94. Print-Ausgabe, Frühling 08
 
Neue konservative Töne in der Frauenbewegung und in der Frauenpolitik
Die Frauenbewegung der späten 60er Jahre arbeitete gegen die Frauenrolle in der Gesellschaft, die mit der „natürlichen Weiblichkeit“ begründet wurde. Was ist aus diesen Ansätzen geworden? Welche Richtung nimmt die derzeitige Frauenpolitik?
 
Was ist eigentlich die „Frauenbewegung" und vor allem, wo ist sie noch zu finden?
Ich will hier mal versuchen, aus Anlass des Weltfrauentages 2008, den politischen Richtungen, die es angeblich gibt, auf den Grund zu gehen.

In der Frauenbewegung der 68er Revolte und der Nach68er, so wird das rückblickend gesehen, dominierte die Egalitätstheorie, die eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen einforderte, denn das war ja vorher nicht gegeben.

Frauen durften z.B. kein eigenes Konto führen (ohne Erlaubnis des Ehemannes) durften nur einen Beruf ausüben, wenn der Ehemann zustimmte, denn die Frauenpflichten (Haushalt, Kinder) usw. gingen vor. Das war gesetzlich so festgehalten. Frauen durften nur „Frauenberufe“ machen usw. Es sind in der 80er Jahren dann viele Gleichstellungsgesetze entstanden, oft ging es auch über Verfassungsklagen, denn im Grundgesetzt ist ja im Artikel 3 geboten, dass Männer und Frauen gleiche Rechte haben, was in der realen Gesetzeslage noch nicht überall so war und was in der gelebten Lebenspraxis auch heute noch nicht überall so ist. Die Zeitschrift emma war hier das publizistische Instrument mittels einiger Kampagnen bezüglich gleichen Lohns für gleiche Arbeit usw. Männer und Frauen wurden als gleich (außer dem kleinen Unterschied) angesehen, was auch eine Gleichbehandlung nötig macht.

In den 80er Jahren tauchte in der Frauenbewegung zunehmend die sogenannte Differenztheorie auf. Die Geschlechter seien in Wirklichkeit sehr unterschiedlich, und das vorrangig in biologischer, daher auch in psychologischer und daraus folgend auch in sozialer Hinsicht. Die Forderungen wurden darauf abgestellt, Frauen anders (bevorzugt) zu behandeln als Männer. Zum Beispiel wurde erwartet, dass durch Gesetze (Quotenreglung) Männer daran gehindert werden sollten, alleine Führungspositionen zu besetzen. Bei gleichen Voraussetzungen, so wurde Argumentiert, seien Frauen immer noch benachteiligt und daher bevorzugt zu behandeln. Dies führte jedoch nicht nennenswert dazu, dass Frauen in Führungspositionen kamen, da einfach nicht genügend infragekommende Frauen in den Gremien vorhanden waren. Dies wurde wiederum als Bestätigung der Differenz angesehen, statt die immer noch vorherrschende Geschlechtsrolle zu hinterfragen.

So wurde z.B. die eben erst errungene Co-Edukation (Jungen und Mädchen in der gleichen Klasse und mit gleichem Lehrstoff) in Teilen der Frauenbewegung und auch in der emma wieder in Frage gestellt, da dies nicht Mädchengerecht sei.
Genua diese Differenztheorie arbeitete den patriarchalisch denkenden SexistInnen in Kirche und CDU in die Hände und stellte Erreichtes wieder in Frage.

Ausgelöst von der neuen Gender-Forschung in den 90er Jahren, die im Grunde nichts anderes war als die Analyse der Geschlechtsrollen der 68er Bewegungen, verstärkt auch durch die „Queer-Theory“ (Homosexualitätsforschung und die Intersexualitätsforschung) tauchte nun ein neuer Denkansatz auf, der allgemein „Dekonstruktion“ genannt wurde und wird.

