95. Print-LUST, Sommer 08
 
Der Aufstand in Chinas Provinz Tibet
Ein armer Tibeter hatte wenig Veranlassung seinen Gutsherren zu beneiden oder anzufeinden, denn er wusste, dass jeder die Saat aus seinem früheren Leben erntet. Wir waren schlicht und einfach glücklich”, sagte Tenzin Gyatso, auch als der 14. Dalai Lama bekannt, „Verteidiger der Wahrheit” und „Ozean der Weisheit”, in einem Interview, 20 Jahre nach seiner Flucht aus Lhasa, in dem ihm die Zustände in Tibet unter seiner Regentschaft vorgehalten wurden: Leibeigenschaft und Sklaverei. Zitiert nach der Panorama-Sendung vom 20.11.1997

Mein Tibet
Als christlich erzogener junger Mann war ich von Tibet fasziniert. Die Bilder von farbenprächtigen Gewändern, von Gebetsmühlen und faszinierenden wettergegärbten Gesichtern kennzeichneten ein genau so geheim-nisumwittertes mystisches Bild wie die Traditionen dort, zum Beispiel des Staatsorakles. Ein unter Drogen gesetzter Mann lallt irgend etwas und ein hoher Mönch übersetzt daraus die Richtlinien der Politik. Also: Faszination und Exotik.
Aber bei Sven Hedins Tibetreise, über die ich las, erfuhr ich von prügelnden Mönchspolizisten und schrecklichen Bestrafungen der Sklaven beziehungsweise der Leibeigenen bis hin zur Häutung bei lebendigem Leib. Später, bei der Bundeswehr fand ich in der Kompaniebibliothek wieder zahlreiche Tibetbücher. “Das 3. Au-ge” zum Beispiel. Dort las ich vom Ich-Erzähler, der ein netter tibetischer Mönch war, von der klaren Aura der tibetischen Mönche und der deutschen Besucher sowie der verbrecherischen Aura der chinesischen Unterhändler und Diplomaten. Später erfuhr ich, dass dieses Buch ein Roman ist, geschrieben von einem eher rechtsgerichteten österreichischen Schriftsteller.
Ich las von Heinrich Harrer, der als Freund des jungen 14. Dalai Lamas das Leben der tibetischen Oberschicht genoss. Sein Buch las ich sehr begierig. Ich erfuhr auch von den romantischen Gedichten des jungen herrschenden Dalai Lama an Mao Tsetung, der vom Dalai Lama als „Mutter” bezeichnet wurde, so wie das Mutterland China, und dessen lyrischen Antworten. Der Dalai Lama war auch Mitglied im chinesischen Volkskongress.
Ja und dann erfuhr ich, dass die bösen Chinesen den lieben Dalai Lama aus China, also aus der Provinz Tibet vertrieben hatten, so dass er nach Indien fliehen musste. Und in den Nachrichten wurde ständig gesagt, die Chinesen hätten Tibet 1950 erobert, was mich irritierte, weil ich ja schon aus meinen Büchern der Jugendzeit weiß, dass Tibet schon sehr sehr lange ein Teil Chinas ist, etwas seit dem 7. Jahrhundert und lange bevor dort ein Dalai Lama als Verwalter vom chinesischen Kaiser eingesetzt worden war.
König Songtsen Gampo einigte über 10 Stämme und gründete so die Monarchie Tibets. Er griff ständig das chinesische Kaiserreich an. Der chinesische Kaiser musste ihm 641 die Prinzessin Wencheng zur Ehefrau geben und dulden, dass von Tibet aus buddhistische Mönche in vielen Nachbarprovinzen Klöster gründeten. Gleichzeitig musste China verschiedene technische Errungenschaften an Tibet weitergeben, so die Herstellung von Papier und den Gebrauch von Steinmühlen. Durch diese Heirat und die Vereinbarungen wurde die staatliche Gemeinschaft zwischen Tibet und China hergestellt. Unter den mongolischen Kaisern von China (seit dem 13. Jahrhundert) wurde die tibetische Sekte der Sakya-Schule immer stärker in die Verwaltung dieser chinesischen Provinz eingebunden. Die China regierenden Mongolen nahmen den buddhistischen Glauben an. Damit wurde die Priester-Patron-Beziehung zwischen den tibetischen Geistlichen und den chinesischen Kaisern begründet. 1578 wurde Sonam Gyatso, das Oberhaupt der im Auftrag des chinesischen Kaisers Tibet verwaltenden Mönchsgruppe vom chinesischen Kaiser mit dem Titel „Ozean der Weisheit“ (Dalai Lama) geehrt. Er nannte sich daraufhin 3. Dalai Lama und ernannte posthum seine beiden Vorgänger auch zum Dalai Lama. Der 5. Dalai Lama ließ den Potala Palast ca. 1650 bauen und erneuerte mit dem chinesischen Kaiser, nun war es Mand-schu-Dynastie, die Priester-Patron-Beziehung. Unter seiner Verwaltung wurde die Theokratie, das politische Gottkönigstum, über die von ihm verwalteten Gebiete ausgebaut. Dies alles wissend ist absolut klar, dass Tibet nicht 1950 von China erobert wurde.
Der gegenwärtige 14. Dalai Lama, der sich vorrangig als Wiedergeburt des 5. Dalai Lama sieht, reist viel herum, hat mit US-Hilfe ein internationales Netz von Anhängern aufgebaut und wird auch von Staatschefs empfangen, was seinen politischen Interessen entgegenkommt. Sein Interesse scheint zu sein, nicht nur religiösen, sondern auch politischen Einfluss, besonders in China, zu haben, wie das ja alle Religionsführer wollen.
Und schließlich, dieser freundliche aufgeschlossene Mann, der kann ja nicht irgendwie schuldig oder böse sein? Können diese Augen lügen?
