93. Print-Ausgabe, Winter 07/08
 
Lesungen und Bücher
Die Buchmesse ist längst vorbei, unvergessen sind uns auch in diesem Jahr die Lesungen, die aus Anlass der Buchmesse in Frankfurt Stattfanden. Und wir berichten Euch nun über die „Buchmesse 07 als Event“.
36% der deutschen Bevölkerung liest mindestens einmal in der Woche in einem Buch. Das heißt, die Lesefreudigkeit nimmt wieder zu. Es ist zu hoffen, dass dies auch für unsere Szene zutrifft.
 
Wir auf der Messe
Mit unserem „Wagen“ sind wir auf der Nesse rumgelaufen, wie wir das schon seit jahren machen. Und so kennt man uns dort schon, besonders bei den Verlagen, um die es uns geht.
 
Und das sind die Verlage, bei denen Bücher erscheinen, indenen sich unser lesbisches bzw. schwules Leben sich widerspiegeln, und in denen es um die individuelle und gesellschaftliche Emanzipation geht. Und diese Verlage befinden sich in der Halle 4.1 und der Halle 3.1. Dummerweise muss man zwischen diesen beiden Hallen Stockwerke überwinden, was mit unserem Wagen nicht so ganz einfach ist.

Aber natürlich besuchten wir auch andere Verlage in anderen Hallen, von denen wir annahmen, dass wir dort das eine oder andere zu entdecken wäre, was für Euch von Interesse sein könnte.
   
 In der Halle 3.1 fanden wir u.a. die unterschiedlichsten politischen Verlage vor, die uns jedes Jahr wieder faszinieren, und in der Halle 4.1. fanden wir wie jedes Jahr Literatur und Verlage unserer Szene  
   
   
   
   
   
   
   

Am Mittwoch Abend fuhren wir geschafft nach Hause und besprachen, was wir am Donnerstag alles erledigen müssten. Am Donnerstag haben wir dann auch die uns befreundeten Verleger in ihren Verlagen fotografiert, soweit es möglich war, denn die waren zum Tel ja auch am Donnerstag unterwegs, um sich bei den KollegInnen umzuschauen. Das waren in 4.1. die Claudia Gehrke vom Konkursbuch Verlag im Gespröch,, Jim Baker vom Quer Verlag, Achim Albers vom Himmelstürmer Verlag, die Ulrike Helmer vom gleichnamigen Verlag, das Team vom Milena Verlag, der Männerschwarm-Skript-Verlag. Und in der Halle 3.1. ging es um eine ganze Reihe linker Verlage, die sich zmeist in Gemeinschaftsstände zusammengestellt hatten.

Teilweise gab es auch an diesen Ständen Lesungen, die aber im Getriebe der Buchmesse eher untergingen. Das Interessante an einer Buchmesse ist auch das Verhalten der Messe-BesucherInnen. Überall, wo Gertänke ausgegeben werden, um einen Geschäftsabschluss oder eine(n Autor/in zu feiern, bilden sich große Menschentrauben, weil sie diese Bücher oder Zeitschriften, die dort ausgestellt werden, so spannend finden. Auc bei den Kochbüchern werden immer mal wieder kleine Gerichte zur Probe hergestellt. Die Wohlgerüche dieser Speisen schweben magisch durch die Hallen, und plötzlich interessieren sich nahezu alle Besucher dieser Halle für diese bebilderten Druckerzeugnisse.

Manchmal kommen dunkel gekleidete Männer mit einem Knopf im Ohr und in ihrem Schlepptau läuft dann der Genscher rum, mit ihm Schewadnatse. Wohin gehen die wohl, ach siehe da, da ist ja ein kleiner Stand eines Verlages mit Büchern von Schewadnatse. Auch Mark Medlock sol hier ein „von ihm selbst verfastes“ Buch unterzeichnet haben. Willst Du solche Promis sehen, denen es gut ansteht, dass sie eine gewisse Bildung demonstrieren, dann besuche die Buchmesse.

