91. Print-Ausgabe, Sommer-LUST 07
 
G8-Gipfel in den Medien
Demo in den Medien
und über den alternativen G8-Gipfel
Die selbsternannte Weltregierung tagte auf Einladung der Kanzlerin im mondänen Seebad Heiligendamm, und Deutschland wurde zu einer Sonderzone. Hinter diesen Regierungen stehen die größten und wichtigsten globalen Konzerne, die die Welt als Eigentum betrachten.
 
Weltsozialforum 2007:
In der Schlusserklärung des Welttreffens sozialer Bewegungen in Nairobi hieß es:
„Wir rufen auf zu einer breiten internationalen Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Rostock und Heiligendamm (Deutschland) vom 2. bis 8. Juni 2007.“

Dieser Gipfel hat unterdessen stattgefunden, und der Gegengipfel parallel dazu natürlich auch.

In dieser Schlusserklärung (Siehe 90. Printausgabe der Zeitschrift LUST) hieß es auch:
„ Wir sind hier, um den Geist des Weltsozialforums zu feiern und zu befestigen als einen Raum des Kampfes und der Solidarität, der offen ist für alle Menschen und sozialen Bewegungen unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit.
Wir verurteilen die Tendenzen zu einer Kommerzialisierung, Privatisierung und Militarisierung des Forum. Hunderte unserer Schwestern und Brüder, die uns in Nairobi begrüßten, sind wegen der hohen Kosten von der Teilnahme ausgeschlossen worden.
Wir sind auch tief betroffen von der Präsenz von Organisationen, die gegen die Rechte der Frauen, der margi-nalisierten Menschen und gegen sexuelle Rechte und Verschiedenartigkeit arbeiten, im Widerspruch zur Charta der WSF-Prinzipien.“

Dass die weltweite Bewegung der Nichtregierungsorganisationen zum Protest gegen diesen Gipfel aufgerufen hatte, ist in den Medien des Veranstaltungslandes Deutschland von G 8 ebenso untergegangen, wie die Zerrissenheit und Vielfalt dieser NGO-Bewegungen. Hier wurde nur über einen „Schwarzen Block“ berichtet und auf der anderen Seite über Heiner Geißler, der auch attac beigetreten ist, und so von den Medien wie ihr Sprecher gehandelt wurde.
 
 Durchsuchungen linker Einrichtungen vor dem G8-Gipfel
Anfang Mai und im Vorfeld des Gipfels der 8 politischen Repräsentanten der größten globalen Kapitalzusammenballungen der Welt wurden in Deutschland 40 Linke Projekte und Privatwohnungen durchsucht.
Die Generalbundes- anwaltschaft in Karlsruhe teilte zunächst mit, es gehe um 18 namentlich bekannte Personen, die im Verdacht stünden, einer terroristischen Vereinigung anzugehören.
Diese hätten mit Brandanschlägen und anderen gewalttätigen Aktionen den Gipfel in Heiligendamm stören oder verhindern wollen. Später erklärte der Sprecher der Ge-neralbundesanwaltschaft, Staats-anwalt Christeleit, im ZDF, bei den Durchsuchungen sei es nicht um konkreten Anschlagsverdacht gegangen, man habe lediglich „Strukturen aufklären“ wollen.
Um Einblick in diese angeblichen Strukturen zu erhalten, bot das BKA 900 Beamte auf. Diese durchsuchten insgesamt mindestens 40 Wohnungen, Büros und andere Einrichtungen in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen.
Die globalisierungskritische Organisation Attac, die nach eigenen Angaben von den Durchsuchungen nicht betroffen war, sprach von einem „Versuch, das gesamte Spektrum der G8-Gegner zu kriminalisieren“.
Der »Spiegel« zitierte einen auf Seiten der Polizei Beteiligten mit den Worten: »Wir haben in den Busch geschossen, nun sehen wir weiter, was und wer sich dort bewegt.« Sicherheitskräfte sollen zudem erklärt haben, man habe mit der Razzia »Flagge zeigen« wollen.
Nach der groß angelegten Durch-suchungsaktion linker Projekte kamen am Mittwochabend in mehr als 15 Städten Tausende Menschen zu spontanen Protesten gegen das Vorgehen der Polizei zusammen.
Es wurde zudem bekannt, dass die Polizei einen für 7. Juni geplanten Sternmarsch von Gipfel-Kritikern verbieten wird.