Andererseits, wenn Free-Tibet-Anhänger in den gay-Lokalen von Tibet schwärmen und gegen China polemisieren und allerhand sagen, was so auch nicht richtig ist, dann kommt mir in den Sinn:
Wollen die denn ein Museum einrichten? Ein religiös bestimmtes Museum ohne die Möglichkeit der individuellen Weiterentwicklung für die Menschen, ein Museum in dem „ihr Tibet”, das der Filme und Romane, eingerichtet wird?
Und wenn, wäre dieses Leben der Filme ohne die Sklaverei und Leibeigenschaft im Hintergrund überhaupt denkbar? Irgendjemand müsste doch auch das alles erarbeiten, wovon diese Leute in den Klöstern ihr Leben finanzieren, denn die tibetischen Mönche sind in ihrer Kultur und Tradition keine Bettelmönche, sondern Grundherren bzw. Herren von Leibeigenen und Sklaven.
Ich habe dieses Referat im Vorspann mit einem Zitat des Dalai Lama begonnen:
„Ein armer Tibeter hatte wenig Veranlassung seinen Gutsherren zu beneiden oder anzufeinden, denn er wusste, dass jeder die Saat aus seinem früheren Leben erntet. Wir waren schlicht und einfach glücklich.
Das zeigt natürlich, für welche soziale Schicht er in Wirklichkeit argumentiert und wozu hier der Buddhismus genutzt wird. Nun kommen mir solche Argumentationen, wie das hier zitierte, schon aus dem Christentum äußerst bekannt vor.
Da allerdings hat das nichts mit dem angeblichen Vorleben und den dazugehörigen Strafen zu tun, das ja nur „existiert“, wenn man persönlich daran glaubt, sondern mit dem „Leben” nach dem Tod. Man wird im Christentum für das sich Aufopfern für die lebende weltliche und geistliche Obrigkeit damit belohnt, dass man es gut hat, wenn man dann tot ist.
Ein herzliches „Vergelts Gott”, und schon ist alles bezahlt. Gut für die daran verdienende weltliche Obrigkeit. Und dass das Opfer angeschissen ist, wenn es tot ist, bemerkt es nicht einmal. Ähnliches finden wir auch im Islam, wo der sich im weltlichen Leben Aufopfernde mit dem Paradies belohnt wird.
Aber der arme Dalai Lama, der musste aber doch 1959 China verlassen, vor den Chinesen fliehen? Also ein Wortbruch der Chinesen gegenüber der tibetischen Oberschicht?
Dieser Flucht ist allerdings etwas vorausgegangen. In einigen chinesischen Provinzen wurden die reichen Klöster, die auch die Großgrundbesitzer waren und mit Leibeigenen sowie Sklaven arbeiteten, um dieses Land enteignet, die Leibeigenen und Sklaven wurde befreit und das Land wurde unter ihnen aufgeteilt.
Die tibetische Oberschicht, bestehend aus hauptsächlich hochrangigen Mönchen, musste wohl befürchten, dass ihnen das auch in dem tibetischen Kernland geschieht und wagte einen von den USA und England unterstützten sehr blutigen Aufstand gegen die chinesische Zentralregierung. Das ging schief und der Dalai Lama und sein Umfeld mussten mit ihrer Verhaftung rechnen. Und so flohen er und sein Umfeld nach Indien und versuchen von dort aus weiterhin mittels der Religion politischen Einfluss auf dieses Gebiet zu erhalten und wieder politische Macht zu bekommen.
Es ist auch nicht richtig, wie die tibetische Exilregierung in Indien behauptet, dass Tibet von 1911 bis 1946 ein souveräner Staat gewesen sei, bis es von „den Kommunisten” erobert worden sei. 1911 war der Sturz den Mandschu-Dynastie und China wurde Republik. Die Ordnung als Republik ließ sich nicht in allen chinesischen Provinzen durchsetzen, da England bis 1946 besonders über Tibet immer noch großen Einfluss in China hatte.
Doch weder die Regierung der nationalistischen Partei unter Dr. Sun Jatsen, später unter Chiang Kai-Sheks noch die Regierung der kommunistischen Partei hat die These eines souveränen Tibets als klerikalen Nationalstaat vertreten, und auch die Provinz Tibet verwaltende Dalai-Regierung nicht, denn den Titel Dalai Lama hatte er ja vom chinesischen Kaiser verliehen bekommen. Das mit der Unabhängigkeit behauptet nur die Exilregierung.
Richtig ist allerdings, dass China lange Zeit wegen Bürgerkriege, japanische Besetzung usw. nicht in der Lage war, den englischen Einfluss dort zurückzudrängen. Doch die verwaltende Mönchgruppe behielt die ganze Zeit über die Titel für sich bei, die ihnen vom chinesischen Kaiser beziehungsweise also von China verliehen wurde. Und so begnügte man sich in Peking bis 1946 damit, den Status Quo zu dulden.
Was war (und ist zum Teil noch) das Interesse Englands und der USA an Tibet? Unter den Free-Tibet-Anhängern, die den olympischen Fackellauf störten, hörte man Aussagen wie: „Die Chinesen beuten in Tibet unsere Rohstoffe aus“, als ginge es im globalisierten Kapitalismus noch um nationale Wirtschaftsinteressen. Und wer ist „unser“?
Gremlitza schreibt in der Konkret in seinem Artikel „Der Tibet-Wahn“, wo er die Situation Russlands und Chinas darstellt:
„Zur Weltpolitik, dem Kampf um Märkte und Rohstoffe nämlich, gehört das Bemühen, den Konkurrenten durch die Animation ethnischer oder religiöser Minderheiten zu dezimieren, hier Tibet zu Chinas Koso-vo zu machen, und sein Inneres sich so vorteilhaft wie möglich herzurichten. Was der alten Weltpolitik ihre Kanonenboote und Expeditions-korps waren, sind der neueren Demokratie Marktwirtschaft und Menschenrechte.
