65. Print-LUST, Sommer 08
 
Über die Gewerkschaften
Arbeitnehmer haben sich eigene Organisationen als Interessensvertretung gegeben beziehungsweise, sie finden sie vor: Den DGB und seine Einzelgewerkschaften sowie neue gewerkschaftliche Verbände, von Unternehmern gegründete Gewerkschaften usw. Bekommen wir schrittweise amerikanische Verhältnisse?
 
Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland
Gewerkschaften sind Organisationen des Arbeitnehmer, die den Arbeitgebern (im Auftrag der Arbeitnehmer) auf Augenhöhe entgegentreten können.

Im Gegensatz zu einem Arbeitsvertrag, der ein Individualvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist, schließen Gewerkschaften für Gruppen von Arbeitnehmern gegenüber Gruppen von Arbeitgebern oder einzelne Arbeitgeber sogenannte Kollektivverträge ab: den Lohntarifvertrag und den Manteltarifvertrag.
 Der DGB und seine Einzelgewerkschaften:
Der Dachverband DGB: http://www.dgb.de
Die Metaller und Elektiker der IG-Metall: http://www.igmetall.de
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi: http://www.verdi.de
IG Bauen, Agrar, Umwelt: http://www.igbau.de
Bildugsgewerkschaft GEW: http://www.gew.de
Nahrung, Genuss, Daststätten NGG: http://www.ngg.net
Bergbau, Chemie, Energie IG BCE: http://www.igbce.de
Bahngewwerkschaft Transnet: http://www.transnet.org
Gewerkschaft der Polizei: http://www.gdp.de

Das Arbeitsrecht setzt den äußeren Rahmen, Verbesserungen gegenüber dem Arbeitsrecht zugunsten der Arbeitnehmer sind Teile der Tarifverträge, in diesem Fall im Manteltarifvertrag: Arbeitszeiten, Urlaubszeiten usw. In den Betrieben achten von der Belegschaft gewählte Betriebsräte auf die Einhaltung der Tarifverträge und sie können auch Verbesserungen gegenüber den Tarifverträgen bewirken. Bei Betrieben ohne Tarifvertrag ist der Betriebsrat das einzige, was die Arbeitnehmer haben, um die Einhaltung des Arbeitsrechts zu überwachen.

Die von der Belegschaft gewählten Betriebsräte sind gut beraten, Mitglieder von Gewerkschaften zu sein, es muss aber nicht sein.
Solche Reglungen, die ich dargestellt habe, sind im Betriebsverfassungsgesetz zu finden.
Sehr interessant sind hier auch diverse Mitbestimmungsgesetze, nach denen bei den Kapitalgesellschaften auch Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dieser Unternehmen Sitz und Stimme haben und in einigen auch im Vorstand.

Nach dem Montanmitbestimmungs-gesetz von 1957 und nach dem Mitbestimmungsgestz von 1976 gibt es einen Arbeitsdirektor, der ist das mit den Personal- und Sozialangelegenheiten betraute Mitglied des Vorstandes oder der Geschäftsführung eines paritätisch mitbestimmten Unternehmens.

In Betrieben nach dem Mitbestimmungsgesetze von 1976 muss allerdings der Arbeitsdirektor nicht zwingend ein Gewerkschaftler sein, weil die Arbeitnehmervertreter durch den Vorstandsvorsitzenden überstimmt werden können, der immer ein Arbeitgebervertreter sein muss. Dennoch ist es hier bisweilen der Fall, dass ein gewerkschaftliche Arbeitsdirektor auch von Arbeitgebervertretern mitgewählt wird, beispielsweise auch im Bahnvorstand.
 
Wichtige Aufgaben der Gewerkschaften:
Gewerkschaften kümmern sich nicht nur um Tarifverträge. Die gesellschaftliche Integration der Gewerkschaften bedeutet auch, dass sie neben den Arbeitgebervertretern in einer ganzen Reihe von Gremien vertreten sind.

- Sie bemühen sich (wie analog die Arbeitgeberverbände dazu) um einen einheitlichen Zu-sammenschluss aller Arbeitnehmer. Je mehr Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert sind, um so erfolgreicher können Gewerkschaften verhandeln.
- Sie verbessern die Ar-beits- und Lohnbedingungen durch Abschluss von Tarifverträgen. Es geht also um den Manteltarifvertrag für die Arbeitsbedingungen und den Lohntarifvertrag, um die Löhne und Gehälter.
- Sie vertreten die Arbeit-nehmerinteressen in den Betrieben und Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit (also Kapitalgesellschaften) im Rahmen der Mitwirkung und Mitbestimmung entsprechend der verschiedenen Mitbestimmungsgesetze.
- Sie vertreten den Standpunkt der Arbeitnehmer gegenüber Parteien, Parlament und Regierung, damit bei neu entstehenden Gesetzen auch deren Belange in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Dabei werden allerdings ihre Vorschläge von den Parteien unterschiedlich berücksichtigt.
- Sie beraten und vertreten ihre Mitglieder in Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgeicht.
- Sie unterstützen ihre Mitglieder z.B. während eines Streiks.
- Sie wirken mit ihren Vertretern
in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherungen, in den Rund-funkräten sowie als Laienrichter bei den Arbeits- und Sozialgerichten mit.
- Sie bestimmen bei der Anerkennung von Lehrberufen die Lehrinhalte der Berufsbilder mit.
- Sie schaffen Einrichtungen zur Fortbildung der Gewerkschaftsmitglieder.
- Sie geben Zeitungen und Fachzeitschriften heraus.
 
Die Gewerkschaftsbewegung ist international
Die internationale Verflechtung der Wirtschaft ist heute größer als jemals zuvor. Damit sind auch die gewerkschaftlichen Aufgaben gewachsen, die gemeinsam gelöst werden müssen.
Für diese Zusammenarbeit gibt es einmal in Brüssel den Europäischen Bund der freien Gewerkschaften in der Gemeinschaft (EBFG) sowie insbesondere den Internationalen Bund Freier Gewerkschaften (IBFG), der seine Zentrale ebenfalls in Brüssel hat. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gehört den beiden Organisationen an.