Das „Geschlecht“ wurde infrage gestellt und zunehmend als ein bipolares gesellschaftliches Konstrukt erkannt. Es wurde festgestellt, dass das lebende Subjekt, der Mensch also, unterschiedliche Identitäten jenseits des bipolaren Geschlechtermodells aufweist.

Die Theorie der Dekonstruktion ist von emma nicht aufgegriffen worden, stattdessen ist die Differenzialtheorie die tragende Ideologie der Zeitschrift emma, obwohl Schwarzer, als Spezialistin zum Weltfrauentag befragt, sich zur Egalitätstheorie bekannte, was in ihren Beiträgen jedoch nicht zu erkennen ist.

Während die ersten beiden Theorien (Egalitätstheorie und Differenzialtheorie) auch als spürbare Bewegungen eine Entsprechung hatten, die emma aufgreifen konnte, ist dies bei der Dekonstruktions-Theorie nicht der Fall und kann es auch nicht sein. Die intersexuellen und homosexuellen Menschen sind keine Bewegung der Dekonstruktion. Dazu weiter hinten mehr.

Die emma als selbsterklärtes Frauenkampfblatt beziehungsweise Kampfblatt für von emma definierten Frau-eninteressen ist schon aus diesem Grunde an der immer neuen Konstruktion „Frau“ interessiert, aus deren Benachteiligung sie ihre Existenzberechtigung ableitet. Und dass Freuen immer noch deshalb Benachteiligung erleben müssen, weil sie Frau sind, daran besteht kein Zweifel. Auch zahllose Frauenprojekte leben von der Parteinahme für diskriminierte, gedemütigte und gewalttätig behandelte Frauen. Aus diesem Ansatz ist kein Interesse an der Dekonstruktion der Geschlechter abzuleiten.

Nirgendwo in der Gesellschaft ist ein nennenswertes Verlangen zu erkennen, die Geschlechtsrollen selber infrage zu stellen.
Frauen und Männer haben sich zum Beispiel in Ehe und Familie eingerichtet, sich mit dieses Institutionen arrangiert und ziehen, jeder auf seine Weise, Nutzen aus den Rollen, die in der Familie vorzufinden sind. Und so zeigen sowohl Frauen wie auch Männer ihre oft recht bizarren Manifestationen „echter“ Weiblichkeit und Männlichkeit.

Zwar ist die gesellschaftliche Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit eine Tatsache, doch ist das im Leben derart verinnerlicht bipolar eingerichtet, so dass in der Regel gar kein Interesse darin besteht, die eigene Praxis zu hinterfragen. Und es ist nicht zu erkennen, weshalb eine breite Strömung auftauchen sollte, die die beiden Geschlechtsleitbilder anschaffen möchte.

Auch die Lesben- sowie die Schwulenszene ist an solchen Ergebnissen nicht nennenswert interessiert. Man/frau arrangiert sich in der bipolaren Welt und ist ja auch ein Produkt von ihr.

Warum die Transsexuellen und die Intersexuellen keine Dekonstruktion-Bewegung sind? Die Transsexuellen sind Frauen, die sich trotz weiblicher äußerer Geschlechtsmerkmale als Männer empfinden und Männer, die sich trotz männlicher äußerer Geschlechtsmerkmal als Frauen empfinden.

Deren Probleme werden heutzutage chirurgisch gelöst, was diese als Geschlechtsangleichung bezeichnen. Es ist klar, dass diese Sichtweise vom Akzeptieren des auch hier verinnerlichten bipolaren Geschlechtsrollen-modell ausgeht. Den Vertretern der These, dass der männliche und der weibliche Charakter genetisch verursacht sei, könnte dieses Beispiel zum Beleg der Absurdität ihrer Glaubenserklärung dienen. Die von klein auf erworbene Identität ist stärker und ausschlaggebender als der Körper.

