93. Print-Ausgabe, Winter 07/08
 
Wiesbadener Bündnis gegen rechts
Endlich gegründet wurde das Wiesbadener Bündnis gegen rechts. Die ROSA LÜSTE ist Mitglied dieses Netzwerkes, in dem auch Parteien wie Grüne und Linke sind, sowie eine ganze Reihe anderer Gruppen mitmachen.
 
Wenn man erfährt, wo überall sich neuerdungs Neonazis breitmachen, und was in ganz bestimmten Regionen in Deutschland so los ist, muss man sich Gedanken machen, wie man sich dazu verhält.

Die einen versuchen vielleicht schon jetzt sich so zu verhalten, dass Nazis nicht auf sie aufmerksam werden können. Die anderen (also auch wir) schauen nicht gebannt wie Kaninchen auf eine Schlange, sondern wollen verhindern, dass Ähnliches pasiert, wie es in Deutschland schon einmal war.

Zwar haben Lsben und Schwule so ihre eigenen Efahrungen mit GegnerInnen der Nazis, doch davon dürfen wir uns nicht entmutigen lassen, sondern wollen, wie wir es eben können, dazu beitragen, die gegenwärtige Naziwelle aufzuhalten.

Auch wenns in der Feierszene nicht unbedingt üblich ist, überhaupt politisch zu argumentieren, auch wenn es in der Szene sogar Befürworter-Innen von Nazis gibt. Nun ja, die Tatsache, das man homosexuell empfindet, macht niemanden zu einem klügeren Menschen.

Nun können die wenigen antifaschistisch eingestellten Lesben und Schwulen die Naziwelle alleine gar nicht aufhalten.
Da ergab es sich, dass über den Verteiler des Sozialforums über dieses Bündnis gegen rechts berichtet wurde, und auch unsere Gruppe gefragt wurde, ob wir uns beteiligen möchten. Klar wollen wir uns beteligen, und da wir sogar von der Gründung her dabei sind, können wir vielleicht auch derart Einfluss auf das Bündnis nehmen, dass wir mitmachen können, ohne uns irgendwie verbiegen zu müssen.

Wenn Ihr unsere Erklärung lest, und dann die Grundlage des Bündnisses, seht Ihr, dass wir schon dort ansetzen wollen, wo man vielleicht noch verhindern kann, dass Menschen faschistisch denken, während das Bündnis erst dort beginnt, wo es selbstverständlich nötig ist, sich der Nazis und der Nazipropaganda zu erwehren.
 
Unsere Erklärung:
Die Nazistrategie geht vom „Kampf um die Köpfe, die Straße und die Parlamente“ aus. In allen diesen Bereichen ist unser Widerstand dagegen, sind von uns zahlreiche und gut durchdachte Aktivitäten nötig. Besonders im ersten dieser Bereiche ist ein Agieren statt des Reagierens sinnvoll, also zu Handeln, bevor „das Kind in den Brunnen gefallen“ ist.

- Bei deren „Kampf um die Köpfe“ können wir beobachten, dass in Medien und besonders von konservativen PolitikerInnen allzuoft mit ihren „einfachen Rezepten“ und Schlagworten den Nazis zugearbeitet wird. Vor den Schulen und in Schulhöfen wird Nazipropaganda verteilt. Sie greifen oftmals wirkliche Probleme auf, um ihr Menschenbild und ihre Ideologie als Lösung anzupreisen.

- Bei deren „Kampf um die Straße“ können wir beobachten, dass Naziaufmärsche viel zu oft von den entsprechenden Behörden, durch Gerichtsentscheidungen usw. begünstigt und dann von der Polizei gegen die berechtigten Proteste besorgter BürgerInnen geschützt werden, während der polizeiliche und gerichtliche Schutz gegen Nazi-Übergriffe oftmals doch eher kärglich ausfällt. Der Staat hat das Gewaltmonopol. Wie schützt er seine Bürger vor rechten Übergriffen?

- Bei deren Kampf um die Parlamente, besonders im Wahlkampf, geht es auch um die o.a. Punkte: um den propagandistischen „Kampf um die Köpfe“, denn in Wahlkämpfen gibt es ganz allgemein eine erhöhte politische Aufmerksamkeit. Wenn sie erfolgreich sind und in Parlamente einziehen, geht es den Nazis darum, Schlüsselpositionen zu besetzen, von denen aus sie dann „legal“ in ihrem Sinne handeln können. In den Parlamenten versuchen sie außerdem, diese zu ihrer Propagandabühne umzufunktionieren.