Nichts ist um kleineres Geld zu haben als frisch gekürte Manager, Journalisten und Volksvertreter, die noch nicht, wie in alteingesessenen Demokratien, den Herrschenden fest verpflichtet sind. Der Preis der Demokratie, den die westliche Konkurrenz in Jelzins kurzem Frühling aus Russ-land herauszuziehen vermochte, wird auf 600 Milliarden US-Dollar geschätzt. Dass der autoritäre Putin ihnen dieses Menschenrecht entzog, ärgert unsere schreibenden und redenden Weltpolitiker schwarz, grün, rot und gelb. Ohne Putins Kurswechsel hätte Weltbankchef Robert Zoellick jetzt Russland in seine Liste der von Hungerunruhen erschütterten Staaten aufnehmen können.“ Soweit Gremlitza aus seiner Mai-Ausgabe auf S. 9.
Zu den „Expeditionskorps“, die Gremlitza anspricht, gehört wohl auch die „Strafexpedition“ des britischen Oberst Younghusband, der 1904 von Indien aus in Tibet einmarschiert war und Tibet zum britischen Protektorat machte, das wurde „die Öffnung Tibets“ genannt, während der damalige 13. Dalai Lama nach Peking flüchtete. Diesen Angriff konnte Younghusband ohne großes Risiko gegenüber China wagen, weil England ja zwei Opiumkriege gegen China geführt hatte (der 1. 1839 - 42 und der 2. 1856 - 60), die zum Ziel hatten, Chinas Teemonopol durch England zu brechen und um von England in Indien angebautes Opium frei in China verkaufen zu können. Im übrigen wurde die chinesische Regierung bei dieser Gelegenheit auch gezwungen, die Tätigkeit christlicher Missionare in China zu dulden.
Der heutige Dalai Lama in Indien hat sich unterdessen übrigens auch schon auf die neue Weltlage eingestellt. Er bietet nun sich und seine Mönchsclique wendig den Protagonisten der „Neuen Weltordnung der Globalisierung“ als der geeignete Partner gegen Chinas Kontrolle dieser Gebiete an.
In der WirtschaftsWoche wurde das neue Buch des Dalai Lamas, ein Management-Buch, vorgestellt: „Führen - gestalten - bewegen“.
„Überlebensnotwendige Voraussetzung” dafür, dass ein Unternehmen zum gesellschaftlichen Wohl beitragen kann, ist nach Ansicht des Oberhaupts des tibetischen Buddhismus, „Gewinn”.
(Politisch sehr praktisch ist dabei wohl die Einrichtung eines unfehlbaren Papstes der Buddhisten, js)
Früher neigte er „instinktiv eher zum Sozialismus”, so der Gottkönig. Er beobachte aber „wie die Volkswirtschaften der sozialistischen Länder stagnierten, während die Länder mit freier Marktwirtschaft eine immer größere Dynamik entwickelten.” Seitdem interessiere er sich für „die positiven Aspekte der freien Marktwirtschaft”. Führungspersönlichkeiten rät der Dalai Lama ein ethisches Leitbild zu kommunizieren, um die Mitarbeiter zu motivieren. Zu den Werten, die seiner Meinung nach vermittelt werden müssen, zählt unter anderem die Verpflichtung zu nachhaltigen Ge-schäftspraktiken und Umweltschutz.
Zitate des Dalai Lama aus dem Buch:
Zum Konsum
„Buddhisten erkennen, dass der Erwerb von Wohlstand eine der grundlegenden Tätigkeiten des Lebens ist. Konsum und der Aufbau von Wohlstand sind natürlich, doch wenn sie auf verfehlte Art und Weise verfolgt werden, verursachen sie Leid. Jemand, der ohne Grenzen und nur um des Konsumierens Willen konsumiert, wird kein Glück finden. Wenn der Wohlstand nicht ehrlich erworben wird, geht er mit Diebstahl oder anderen Formen des Leids einher. Wenn der Wohlstand nicht zum Nutzen anderer eingesetzt wird, macht er weder den Eigentümer noch andere Menschen glücklich. Wenn Wohlstand glücklich machen soll, muss er ehrlich erworben und gut eingesetzt werden.”
Zum Gewinnstreben
„Ich habe bei zahllosen Gesprächen zugehört und teilgenommen, in denen es um die Frage ging, ob der einzige Sinn eines Unternehmens in der Gewinnmaximierung besteht. Für mich ist die Antwort einfach: Gewinn ist eine überlebensnotwendige Voraussetzung, doch der Sinn eines Unternehmens besteht darin, zum Wohl der Gesellschaft als Ganzes beizutragen.”
Zur Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen
„Ich möchte nicht so tun, als wären die Lösungen einfach und lägen auf der Hand. Bei der Arbeit an diesem Buch habe ich gelernt, wie schwer es für Unternehmer sein kann, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn ein Unternehmensführer einen Entschluss fällt, wirkt sich dieser auf sämtliche Mitarbeiter und zahlreiche andere Menschen wie etwa Kunden und Zulieferer aus. International agierende Konzerne stehen vor besonders komplexen Situationen, weshalb die Qualität der Entscheidungen den Ausschlag gibt. Daher benötigen Entscheiden nicht nur unternehmerische Kompetenz, sondern auch die richtige Motivation und geistige Verfassung. ... [Ich möchte] Führungskräften helfen, besser zu verstehen, was in ihrem Geist und im Geist anderer Menschen vorgeht, vor allem im Zusammenhang mit Fragen der Führung. Ich hoffe, dass Sie auf diese Weise in die Lage versetzt werden, bessere Entscheidungen zu treffen und mehr Lebensqualität zu schaffen, und zwar für sich selbst, für Ihr Unternehmen und für alle Menschen, die von Ihren Entscheidungen betroffen sind.”