Dass sich transsexuelle Menschen zu ihrer Rechtfertigung für ihre Sehnsüchte oftmals auch der Genetik bedienen, macht die Sache nicht besser.

Intersexuelle Menschen sind (noch) keine starke Gruppe, denn wenn sie unmittelbar nach ihrer Geburt chirurgisch zu eindeutigen Frauen gemacht werden (die nicht-eindeutigen Männer werden zu Frauen gemacht), fällt es ihnen später besonders schwer, herauszufinden, dass sie aufgrund ihrer Intersexualität (auch Hermaphrodismus genannt) mit dem erwarteten Geschlechtsrollenverhalten Schwierigkeiten haben, weil diese Schwierigkeiten ohnehin alle mehr oder weniger haben.

Nur wenige der früher operierten Kinder erfahren davon später, zum Beispiel dass ihnen Penis und Hoden entfernt worden sind, weil ja oft auch den Eltern dies nicht korrekt berichtet wurde. Nur diese Gruppe von Menschen könnte ein reales Interesse an der Dekonstruktion der Geschlechter ein deutliches Interesse haben.

Wenn das Thema der Dekonstruktion irgendwo angesprochen wird, trifft man auf ungläubiges Erstaunen.
Eine Diskussion über die dahinter liegenden Tatsachen wird auch durch die konservative Politik mit ihrer konservativen Deutungshoheit in den Medien eher erschwert. Hinzu kommt noch, besonders in den unteren sozialen Schichten, das immer schnellere Vordringen religiöser und religi-onsfundametalistischer sowie nationalistischer und rassistischer Ideologien.

Die Geschlechtsrollenauffassungen von MigrantInnenfamilien mit oftmals ganz archaischen Rollenbildern verstärken eher diesen Trend.
In meinem Unterricht in Einrichtungen, die mit einer Berufsschule vergleichbar sind, hatte ich es auch mit vielen MigratInnen zu tun.
Zum Weltfrauentag brachten viele der Russlanddeutschen Blumen mit, die sie an die Kolleginnen und Lehrerinnen verteilten. Dies hat unter den MigrantInnen türkischer und arabischer Herkunft Erstaunen und Ärger verursacht. Die Russlanddeutschen erklärten dann ihren MitschülerInnen die Tradition des Weltfrauentages, was die türkischstämmigen und arabischstämmigen Männer zum Grinsen über die russischen „Weicheier“ brachte.
 
Denn bei ihnen ist ja die Unterdrückung der Frau religiös gerechtfertigt und somit in Ordnung, Mann braucht sich dafür nicht zu entschuldigen. Bei den Russlanddeutschen entschuldigten sich die Männer mit diesem Blumenstrauß, was Ähnlichkeiten mit dem von den Nazis in Deutschland eingerichteten Muttertag hat.

Zurück zu den feministischen Theorien
Es bleibt, so sieht es wohl nun aus die Differenztheorie als eine dominante Vorstellung vom Wesen der Geschlechter, verstärkt durch die vorherrschende konservative Frauenpolitik.

Die beiden Namen „Egalitätstheorie“ und „Differenztheorie“ benennen im übrigen eine Spaltung in der feministischen Bewegung, die schon zu beginn der Frauenbewgung existierte. Freilich wurde dies anders bezeichnet. Man nannte es damals „die proletarische Frauenbewegung“ und „die bürgerliche Frauenbewegung“. Um dies zu verdeutlichen füge ich hier einen Auszug aus Artikel ein, der zum Weltfrauentag 2007 geschrieben wurde:
 
Der 8. März,
der internationale Tag der Frau, oft kurz „Weltfrauentag“ genannt, ist endlich in den Medien angekommen.
Der Weltfrauentag geht auf den 8.3.1908 zurück. Damals traten die Arbeiterinnen der Textilfabrik „Cotton“ in New York in Streik, um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu fordern. Die Fabrikbesitzer und Aufseher schlossen die Frauen in die Fabrik ein, um den Kontakt und die Solidarisierung mit anderen Belegschaften zu verhindern. Als plötzlich ein Feuer ausbrach, starben 129 Arbeiterinnen in den Flammen.