Der IBFG hat gute Verbindungen zu den Vereinten Nationen und deren Sonderorganisationen. Der IBFG hat sich die Aufgabe gestellt, auch in den Ländern in Asien, Lateinamerika und Afrika nach Kräften zu helfen.
Die Unternehmen und ihre Verbände sind auch heute noch daran interessiert, Gewerkschaften möglichst klein zu halten oder gar zu verhindern.
 
Gewerkschaften sind Teil der gesellschaftlich integrierten demokratischen Linken
Als sich Arbeitnehmer zu Gewerkschaften organisierten, wurden die Gewerkschaften von den Unternehmern, den Unternehmervereini-gungen und ihrem Staat nach Kräften bekämpft. Die von Unternehmern zu Hilfe gerufene Polizei (manchmal auch das Militär) schossen auf streikende Arbeitnehmer. Bismarcks Sozialistengesetz behinderte auch die Gewerkschaften.

Erst die Verfassung der Weimarer Republik erlaubte auch die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer und machte so die Gewerkschaften zu legale Verhandlungsführer der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern.
 Die Trittbrettfahrer
Viele Gewerkschaftsmitglieder verlangen - mit Recht -, daß alle tarifvertraglichen Vorteile nur den organisierten ArbeitnehmerInnen zugute kommen sollen, denn die Arbeit der Gewerkschaft wird in erster Linie durch ihre Beitragszahlungen gestützt. Weiterhin ergibt sich die Frage, wie neue Mitglieder geworben werden können, wenn die Außenseiter (die Trittbrettfahrer) z.B. wissen, dass sie auch ohne Beitragszahlung in den Genuß der Lohnerhöhungen kommen, die von den Gewerkschaften ausgehandelt wurden. Es ist deshalb vorgeschlagen worden, durch besondere Tarifverträge nur die Gewerkschaftsmitglieder besser zu stellen, sei es in der Form von Lohnzuschlägen, erhöhten Urlaubsgeldern oder durch eine zusätzliche Altersversorgung. Wer derartige Regelungen befürwortet, sollte aber bedenken:
Die Gewerkschaften der Bundesrepublik waren bisher immer - in echtem demokratischen Sinne - Organisationen, deren Mitglieder sich freiwillig zu ihnen bekannten.
Wäre es ein Gewinn, wenn viele Arbeitnehmer sich mehr oder weniger gezwungen fühlen, Mitglieder zu werden, nur weil ihnen schließlich kaum etwas anderes übrigbleibt?
Und wie würden darauf die Arbeitgebeber reagieren, wenn sie dann nur den organisierten Gewerkschaftlern einen höheren Lohn zahlen müssten?
Würde in zahllosen Betrieben nicht eine Hexenjagd auf Gewerkschaftsmitglieder losgetreten werden? Und würden nicht Erpressungen mit Bespitzelungen gegen die ArbeitnehmerInnen zunehmen, nicht in Gewerkschaften einzutreten?

Arbeitsrechte wie auch die Möglichkeiten der Gewerkschaften, für ArbeitnehmerInnen in einer Gesellschaft der Marktwirtschaft erträgliche Zustände zu schaffen, müssen ständig verteidigt und immer wieder erkämpft werden, wie zum Beispiel auch die individuellen Freiheitsrechte.

Auch diese wurden uns nicht geschenkt und mussten erstritten werden und müssen ständig verteidigt werden. Beide Bereiche sind auch heute noch bei uns ständig in Gefahr.

Wenn die Arbeitnehmer nicht mehr auf Gewerkschaften setzen, werden diese schwach und können die Lage der Arbeitnehmer kaum mehr positiv beeinflussen.

Gewerkschaften wie auch die mehr oder weniger linken Parteien müssen ständig in winzigen Schritten kleine Verbesserungen zu erringen versuchen und sie sind so Teil der reformistischen Linken bzw. der sozialen Bewegungen in der bürgerlichen Gesellschaft. Beide, die Arbeitnehmer wie die Gesellschaft profitieren davon, auch die Unternehmerverbände profitieren von dem auf diese Weise erreichten Arbeitsfrieden, so lange ihnen selber am Arbeitsfrieden gelegen ist. Man kann sagen, dass bei uns die Gewerkschaften des DGB in die Gesellschaft integriert sind.
 
Wenn man solche Organisationen wie die Gewerkschaften auf seiner Seite hat, kann man in der Gesellschaft auch mehr erreichen. So gibt es in verschiedenen Gewerkschaften auch gewerkschaftliche Lesben- und Schwulengruppen, beispielsweise bei Verdi.: http://www.regenbogen.verdi.de und regionale Gruppen wie http://www.verqueer.de und http://www.verdi.de/gruppen/ak_lesben_schwule_bisexuelle_und_transgender und http://www.rerenbogen-roemer.de oder http://www.regenbogen.hamburg.verdi.de und http://www.koeln.verdi.de/arbeitskreise/lesben_und_schwule und natürlich in München http://www.muenchen.verdi.de/aktive_gruppen/lesben_und_schwule usw.
Dann Lehrer in der GEW http://www.schwulelehrer.de und http://www.gay-teachers.com sowie Lehrerinnen http://lesbische-lehrerinnen.de und in Köln http://www.schwule-lehrer.de usw.
Schließlich noch Justizbedienstete http://www.alsjub.de und Transnet-Organisierte http://www.rosa-bahn.de und Transportmitarbeiter http://www.gaytransportworker.de.vu und dann die Feuerwehr-Leute http://www.feuerwehr-gays.de und Lesben im Bibliothekswesen http://www.muenster.org/libs/ lesbische und schwule Journalisten http://www.blsj.de sowie im Gesundheitswesen http://www.basg.de und bei der Polizei http://www.velspol.de usw. Haben wir an alle gedacht? Naja, die Gegenseite zu den Gewerkschaften gibt es ja auch noch, nämlich die Gay-Manager im Völklinger Kreis http://www.vk-online.de. Wir können natürlich nicht garantieren, dass die alle noch existieren.
 