Über die Aufgaben der Führung
„Führungspersönlichkeiten, die Vertrauen erwecken, müssen sorgfältig darauf achten, dass sie auch das richtige Vertrauen wachrufen. Sie sollten ehrlich sein und keinen blinden Glauben verlangen. Weise Führungspersönlichkeiten untersuchen Ursache und Konsequenzen eines bestimmten Ziels oder Ereignisses und erforschen, ob es richtig, angemessen, wahr oder falsch ist. Vertrauen allein führt leicht zu Täuschungen und Fehlurteilen und ist oft durch Emotionen beeinflussbar.”
Zur Selbsterkenntnis von Managern
„Führungspersönlichkeiten wissen um ihre Stärken, Talente, Fähigkeiten, Tugenden und um ihre Kenntnisse, und sie sind in der Lage, sich selbst zu korrigieren und zu verbessern. Sie wissen auch, wie begrenzt ihr Wissen über die Abläufe des Unternehmens ist und wie sich die Handlungen des Unternehmens auf die zahlreichen Stakeholder auswirken. Sie müssen bereit sein, viel zu lernen.”
Soweit also über dieses neue Buch des Dalei Lamas.
Zurück zum friedlichen und pazifistischen Dalai Lama. Dazu schreibt Colin Goldner:
„Schon bald nach dem Einmarsch der chinesischen Volksbefreiungs-armee (1949) in Tibet nahmen die beiden älteren Brüder des Dalai Lama Kontakt zur CIA auf. Mit finanzieller und personeller Hilfe des US-Geheimdienstes wurde ab Ende der 1950er eine mehrere tausend Mann umfassende Untergrundarmee aufgestellt, deren Aufgabe in gezielten Kommandoattacken lag.
Die Untergrundkämpfer, bekannt als Chusi Gangdruk, übten beispiellosen Terror nicht nur gegen die chinesische Zivilbevölkerung aus, mit gue-rillataktischen ‘Hit-and-run’-Aktionen brachten sie auch der VBA erhebliche Verluste bei. Im Herbst 1958 griffen sie eine VBA-Garnison nahe Lhasa an: Sie töteten mehr als 3.000 chinesische Soldaten und gelangten in den Besitz großer Mengen an Waf-fen und sonstigem Kriegsmaterial.
In der Folge wuchs die Untergrundarmee innerhalb weniger Wochen auf mehr als 12.000 Kämpfer an.
Kopf der Guerilla war Gyalo Thöndup, einer der Brüder des Dalai Lama. Bis Anfang der 1970er wurde die Chusi Gangdruk mit vom CIA jährlich 1,7 Millionen US-Dollar aus einem eigens aufgelegten Sonderprogramm zur Finanzierung antichinesischer Operationen gefördert.
Der Dalai Lama erhielt aus dem gleichen Fonds 186.000 US-Dollar pro Jahr zu persönlicher Verfügung.
Nachdem er den Erhalt dieser Gelder und die Verbindung zur CIA jahrzehntelang abgestritten hatte, musste er Ende der 1990er zugeben, gelogen zu haben.
Auch wenn das Nobelkomitee vielleicht nichts von seiner Unterstützung des Untergrundterrors in Tibet ge-wusst haben mag, stellt sich doch die Frage, für welches Verdienst ausgerechnet er mit dem Friedensnobelpreis 1989 ausgezeichnet wurde. Der Dalai Lama ist alles andere als ein ‘Mann des Friedens’, er schließt den Einsatz von Gewalt keineswegs aus.”
Von Colin Goldner erschien Ende Mai 2008 eine aktualisierte Neuauflage des Buchs „Dalai Lama. Fall eines Gottkönigs“ (Alibri Verlag)
 
Die Ereignisse 2008
„Der Vorgang ist dieser: Angeführt von Mönchen einer buddhistischer Sekte verwüstet ein Mob die Straßen, zündet Busse und Geschäfte an und lässt darin tätige Kaufleute verbrennen, bis es der Polizei gelingt, dem Treiben ein Ende zu setzen. Das ‘Hamburger Abendblatt’, die Heimatzeitung aus dem Springer-Verlag, fasst das Geschehen in die balkendicke Schlagzeile: ‘China schießt auf Mönche’.”
So leitet Gremlitza unter der Überschrift „Der Tibet-Wahn” seine Kolumne in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift KONKRET ein.
Was von uns noch hinzugefügt werden muss: in Chinas autonomer Provinz Tibet sowie in Nachbarprovinzen versuchten Jugendliche den gewaltsamen Aufstand und sie terrorisierten und verbrannten Menschen, die nicht von der Rasse her Tibeter waren. Es waren auch Opfer anderer Nationalitäten darunter, die seit Alters her in diesem Territorium Leben. Die Täter wurden von überwiegend tibetischen Polizisten verprügelt bzw. verhaftet und von tibetischen Richtern verurteilt, denn über 70% der staatlichen Bediensteten in diesen Provinzen sind tibetischer Nationalität, schreibt die Zeitschrift Avanti und merkt an, dass dies wohl von der „Free-Tibet-Bewegung” deshalb verschwiegen werde, weil man diese einflussreiche tibetischen Mittelschicht noch brauche, sofern ihr das Ziel der Abtrennung aus dem Staatsgebiet von China gelingen sollte. Letzteres ist, so meine ich, wohl kaum anzunehmen.
Es war dies kein spontaner unkoor-dinierter Aufstand, denn alle wussten, dass es galt, den Fackellauf der Olympischen Spiele und die Aufmerksamkeit der weltweiten Medien zu nutzen, um in einer sie unterstützenden rechts-lastigen Presse China als Gewaltstaat in Erinnerung zu rufen. Den Auslöser zu dem Aufstand hat wahrscheinlich die Rede des Dalai Lama gegeben, in der er behauptete, China begehe „kulturellen Suizit” an den Tibetern.