Initiiert durch Clara Zetkin (1857-1933) fand der erste Internationale Frauentag am 19. März 1911 statt. Millionen von Frauen in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA beteiligten sich. Die Wahl dieses Datums sollte den revolutionären Charakter des Frauentages unterstreichen.

Der 18. März war der Gedenktag für die Gefallenen in Berlin während der Revolution 1848.
Die zentralen Forderungen waren:

· Kampf gegen den Krieg
· Wahl- und Stimmrecht für Frauen
· Arbeitsschutzgesetze
· ausreichender Mutter- und Kinderschutz
· der Achtstundentag
· gleicher Lohn bei gleicher Arbeitsleistung
· Festsetzung von Mindestlöhnen

In den folgenden Jahren wurde der Internationale Frauentag jährlich zwischen Februar und April begangen.
Die Festlegung des Internationalen Frauentages auf den 8. März erfolgte 1921. Damit sollte auch an den Textilarbeiterinnen-Streik in Petersburg erinnert werden, der auf andere Sektoren übergriff und eine große Arbei-terinnendemonstration auslöste. Diese Kämpfe fanden anlässlich des Frauentages am 8. März 1917 statt - nach dem alten russischen Kalender am 23. Februar - und lösten den Beginn der „Februarrevolution“ aus.

Einen starken Rückschritt brachte in Deutschland die NS-Ideologie von der Rolle der Frau als Ehefrau und Mutter. Während des 3. Reichs war der Frauentag verboten und wurde durch den Muttertag ersetzt.

Nach dem 2. Weltkrieg fanden in der DDR bereits 1946 wieder Feiern zum Frauentag statt. In den sozialistischen Ländern wurde die gesellschaftliche Befreiung der Frau gefeiert und der Tag mit offiziellen Feiern für die Frauen organisiert. In der BRD wurde der Frauentag erst in den späten 60er Jahren von der neuen, autonomen Frauenbewegung wiederbelebt. Der 8. März wurde zu einer wichtigen Plattform der Frauenbewegung. Themen wie die Rechte von Ausländerinnen, die Diskriminierung von nichtheterosexuellen Lebensweisen und die bessere Sicherung der Frauenrechte im Rahmen der europäischen Annäherung werden
aufgegriffen.

Der Weltfrauentag hat also seinen Ursprung im Kampf von Arbeitnehmerinnen um Forderungen, die bei uns heutzutage oft „gewerkschaftliche Forderungen“ bezeichnet werden. Es ging nicht um den Kampf der Frau gegen den Mann, sondern um den Kampf der Arbeitnehmerin gegen die Unternehmerin bzw. den Unternehmer.

Man darf nicht vergessen, dass es außer der Frauenbewegung in der Arbeiterklasse noch eine sogenannte bürgerliche Frauenbewegung gibt und gab, die zum Teil ganz andere Forderungen aufstellte und die sich gelegentlich auch biolo-gistischer Argumente bediente. Darüber weiter unten im Text mehr. Und woher kommt der Brauch, Frauen am 8. März anlässlich des Frauentags mit einer roten Rose zu beschenken?
 
1986 feierte der Frauentag seinen 75. Geburtstag. Dieser Frauentag stand unter dem Motto:
 
Wir wollen Brot und Rosen
Brot steht für:
· Recht auf Arbeit
· Gerechte Entlohnung
· Gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen
· Menschgerechte Arbeitsbedingungen
· Berufliche Entfaltung und Fortentwicklung
· Eigenständige soziale Sicherung für die Frau
Rosen steht für:
· Die Möglichkeit mit Kindern zu leben und berufstätig zu sein
· Familiengerechte Arbeitszeiten
· Die Befriedigung kultureller Bedürfnisse
· Eine menschenwürdige Wohn- und Lebensumwelt
· Humane Politikformen
· Toleranz
· Frieden
 
