- 94. Print-Ausgabe, Frühling 08
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- Kriegsdienst verweigern - Pazifismus aktuell
- Libertäre und humanistische Positionen
von Wolfram Beyer (Hrsg.), erschienen im Oppo-Verlag 160 Seiten
zu 16 Euro, ISBN 978-3-926880-16-1
Der Humanismus formuliert Positionen in freidenkerischer
Form, die den Menschen als Natur- und Sozialwesen in den Mittelpunkt
stellen. Die Würde des Menschen ist Ausgangs- und Endpunkt
des Denkens und Handelns, sowie dessen Einmaligkeit und Individualität.
Im Pazifismus ist der Leitgedanke die Ablehnung von Krieg und
Gewalt und die Suche nach gewaltlosen Lösungen von zwischenstaatlichen
Konflikten sowie die Überwindung von kriegerischen Ursachen
in der Gesellschaft.

Kriegsdienste verweigern - Pazifismus aktuell will zum Handeln
gegen Kriegsursachen ermutigen. In der Kritik stehen Staat und
Militär, die christlichen Kirchen und andere religiöse
Formen. Die vorliegende Textsammlung präsentiert unterschiedliche
libertäre und humanistische Friedens-Perspektiven.
Das schreibt der Verlag über das uns vorliegende Buch.
Diese Beiträge sind durchweg lesenswert. Die einzelnen Beiträge
stellen allerdings unterschiedliche Auffassungen im Pazifismus
dar.
Im Vorwort zum Beispiel schreibt Dr. Bruno Osuch: Die christlichen
Kirchen und die mit ihnen verbündeten und Strömungen
vertreten noch allzu oft die selbstherrliche Position, dass die
zentralen Werte in unserer Gesellschaft im Wesentlichen aus den
Religionen bzw. dem Christentum stammen. Und diese gelten eben
auch und gerade für die Werte des Friedens und des Pazifismus.
Das aber ist nicht nur arrogant, es ist geradezu eine Verkehrung
der historischen Wahrheit. (S. 6)
Der Herausgeber des Buches, Wolfram Beyer, meint, dass bei der
Erklärung der Menschenrechte völlig neu war, dass der
Mensch als solcher, und weder die Gebote Gottes noch die des
Naturrechts, noch die Gebräuche und Sitten der durch Traditionen
geheiligten Vergangenheit der Maßstab war, was recht
und unrecht sei. (S. 11) Aber Menschenrechte wurden auch
zur Legitimation von Gewalt missbraucht. Erinnert sei an den
NATO-Angriffskrieg 1999 - mit deutscher militärischer Beteiligung
- gegen Jugoslawien geführt. (...) Gegen die Gewalt
fordert eben auch, die Menschenrechte aus der staatlichen Bindung
zu befreien. (S. 12.) Die Verknüpfung zwischen Religion,
Militär und Staat belegt er in zahllosen Beispielen.
Gernot Lennert, in seinem Text Kriegsdienstverweigerung
aus Gewissensgründen und Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung:
ein Widerspruch zeigt er eben diesen Widerspruch auf. Mit
dem Gewissensgrund kommt die Gewissenprüfung einher und
so haben sich die Kirchen ihren Machterhalt abgesichert. Mit
den Gewissensgründen findet eine Diskriminierung nichtreligiöser
Verweigerer und ihre Psychopathologisierung statt. Genau diese
Gewissensgründe, die ein Ausnahmerecht beschreiben, stehen
aber im Widerspruch zum Pazifismus. Die Alternative sei Gewissensfreiheit
oder Recht auf Leben und Freiheit.
Mark Lindley beschreibt Humanistisches Denken bei Mahatma
Gandhi und stellt bei dieser Gelegenheit auch recht Widersprüchliches
im Hinduismus und im Buddhismus dar.
Es geht weiter mit René Burget: Ohne Gott und Staat -
kritische Betrachtungen über Pazifismus und Humanismus in
Frankreich; Heike Fischer: Gegen den Krieg. Persönliche
Erfahrungen gegen religiöses und militärisches Denken;
Harry Hoffmann: Wenn ich von Krieg rede, dann weiß
ich wovon ich rede. (Ein Interview); Uwe Timm: Den
Regierungen das Geld entziehen - gegen Krieg und Militär.
Ein Interview; Helga Weber und Wolfgang Zucht: Gewaltfreiheit
und Humanismus, ein Interview.
Den Abschluss bildet der bekannten Text von Wolfgang Borchert:
Dann gibts nur eins! Als faszinierter Leser schält sich
für mich der gedankliche Leitfaden heraus, dass Pazifismus,
der von oben (Gott, Gewissen ect.), kommt, gerade wegen dieses
undemokratischen Makels verletzlicher ist. (js)
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