Dass aber relativ viele Menschen in Lhasa und in anderen Provinzen dazu bewegt werden konnten, an diesem Aufstand teilzunehmen, deutet auf soziale Probleme hin, die überall im neoliberalen China aufgrund von Marktgesetzen und Korruption zunehmend offenbar werden.
Gefälschte Bilder und die Fälschung der Geschichte gehören zu den Mitteln der Möchsclique in Nordindien, der „exiltibetischen Regierung“.
Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt meint in seinem Zeit-Kommentar zu den Ereignissen:
„Weil China den Tibetern ‘die Menschenrechte verweigert’, erlebt die westliche Welt seit acht Wochen eine Welle antichinesischer Proteste und Propaganda – vom Internet und von CNN bis zum olympischen Fackellauf und bis in einige Staatskanzleien Westeuropas. Dabei mischen sich idealistische Motive mit Antikommunismus und mit Angst vor dem aufstrebenden Konkurrenten China.
Weil der jede Gewalt verurteilende Dalai Lama Sympathien auf sich zieht, übersieht man im Westen gern, dass die jüngsten Demonstrationen in Tibet, die alsbald in Gewalttaten übergegangen sind, von lamaistischen Mönchen und Klöstern ausgegangen waren. Man weiß erst recht nichts von der langen Vorgeschichte.
Tatsächlich haben weder die 1.300 Millionen (1,3 Milliarden) Einwohner Chinas noch die drei Millionen Einwohner Tibets jemals in Geschichte und Gegenwart jene Menschenrechte und jene Demokratie gekannt, welche die westlichen Kulturen seit gut zweihundertfünfzig Jahren schrittweise entfaltet haben – wir Deutschen notabene erst seit ganzen sechzig Jahren. Die chinesische Geschichte hat über Jahrtausende nur absolute Monarchie und Obrigkeitsgehorsam gekannt; und die 1949 von Mao Tse-tung errichtete kommunistische Volksrepublik hat jedenfalls keinen Wechsel der diktatorischen Regierungsform bedeutet.
Ebenso ist das kleine Bergvolk der Tibeter immer schon autokratisch regiert worden, allerdings nicht von einem Fürsten oder vom Adel, sondern von Priestern und Oberpriestern. Der Dalai Lama war als Oberpriester einer lamaistischen Sekte zugleich das weltliche Oberhaupt aller Tibeter; der Pantschen Lama als Oberpriester einer anderen Sekte hatte jedoch einen höheren klerikalen Rang. Noch am Ende des Zweiten Weltkriegs war Tibet eine Theokratie – ähnlich wie ehedem der Kirchenstaat oder wie heutzutage Iran.
Bereits im 13. Jahrhundert hat der Mongole Kublai Khan als Kaiser von China zugleich die politische Oberherrschaft über Tibet ausgeübt. Es hat im Laufe von Jahrhunderten sowohl Konflikte als auch vertragliche Lösungen zwischen den unter chinesischer Souveränität stehenden Oberpriestern und den chinesischen Kaisern gegeben – so auch unter den Mandschu-Kaisern (bis 1911) – und später abermals unter Mao. Zwischendurch haben auch schon mal – von Indien aus – die Engländer sich eingemischt und den damaligen Dalai Lama nach Peking vertrieben. 1959 gab es in Tibet einen blutigen Aufstand gegen Peking; damals ging der noch jugendliche Dalai Lama ins indische Exil. Heute geht die intellektuelle und religiöse Führung von Tibetern aus, die nicht in Tibet leben.
Die Kommunisten haben den lamaistischen Klöstern Teile ihren großen Landbesitz genommen und die Leibeigenschaft der Bauern beendet. Aber sie haben den Menschen in Tibet genauso wenig individuelle Rechte gegeben wie den Menschen überall in China. Mao hatte gegenüber der tibetischen Kultur und Tradition genauso wenig Respekt wie gegenüber der eigenen Han-chinesischen Kultur und Tradition. Dafür haben die Kommunisten in den letzten Jahrzehnten moderne Technologie und Infrastruktur nach Tibet gebracht, sie haben Straßen, Flugplätze und sogar eine Eisenbahn nach Lhasa (3.600 Meter hoch) gebaut; und die Mönche sind heute per Handy und Internet mit der Außenwelt verbunden.
Seit den von Deng Xiaoping begonnenen großen Reformen geht es den Tibetern materiell besser als je zuvor. Vor zwanzig Jahren ist Lhasa noch eine kleine schläfrige Stadt mit einem gewaltigen Palast gewesen, der das Stadtbild dominierte. Der Palast steht immer noch; aber Lhasa ist inzwischen zur Großstadt geworden, mit vielerlei Gewerbebetrieben, mit beginnender Industrie, mit umfangreichem Tourismus.
Seit Jahrzehnten lebt der Dalai Lama im indischen Exil – und begibt sich oft auf Weltreisen. In dieser Woche besucht er erneut Deutschland. Seine Regierung ist machtlos. Zugleich hat in Tibet seine politische Autorität abgenommen; die Klöster und die Mönche der verschiedenen lamaistischen Sekten verehren ihn, aber sie gehorchen ihm nur noch mit großen Einschränkungen.
Die Zerstörungen und Plünderungen Mitte März dieses Jahres in Lhasa geschahen gegen seinen Willen und trotz seiner Mahnung zur Gewaltlosigkeit. Dabei haben soziale, arbeits-markt- und lohnpolitische Beschwerden eine große Rolle gespielt.
Die Mönche kämpfen nicht für Menschenrechte, sondern vielmehr für die Interessen ihrer Klöster – und für den tibetischen Nationalismus.