In den Sozialforen sind auch kirchennahen Gruppen bzw. religiöse Gruppen, die es mit den Menschenrechtren von Frauen sowie Lesben und Schwulen nicht so ernst nehmen.

Und über die Gemeinsamkeiten sowie die Auseinandersetzungen der von Merkel eingeladenen G 8 Staatschefs, hörte und las man auch wenig, zu sehr waren die Medien mit den devoten Loberhymnen über Kanzlerin Merkel beschäftigt.

Wäre Schröder Kanzler geblieben, hätten diese gleichen Medien viel zu diskutieren gehabt, denn bei ihm wäre alles negativ was bei Merkel positiv ist.
 
Was die internationalen Staatsmänner (und die deutsche Staatsfrau) wahrscheinlich besprachen

Also im Vorfeld gab sich Bush, angeblich zugunsten `seiner´ Angie, umweltfreundlich. Angeblich sei er jetzt doch für Kyoto bzw. einen Folgevertag, jedoch für die USA ohne Oberbegrenzung der CO2-Abgase. Das kann Bush gut versprechen, denn erst sein Nachfolger müsste das einlösen, und der könnte ja auch absagen, wie Bush es machte. Dennoch feiern die Medien, dass Merkel einen Durchbruch im Umweltschutz erreicht habe. Es macht den Anschein, dass die Informationspolitik vom Gipfel nicht so viel hergibt.

In der Agenda, Abschlusserklärung der Gipfel-teilnehmerInnen meinen die TeilnehmerInnen u.a.:
„Wir haben Bilanz der bislang erzielten Fortschritte gezogen und die vor uns liegenden künftigen Herausforderungen erörtert. Unsere Agenda baut auf den Gesprächen beim IWF und anderen internationalen Organisationen auf. Offene Märkte und Wettbewerb sind ebenso entscheidende Elemente wie unsere Bemühungen um die Förderung der nachstehend beschriebenen Investitionsfreiheit und Innovationsdynamik.“
 