In der Halle 4.1. interessierte uns u.a. der Sammelstand linker Verlage, u.a. las hier auch Thomas Ebermann, leider mit recht wenig Publikum. Von VSA und von Unrat hatten wir einiges Interessantes entdeckt. Auch PappyRossa besuchen wir immer gerne, und hier entdecken wir immer was für unsere LeserInnen, also für Euch.

Andere linke Buchverlage waren in Sammelständen, u.a. der Alibri-Verlag, der eine ganze Reihe religionskritischer Bücher verlegt.Nicht zu vergessen die linken Tageszeitungen Neues Deutschland, die nun das Organ der Partei Die Linke geworden ist, und die links von ihr stehende Tageszeitung Junge Welt, die früher das Organ der Jugendorganisation der FDJ war und nun gut recherschierte wichtige Informationen veröffentlicht, die man in anderen Medien nicht findet.

In dieser Halle gibt es derart viel zu entdecken, dass es den Rahmen unserer Darstellung in der Zeitschrift LUST weit überschreitet. Und so pendelten wir immer wieder von 4.1. nach 3.1 und entdeckten immer mehr wichtiger Bücher.
In 4.1. entdeckten wir noch einem großen schönen Bildband bei Murmann, mit dem anspruchsvollen Untertitel: Eine globale Geschichte der Homosexualität. „Gleich und anders“. Schließlich besuchten wir am Abend den Buchladen Oscar Wilde, um bei einer Lesung anwesend zu sein.
   

Prinzen Unterwegs
erschienen bei Männerschwarm-Skript, 256 Seiten zu 14,90 Euro, ISBN 978-3-939542-11-7
Ein Buch mit Kurzgeschichten verschiedener Autoren von Detlev Meyer bis Walter Foelske. Herausgeber ist Joachim Bartholomae (recht im Bild). Hieraus las Lutz Büge (links im Bild) im Buchladen Oscar Wilde aus seiner Kurzgeschichte „Uschi und ihre Clique“. Es geht hier um das Szenenlebe einer Schwulenclique in der Provinz, die man einerseits braucht und die andererseits recht boshaft miteinander umgeht.
Im Anschluss an diese Lesung wurde noch heftig über diese kleinstädtische Szene debattiert, in der sich schwule junge Männer mit weiblichen Vornamen ansprachen und einerseits aus Konkurrenzgründen gegenseitig bekriegt hatten während sie sich, sozusagen als Familienersatz, andererseit brauchten.
Die Vielfalt der hier veröffentlichten Kurzgeschichten macht dieses Buch lesenswert.
Messe-Spaziergang
Am Freitag fanden wir Gelegenheit für ausführliche Gespräche mit VerlegerInnen, in diesem jahr besonders mit den VerlagsmitarbeiterInnen des Merlin Verlages.
Vielleicht haben wir deren wohlwollendes Interesse auch ein bisschen ausgenutzt, befürchten wir. Wir besuchten auch die katalanische Ausstellung und waren lockerer bei der Sache, denn das war nun unser letzter Messetag. Wir verabschiedeten von den VerlegerInnen für das nächste Jahr. Am Abend gings wieder Zu Oscar Wilde, um bei einer weiteren Lesung anwesend zu sein, moderiert von unserer Freundin Karin.
   
Liebe hoch drei
von Regina Nössler und Corrina Waffender, erschienen im Konkursbuch-Verlag, 222 Seiten zu 9,90 Euro, ISBN 3-88769-722-8.
3 lesbische Frauen aus ganz verschiedenen Lebensbereichen geraten in eine hochamüsante Dreiecksgeschichte. Was im vergangenem Jahr als Kurzgeschichte der Renner aller Lesungen war, erwies sich auch in diesem Jahr wieder als Highlight.
Der Auszug, der vorgelesen wurde, war inhaltlich wie folgt: Die Politikerin Stefanie, liiert mit der wohlhabenden Musikerin Viola aus gutem Hause, hat ein Verhältnis mit Petra, der unbekümmerten Bedienung in einer Bar. Sehr ulkig wirkt Viola, die alle Kontaktsignale auf sich bezieht. Im Buch sind immer nur die Gedanken der 3 Frauen niedergeschrieben.
Die beiden Autorinnen lasen mitreißend mit verteilten Rollen und das war für die ZuhöhrerInnen ein ebenso großer Genuss wie das Buch den LeserInnen ein Vergnügen ist.