Den Überschriften mutet etwas merkwürdig an, weil es in beiden um ganz selbstverständliche gewerkschaftliche und emanzipatorische Forderungen geht, und in beiden Bereichen um Forderungen, die sich daraus ergeben, dass es bezüglich der Menschenrechte noch Defizite für Frauen gibt und die Gleichstellung der Geschlechter noch nicht in allen Bereichen des Lebens erreicht wurden, beziehungsweise dass die Familienarbeit und die Betreuung der Kinder einseitig der Frau zugeordnet wird.

Außerdem, wird hier versucht, den Frauen „geschlechtstypisch“ den Blumenschmuck zuzuordnen?
Mit den „Muttertagsblumen für die Frau“, wird so die Verdrängung der Frau aus der Arbeitswelt zur Familienarbeiterin, die vom Geld des Mannes abhängig ist, überzuckert? Und sind die Kinder tatsächlich nur Frauensache und nicht Sache der gesamten Gesellschaft?
Es ist deutlich zu erkennen: nach dem Zusammenbruch der sogenannten sozialistischen Welt, wo der Weltfrauentag traditionell gefeiert wurde, sind nun zu den traditionellen Forderungen der Arbeitnehmerin auch in Ansätzen die der bürgerlichen Frauenbewegung hinzugekommen.
 
Frauen des gehobenen Mittelstandes und Frauen der Arbeitnehmerschaft
Von Anfang an gab es eine Frauenbewegung des notablen Bürgertums und eine Frauenbewegung der Arbeitnehmerschaft. Insofern gibt es gar nicht „den Feminismus“ sondern verschiedene Denkansätze beziehungsweise Ideologien.

Die Unterschiede liegen im unterschiedlichen Leben. Und die unterschiedlichen Ideologien, aus denen die Forderungen abgeleitet werden, entsprechen dem unterschiedlichen Leben.

Die Bürgersfrau, die vom Gehalt ihres Mannes abhängig ist/war, lebte und lebt in einem relativen Wohlstand, indem sie am Erwerbs-Arbeits-Erfolg ihres Mannes teilhat, der seinerseits Frau und Kinder zu ernähren hat.

Das verzerrte Leben des patriarchalischen Bürgertums machte die Familienarbeit zum einzigen Lebensrahmen der bürgerlichen Frau. Wenn die Familie wohlhabend war, beaufsichtigte sie die Mägde oder anderen Hausangestellten. Dieser Wohlstand hob sie weit über die Arbeiterin, und sie dachte auch gar nicht daran, die Privilegien dieser Stellung in Frage zu stellen. Und so gehörte es zum Hauptlebensziel einer höheren bürgerlichen Tochter, ein „gute Partie“ zu machen, also einen Sohn aus wohlhabenden Hause zu heiraten. Das Arbeitermädchen jedoch musste sich auf einen Frauenarbeitsplatz vorbereiten, der schlechter bezahlt wurde: zum Beispiel als Hausangestellte einer höheren Familie oder als Textilarbeiterin.

Es ist leicht zu erkennen, dass aus dieser unterschiedlichen Lebenslage heraus auch die der jeweils empfundene Mangel anders war. Auch die schlechtbezahlte Arbeiterin träumte von einem höherstehenden jungen Mann, der sie aus dieser misslichen Lage befreite und zu sich in ihr Himmelbett zog. So waren die Frauenromane aufgebaut und so sind sie noch heute. Was die eine Frau entbehrte, hatte die andere Frau ganz selbstverständlich.