Das Wesen der Integration
Integration hat für die integrierten Gruppen, Organisationen, Bevölkerungsteile immer 2 Seiten. Die Integration irgend einer Sache kann als Fortschritt gebucht werden, wie z.B. die Integration der Frauen in die Demokratie durch das Frauenwahlrecht usw.
Es sind dies oftmals hart erkämpfte gesellschaftspolitische Errungenschaften. So zum Beispiel die Integration homosexueller Partnerschaften durch das Partnerschaftsrecht für Homosexuelle. Das schließt die gesetzliche Verfolgung von Menschen wegen homosexueller Partnerschaften aus.

Andererseits wird durch diese Integration Homosexueller in die Gesellschaft auch nicht homosexuellen Menschen entsprechend ihrer politischen Mehrheit Einfluss auf die Gestaltung dieser gesetzlichen Partnerschaft, deren Lebensgestaltung und gegebenenfalls Scheidung usw. gegeben. Vor allen Dingen geraten Menschen zunehmend, die nicht in der integrierten Form leben wollen und können, in gesellschaftspolitische Isolation.

Und die integrierten Homosexuellen ihrerseits sind nun angehalten, diese Gesellschaft als ihre Gesellschaft, als etwas Verteidigungswertes anzusehen, was in der Adenauerzeit wegen der Beibehaltung der Nazifassung des § 175 StGB und der staatlich verbreiteten religiösen Demagogie gegen Homosexuelle absolut nicht der Fall sein konnte.

Im Übertragenen auf die Gewerkschaften: Sie werden nicht mehr durch Polizei usw. verfolgt, aber sie sind nun auch in bestimmte Rahmen eingebunden, was zur Folge haben, dass die Rechte der Gewerkschaften so geschnitten sind, dass die vorherrschenden Kräfte der Gesellschaft auch was davon haben.

Doch gibt natürlich auch andere politische Kräfte in der Wirtschaft und in der Parteipolitik, die auf Integration nicht setzen. Aber es gibt diese Kräfte auch auf Arbeitnehmerseite.
 
Die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933
Morgens um 10 Uhr stürmten SA und SS die Gewerkschaftshäuser, verhafteten und misshandelten Gewerkschaftler, verwüsteten die Einrichtungen, beschlagnahmten Dokumente und Kassen. Die Nazi-Organisationen verleibten sich die Gewerkschaftshäuser, Bildungsstätten, Erholungsheime usw. ein.

Vier Monate zuvor, am 30. Januar 1933 hatte Reichspräsident Hindenburg auf Druck der Unternehmerverbände und der Konservativen Hitler zum Reichskanzler ernannt.

Eigentlich waren die Nazis zu diesem Zeitpunkt parlamentarisch schon wieder auf dem absteigenden Ast. Bei der Reichstagswahl im November 1932 hatte die NSDAP “nur” noch 33 Prozent der Stimmen erreicht, 4 Prozent weniger als Ende Juli 1932. Doch Industrielle drängten Hindenburg zur Machtübertragung an Hitler und sein Kabinett der “nationalen Erhebung”.

In den Wochen nach dem 30. Januar krempelten sie die formal noch bestehende Republik um. Von links nach rechts wurden die Organisationen aller politischer Nazi-Gegner nacheinander ausgeschaltet und ihre Mitglieder und bekannt gewordenen Anhänger verfolgt, terrorisiert, verhaftet und in ersten provisorischen KZs misshandelt.

Der “Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund” überlebte zunächst noch und marschierte sogar beim von den Nazis verkündeten “Tag der nationalen Arbeit” am 1. Mai 1933 mit, die Führung der Gewerkschaft schien auf Duldung zu hoffen sowie auf die nächste Wahl, während die endgültige Zerschlagung der Gewerkschaften schon längst beschlossen und am nächsten Tag vollzogen wurde.
Das Vermögen der Gewerkschaften und die Gewerkschaftshäuser usw. gingen in den Aufbau der Nazi-”Gewerkschaft” über (Deutsche Arbeitsfront, ein Zusammenschluss “deutscher Arbeiter und Unternehmer”). Hier zeigte sich deutlich, in wessen Interesse die Nazis Politik machten.

Man fragt sich heute rückblickend, warum die Führung des ADGB nicht zum Generalstreik aufgerufen hat, denn diese Macht hätte er gehabt, obwohl er zunehmend Mitglieder verlor und schon verloren hatte.

Es gab zudem schon vor Hitlers Ernennung zum Kanzler zahlreiche Übergriffe auf Gewerkschaftsveranstaltungen und Gewerkschaftseinrichtungen, die klar machten, was Gewerkschaften unter dem Nazistaat zu erwarten hatten.

Die Gewerkschaftsmacht zum Generalstreik kam schon in der jungen Weimarer Republik 1920 zum Tragen, als die Brigade Erhard, ein Freikorpsverband, Berlin besetzte, die Regierung für abgesetzt erklärte und den General Kapp zum Reichskanzler ausrief.
Das Militär der jungen deutschen Republik weigerte sich, diesen Putsch militärisch zu beenden, denn die Freikorps waren ja die ehemalige Waffenbrüder im 1. Weltkrieg, wurden nun von Unternehmen und Großgrundbesitzern finanziert, weil sie diese Truppen gegen die Republik und gegen einen weiteren Linksrutsch nutzen wollten und die Siegermächte nur ein 100.000-Mann-Heer erlaubten.
Freikorpsverbände schossen im übrigens auch am 2. Mai 1919 die am 7. April ausgerufene Bayerische Räterepublik zusammen.
Der 1920 von Gewerkschaft und Regierung ausgerufene Generalstreik führte dazu, dass der Kapp-Putsch in kürzester Zeit zusammenbrach.

Der Unterschied: Der Kapp-Putsch war illegal gegen die legale demokratisch gewählte Regierung gerichtet, der Generalstreik fand also in gewisser Weise legal zum Schutz der gewählten Regierung statt, die Nach Stuttgart in den Zirkus-Krone-Bau ausgewichen war.
Ein Generalstreik gegen Hitlers Einsetzung wäre eine illegale Handlung gewesen, weil die Einsetzung Hitlers durch den legalen Vollmachten gehörte, die der von Volk gewählten Reichspräsident hatte.