 Die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Rostock und ein enttarnter Agent Provokateur
Bei der Demonstration von ca. 80.000 DemonstrantInnen in Rostock, die friedlich verlief, ist es in der Nähe des rostocker Hafens zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und einen Teil der Demon-strantInnen gekommen. Die Medien überschlagen sich mit Berichten über einen „Schwarzen Block“, der dafür verantwortlich sei. Gegen wen hätte sich aber die Gewalt dieses Blockes gerichtet, wenn sich die Polizei dort deeskalierend etwas im Hintergrund gehalten hätte?
Es ist unerträglich, wenn Demon-strantInnen dadurch den Sinn einer Demonstration zunichte machen, dass sie die Konfrontation mit der Polizei suchen.
Aus der subjektiven Sicht von den nach Rostock gefahrenen Teilneh-merInnen der Demonstration stellte sich das Szenarion am ende des Demonstrationszuges wie folgt dar:
„Die Demonstration begann friedlich und war dies mehrere Stunden lang, bis sie kurz vor dem Eintreffen auf dem Kundgebungsplatz am Hafen, eine Art Volksfest-Charakter mit Musik- und Kulturgruppen hatte.
Die Demonstranten und die Organisatoren der Veranstaltung waren über das plötzliche Aufbrechen der Gewalt schockiert. Es gab vielfältige Bemühungen von Seiten der Demonstranten, beschwichtigend auf die Steinewerfer wie auch auf die Polizei einzuwirken.“
Es ist von einer sehr starken und sichtbaren Polizeipräsenz an dieser Stelle ist Rede, und auch von einem Polizeihubschrauber, der über dem Veranstaltungsplatz kreiste und die Bühnendurchsagen durch seinen Lärm übertönte. Ebenso lasen wir in Berichten der Be-sucherInnen der Schlusskundge-bung von Polizeieinheiten, die vom Rand des Platzes immer wieder auf den Platz vorrückten. Gegenüber einem dort aufgestellten Polizeiwagen soll es zu ersten Angriffen seitens einiger DemonstrantInnen gekommen sein, aus dem sich dann der Krawall entwickelte.
Die Frankfurter Rundschau, der Spiegel, sogar die FAZ berichten über seltsame Angaben der Polizei über angeblich verletzte Polizisten, und über Zivilfahnder, die zum Steinewerfen aufgerufen haben sollen. So schreibt die Junge Welt am 09.06.07: „Noch am Donnerstag hatte die Sondereinheit »Kavala« entrüstet bestritten, ein von Demonstranten enttarnter »Autonomer« sei in Wirklichkeit Zivilbeamter. Schon am Freitag mußte sie zugeben, daß der Mann tatsächlich Polizist ist, und zwar aus Bremen. Seine einzige Aufgabe sei jedoch gewesen, verdeckt Informationen über Straftaten zu sammeln. G-8-Gegner jedoch haben den Vorgang anders in Erinnerung: Demnach hatte der Mann zusammen mit vier ebenfalls als »autonom« getarnten Kollegen versucht, tschechische Globalisierungsgegner zur Randale anzustiften. Das war offenbar auch nötig, da unmittelbar vor Beginn des Gipfels die öffentliche Meinung zu kippen drohte: Geruchsproben, einschüchternde Razzien, die Hamburger Postkontrolle, »Schutzhaft«-Androhungen, zusätzliche Grenzkontrollen und andere »Sicherheitsmaßnahmen« hatten immer em-pörtere Kommentare und Schlagzeilen zur Folge. Wie bestellt kam da die Randale, die die Fernsehbilder zur G-8-Demonstration am vergangenen Samstag in Rostock prägte. Zu den Straßenschlachtszenen hatte nicht zuletzt eine berüchtigte Polizeisondereinheit aus Berlin beigetragen, die offenbar erst in dem Augenblick eingesetzt wurde, als die Demonstration einen allzu friedlichen Verlauf zu nehmen schien. Zuvor war dem aus Bayern stammenden Einsatzleiter das Kommando entzogen und einem Spezialisten aus Berlin übergeben worden.
Allerdings droht der Polizei jetzt von unerwarteter Seite Ärger: Die Staatsanwaltschaft Rostock erwägt laut ddp, gegen den Bremer Polizisten und seine vier Kollegen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Anstiftung zu einer Straftat einzuleiten. Aber warum nicht gegen die verantwortlichen Polizeikommandeure?“

Als Fortschritt wird angesehen, dass immer mehr Länder ihre Märkte (den Konzernen) geöffnet haben. Die Entwicklung der Hedge-Fonts, sollen durch die jeweils zuständigen Behörden beobachtet werden, sie sollen international zusammen arbeiten. Es geht auch um die Investitionsfreiheit, das Investitionsumfeld und die soziale Verantwortung. Wessen?

Protektionismus und die Sperrung der Märkte würden nicht zum gewünschten Ziel führen, heißt es hier. Die Unternehmen sind aufgerufen, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen. Es heißt hier:
„Wir heben insbesondere den Globalen Pakt der Vereinten Nationen als wichtige Initiative im Bereich der sozialen Verantwortung von Unternehmen hervor; wir laden Unternehmen aus den G8-Staaten, aus den Schwellen- und den Entwicklungsländern ein, sich aktiv am Globalen Pakt zu beteiligen und die weltweite Verbreitung dieser Initiative zu unterstützen.“ Und außerdem werden die Unternehmen aufgefordert, die Umwelt zu schonen. Die 8 wollen das „geistige Eigentum“ (die Patente der Konzerne) besser Schützen und sind entschlossen, bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Führungsrolle zu spielen. Man ist außerdem gegen Korruption und setzt auf die Kraft des Marktes.