Die bürgerliche Frau hatte ihren Standart durchaus gegenüber den Forderungen der Arbeiterin zu verteidigen, und die sexistische Ideologie von den grundsätzlichen We-sensunterschieden der Frau vom Mann schützte sie und ihre Privilegien, aber ordnete sie natürlich dem Manne unter. Den Schutz wollte sie nicht verlieren, die bürgerliche Frau, wenn sie ihren Unmut äußerte, dass sie kein Wahlrecht hatte, dass sie nicht selbständig ein Geschäft führen durfte, dass sie die Erlaubnis ihres Mannes brauchte, wenn sie einer Erwerbsarbeit nachgehen wollte, und der Ehemann hatte zu prüfen, ob der Haushalt trotz dieser Erwerbsarbeit so geführt wurde, wie es ihm behagte, und die Kinder entsprechend versorgt waren. So seltsam wie es klingt, die großbürgerliche Familie war von ihrer Struktur her die Familienform des Landadels, der Großgrundbesitzer mit seinen Knechten und Mägden, mit Frau, Kinder und Gesinde, nur dass sie in der Stadt ansässig war.

Zwar war die Industriearbeiterin in der Ehe von ihrem Mann abhängig, aber sie sah ja in den Fabriken und Betrieben, dass er auch nicht der Herr war, sondern ebenfalls, wie sie, lohnabhängig war. Und wenn er dann tatsächlich so viel verdiente, dass sie zuhause bleiben konnte, dann war sie auch dankbar dafür, denn die Arbeitswelt ist immer noch weit entwürdigender als die Familienarbeit. Und so waren ein Teil ihrer Forderung auch auf die allgemeine Lage am Arbeitsplatz ausgerichtet, nicht nur auf die Lage der Frau am Arbeitsplatz.

Diese Familie wurde zwar gesetzlich wie die Bürgerfamilie behandelt, und dass sich die Rolle der Frau auch nicht gegenüber dem Mann wesentlich ändert, wurde hier wie dort eifersüchtig von der Kirche überwacht. Dennoch ähnelte die Arbeiterfamilie wohl eher einem Schutz- und Trutzbündnis statt der traditionellen Bürgerfamilie, zumal in der Arbeiterfamilie das 3-Generationen-Bündnis gar nicht mehr durchzuhalten war.

Während die bürgerliche Frau neben ihren Aufsichtspflichten im Haushalt um ihr eigenständiges kulturelles Leben kämpfte, erinnern wir uns an die große Schriftstellerin George Sand, die unter einem Männername veröffentlichen konnte, ging es in der Familie der Arbeiterin und des Arbeiters ums tägliche Brot, wenngleich man gegen Kultur auch nichts hatte, denn es entstanden ja viele unterschiedliche Kulturvereine in der Arbeiterbewegung.

Der Hausfrau in einer Arbeiterfamilie, die eben zeitweilig keiner Lohnarbeit nachzugehen brauchte, war es durchaus einsichtig, im Sinne einer Arbeitsteilung innerhab der Familie, die Familienarbeit zu leisten, die ja zugunsten von allen Mitglieder der gemeinsamen Familie geschieht und nicht entfremdet ist, weil sie nicht bezahlt für einen fremden Herrn (oder einer fremden Dame) geschieht, der/die mit den Arbeitserträgen oder im Dienstleistungsbereich mit den Arbeitsleistungen seinen/ihren Handel betrieb und betreibt.
Arbeit ist eben nicht gleich Arbeit. Und die Arbeit für mich selber ist nicht mit der Arbeit zu vergleichen, die ich verkaufe, um mir damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Klar, in der bürgerlichen Familie sind die lästigen Familienpflichte das, was die bürgerliche Frau daran hindert, ihren kulturellen und gesellschaftlichen Interessen nachzugehen. Und da der Mann für seine Erwerbsarbeit Geld erhält, die ihn scheinbar wirtschaftlich selbständig macht, könnte Frau natürlich von ihrem Mann durchaus verlangen, dass er dafür zahlt.