Außerdem: Während des Generalstreiks bildete sich zum Beispiel im Ruhrgebiet eine rote Ruhrarmee und im Mitteldeutschen Raum die rote Bauernarmee des Max Tölz. Das war sowohl der Gewerkschaftsführung wie auch der Regierung nicht recht. Und so zerschlug dann die Armee zusammen mit Freikorps diese beiden Erhebungen gemeinsam, nachdem der Militärputsch der Freikorps zusammengebrochen war.

Und hier kommen wir wieder auf die 2. Seite der Integration zurück: Die Gewerkschaft hat auch die Aufgabe, die Gesellschaft zu verteidigen, in die sie integriert ist.

Die „Gefahr” bestand also wohl auch aus Sicht der Gewerkschaftsführung, dass durch einen Generalstreik gegen die legale Regierung unter Hitler sich Dinge in Bewegung gesetzt werden könnten, die sie selbst nicht mehr unter Kontrolle halten konnte. Hinzu kam allerdings auch, dass die Mitgliederzahl in dieser Zeit deutlich zurückgegangen war.
 
Die Gesellschaftspolitische Funktion von Gewerkschaften
Wohl der größte gesellschaftspolitische Verband, eine sogenannte NGO der demokratischen Linken, ist der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), ein Zusammenschluss großer nach Berufsgruppen unterteilter Gewerkschaften. Hinzu kommen gewerkschaftliche Sozialverbände wie die AWO.

Unterschiedliche Gruppierungen der demokratischen Linken können durchaus auf die Infrastruktur der Gewerkschaften zurückgreifen, was hier und da hilfreich sein kann. Gewerkschaften helfen anderen Gruppierungen der sogenannten demokratischen Linken allein auch schon durch die Tatsache ihres Vorhandenseins.

In Bündnissen wie z.B. den Sozial-foren sind Gewerkschaften und auch kirchliche Sozialeinrichtungen gemeinsam gegen den Sozialabbau aktiv. Die unterschiedlichen Sozialeinrichtungen bzw. Wohlfahrtseinrichtungen sind in den Landeswohlfahrtsverbänden gemeinsam organisiert. In den Sozialforen ist sehr darauf zu achten, dass die Teilnehmer auch eine Möglichkeit haben, weiterhin teilzunehmen, dass also die spezielle Lage der jeweiligen Verbände berücksichtigt wird.

Die Parteibindung der Gewerkschaften
Die Sozialdemokraten wurden in der Gründungszeit von den Gewerkschaften als ihr parlamentarischer Arm angesehen, auch wenn dies bei der Neugründung nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr so sein sollte. Schon früher aber besonders seit Schröders Sozialabbau-Politik konnten auch die SPD-Mitglieder in den Gewerkschaften nicht mehr hinter der SPD-Führung stehen. Ein Teil des linken SPD-Flügels in und außerhalb der Gewerkschaften (WASG) schloss sich mit der PDS zusammen und bildete die in den Gewerkschaften ebenfalls verankerte Partei Die LINKE.

Gegenwärtig versucht die SPD in der Gewerkschaft gegen die LINKE zu kämpfen, die ja zu einer konkurrierenden Parlamentspartei wurde. Das hat Auswirkungen auf die Politik der Gewerkschaften. Es scheint so zu sein, dass das Interesse der kirchlichen Sozialträger wie der Gewerkschaften in Bündnissen wie dem Sozialforen nachlässt, weil diese Änderungen mit Hartz IV weitgehend durchgesetzt sind und sich die Sozialverbände notgedrungen längst mit der neuen Lage arrangiert haben.

Ein Bekämpfen dieser Politik stellt die Zusammenarbeit in bzw. Existenz der Sozialforen infrage. Daher scheint es mir geboten, mit diesem Thema in den Sozialforen geschickt umzugehen, um den SPD-Gewerkschaftlern nicht eine Steilvorlage zum Abwenden von den Sozialforen zu bieten. In Bündnissen stellt sich generell die Frage, wie weit ein Bündnis der demokratischen Linken gehen kann, und wo das Bündnis zerfällt, wenn man die entsprechenden Sachzwängen der einzelnen Bündnispartner nicht berücksichtigt. Wenn eine Linie trotz Warnungen durchgesetzt wird, schließt man andere Partner aus. Übrig blieben Bündnisse, die nur noch so heißen. Ginge es um sehr wichtige Ziele, kann es vielleicht richtig sein, das Bündnis zu gefährden. Aber wenn mit einem solchen Bündnis sprengenden Thema in der Substanz gar nichts erreicht werden kann, ist ein solches Verhalten schlicht dumm. Das bedeutet: Zurückhaltung, auch wenn es manchmal ärgert.

Dennoch sind Gewerkschaften weiterhin ein wichtiger Faktor der demokratischen Linken. Das heißt natürlich auch, dass die Gewerkschaften Gruppen, die nicht reformerisch arbeiten, sondern die Systemfrage stellen und daher auch nicht in diese Gesellschaft im oben beschriebenen Sinne integriert sind, dass diese Gruppen auch nicht mit gewerkschaftlicher Hilfe rechnen können, eher im Gegenteil. Dabei steht den Gewerkschaften selbstverständlich der innere Gegner zumeist links. Das ist der Dienst, den die Gewerkschaften für ihre Anerkennung der Gesellschaft leisten.

Hier kann man sich an die 68er Auseinandersetzungen erinnern, die in Frankreich von Teilen der Arbeiterschaft und der studentischen Linken getragen wurden, in Deutschland im wesentlichen nur von der studentischen Linken. Der DGB erwies sich hier überhaupt nicht als hilfreich.

Ich kann mich noch an die Zeit nach 68 erinnern, als das Lebensgefühl der Revolte bei vielen Menschen noch vorhanden war, da richtete sich die Revolte auch zum Teil gegen den Gewerkschaftsapparat und seine Entscheidungen, so dass es in den Betrieben auch zu vielen sogenannten “wilden Streiks” kam, nämlich Streiks, die nicht von den Gewerkschaften organisert waren.

Und hier kam es auch bei den DGB-Kundgebungen am 1. Mai selber zu Auseinandersetzungen. Der DGB half sich damit, dass er dass sinnreiche Transparent mitführte, auf dem stand: “Hier endet die Demonstration des DGB”. Also: alles was danach kommt, hat nichts mit uns zu tun.