Die europäische Gastregion Katalonien war das „Gastland“, das in 4 Staaten liegt (Spanien, Frankreich, Andorra und Italien) und eine gemeinsame Sprache hat. Bei den Verlagen, die wir aufsuchten, fanden wir weniger katalanische Literatur, also in katalanischer Sprache geschriebener Lietratur, übersetzt in die deutsche Sprache.
Aber im Konkursbuchverlag fanden wir einen Band, der Bilder der katalanischen Künstlerin Laura und erotische Geschichten in spanischcer und deutscher Sprache von Merce-des Abad, Annette Beer und Julia Kulewatz.
   
Sin Permiso
(Ohne Erlaubnis) von Laura. Aquarelle und Zeichnungen. 160 Seiten, ca.140 Abb.,Format ca.20 x 14,8 cm, edles Kunstdruckpapier, gebunden, Fadenheftung. 16,90 Euro. ISBN 978-3-88769-364-0.
Mit erotischen Erzählungen: Leichte samstägliche Zügel-losigkeiten von Mercedes Abad (Preisträgerin des Literaturpreises für erotische Literatur“La sonrisa vertical“), Düne, Sie schmeckt namenlos, Atropa Belladonna von Julia Kulewatz; Mein lieber Schwan, Dinah von Annette Berr Spanisch-Deutsch. Dies ist der erste Band der Künstlerin aus Barcelona, im Gastland der diesjährigen Buchmesse, mit einem umfassenden Überblick über ihre erotischen Aquarelle und Zeich-nungen.“Die Zeichnerin LAURA ist berühmt für ihre Darstellung des Erotischen.Doch wir wissen,wie jede Etikettierung die Dinge vereinfacht. Die virtuos gezeichneten Bilder von Laura erheben sich über diese Simplifizierung und erzählen von viel mehr als nur von der Schönheit und von der sexuellen Begegnung der Körper.“ (El Mundo).

Und was meinen wir? Wir finden hier erotische Zeichnungen, bei denen die erotischsten Körperteile (also die sonst verborgenen Körperteile) sowohl von der Einteilung des Bildes her als auch farblich in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Kurzgeschichten sind bizarr und erotisch, eine gelungene Mischung.
 
Der jährliche Buchmessen-Samstag
Das tun wir uns nach Möglichkeit nicht an, am Sammstag und Sonntag noch einaml über die Messe zu gehen, denn an diesen Tagen ist es dort noch voller, weil nun alle Interessierte die Messe aufsuchen können. Und da ist dann wirklich gar kein Durchkommen mehr. Am Samstag schlafen wir etwas aus und pflegen us, bevor wir am Abend aufbrechen, die Büchernacht im LSKH aufzusuchen.
Wir haben das Glück, dass die Buchmesse in Frankfurt stattfindet, gut erreichbar für uns Wiesbadener, und dass die Karin Lesungen veranstaltet, die im Buchladen und die große Büchernacht zur Buchmesse im LSKH.

Karin begrüßte die Anwesenden, erzählte ein bisschen vom LSKH, dem lesbsich-schwulen Kulturhaus, und sie hatte dabei den ihr eigenen Charme, der einfach zudiesem Abend gehört.
Sie gab einen Kurzen Überblick und stellte dann die erste Autorin vor, die das Problem hatte, anzufangen:
Die Autorin
Roman von Astrid Eldflug ist im Ulrike Helmer Verlag erschienen. 207 Seiten zu 14,90 Euro, ISBN 978-3-89741-222-4
Die Autorin des Romanes „Die Autorin“ las in einem dezenten Wiener Dialekt. Um was geht es in ihrem Roman? Der Verlag fasst zusammen „Bücher sind eigentlich eher ein Faible ihrer Freundin Hanna. Aber da Katrin Hanna liebt, geht sie eben mit zur Lesung. So lernt Katrin die Schriftstellerin Maren kennen. Auf unerklärliche Weise übt die viel ältere Frau eine starke Anziehungskraft auf Katrin aus. Dabei ist die Autorin arrogant, eigenwillig und obendrein noch nachlässige Trägerin eines Schlabberpullis … Katrin lässt sich von ihr anziehen. Und ausziehen. Setzt die Sicherheit ihrer Beziehung mit Hanna aufs Spiel und verbringt bald Tage voller Leidenschaft im Haus der Autorin auf dem Land. Doch dort draußen im Dorf scheinen seltsame Dinge zu geschehen. Die Autorin erzählt Katrin, dass im Ort vor Jahren auf mysteriöse Weise Frauen verschwanden. Zunehmend fühlt sich Katrin verunsichert. Während sie der Geschichtenerzählerin mehr und mehr verfällt, hat die ihre eigenen Pläne mit Katrin. Bis Maren jäh den Kontakt zu Katrin abbricht und eine unglaubliche Entdeckung macht …
Es ist sicher eine Frage des eigenen Lebensgefühls, inwieweit man sich in die Gefühls- und Gedankenwelt von Katrin versetzen kann.