Hätten sich für diese schlappe Erklärung die Staatschefs unter einem solchen Aufwand treffen müssen. Das hätte sicherlich ein Student der Betriebswirtschaftslehre und Anhänger der Globalisierung an einem Abend alleine formulieren können.

Am letzten Tag kamen noch ein paar afrikanische Staatschefs zu Besuch, um in das gemeinsame Foto zu grinsen. Das wirkte so, als habe man sie herbeizitiert, doch wäre dieses Treffen im Treffen sicherlich nicht zustande gekommen, wenn sich nicht das rohstoffarme China massiv in Afrika engagieren würde, dessen Ressourcen für westliche Konzerne eine zu geringe Rendite abgeworfen hatte. Nun haben sie den Salat. China investiert in Eisenbahnlinien, in den Straßenbau, stellt Schulen und Krankenhäuser hin und lässt sich mit Rohstoffen dafür bezahlen.

Im Vorfeld gab es noch einige herbe Töne zwischen den USA und Russland. Die Raketen in Polen würden sich nicht gegen Russland richten, behauptet Bush, es gehe um den Iran. Nun weiß Bush, weiß Putin und wissen die Polen und Tschechen, wissen auch die aufgeklärten LeserInnen dieser Zeitschrift, dass es bei den Raketen schon um Russland geht. Als Putin dem Verkauf der gesamten russischen Ölreserven an einen US-Konzern durch die Verhaftung von Chodorkovskij zuvorkam und die Ölvorräte einem staatlichen Konzern unterstellte, ist das Klima zwischen Russland und den USA angespannt. Nun verdient Russland an dem Öl, was von den USA als Protektionismus angesehen und verurteilt wird. Und da die USA sich mit Truppen in den ehemaligen Sowjetischen Republiken schon mal eingerichtet haben, hatte Putins Coup ihre Pläne gestört.

Und Putin konterte damit, das er seine Trägerraketen wieder ausbauen könne. Schließlich machte er den Vorschlag, die US-Raketenabwehr doch in Armeinien zu stationieren. Das wollten die USA prüfen. Dies dauerte nur bis einen Tag nach dem Gipfel, bis Putin und die polnischen Zwillinge erklärten, die Raketen der USA kämen doch nach Polen. Na, das war ja klar. Und dem unbefangenen Beobachter der Entwicklung Europas wird recht schnell klar, dass die innereuropäischen Auseinandersetzungen um Polens Haltung zu verschiedenen Fragen in Wirklichkeit Konflikte zwischen der europäischen und der US-Wirtschaft sind.

In den Medien ging es um „gewaltbereite Demonstranten“ und was gegen sie alles so nötig ist. Und „Wirtschaftswissenschaftler“ erklären den Zuschauern schamlos, die Globalisierung habe bisher niemanden geschadet, nur geholfen, dass es allen Ländern und Menschen besser gehe. Und wo dies nicht der Fall sei, liege das am Protektionismus.

So sei zum Beispiel Hugo Chaves in Venezuela auch ein Protektionist, der aus den Gewinnen des Erdöls der Bevölkerung einen künstlichen Wohlstand beschere, was längerfristig lokal gelöst werden müsse. Das hat uns in unserer LUST-WG aber wirklich überzeugt. Es ist doch rückständig und barbarisch, wenn man Teile der Erdölgewinne zum Ausbau der eigenen Infrastruktur nutzt, statt das sie dahin fließen, wohin sie gehören: in die Taschen der Aktionäre der großen globalen Erdölkonzerne.

Was also gibts vom Gipfel noch zu berichten? Dass offenbar ganz unterschiedliche Kräfte in Deutschland ihn zu nutzen versuchte, beispielsweise die CDU, die schon längere Zeit darüber wirbt, das deutsche Militär auch im Inland einzusetzen.