Nun waren die Kritiker der damaligen Gewerkschaftspolitik auch nicht auf den Kopf gefallen. Bei der Rede eines damaligen Gewerkschaftlers in Wiesbaden, die zumindest viel Pathos enthielt, rief jemand in die rhetorische Kunstpause in breitem main-zerischen Fastnachtsstil hinein: „Lieber Schorsch ich danke Dir, für Deine schöne Rede hier!”

Das schadenfrohe Gelächter, Gekicher, Gegluckse auch der anwesenden Arbeitnehmer bzw. Gewerkschaftler führte dazu, dass der Rest seiner Rede nur noch Gestammel wurde. Es bleibt festzuhalten, dass die Gewerkschaften Teil der reformerischen Linken sind aber in der sogenannten Systemfrage die kapitalistische Ordnung verteidigen, in der sie ihre Existenzberechtigung haben.
 
Einheitsgewerkschaft und andere Gewerkschaften
Nach dem 2. Weltkrieg und der Neugründung der Gewerkschaften war die Entscheidung, dass Einheitsgewerkschaften gegründet werden sollten, also keine offen parteipolitisch gebundene Gewerkschaften. So wurde der DGB gegründet, was natürlich offene Parteipolitik ausschließt und den DGB außer gewisser personeller Verpflechtungen mit der SPD eher unpolitisch erscheinen lässt.

Doch Demonstrationen gegen Hartz IV zeigten, dass die Gewerkschaften durchaus ein eigenes politisches Profil auch gegen die SPD zeigen können und auch müssen, um ihre Mitglieder nicht zu sehr zu verärgern. Man kann aber erstaunt sein, mit was für schwachen parteipolitischen Signalen der SPD sich die Gewerkschaftsführung zufrieden gibt und wieder ihren Frieden mit der SPD zu machen versucht.

Obwohl der DGB eine Einheitsgewerkschaft ist, wurde nach dem 2. Weltkrieg der Christlicher Gewerkschaftsbund http://www.cgb.info gegründet, der sich auf die christliche Soziallehre beruft, wie z.B. der Arbeitnehmerflügel der Union auch, der aber nach eigener Erklärung von der CDU/CSU unabhängig sein soll und behauptet, der DGB sei SPD-nah.

In der 1. Reihe der Führungspositionen des DGB sind daher auch SPD-, CDU- und GRÜNEN-Mitglieder zu finden, in der zweiten Reihe darüber hinaus auch Führungsmitglieder der LINKEN.

DAG, Gewerkschaft der Polizei wurden in den DGB integriert. Auf den Listen von Sozialwahlen gibt es im Übrigen auch Listenverbindungen zwischen DGB-Einzelgewerkschaften und dem Christlichen Gewerkschaftsbund.

Es gibt andere im Prinzip rechts von den DGB-Gewerkschaften stehende Arbeitnehmervertretungen: den Hartmannbund und den Marburger Bund der Ärzte, den Beamtenbund, den Bundeswehrverband, den Fluglotsenverband sowie z.B. die Lokführergewerkschaft GDL http://www.gdl.de. Diese gilt als die älteste deutsche Gewerkschaft. Sie wurde aber erst streikfähig, nachdem in Vorbereitung der Privatisierung neu angestellte Lokführer nicht mehr als Beamte eingestellt wurden und nachdem die ganzen DDR-Lokführer ebenfalls nicht mehr Beamte (der DDR) sondern Angestellte waren.

Solche als „Standesgewerkschaften” titulierte Interessensverbände haben ihre Chance bei ArbeitnehmerInnen dadurch, dass sie speziell für eine Berufsgruppe günstigere Bedingungen erreichen wollen. Das stört oft die Strategie der Einheitsgewerkschaften.

In der Öffentlichkeit ist es durch die diversen Korruptionsfälle in Großkonzernen bekannt geworden, dass es z.B. zwischen der Unternehmensleitung bei VW und dem dortigen Betriebsrat zahllose finanzielle Querverbindungen gab, zum Vorteil einiger führender Betriebsräte und des Arbeitsdirektors Hartz und zum Nachteil einer engagierten Betriebsratspolitik.

Hier wird auch klar, warum sich Wirtschaftsliberale wie z.B. Friedrich März (CDU) und die FDP-Führung so laut gegen die „Gewerkschaftsbonzen” aussprachen und aussprechen und die Betriebsräte lobten.

Auch im Simens-Konzern gab es Querverbindungen und Geldzahlungen an eine betriebseigene unternehmungsfreundliche Gewerkschaft, die AUB http://www.aub.de , die es auch in anderen großen Konzernen gibt, z.B. auch im Opelkonzern. Auch dies wurde im Zusammenhang mit Korruptionsfällen bekannt. Im übrigen hat auch die vom Springer-Verlag eingerichtete Grüne Post, die PIN-Group, eine betriebseigene Gewerkschaft, die GNBZ http://www.gnbz.de. Auch hier ist überdeutlich, dass diese in Wahrheit ein Arbeitgeber-Kampfverband ist, der auch die Unionspolitik stützt, nämlich Löhne akzeptiert, bei denen noch die Anspruchsberechtigung auf Sozialhilfe entsteht. Es ist aber nicht sicher, dass sie diese auch erhalten, denn viele beantragen dies gar nicht aus Scham, weil es für einen vollbeschäftigten Arbeitnehmer nicht sonderlich rühmlich ist, Almosenempfänger zu sein. Es gibt nämlich einen bestimmten Stolz, der auch dazu führt, dass große Leistungen erbracht werden. Man muss dort seine wirtschaftlichen Verhältnisse fremden Sachbearbeitern offenbaren. Ist ein Arbeitnehmer verheiratet, hat er möglicherweise auch keinen Anspruch auf Zahlungen, weil das Familieneinkommen zusammen berechnet wird.

Bei einer politischen Demonstration dieser Gewerkschaft trugen die Arbeitnehmer der PIN-Group, die dafür übrigens eigens frei bekamen, Transparente gegen den Mindestlohn. Diese und ähnliche Erscheinungsformen, die an die zum Teil mafiösen Gewerkschaftsstrukturen in den USA erinnern, machen klar, wie wichtig eine Konzernunabhängige Gewerkschaft ist, beispielweise die Einheitsgewerkschaft mit einer unabhängigen Gewerkschaftspolitik.