Das Haus auf dem Dach
von Theo Rauch ist im Himmelstürmer Verlag erschienen. 286 Seiten zu 15,90 Euro, ISBN 078-3-934825-86-4

Im LSKH las der Autor aus seinem eigenen Roman, mit unterschiedlicher Stimmlage und Betonung die einzelnen Personen heraushebend, so dass seine Lesung auch einen Hörgenuss darstellte.
Wenn „Liebe hoch drei“ das beste vorgestellte „Lesbenbuch“ war, so ist dies wohl das beste in diesem Jahr bei den Lesungen vorgestellte „Schwulenbuch“.
Im vorgelesenen Passus wurde Armin vorgestellt, der in Marokko aus einem Zimmer bei einer marokkanischen Familie ausziehen will, weil er sich in Annas verliebt hat, der jedoch keine Anstalten macht, auf ihn einzugehen. Im Gegenteil lästert er über Schwuchteln. In der Abschiednacht besäuft sich Annas in seinem Haus auf dem Dach und kommt dann besoffen zu Armin ins Bett und schmiegt sich an ihn.
Tja, wie geht das weiter? Das kann man in diesem Buch nachlesen, das uns gefallen hat und auch Euch gefallen dürfte.
 
Die verborgene Welt
ein Roman von Shamin Sarif, ist ibei Krug & Schadenberg erschienen. Der Verlag hatte keinen Stand auf der Buchmesse, aber die Verlegerinnen kamen zur Lesung. Aus dem Englischen übersetzt wurde der Roman von Andrea Krug. Das Buch hat 304 Seiten und kostet 22,90 Euro, ISBN 978-3-930041-60-2
Pretoria, Südafrika, in den fünfziger Jahren. Die junge Inderin Amina eröffnet mit einem Farbigen ein Café. Das ist unerhört und zur Zeit der Apartheit offiziell verboten. Die Eltern lassen ihre eigensinnige Tochter gewähren. Doch für die Großmutter ist es ein Unding, das Amina mit Anfang 20 noch nicht verheiratet ist. Sie macht sich daran, ihre Enkelin unter die Haube zu bringen. Amina hat allerdings ihren eigenen Kopf ...
Miriam hingegen ist eine fügsame indische Ehefrau. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern draußen vor der Stadt in einem alten Farmhaus. Die Stille ist endlos, die Einsamkeit unerträglich, die Zukunft scheint trostlos. Bis Miriam eines Tages Amina begegnet – dem ersten Menschen, der ihr nach vielen Tagen ein Lächeln schenkt. Und sie behutsam zu umwerben beginnt ...
„Ein eindrucksvolles Debüt“, so die britische Times, das an Grüne Tomaten erinnert – angerichtet auf indische Art.“
Was von Andrea aus dem Roman vorgelesen wurde, half den Anwesenden, das Leben von „Farbigen“ im Rassistenregime des südafrikanischen Staates zu verstehen, mit dem persönlichen Terror von rassistischen Menschen und der menschlichen Größe, die den Benachteiligten und somit Opfern dieses Regimes anverlangt wurde, und die Größe einer Liebe, die es in doppeltem Sinne eigentlich nicht geben durfte.
Es ist dies in seiner gesellschaftspolitischen ein sehr wichtiges und empfehlenswertes Buch.
 