Dadurch würde er ihr gegenüber allerdings auch ihr Arbeitgeber, er könnte für sein Geld bestimmen, was für das Geld geschieht, weil er ja dann Besitzer der Arbeitsergebnisse wäre, die er nach seinem Gutdünken verwenden dürfte.

Der vom Bürgertum gestützte Adel hatte als Ideologie die Religion, die Adligen wurden angeblich von Gott über die anderen Menschen gestellt. Und der neue Geldadel bediente sich ideologisch der neue entdeckten Naturgesetze, die man anerkennen musste, um wirtschaften zu können. So wurde frech behauptet, dass die Natur eben die reichen Menschen über die armen Menschen gesetzt habe, denn die seien ja von ihren angeborenen Anlagen her gar nicht zu höheren kulturellen Leistungen fähig, daher wäre also von der natur her ihre Aufgabe, als Abeiterinnen und Arbeiter ihren kärglichen Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Auffassung gefiel der bürgerlichen Frau auch. Und dass der wohlhabende Herr gerade sie geheiratet hat, hängt natürlich damit zu sammen, dass sie schon von der Natur zu höherem bestimmt war.

Natürlich gefielen den bürgerlichen Frauen nicht alle Ableitungen aus der Biologie, die im Sexismus zu finden sind, nämlich der Ideologie der We-sensunterschiede zwischen den Geschlechtern.

Dass Frauen das friedliche, gütige, humane, sittliche und aufopferungsvolle Geschlecht seien, gefiel ihnen schon, denn es schmeichelte ihnen und war eine Begründung dafür, dass sie viele niedrige kräftezehrende Arbeiten lieber den Männern überließen.

Aber dass sie deshalb nicht kreativ seien, sondern künstlerisch nur reproduzieren könnten, dass sie die Welt, wie sie sei, nicht verstehen könnten, weil sie eher mit dem Herzen statt mit dem Intellekt verstehen, das gefiel ihnen nicht.

Also widerspricht die bürgerliche frauenbewegte Frau einem Teil der Aussagen über die Wesensunterschiede, hält an einem anderen Teil fest, ganz nach ihrem Nutzen.

Dass der Mann von seinem Wesen her aggressiv sei, gefiel als Aussage der bürgerlichen Frau. Denn damit war für sie klar, dass die Frau das höherstehende Wesen sei, und wenn ein Frau an die Macht käme, wäre daher die Welt besser, weil eine Frau ein friedlicheres und ganz anderes Wesen habe, als ein Mann. Diese These gefällt auch den heutigen karrierebewussten Frauen, die mit Männern um Führungsposten rivalisieren. Und dass Frauen auch in die bewaffneten Teile der Armeen eingezogen werden sollten, kann die bürgerliche Frau-enbewegte leicht zurückweisen, da Frauen ja jegliches Gefühl für Aggressivität völlig abgeht.

Während die Frauenbewegung aus der Arbeitnehmerschaft die Gleicheit der Geschlechter anstrebt, alle sollen alle Berufe ausüben dürfen usw., alle sollen die Familienarbeit machen, will die bürgerliche Frau zahlreich Privilegien erstreiten, eben gerade deshalb, weil sie eine Frau ist.

Wenn zum Beispiel Frauen in Führungspositionen die Lage der Arbeit-nehmerInnen tatsächlich verbessern würden, bekämen sie diese Posten nicht, weil in der Wirtschaft der aus den Arbeitsprozessen erwirtschaftete Gewinn der einzige Maßstab für „Gutes Wirtschaften“ ist.

Frauen, die in der Geschichte die politische Macht inne hatten, haben sich nun nicht gerade durch besondere Friedlichkeit, Güte usw. hervorgetan.
 