Einige von ihnen wie auch viele im Ausland lebende Tibeter haben die bevorstehenden Olympischen Spiele in Peking als willkommene Gelegenheit erkannt, die Aufmerksamkeit der Welt für ihre Interessen einzuspannen. Jedoch gleich, ob die Spiele friedlich oder weniger friedlich verlaufen, ob das Ansehen Chinas gemehrt oder beschädigt wird, jedenfalls wird der Wiederaufstieg der Weltmacht China weitergehen.”
 
Die Mönchsdiktatur
Bei Wikipedia lese ich: „Kritik am 14. Dalai Lama wird von einer buddhistischen Minderheit, bisweilen auch mit Demonstrationen, geübt. Diese Buddhisten führen die Verehrung des Gottes Dorje Shugden fort, welche der 14. Dalai Lama, der in Dorje Shugden einen bösen Geist sieht, abgebrochen hat. Daneben wird aber auch politische Kritik geübt, weil der 14. Dalai Lama wie auch seine Vorgänger einem feudalistischen System vorstand.
Noch in der Zeit bis vor seiner Flucht nach Indien gehörte den lamaistischen Mönchen zusammen mit einer kleinen Adelsschicht aller Grund und Boden; es gab Leibeigene und Sklaven, die von einer Mönchspolizei überwacht wurden sowie drakonische Strafen wie das Abschneiden von Gliedmaßen, Nasen und Ohren oder das Augen ausstechen. Auch wird kritisiert, dass Tenzin Gyatso die Zustände im alten Tibet heute noch idealisiert darstellt. Ferner trifft das Befragen von Staats-Orakeln vor wichtigen Entscheidungen häufig auf Kritik.”
Im Norden Indiens, so erfahren wir in der taz vom 19.05.08, geht es unter den Exil-Tibetern keineswegs irgendwie demokratisch zu.
„Einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde der Shugden-Kult durch einen Ritualmord am Exil-Regierungssitz des Dalai Lama im nordindischen Dharamsala: Drei Mönche aus dem innersten Zirkel um ‘Seine Heiligkeit’, darunter ein 70-jähriger Abt, waren in der Nacht des 4. Februar 1997 auf grausige Weise abgeschlachtet worden. Man hatte sie mit zahllosen Messerstichen niederstreckt und ihnen anschließend die Haut abgezogen. Weitere hochrangige Mönche, auch der Dalai Lama selbst, erhielten entsprechende Drohungen.
Die Attentäter, so die für Buddhismus- und Dalai-Lama-Fans in aller Welt schockierende Erkenntnis, kamen aus den Reihen der Exiltibeter selbst: aus den Reihen der Anhänger eines tibetischen Schutzpatrons, den der Dalai Lama ein gutes halbes Jahr zuvor mit Bann belegt hatte. ...
Der seit 1996 offiziell gebannte Schutzgott, eine Art Dämon namens Dorje Shugden (tibet.: Phallusbrüller), wird ikonografisch dargestellt als säbelschwingender Krieger, der mit wildverzerrter Fratze auf einem Schneelöwen durch einen See kochenden Blutes reitet; er gilt als unerbittlicher Kämpfer gegen die ‘Verfälscher der buddhistischen Lehre’. Einer der zahllosen Legenden zufolge sei er der Geist eines Rivalen des 5. Dalai Lama (1617-1682), der von diesem ermordet und anschließend zum jenseitigen Beschützer dessen ‘wahrer Lehre’ erklärt worden war.
Die Verehrung Dorje Shugdens - der ‘Phallusbrüller’ meldet sich über eigene ‘Trancemedien’ zu Wort - steht seither für orthodoxen Gelbmützen-Fundamentalismus, auch der gegenwärtige 14. Dalai Lama wurde zu einem gläubigen Shugden-Anhänger erzogen.
Selbstverständlich ging und geht es bei dem ‘Glaubenskrieg’ weniger um religiöse Fragen als vielmehr um handfeste Machtinteressen - und um Geld: In England hatte der hochrangige Gelbmützen-Lama Kelsang Gyatso die sogenannte New Kadampa Tradition gegründet, die quer durch Europa orthodoxen Shugden-Buddhismus vermarktet.
In zahllosen Zentren betreibt er blühenden Ablasshandel: Spenden für New Kadampa, so Kelsang, führten unmittelbar ins Nirvana. Auch in Indien hatten sich die Shugden-Anhänger - rund zwanzig Prozent der Exil-tibeter verehren die blutrünstig-dämonische Gottheit - organisiert: 1996 war in Delhi eine eigene Dorje Shug-den Society gegründet worden, in deren Kreisen auch die Drahtzieher der Mordanschläge in Dharamsala vermutet wurden. Trotz zahlreicher Verhaftungen und wochenlanger Verhöre kam indes nie richtig Licht in die Sache.
Der Dalai Lama äußerte sich nicht öffentlich zu den Morden an seinen Mitarbeitern. Ungeachtet seines beschädigten Ansehens ging er weiter auf Konfrontation: Sämtliche Shug-den-Literatur sei zu verbrennen, jedweder Kontakt zu Shugden-Anhängern zu meiden; diese sollten künftig keine Reisedokumente der Exilregierung mehr erhalten und von sämtlichen Sozialleistungen ausgeschlossen werden; ihren Kindern solle der Zugang zu Schulen verwehrt werden. Er bezeichnete den Shugden-Kult als ‘Eiterbeule’, die dringlichst entfernt werden müsse.