Die Diva ist ein Mann
meint Patrick Hamm, der Herausgeber des gleichnamigen Buches, das den Utertitel „Des große Tuntenbuch“ trägt und im Quer Verlag erschienen ist. Broschiert, 224 Seiten, Großformat, Farbfotos zu 19,90 Euro, ISBN: 978-3-89656-143-5
Schrill und schlagfertig, schräg und überdreht, witzig und liebenswert. Was steckt nun wirklich hinter den bekannten Klischees einer Tunte?
Herausgeber, Fotograf und Psychologe Patrick Hamm geht diesem Phänomen nach, in über 100 Porträts, Interviews und Essays. Dabei werden fundamentale wie interessante Fragen gestellt: Was ist männlich, was ist weiblich? Was ist das Subversive an der Verkleidung? In zahlreichen Farbfotos werden bunte Paradiesvögel in all ihrem Glitzer und Glamour, mit Pumps und Pomp vorgestellt und dokumentiert.
Von der Berliner Trümmertunte bis hin zu Priscilla – Queen of the Desert: Patrick Hamm zeichnet ein differenziert-unterhaltsames Bild der Tuntenbewegung, die sowohl in den Medien als auch auf der Bühne und im Alltag nicht wegzudenken ist.

Das Buch kam sofort gut an, als wolle das Publikum endlich mal was Lustiges hören. Doch ist das Buch mehr als ein lustiges Bilderbuch und der/die LeserIn bemerkst rasch, dass hinter den grellen Bldern Menschen stecken, die ihr Leben auf ihre Weise mesitern. Sehr witzig und sehr interessant, obwohl der herausgeber bei der Lesung nicht erklären konnte, was denn eine Trümmertunte ist, wobei dieses Wort schon Gelächter im Publikum hervorrief, nämlicxh eine schlichter gekleidete und dafür autentischer lebende Tunte.

Chronik der Schwulen
mit dem Untertitel des ersan Bandes über die 70er „Demos, Sex und Village People von Dietmar Kreutzer, erschienen im MännrschwamSkript-Verlag, Dietmar Kreutzer stellte den Band als-Multi-Media-Show mit der Ernsthaftigkeit eines Buchhalters vor. kart., großformatig, über 300 farbige Abbildungen, 112 Seiten, 16,80 Euro ISBN: 978-3-939542-15-5
„Auf der Sexmesse „Intim 70“ darf man für 5 Mark einen jungen Boy im Schlüpfer fotografieren, das ZDF fragt neugierig: „Und wenn Ihr Sohn so wäre ...?“. Aus „Homophilen“ werden „Homosexuelle“ oder auch gleich „Schwule“, Rosa von Praunheim mischt die „Szene“ mit einem Film auf und in Münster findet 1972 die erste Schwulen-Demo in Deutschland statt.“
So stellt der Verlag in seiner Beschreibung des Buches den schwulen Zeitbezug her. Auch politische Ereignisse werden zur Erinnerung bei jedem Jahr der 70er herangezogen. Die Themen, Bilder und Kommentare stammen aus den damaligen, für unsere Szene scheinbar relevanten Medien: HIM, Mix, Du & Ich, Stern, Spiegel, DON usw. nicht jedoch die kleineren lokalen Gruppenblättchen, die ja auch schon gab.
Es fällt auf, dass die abgebildeten Models in den damaligen Zeitschriften unbekümmerter, jünger, natürlicher wirkend, schlicht: erotischer waren als es heute üblich ist.
Diese Reihe verspricht spannd zu werden. Auch wenn unmöglich hier alles erscheinen kann, was es in den jeweiligen Jahren alles gab, so kann es durchas für die, die dabei gewesen sind, eine Erinnerungshilfe sein, auch für Vorfälle, die hier nicht auftauchen, für Jüngere, die bisher noch gar nichts über diese Zeit wusste, kann es ein Einstig in die Geschichte der eigenen Szene sein.
 
