busch und sein Wunschkandidat sind im Abseits. Vor allem hofft man nun also in Berlin auf einen atmosphärischen Neuanfang. Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin betonte, auf Grundlage der tiefen Freundschaft zwischen Deutschland und den USA „werden wir auch die Probleme, die anstehen, lösen können, davon bin ich überzeugt“. Außer der Finanzkrise meinte sie die Bekämpfung des Terrorismus und den Klimaschutz.
Ihre Hoffnung: dass die Zeit der US-Alleingänge zu Ende ist. „Wir werden das tun in dem Geist, dass keiner alleine heute die Probleme der gesamten Welt lösen kann“, so Merkel.
Ähnlich äußerte sich auch Steinmeier. Er habe Obama als einen Mann kennengelernt, „der Schwierigkeiten überwindet, der zusammenführt, der zuhören kann und der am Ende sehr besonnen, der souverän und sehr überlegt handeln kann“.
 
Realität?
Die beschriebenen Hoffnungen der internationalen Jornalisten überschlagen sich. Das könnten Nebelkerzen sein, die uns den Blick vor der Realität verstellen.

Es gibt eindeutig erkennbare wirtschaftliche, politische und militärische Interessen in den USA, die schon immer die Grundlager der Politik der USA bestimmten. Die Hoffnungen werden sich schrittwei-se als Seifenblasen erweisen, meine ich eher bitter. Und das ist auch die Politik Europas, zum Teil in Konkurrenz und zum Teil mit den USA verflochten.

Nun gut, der Freidensrausch tut auch mal gut, zumindest über Weihnachten und zum Jahreswechsel. Die Alltagspolitk wird weniger Beachtun in den Medien finden. Und wir werden weiter die Augen auf halten.
 
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