Dieses Abgleiten in US-amerikanische Zustände kann im Grunde nur durch das Stärken der Einheitsgewerkschaften verhindert werden und sofern sich diese auch eigenständig als politikfähig erweisen.

Es wird auch deutlich, wie wichtig es ist, dass die Parteiinteressen der SPD in ihrem gegenwärtigen gewerkschaftsinternen Kampf gegen die LINKE völlig verfehlt ist, weil er keinen Vorteil für die Interessen der ArbeitnehmerInnen mit sich bringt, höchstens für die Strategie der SPD-Führung, aber zum Nachteil der politischen Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften.

Nach dem Anschluss der DDR wurden auch die DDR-Gewerkschaften des dortigen FDGB (Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes) als Branchengewerkschaften den DGB-Gewerkschaften angegliedert. Da hatte der DGB dann ca. 12 Millionen Mitglieder. Der FDGB (der Dachverband) wurde aufgelöst. Die DDR-Gewerk-schaftseinrichtungen wollte die Kohl-Regierung privaten Konzernen übereignen, z.B. die Ferienheime, Ge-werkschaftshäuser usw. Es war ein mühseliger juristischer Kampf des DGB, einen Teil des Gewerkschaftseigentum zu sichern.

Während der Arbeitslosigkeit und des Sozialabbaus unter Schröder verloren auch die Gewerkschaften viele Mitglieder, sodass die Bündelung der verschiedenen DGB-Gewerkschaften der DGB-Führung sinnvoll erschien. Derzeit hat der DGB noch ca. 6 Millionen Mitglieder. Der Or-ganisationsgrad beträgt im Durchschnitt ca. 20%, in manchen Bereichen, z.B. Metall, ist er bedeutend höher, in anderen Bereichen, z.B. in Betrieben des “Neuen Marktes” ist ist er nahezu nicht vorhanden.

In den DGB-Gewerkschaften gibt es die Gewerkschaftslinke, die sich innerhalb der DGB-Organisationen konstituiert hat und sich zu bestimmten Anlässen usw. trifft. Viele Gewerkschaftslinke http://www.labournet.de/GewLinke waren u.a. parteipolitsch auch in der WASG, der linken Abspaltung der SPD unter Schröder, organisiert. Seit der Gründung der Partei die LINKE, so berichten Gewerkschaftslinke, ist deren Arbeit in der Gewerkschaft eher rar geworden, weil sie mit dem Parteiaufbau und den Wahlkämpfen beschäftigt sind. Das behindert die Bemühungen der Gewerkschaftslinken, den Gewerkschaften ein eigenständiges unabhängiges arbeitnehmerpolitisches Profil zu geben.
 
Anarchosyndikalistische Gewerkschaften
Bei politischen Debatten über die Politik der gesellschaftlich integrierten Gewerkschaften tritt auch immer jemand auf, der Vorschlägt, statt der DGB-Gewerkschaften in die FAUD http://www.fau.org zu gehen. Hier handelt es sich um eine Anarcho-syndikalistische Gewerkschaft: “Freie Arbeiter Union Deutschlands”. Diese hat auch eine lange Geschichte wie die eher sozialistischen Gewrkshaften.
Die Hochphase der FAUD lag zwischen 1919 und 1923. Eine große Zahl von revolutionär gesinnten Arbeitern und Arbeiterinnen traten der FAUD bei, die sich erfolgreich als Alternative zu anderen Gewerkschaften darstellen konnte. Zur Zeit des Kapp-Putsches stellte die FAUD eine Rote Ruhrarmee zusammen, die sowohl gegen die politische “Reaktion” als auch für die Weiterführung der 1919 praktisch beendeten Revolution kämpfen sollte.

Hochburgen der FAUD waren das Ruhrgebiet und insbesondere das damalige Amt Mengede - ein Stadtbezirk der heutigen Stadt Dortmund. Aus der “Freien Arbeiter Union Mengede”, einer Ortsgruppe der FAUD mit über 1.000 Mitglieder vornehmlich Bergleuten, rekrutiert sich eines der ersten Bataillone der Roten Ruhrarmee.

Zu Weihnachten 1922 gründet sich auf Initiative der FAUD bei einem Kongress in Berlin die Internationale Arbeiter-Assoziation (IAA). Dies ist als Neukonzeption der so genannten Ersten Internationale gedacht und umfasst verschiedene anarchosyndi-kalistische Gruppen, vor allem in Europa und Amerika. Die IAA ist bewusst als Gegenstück zur kommunistischen Roten Gewerkschafts-Internationale (RGI) gegründet worden, um den Einfluss der kommunistischen Partei auf die internationale Arbeiterschaft zu drosseln.

In der Zeit ihres Bestehens hatte die FAUD einige Spaltungen (z.B. zur FAUD-Gelsenkirchener Richtung, welche 1921 in der Union der Hand- und Kopfarbeiter aufging) und Übertritte wichtiger Aktiver in andere Gruppierungen zu verkraften. Von ihrem Höchststand mit 150.000 Mitgliedern, sank sie bis Mitte der 20er Jahre auf einige 10.000 ab und hatte 1932 noch ca. 4.300 Mitglieder. Dennoch blieb sie in einigen Gebieten und Städten eine bestimmende politische und vor allem kulturell wirkende Kraft, so in der Erwerbslosen-, Freidenker oder der Bewegung der “Gilde freiheitlicher Bücherfreunde”.

Als in den späten 20ern fast alle politische Gruppierungen eigene Kampfeinheiten bildeten, entwickelten sich auch neben der FAUD/AS die sogenannten „Schwarzen Scharen”, deren mehrheitlich jugendlichen Mitglieder sich als vorrangig antifaschistisch verstanden. Dennoch bildet sich vor allem in Schlesien aus einigen Schwarzen Scharen heraus Orts- und Fabrikgruppen der FAUD.

Eine weitere Unterorganisation der FAUD war der Syndikalistische Frauenbund (SFB), mit einer Mitgliederzahl von 800 bis 1000 zu Höchstzeiten. Eine der FAUD nahestehende Jugendorganisation war die 1920 gegründete Syndikalistisch-Anarchistische Jugend Deutschlands (SAJD).