Die Frauenpolitik
„Das ist schändlich für die Kinder und Familien und einseitig auf eine aktive Förderung der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kleinkindern fixiert. Die Denkmuster erinnern an die Ideologie der staatlichen Fremdbetreuung von Kindern in der DDR.
Die Doppelverdienerehe wird geradezu zu einem ideologischen Fetisch erhoben.“

So äußerte sich der katholische Bischof von Augsburg, Walter Mixa, zum Plan der Familienministerin, die Kinderkrippenplätze bis 2013 auf 750.000 zu erhöhen. (Zitiert im Wiesbadener Kurier am 23.02.07)

Im Sturm der CSU und Teilen der CDU gegen dieses Gesetzesvorhaben der CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigt sich das Dilemma der konservativen Frauenpolitik in Deutschland. Dies entspricht auch der Schulpolitik usw.

Das konservative Familienbild, in dem die Mutter zu hause bleibt, den Haushalt verrichtet und der Vater zur Erwerbsarbeit geht, entspricht schon lange nicht mehr der Lebensrealität. Vieler Menschen in Deutschland. In dieser Ideologie finden wir den Familiarismus, also die Auffassung, dass die zusammen wohnenden Menschen eine Versorgungseinheit sind und daher die Familie gefördert werden soll.
Und so erhalten Frauen in Bayern einen zusätzlichen finanziellen Anreiz, zu Hause zu bleiben, um die Kinder zu versorgen. Zwar zweifelt man dort bei MigrantInnenfamilien und Hartz IV-EmpfängerInnen durchaus offen an, dass diese Gelder auch den Kindern zugute kommen, sondern dass aus Geldknappheit die Eltern davon leben.

Die Alternative, besonders in für Familien, wo die Mutter durchaus auch eigenes Geld verdienen könnte, Kindergrippen und Kindergärten zur Verfügung zu stellen, wir nur für MigrantInnenfamilien als gut empfunden, damit die Integration dieser Kinder besser möglich ist. Ansonsten sollen die Frauen zuhause bleiben.

Bundesweit gibt es ein Familiengeld für die Versorgung von Kindern, das auch an kinderversorgende Väter gegeben wird. Mehr als früher, besonders für Besserverdienende, aber nur für eine kürzere Zeit als früher.

Die durch die CDU/CSU dominierte Familienpolitik zeigt deutlich auf, wie die im Grundgesetz gebotene Gleichberechtigung der Frauen mit den Männern durch kleine den Alltag bestimmende Strukturen ständig unterlaufen wird.

Nach Lage der Dinge ist nicht zu erkennen, wie z. B. die „Dekonstruktion“, wenn auch sachlich richtig, in irgend einer Form zur Bewegung und somit auch politikfähig werden könnte.

Der Feminismus ist ein Auslaufmodell, wenn er sich nicht mehr weiter entwickeln kann. Gegenwärtig bleibt er in der „Differenztheorie“ stecken. Junge Frauen ziehen sich nuttig an, um so gesellschaftliche Vorteile erreichen zu können. Wenn es doch wenigstens die „Egalitätstheorie“ wäre, die der proletarischen Frauenbewegung zugrunde lag, denn dann könnte man/frau sich gegen die konservativ-religiösen Anmaßungen besser verteidigen.

So aber bleibt am 08. März nur die Kritik daran, dass Frauen nicht genug Karriere machen können, weil Weiblichkeit nicht genügend geachtet wäre. (RoLü)
 
Zum Weltfrauentag im Kurhaus Wiesbaden:
Am 15.03. „Tag der Begegnung – Festlicher Ball der Frauen“. 16 bis 02 Uhr. Um 19 Uhr startet der eigentliche Ball mit Walzer, Tango und Disko-Musik. Karten gibts zu 67,80 Euro im Vorverkauf und an der Tageskasse zu 70 Euro.
 
Das ist dann ja dann auch für alle von Hartz IV betroffenen Frauen an Anreiz, einen Ein-Euro-Job anzunehmen, um sich die Karten für die richtige Feier der Frauen im gehobenen Ambiente leisten zu können. Oder ist es nicht doch die mittelständige Frau, die sich mittels der angesagten „Differenztheorie“, verbessert hat?

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