Da kann man sich doch fragen, mit welchen feinden hier gerechnet wird beziehungsweise, was der Bevölkerung noch so alles zugemutet werden soll, wenn man mit solch großen Einsatzmöglichkeiten bzw. Einsatznotwendigkeiten hier gerechnet wird.
 
 Forderung nach Gummigeschossen und GSG-9-Einsatz
Während die Ereignisse auf der Demonstration in Rostock noch diskutiert werden und die Staatsanwaltschaft ermittelt, fordern Unionspolitiker Gummigeschosse für die Polizei und Militäreinsatz im Inneren, genauer: den Einsatz der GSG 9, SPD-Politiker stimmen zu.
Spiegel-Online schreibt am 05.06.: „Nun also die Anti-Terror-Einheit GSG 9. Ratlos und machtlos angesichts der Krawalle in Rostock wollen sich Politiker mit Ratschlägen für eine bessere Strategie profilieren. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ole Schröder sagte der „Bild“-Zeitung: „Die Polizei ist offenbar damit überfordert, der brutalen Gewalttäter im Schwarzen Block Herr zu werden.“ Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sollte deshalb im Wege der Amtshilfe den Einsatz der GSG 9 anbieten.“
In dem Artikel heißt es auch: „Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy, tritt für ein härteres polizeiliches Vorgehen gegen Gewalttäter ein. „Es sollte geprüft werden, ob wir bundesweit den Einsatz von Gummigeschossen zum Selbstschutz der Polizisten in besonderen Gefahrensituationen erlauben“, sagte Edathy. Er reagierte damit auf Forderungen der Deutschen Poli-zeigewerkschaft (DPolG), alle Hundertschaften der Polizei mit wirksamen Distanzwaffen auszustatten. „Da Hunderte von Beamten verletzt worden sind, halte ich solche Forderungen für plausibel“, betonte der SPD-Politiker..“
Das alles klingt aber ganz so, als haben man sich den Ball selber zurechtgelegt, den man nun ist Tor schießen möchte.