Die generellen Mittel des politischen Handelns der ROSA LÜSTE sind:
1. ein engagiertes Eintreten für unsere Ziele in der eigenen Szene mittels eigenen Auftretens und den eigenen Medien,
2. ein engagiertes Eintreten für unsere Ziele in den Reihen solcher politischer Kräfte, die sich auch sozial, friedenspolitisch und gesellschaftlich engagieren.
3. eine Bündnispolitik mit solchen politischen Kräften, die gleiche und ähnliche Ziele vertreten.
Diese Mittel stehen uns auch im Kampf gegen rechts zur Verfügung.

Deshalb haben wir uns entschieden, einem Wiesbadener Bündnis gegen rechts anzuschließen, auch wenn in diesem Bündnis von verschiedenen BündnisteilnehmerInnen manches doch recht anders gesehen wird, als wir es sehen. Aber das ist in Bündnissen so. Daher sind wir dem Bündnis gegen rechts beigetreten, das es in Wiesbaden gibt: Wiesbadener Bündnis gegen rechts

Doch weil ja „unterschiedliche Aktionsformen akzeptiert und gefördert“ werden, und weil „kein Bündnispartner einen anderen politisch zu übervorteilen versucht“, werden wir schon Aktionsformen gegen rechts finden können und auch dafür um Mithilfe bitten können.
So also können wir bei diesem Bündnis mitmachen.

Die hessische Landtagswahl steht unmittelbar vor der Türe. Das 3. hessische Sozialforum hat sich sicher gerade deshalb in Wiesbaden getroffen, um auf die kandidierenden Parteien Einfluss zu nehmen.

Beim Bündnis gegen rechts geht es bezüglich des Gründunsdatums durchaus auch darum, handlungsfähig zu sein, wenn in der Bevölkerung eine gewisse Offenheit für politische Themen durch den Wahlkampf unterstellt werden kann.
 

 Wiesbadener Bündnis gegen Rechts
Ziel des Wiesbadener Bündnisses gegen Rechts ist es, auf breiter Basis handlungsfähig gegen Aktivitäten von Neonazis zu sein.
- Wir wollen Aufmärschen und Kundgebungen mit rechtsextremen, rassistischem oder antisemitischem Charakter organisiert und entschlossen entgegengetreten, mit dem Ziel, die Veranstaltung zu unterbinden. Gegenöffentlichkeit zum Auftreten Rechtsextremer wird möglichst am Ort des Geschehens hergestellt.
- Wir wollen die Verharmlosung und gesellschaftliche bzw. alltägliche Integration rechtsextremen Gedankenguts nicht tolerieren. Die Politik „Reden an Gedenktagen, schweigen im Alltag” ist gefährlich: Wo Nazis ohne gesellschaftlichen Widerspruch agieren, breitet sich der Rechtsextremismus aus. Deswegen wollen wir Infor-mationsblockaden öffentlicher Stellen oder Medien mithilfe gesellschaftlichen Drucks durchbrechen.

Das Wiesbadener Bündnis gegen Rechts besteht aus unterschiedlichen Gruppen, Parteien und Einzelpersonen. Die Vielfalt der unterschiedlichen Ansätze verstehen wir als Stärke, mit der wir uns den Neonazis und ihrer Ideologie entgegenstellen. Das Bündnis steht allen offen, die auf dieser Grundlage gegen Rechts aktiv sein wollen. Um die Vielfalt des Bündnisses zu wahren:
- wird ein Nebeneinander unterschiedlicher Aktionsformen akzeptiert und gefördert
- wird angestrebt, sich bei gemeinsamen Aktionen wechselseitig und vorab über das geplante Vorgehen zu informieren;
- werden Termine von Aktionen möglichst in Absprache mit den anderen am Bündnis beteiligten Organisationen getroffen, sodass eine breite Beteiligung möglich ist;
- werden öffentliche Stellungnahmen, die im Namen des Bündnisses erfolgen, abgesprochen;
- wird kein Bündnispartner einen anderen politisch zu übervorteilen versuchen.


Themen wurden andikutiert, wie die Frage, ob es gut ist, die NPD zu verbieten. Dies würde z.B. dazu beitragen, dass über die steuerliche Par-teienfinanzierung nicht diskriminierende parolen unterstütz würden und legale Handlungsfelder für Nazis erschwert werden.
 
Andererseits gibt es ja noch zahlreiche andere Naziorganisationen und sicherlich auch genügend illegale Netzwerke, sodass das eigentliche Problem der stärker werdenden Nazis damit nicht nur nicht verhindert werden kann, sondern vielleicht sogar die Illusion geschürt wird, dass man das Nazitum durch ein staatliches Verbot bekämpfen könne. Eine gemeinsame Meinung dazu existiert nicht, und die Frage ist auch sehr schwierig zu beantworten.

Auf jeden raten wir den eher politisch ausgerichteten Lesben- und Schwulengruppen anderer Städte, sich auch in solche Netzwerke wie Sozialforum und Anti-rechts-Bündnisse zu begeben. Dazu soll Euch dieser Artikel ermutigen. (RoLü)
 
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