In großformatigen Zeitungsanzeigen wurde zu aktivem Mobbing von Shugden-Anhängern aufgefordert. Ein Shugden-Treffen im südindi-schen Mundgod wurde gewaltsam gesprengt: Mehr als 2.000 Dalai-Lama-treue Mönche überfielen die Shugden-Gemeinde und prügelten mit größter Brutalität auf die Gläubigen ein, bis die indische Polizei dem Spuk ein Ende bereitete. Es steht derlei offene Gewalt durchaus in Einklang mit der Lehre des tibetischen Buddhismus: Im Kalachakra-Tantra etwa, dem bevorzugten Ritualtext des Dalai Lama, wird ausdrücklich zur Vernichtung der Feinde aufgerufen. ...” Soweit der Text aus der taz.
Aus meiner Sicht sind das Machtkämpfe in einem feudalen Kirchenstaat, wie wir ihn im Mittelalter in Mitteleuropa hatten.
Der Dalai Lama ist, genau gesehen, der Chef der tibetisch-buddhistischen Sekte der Gelbmützen. Er könnte in China als Chef der Gelbmützen leben, die es nicht nur in Tibet gibt, wenn er nicht auch noch der Chef der tibetischen Exilregierung in Indien wäre. Einige politischen Flügel aus diesen Kreisen wollen ein Viertel von China in einen unabhängigen Staat Tibet überführen, andere wollen Tibet in eine ‘wahre kulturelle Autonomie’ überführen, was immer das nun sein soll.
Er ist nicht der geistliche Führer „der“ Tibeter, da es in Tibet vier miteinander rivalisierende buddhistische Richtungen gibt sowie natürlich auch religionsfreie Tibeter.
Er ist nicht mehr der weltliche Führer der Tibeter, sondern seit seiner Flucht nach dem gescheiterten Aufstand Chef seiner „Exilregierung“. Aber er versucht durch medienwirk-same Auftritte alle Buddhisten in der Welt zu Parteigängern seines politischen Anspruches zu machen sowie über die überzogene Darstellung der Unterdrückung der Tibeter viele Menschen weltweit buddhistisch zu missionieren.
Wer ihn in Medien weiterhin zum geistlichen Führer aller Tibeter erklärt, ignoriert die Religionsfreiheit der Tibeter. Wer ihn zum weltlichen Führer der Tibeter erklärt, will politisch die Zerstückelung Chinas.
 
Das Tibet „unserer” Medien
Die meisten westlichen Medien beziehen aus naheliegenden Gründen ihre „Informationen” nahezu ausschließlich von der „tibetischen Exil-Regierung“. Und dort werden sehr viele Nachrichten „inszeniert”, Bilder gefälscht usw. Dies ist unterdessen bekannt und auch international bestätigt worden.
Das neueste Beispiel dieses verzerrten Bildes ist ein Film über die Zustände in Chinas autonomen Provinz Tibet, gesendet am 02.06. im ZDF, ein subjektiver Bericht eines Exiltibetres. Hier berichteten im wesentlichen solche Menschen über ihre Haftbedingungen, die aufgrund ihrer separatistischer politischer Handlungen straffällig geworden waren. Stellt das die Wahrheit über die tibetische Bevölkerung dar? Es stellt bestenfalls die Wahrheit darüber dar, wie China generell mit politischen Gefangenen umgeht.
Die Regierung der Exiltibeter will übrigens nicht nur Tibet, sondern gleich noch eine angrenzende Region mit dazu. Das macht sie, indem sie die Aubreitung des lamaitischen Buddhismus mit ihrem gewünschten Staatsgebiet verwechselt.
Was wissen die westlichen Anhänger Tibets denn wirklich über das heutige Tibet?
„Eine Ahnung, worum es dem Gottkönig tatsächlich geht, hat kaum jemand in seiner hiesigen Fangemeinde. Man will es auch gar nicht wissen. Man interessiert sich nicht wirklich für Tibet, nicht für die Geschichte des Landes, nicht für politische Fragen und Probleme; noch nicht einmal wirklich für den tibetischen Buddhismus. “Little Buddha“, “Kundun“, eine Horde fußballspielender Mönchsbuben: mehr als ein paar mystizistisch angehauchte Platitüden und romantisierende Klischees will man gar nicht haben. Ein “Free-Tibet“-Aufkleber auf dem Kofferraumdeckel, und schon ist man zum Gutmenschen mutiert.
Konsequent wird alles unterdrückt, was das Bild des Dalai Lama ankratzen, liebgewonnene Projektionen zum Platzen bringen könnte. Um so frenetischer der Applaus, je platter dessen Phrasen, je durchsichtiger seine Selbstdarstellung als Friedensfürst, als heroischer Vorkämpfer für Menschenrechte und demokratische Prinzipien. Selbst der größte Unsinn bleibt unwidersprochen” schreibt Colin Goldner.
Es fällt ja schon auf, dass sich einerseits recht naive „Linke” sowie eben auch ganz populistisch die Grünen für Free-Tibet einsetzen. Aber gerade konservative bis rechte Politiker-Innen machen für ein „Free Tibet” stark, zum Beispiel der hessische Ministerpräsident Koch mit seinem rassistischen Wahlkampf. Auch besonders die NPD lobt die „völkische Politik” des Dalai Lamas gegen „Überfremdung”. Dies alles scheint kein reiner Zufall zu sein, denn da gibt es eine Vorgeschichte:
„1939 erreichte eine von Himmler persönlich protegierte Expedition Lhasa. Zu den Unterredungen, die die Angehörigen dieser Expedition, geleitet von dem Biologen und Ahnenerbeforscher Ernst Schäfer, mit den Regenten des Dalai Lama führten - dieser selbst war zwar schon im Amt, allerdings als kleiner Junge und ohne reale Machtbefugnis - , verweigert der Gottkönig bis heute jegliche Auskunft. Nachgewiesen sind die regen Kontakte, die er nach seiner Exil-ierung mit den Überlebenden jener SS-Delegation pflegte, etwa mit dem seinerzeitigen Hauptsturmführer Bruno Beger, der 1971 als NS-Kriegsverbrecher (“Rassenspezialist von Auschwitz“) verurteilt wurde, aber nur eine kurze Haftstrafe abzusitzen hatte. Bis in die 90er Jahre hinein traf man einander mehrfach zu herzlichen Gesprächen.