Konkursbuch
Zum 30 Mal auf der Buchmesse in Frankfurt, zum 22. Mal das Jahrbuch der Erotik „Mein heimliches Auge“ in der es um die eine menschliche Sexualität geht, ohne Abgrenzugng zwischcen den sexuelle Identitäten, zum 6. Mal Mein lesbisches Auge, zum 4. Mal „Mein schwules Auge“, zahlreiche erotische Bildbände, auch über alle Zwischenstufen, zahlreiche lesbsche Bücher, so zeigt sich uns (An den Mesestände, bei Lesungen und auf der Lesenacht) der Verlag und seine Verlegerin Claudia Gehrke.

Und Claudias Autorinnen und Autoren bildeten im Beisein der Verlegerin den Abschluss der Lesenacht im LSKH, leider deutlich kürzer als angedacht, denn einige Vortragenden vorher hatten sich leider nicht an das Zeitlimit gehalten.
 
Mein heimliches Auge
Claudia Gehrke und Regina Nössler plauderten über das heimlicheAuge und seine lange Geschichte. Dann las Regina noch eine Kurzgeschichte aus diesem Buch.
Auge XXII, Das Jahrbuch der Erotik 2007/2008 Viele Exklusivbeiträge auf 320 farbigen Seiten, Fadenheftung, Euro 15,50, im Abo Euro 12,-, ISBN 978-3-88769-522-4.
„Fotos, Gemälde, Grafiken, Zeichnungen, Erzählungen, Essays, private Dokumente, Gedichte & Gespräche. Berührende Momente, anregende Gedanken, scharfe und zarte Geschichten und Bilder zwischen Fantasie und Realität. Zugleich eine Dokumentation alltagspolitischer und lebenspraktischer Entwicklungen in unserer medial potenzierten Welt.“
Zure Reihe: „Erotik lässt sich nicht in medienwirksame Schubladen zwängen. Es bleibt eine große Kunst, Erotik in Worte und Bilder zu kleiden. Manche gehen unter die Haut, viele plätschern vorbei.
Erotik ist verrückte Verliebtheit, romantische Schwärmerei, alltäglicher Moment und mitten im Sex. Sie behält auch im 25sten Jahr nach Erscheinen der ersten Ausgabe des „Auges“ ihre wilden und unberechenbaren Seiten. Und die blitzen im multisexuellen „heimlichen Auge“ auf. Erforscht und geschrieben zum Thema - besonders zum Thema weibliche Sexualität - wurde viel in diesen 25 Jahren, man erfuhr z.B., dass die Clitoris ein vogelförmiger Muskel ist, von dem nur eine Spitze sichtbar wird, man hat Flächen und Drüsen und männliche und weibliche Orgasmen und einiges dazwischen erforscht, und doch bleiben Rätsel wie dieses: Was empfindet der oder die jeweils andere in einer sexuellen Begegnung wirklich? Auch heute noch gibt es Mythen ums Thema, Verstörendes, und auch überraschendes Nicht-Wissen. Und immer spielt sie zwischen Fantasie, Traum und Realität. Das Auge erzählt von diesen Zwischenräumen, vom Alltag der Lust wie auch von den Fantasien und Wünschen.“
Was soll man zu diesem Buch sagen? Wer es nicht hat, ist selber schuld und an vielem ärmer.
Danach las Regina Nössler noch aus ihrem Buch:
Morgen ohne Gestern
von Regina Nössler, erschienen im Querverlag, Broschiert, 192 Seiten, 14,90 Euro ISBN: 978-3-89656-145-9
Christine Hoffmann wacht eines Morgens im Krankenhaus auf und hat ihr Leben vergessen. Ihre Eltern sind ihr ebenso fremd wie ihre beste Freundin, selbst ihre Lebensgefährtin Marion erkennt sie nicht wieder. Christines Alltag wird zu einem Puzzle, das sie aus Erzählungen und Erinnerungsblitzen neu zusammensetzen muss.
Wer war sie, wer ist sie und weshalb weiß sie es nicht mehr? Was genau ist mit ihr passiert? Hat sie wirklich acht glückliche Jahre mit Marion verbracht? Wem kann sie trauen: ihrer Intuition oder denen, die scheinbar das Beste für sie wollen? Gibt es etwas, das man ihr verheimlicht?
Während Christine versucht, alte Liebe mühsam neu zu erlernen, begegnet sie Eva. Mühelos verliebt sie sich und erinnert sich plötzlich an Glück. Doch kann sie es auch zulassen? Der neue Beziehungsthriller von Regina Nössler verfolgt stilsicher eine junge Frau auf der Suche nach wahren Gefühlen und sich selbst. Eindringlich und außergewöhnlich spannend erzählt.