1933 löste sich die FAUD nach längerer Vorbereitung kurz vor dem Machtantritt der Nationalsozialisten offiziell auf und versuchte sich illegal neu zu organisieren. Über den Erfolg dieses Vorgehens gibt es unterschiedliche Interpretationen. Einige Wohn- und Arbeitsprojekte der FAUD existierten noch einige Zeit, bis mindestens 1937 sind anarchosyn-dikalistische Gruppen im Widerstand gegen Hitler auszumachen, etwa die Jugendgruppen der schwarzen Scharen.

1937 kämpften einige Anarchosyn-dikalisten aus der FAUD im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Confederación Nacional del Trabajo (CNT).

In Katalonien gründete sich an der Seite der CNT die Gruppe “Deutsche Anarcho-Syndikalisten” (DAS). Diese Gruppe war mit exekutiven Vollmachten gegenüber deutschen Nationalsozialisten in Spanien ausgestattet. Ebenso entkamen einige bekannte Personen der anarcho-syndikalistischen Bewegung aus Deutschland über holländische Fluchtwege in die USA und andere amerikanische Staaten. Die heutige FAU beziehungsweise FAUD ist in Betrieben nicht nennenswert verankert und in den heutigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eher unbedeutend.
 
Bewertung des FAUD-Denkansatzes
Wer ernsthaft in Erwägung zieht, heutzutage auf diese Karte zu setzen, muss sich die Frage stellen, in welcher Phase der sozialen Auseinandersetzungen wir uns eigentlich befinden. Abgesehen davon, dass man schon starke Gewerkschaften braucht, die rechtlich abgesichert sind, wenn man im Betrieb und der vorhandenen Gesellschaft etwas erreichen will.

Ist es heutzutage noch notwendig, in den Rundfunkräten, Sozialversicherungen, bei der Gestaltung von Berufsbildern, vor dem Arbeitsgericht usw. gesellschaftlich integrierte Gewerkschaftler als Arbeitnehmervertreter zu haben? Ist es noch notwendig, im Rahmen der derzeitigen Gesellschaft zäh und reformistisch um die kleinen Erleichterungen des Alltages zu kämpfen? Oder ist es soweit, dass die sozialen Kämpfe Formen angenommen haben, wo nun die Systemfrage durch die Dynamik der Ereignisse gestellt wird und der Kampf um Reformen innerhalb dieser Gesellschaft eingestellt ist?

Man sollte von den Konzernführungen gelernt haben, die an ihre gegenseitige Konkurrenz in bestimmten Situationen nicht denken, sondern sich gemeinsam gegen Gegner wehren.

Also sind Bündnisse zwischen ganz unterschiedlichen Arbeitnehmerorganisationen im Widerstand gegen gemeinsame Gegner unbeschadet der unterschiedlichen Denkansätze und angestrebten späteren Ziele dringend notwendig.

Ich persönlich gehe davon aus, dass der zähe reformistische Kampf, der Kampf um die Lohn- und Rentenhöhe usw. tagtäglich weiter geführt werden muss und dass die reformistischen BündnispartnerInnen in ihrem Kampf unterstützt und gestärkt werden müssen. Denk mal an Eure Kollegen im Betrieb, um was es dort geht.

Dennoch ist aus der Geschichte zu lernen, auch aus der Geschichte der integrierten Gewerkschaften. Denn wenn die sozialen Spannungen weiter zunehmen und die integrierten Gewerkschaften sich auch dann noch weiterhin beschwichtigend und zahnlos verhalten, dann bekommen andere eine neue Chance, beispielsweise die FAUD.
 
Zur politischen Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften
Politischer Streik ist nicht verboten. Das Risiko eines politischen Streiks liegt im Bereich des Arbeitsrechts und der Zivilrechtsklagen. Und das will gut überlegt sein. Arbeitgeber haben das Recht der fristlosen Kündigung bei Arbeitsverweigerung. Sie haben auch das Recht, ihre finanziellen Einbußen bei Streiks zivilrechtlich einzuklagen.

Bei Tarifstreiks gehört zu den tariflichen Vereinbarung dann auch das Abwehren solcher Arbeitgebermöglichkeiten.
Bei politischen Streiks besteht das Risiko, dass die bestreikten Unternehmen gegen den/die zum Streik Aufrufenden finanzielle Ansprüche erheben, die jede Gewerkschaft finanziell ruinieren würden.
 Der innergewerkschaftliche Streit
Trotz parteipolitischer Unabhängiogkeit der Einheitsgewerkschaften ist die sozialdemokratische Dominanz in den Gewerkschaften des DGB unverkennbar. Dies ergab sich schon aus der politischen Interessensnähe.
Doch durch die Verenigung der Bundesrepublik mit der DDR und der Eingliederung der Einzelgewerkschaften der DDR in den DGB sowie die Politik des Sozialabbaus der Regierung Schröder sind Änderungen entstanden.
Die aktiven SPD-Gewerkschaftler aus der Bundesrepublik gehörten überwiegend der SPD-Linken an, diese konnten den Schröder-Kurs nicht mittragen, traten aus der SPD aus und gründeten die WASG.
In der DDR war die SED stark im FDGB vertreten und so fanden sich viele Mitglieder der PDS in den angeschlossenen Gewerkschaften des DGB in den „neuen Bundesländern“. Durch die Gründung der Partei DIE LINKE aus WASG und PDS ist diese Partei ebenfalls in den DGB-Gewerkschaften gut vertreten.
Gegenwärtig finden zwischen den beiden Parteien SPD und LINKE inhaltliche wie organisatorische Auseinandersetzungen in den DGB-Gewerkschaften statt, was zu merkwürdigen Verhaltensweisen führt.

Ein so genannter Generalstreik, bei dem alle ArbeitnehmerInnen im ganzen Land die Arbeit niederlegen, findet aus politischen Gründen in Italien und Frankreich bisweilen statt, in der Bundsrepublik Deutschland gab es das noch nicht. Dennoch wäre er bei so manchen arbeitnehmerfeindlichen Gesetzen geboten.