Nun gab es aber auch noch den Gegengipfel:
Die Tagung der GlobalisierungsgegnerInnen
Der Text des Aufrufes:
„Der Gipfel der acht reichsten und mächtigsten Staaten der Welt findet 2007 in Heiligendamm bei Rostock statt. Die Politik der G8 stößt seit langem weltweit auf Kritik und Protest. Auch beim Gipfel 2007 wird dies in vielfältigen Formen sichtbar werden. Ein wichtiges Element ist dabei der Alternativgipfel vom 5.-7. Juni in Rostock. Dazu laden wir alle ein, die Alternativen wollen.
Obwohl die Staats- und Regierungschefs der G8 nur 13 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, behandeln sie Fragen der Weltwirtschaft, von Entwicklung, Umwelt, Krieg und Frieden und andere Probleme, die die gesamte Menschheit betreffen. Dabei haben sie vor allem ihre eigenen, oft an kurzfristigen nationalen Zielen ausgerichteten Interessen im Blick. Das soll auch 2007 wieder so sein. Die Bundesregierung hat das Thema „Investitionssicherheit“ zum eigentlichen Leitmotiv des Gipfels erklärt.
Diese Art der Globalisierung bringt viele Verlierer und nur wenige Gewinner hervor.
Zu den Verlierern gehört die soziale Gerechtigkeit. Weltweit nehmen Armut und soziale Polarisierung zu. Während die Zahl der Hungernden in den letzten zehn Jahren von 840 Millionen Menschen auf 854 Millionen gestiegen ist, hat die winzige Gruppe von Millionären und Superreichen ihr Kapitalvermögen von 16 Billionen Dollar auf 33 Billionen verdoppelt. Profiteure der Globalisierung sind auch „Global Player“ - wie institutionelle Anleger und transnationale Konzerne. Gleichzeitig nehmen selbst in den meisten Industrieländern Armut und soziale Unsicherheit zu.
Zu den Verlierern gehört auch die Umwelt. Die herrschende Wirtschafts- und Lebensweise führt in die Klimakatastrophe, vernichtet die Artenvielfalt und plündert die natürlichen Ressourcen des Planeten. So werden die Lebensgrundlagen der Menschheit zerstört. Die an grenzenlosem Wachstum und unregulierter Dynamik des Marktes orientierte Politik der G8 verschärft die globalen Umweltprobleme.
Zu den Verlierern gehören auch Frieden und internationale Sicherheit. Die Ursachen für Konflikte nehmen zu. Dies befördert Nationalismus, Rassismus, Fundamentalismus, Gewalt, Terror und Krieg. Doch anstatt weitsichtiger Konfliktprävention erleben wir eine zunehmende Militarisierung der internationalen Politik. G8 Staaten führen auch Krieg oder sind an bewaffneten Konflikten beteiligt.
Unter den Verlierern sind Frauen wiederum in besonderem Maße betroffen. Millionen von Menschen werden durch unerträgliche Lebensbedingungen zur Migration und Flucht gezwungen. Gleichzeitig wird die Abschottung gegen Migration überall verstärkt.
So kann es nicht weiter gehen. Globalisierung im Interesse der Mehrheit der Menschen geht anders. Wir wollen eine demokratische Globalisierung von unten. Eine Globalisierung von Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit. Wir wollen faire Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Wir wollen eine solidarische Ökonomie. Wirtschaft ist für die Menschen da, nicht umgekehrt. Wir wollen einen verantwort-ungsbewussten und zukunftsfähigen Umgang mit unserer Umwelt. Wir treten ein für Friedfertigkeit und politische Konfliktlösungen.
Es gibt Alternativen zur Politik der G8. Wir wollen sie der Öffentlichkeit präsentieren. Wir wollen uns untereinander aber auch über offene Fragen austauschen und gemeinsam an deren Beantwortung arbeiten.
Der Alternativgipfel findet statt vom 5. Juni (17:00 h) bis 7. Juni (13:00 h). Darüber hinaus gibt es mehrere Satelliten-Veranstaltungen zu spezifischen Themen.“
 
 Bundeswehreinsatz im Inland beim G 8 Gipfel
Offenbar gab es Luftüberwachung durch die Bundeswehr
RP.Online schreibt am 13.06.: „Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz kritisierte, zwar sei der Einsatz verfassungsrechtlich unbedenklich, politisch aber „extrem unklug und unsensibel“.
Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen sagte: „Die Demonstranten sind schließlich keine Taliban“. Er habe den Eindruck, „es gibt weiterhin das Ziel, die Trennung zwischen Polizei und Bundeswehr im Innern aufzuheben“.
Links-Fraktionschef Gregor Gysi bezeichnete diesen Einsatz als „grundgesetzwidrig“ und „völlig überzogen“. „Wir sind doch hier nicht im Krieg“, sagte Gysi. Das Grundgesetz erlaube bewusst keinen Einsatz der Bundeswehr für Polizeiaufgaben.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) betonte hingegen, es sei auf dem Wege der Amtshilfe um Aufklärung von Straßen- und Geländesituationen gegangen. Dies sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Ähnlich äußerte sich Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU). Der Parlamentarische Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt (CSU) fügte sarkastisch hinzu, es fehle nun noch eine Diskussion über den Einsatz der AWACS-Boeing-Flugzeuge der NATO, die auch geflogen seien.
Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele will den Fall vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Die Bundeswehr dürfe Amtshilfe nur dann leisten, wenn es sich um eine „verteidigungsfremde Leistung“ handele. „Das könnte auch das Bundesverfassungsgericht versuchen zu klären.
Der Mitbegründer des globali-sierungskritischen Netzwerks Attac, Sven Giegold, bezeichnete den „Tornado“-Einsatz als „Skandal“. Der Einsatz zeige, „dass sich die Grenzen des Rechtsstaates in einer hysterischen Sicherheitsdebatte immer weiter verschoben haben“, sagte Giegold.
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) kritisierte: „Die Bundeswehr ist hier auf ein Gebiet vorgestoßen, auf dem sie nichts zu suchen hat.“
Veranstaltungen
Es gab nicht, wie beim G 8 Gipfel, eine gemeinsame Abschlusserklärung, die dann von der Regierenden umgesetzt werden soll, wenn ihnen danach ist. Aber es gab Workshops mit Podiumsdiskussionen, unter prominenter internationaler Beteiligung. Daher ist für den Alternativgipfel keine Abschlusserklärung zu kommentieren.