Auf die Frage, in einem Interview von 1997, ob er von der Verstrickung seines Freundes Heinrich Harrer in das Naziregime gewußt habe - Harrer war als SA-Mann (seit 1933!) und späterer SS-Oberscharführer überzeugter Nazi gewesen - , gab der Dalai Lama tiefen Einblick in seine Art von Geschichtsverständnis: ‘Natürlich wusste ich, daß Harrer deutscher Abstammung war - und zwar zu einer Zeit, als die Deutschen wegen des Zweiten Weltkrieges weltweit als Buhmänner dastanden. Aber wir Tibeter haben traditionsgemäß schon immer für Underdogs Partei ergriffen und meinten deshalb, dass die Deutschen gegen Ende der vierziger Jahre von den Alliierten genügend gedemütigt worden waren.’
Geleugnet werden auch die Begegnungen mit Miguel Serrano, dem langjährigen Vorsitzenden der ‘Nationalsozialistischen Partei’ Chiles. Serrano, ehedem Botschafter Chiles in Österreich, gilt als Vordenker des ‘Esoterischen Hitlerismus’; in seinen Publikationen halluziniert er, der ‘Führer’ sei nach wie vor am Leben und plane, von einer unterirdischen Basis in der Antarktis aus mittels einer riesigen Ufo-Flotte das ‘Dritte Reich’ zu vollenden.
Auch auf Serranos Œuvre hat tibetisch-buddhistischer Obskurantismus enormen Einfluß ausgeübt.
Von alledem am wenigsten Ahnung haben wollte die Münchner SPD, die sich vor Begeisterung fast überschlug, als es ihr unlängst gelang, den tibetischen Gottkönig zusammen mit Otto Schily auf ein Podium zu setzen. Weltweit ließ sie das Gespräch der beiden via Internet übertragen. Was denn Bewusstsein sei, las Schily seine Stichworte vom Blatt, wie es entstehe und ob es welches geben könne ohne Gehirn.
Endlose Schwadronaden, Gekichere, Faxen ins Publikum. Fragen nach den undemokratischen Strukturen und autokratischen Herrschaftsmustern in der exiltibetischen Kommune, nach der Unterdrückung religiöser Minderheiten, der Unterschlagung von Spendengeldern, der bewussten Fälschung tibetischer Geschichte, nach der vorsätzlichen Verschärfung der Konflikte mit Peking kamen ebensowenig vor wie Fragen nach dem Mißbrauch von Kindern bei der Rekrutierung monastischen Nachwuchses, der sexuellen Ausbeutung von Mädchen und Frauen, der Repression gegen Homosexuelle, der Rechtfertigung von Todesstrafe und Euthanasie.
Wer solche Fragen stelle, so Otto Schily, habe ‘Hass im Denken’, mit solchen Leuten gebe er sich grundsätzlich nicht ab.” Soweit Colin Goldner
Von Colin Goldner erschien auch Ende Mai 2008 eine aktualisierte Neuauflage des Buchs “Dalai Lama. Fall eines Gottkönigs“ (Alibri Verlag)
 
Unsere Lehre daraus
Wir treten für eine strikte Trennung zwischen den jeweiligen Religionen einerseits und den Staaten bzw. Regierungen andererseits ein. Dies garantiert natürlich nicht die individuelle Freiheit eines Menschen, sich in Fragen seiner Religion oder Religionsfreiheit oder seiner individuellen Lebensgestaltung selber entscheiden zu können. Es können z.B. auch diverse Ideologien auf religionsähnliche Art staatlich genutzt werden und der Staat selber kann die individuellen Rechte beschneiden.
Aber unter der ideologischen Führung von einer oder mehreren Religionen ist eine individuelle Lebensgestaltung, wie auch wir Leben und Schwule sie brauchen, schon gar nicht denkbar.
Mögen die Repräsentanten der unterschiedlichen Religionen noch so weltoffen und sympathisch auftreten, wer ihnen folgen mag, soll es ruhig tun, dies ist eine private Entscheidung. Niemand deren Anhänger kann uns jedoch garantieren, dass sein Nachfolger im Amt nicht plötzlich wieder sehr intolerant und dogmatisch auftritt, wenn es passt.
Und außerdem, man müsste schon sehr hierarchisch statt demokratisch denken, um annehmen zu können, dass immer weiter oben immer größere Macht über uns existiert, bis hin zu einem Überwesen, das sich nicht zeigt aber das angeblich Gehorsam verlangt, wie es eben die Religionsführer verbreiten.
Der Staat aber hat für die individuelle Entscheidungsfreiheit aller Einwohner zu sogen, auch für die der Minderheiten, und das macht es notwendig, dass der Griff nach der Staatsmacht, der wohl von allen Religionen angestrebt wird, immer wieder abgewehrt wird.
Was die konkrete Situation in China betrifft: Wir sollten uns an die Verbesserungen für lesbisches und schwules Leben in China halten und uns nicht von obskuren religiös-konservativen Kräften mit ihren kapitalkräftigen Hinterleuten aus den USA an der Nase in die Irre führen lassen. Und mit ihnen fischen die konservativen Kräfte auch in unserem Land im Trüben, indem sie sich dadurch Gewinn versprechen.
Übrigens, mit dem „Kommunistischen Manifest“ von Karl Marx hat die in China regierende „Kommunistische Partei“ nichts zu tun.
Sie ist nunmehr Teil der neoliberalen Globalisierung, jedoch im Sinne der Interessen der aufstrebenden chinesischen Marktwirtschaft. (js)

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