Mein schwules Auge
Hg. Rinaldo Hopf & Axel Schock, 296 Seiten, Fadenheftung, Format: 21 x 14,5 cm, Euro 15,50, im Abo Euro 12,-, ISBN 978-3-88769-394-7.
Ein frischer queerer Blick auf schwule Sexualität, Ikonen und Idole; auf Lebensstil, Mystik und neue Erfindungen in so unterschiedlichen Ländern wie Spanien, den Niederlanden, Deutschland, England, China und Indien. Explizit oder in Andeutungen, politisch, satirisch oder poetisch.
Öffentliche Bilder propagieren Idealbilder. Wollen wir alle Supermänner sein, wollen wir solche Supermänner im Bett? Wie entstehen solche Idealbilder, wer propagiert sie, wie beeinflussen sie unser Selbstwertgefühl?
Verändern sie unsere Wunschvorstellungen vom Partner? Was treibt uns in Sportstudios, Diäten? Und mit welchem Erfolg? Wie lebt es sich im Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit?
Schwule Orte
150 berühmt-berüchtigte Schauplätze, Axel Schock, 17,90 Euro, Broschiert, 328 Seiten, zahlr. Fotos
ISBN: 978-3-89656-141-1
WLiebesnester, Lasterhöhlen, letzte Ruhe- und berühmte Wohnstätten, Drehorte von Filmen und Schauplätze von Morden, Skandalen und anderen geschichtsträchtigen schwulen Ereignissen.
150 solcher „schwuler“ Orte in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat Axel Schock aufgespürt und recherchiert. 150 bemerkenswerte Geschichten zu schwuler Geschichte und schwulen Persönlichkeiten – von Ludwig II. und Franz Schubert über Rex Gildo und Rio Reiser bis Thomas Mann und Hubert Fichte.
Wer wissen will, wo Sommersturm gedreht, legendäre Schwulenpartys zu Wasser und ein prominenter Geburtstag auf einer Klappe gefeiert wurde, wird in diesem Buch fündig.
Warum neben Schlössern und Burgen, Luxusvillen und Denkmälern auch eine Pommesbude, eine H&M-Filiale in Berlin und ein Kaufhaus in Augsburg, ja sogar ein komplettes österreichisches Dorf zu diesen ausgewählten schwulen Orten gehören, das verrät dieser ganz andere Reiseführer.
Abschluss
Die beiden Autorinnen Regina Nössler und Corrina Waffender lasen noch zur Freude aller ZuhörerInnen aus ihrem Buch „Liebe hoch drei“, leider nicht lange genug, denn vorher hatten einige AutorInnen doch länger gelesen als es vereinbart war. Das war also unser bemerkenswerter Buchmessensamstag.
 
 
Sonntags-Frühstück
Nein, nicht der Sonntags-Brunch im LSKH, sondern wir zu Hause in unserer WG, zufrieden, auch mal wieder zu Hause zu sein.
Den Abschluss unseres jährlichen Buchmessen-Rhituals stellt das mehr oder weniger ausgeruhte Sonntags-Frühstück zu Hause vor der Glotze dar, wo wir ausgiebig essend gemeinsam die Vergabe des Friedenspreises des deutschen Buchhandels beobachteten und, wie üblich, lautstark kommentierten.
 
Friedenspreis
Immer am Sonntag kriechen wir aus unseren diversen Bettn, machen die Glotze an und frühstücken ganz genüsslich, während die Reden gehalten werden. Aber in diesem Jahr hat der Preisträger, der Historiker Saul Friedländer, keine Rede gehalten, sondern aus den Briefen seiner Familie vorgelesen, die als Juden versucht hatten, im deutschen Nazistaat zu überleben. Das war besser und beeindruckender und nachfühlbarer als geschwollene Reden.
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