Die Gewerkschaften müssen, um politisch handeln zu können, sich selber stärker als bisher politische Profile erarbeiten, die keineswegs parteipolitisch sein dürfen, denn die Interessen der arbeitenden Bevölkerungen sollten über dem Parteiengezänk um Wahlpropaganda und gut bezahlte Sitze in den Parlamenten und in politischen Funktionen stehen.

Könnte wie 1933 ein Zusammenbruch der Gewerkschaften und eine derartige politische Fehleinschätzung der Gewerkschaftsführung wie damals wieder passieren, beispielsweise bei einer CDU-NPD-Koalition oder Ähnliches? Hätten Gewerkschaftsführer mit zahlreichen Aufsichtsratsposten oder mit eigenem Aktienbesitz eher die Interessen der Arbeitnehmer wohlwollend in ihrem Kalkül oder ihre eigene oftmals doch recht privilegierte wirtschaftliche Lage?

Der damalige IG-Metall-Führer Steinkühler musste damals gehen, weil er etwas tat, was jeder Wirtshaftsma-nager tut, er benutzte sein Insiderwissen aus dem gewerkschaftlichen Aufsichtsratsposten zum Handel mit seinen Aktien.

Könnte sich eine heutige Gewerkschaft legal gegen eine gewählte Nazi-Regierung stellen? Oder wäre das heutzutage illegal?
Nein, sagen alle, da gibt es doch im Grundgesetz den Artikel 20, den Widerstandsparagraphen, der den Widerstand legal macht, so dass die demokratische Linke legal widerstand leisten könnte, dass also auch ein Generalstreik gegen eine legal gewählte rechte Regierung legal sein könnte. Das muss untersucht werden.

Unter dem Widerstandsrecht wird allgemein ein naturrechtlich bzw. durch ein positives Gesetz statuiertes Recht jedes Menschen verstanden, sich unter bestimmten Bedingungen gegen staatliche Gesetze auflehnen zu dürfen bzw. ihnen den Gehorsam zu verweigern.
Die Existenz eines überpositiven, naturrechtlich begründeten Widerstandsrechts wurde und wird – teilweise auch in falscher Gleichsetzung mit dem zivilen Ungehorsam – in der politischen Philosophie, der Rechtsphilosophie und der Staatstheorie kontrovers diskutiert.

In Deutschland garantiert Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) das Recht eines jeden Deutschen, gegen jedermann Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die in Art. 20 GG niedergelegte Staatsordnung (Födera-lismusprinzip, Demokratieprinzip, Sozialstaatsprinzip, Gewaltenteilung, Gesetzesbindung der drei Gewalten, Republikprinzip, Freiheitlich Demokratische Grundordnung) zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Wer bestimmt denn, dass andere Abhilfe nicht möglich ist?

Das Widerstandsrecht umfasst sowohl passiven Widerstand durch Gehorsamsverweigerung als auch aktiven Widerstand durch Gewalt, steht aber unter absolutem Subsidiaritätsvorbehalt durch die im gleichen Satz genannte Voraussetzung, dass andere Abhilfe nicht möglich ist.

Mit diesem Recht soll verhindert werden, dass eine Machtübernahme durch nichtdemokratische Handlungen der Exekutiven oder Legislativen (insbesondere die Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls) das politische System in Deutschland gleichsam aushebelt und es damit zu einer Diktatur kommen kann, bei der eine wirkliche Kontrolle der ausführenden Organe durch das Volk nicht mehr gegeben ist.

Das Widerstandsrecht greift nur, wenn die in Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG niedergelegten Grundsätze, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die durch Art. 79 Abs. 3 GG der Verfassungsänderung entzogenen Grundsätze eindeutig angegriffen werden und alle anderen legalen Möglichkeiten ausgeschöpft sind (Subsidiarität, ultima ratio). Nach Meinung einiger Staatsrechtler sind Anschläge und Morde (z. B. Tyrannenmord) in diesem Fall legitim, um die grundgesetzliche Ordnung wiederherzustellen.

Das Widerstandsrecht steht in einem bewussten Antagonismus zum Grundsatz des staatlichen Gewaltmonopols. Das Widerstandsrecht des Art. 20 Abs. 4 GG ist eine Positi-vierung (= Fassung in geschriebenes Recht) des ansonsten überpositiven (ungeschriebenen, über dem geschriebenen Recht stehenden) Rechtsgedankens, dass staatliche Organe durchaus rechtswidrig handeln können, selbst wenn sie durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes handeln: Auch geschriebenes Recht kann Unrecht sein; diese Erfahrung ist in Deutschland direkt aus der Zeit der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 erwachsen und steht am Ende einer langen historischen Entwicklung, die auf absolutistischem oder rechtspositivistischem Hintergrund davon ausging, dass staatliches Handeln nie Unrecht sein könne: „The King can do no wrong“.

Das Widerstandsrecht liefert strafrechtlich einen Rechtfertigungsgrund, durch den tatbestandlich verwirklichte, an sich rechtswidrige Taten gerechtfertigt werden, so dass keine Bestrafung erfolgt.
 
Was folgt daraus?
Wer im Falle der legalen Neonazi-Machtergreifung zu gewalttätigen oder anderen Formen des Widerstandes greift beziehungsweise sich daran beteiligt, kann sich nicht darauf verlassen, dass er daraus folgend keine finanzielle Einbußen erleidet, nicht strafrechtlich verfolgt wird, seine Pensionsansprüche nicht verliert usw.

Politische Auseinandersetzungen von einer bestimmten Intensität führen dazu, dass der Sieger danach bestimmen wird, was recht ist und war und was nicht. Und wenn dieser Sieger dann seinerseits auch besiegt wird, nutzt es Dir aktuell sicher auch wenig, wenn Du z.B. 20 Jahre nach Deinem Tode irgendwie doch recht bekommst, falls es überhaupt noch jemanden interessiert.

Eine Neonazi-Machtergreifung ist nicht die Sache der Gewerkschaften alleine. Aber eben auch ihre Sache. Aber die Interessensvertretung der arbeitenden Bevölkerung ist eindeutig Sache der Gewerkschaften. Und dabei geht nicht nur um die Vertretung unserer Anliegen während der Zeit der Erwerbsarbeit, sondern auch während der Arbeitslosigkeit und/oder der Rente. (js)
 
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