Die einzelnen Workshops fanden zu folgenden Themen statt: Globale Gerechtigkeit - Umwelt, Klima und Energie - Strategien und Alternativen -Krieg und Militarisierung - Migartion und Rassismus - Arbeit und Soziales - Bildung - Gender - Sonstiges. Bei Sonstiges ging es von AIDS über internationalen Widerstand bis zu den Hedge-Fonts.

Es gab auch Filmvorführungen in einem Rostocker Großkino: Running on Empty, ein Film von 3 Müttern in Äthiopien und in Großbritannien sowie ihre Versuche, die Kinder zu ernähren und das Leben zu meistern.

The silent Genocide 40% der afrikanischen Staaten sind von Kriegen, Gewalt und Naturkatastrophen betroffen. Was dies für die Menschen bedeutet. 5 Fabriken - Arbeiterkontrolle in Venezuela. Die Veränderungen im Produktionsbereich werden dargestellt. Es bilden sich unterschiedliche Formen der Mit- und Selbstverwaltung aus. China Blue, Ein US-Film der zeigt, unter welchen Bedingungen in China gearbeitet wird.

Was aus unserer Sicht fehlte, war angesichts der Beteiligung von Kir-chengruppen, dass zur Kritik von Nationalismus und Rassismus auch die Kritik von Religionen und Funda-mentalismus gehört. Daher wurde die Lage der Lesben und Schwulen unter dem Thema „Gender“ offensichtlich völlig „vergessen“. Das sind eben die Folgen eines so breiten Bündnisses. Da fallen die Probleme, die eben von Mehrheiten nicht als wichtig angesehen werden, hinten runter.

Dennoch bleibt unterm Strich gesehen dieser alternative Gipfel sehr sehr wichtig und bedeutungsvoll, je unbedeutender der G8-Gipfel wurde. Der Globalisierung, der Aneignung der ganzen Welt zugunsten großer internationaler Konzerne mit all ihren schrecklichen Folgen kann vielleicht durch globalen Widerstand ein Ende bereitet werden.

Ein Teil der Veranstaltungen wurden von der Universität Rostock veranstaltet. Diese Veranstaltungen kann man sich über das Internet anschauen. Die offizielle Homepage ist: http://www.g8-alternative-summit.org/de/
Mit dieser Hompage ist die Uni Rostock und sind auchandere interessante Seiten verlinkt.
Auch diese Seite ist sehr interessant und wichtig:
http://www.heiligendamm2007.de/
 
Doch noch eine kurze Schlusserklärung
„Diese Woche in Rostock und Heiligendamm hat die politische Welt verändert. Wir haben die größte globalisierungskritische Massenmobilisierung erlebt, die es in Deutschland je gegeben hat. Sie wurde organisiert von einem Bündnis, in dem Großorganisationen keine wichtige Rolle spielten. Wir verfügten über keinen Apparat und keine Finanzstruktur.

Dafür war die inhaltliche Spannbreite sehr weit. Sie reichte vom Rand der institutionellen Kirche bis weit in die radikale Linke. Mit Greenpeace oder der Interventionistischen Linken brachten sich Organisationen und Strömungen in die Zusammenarbeit ein, die das bisher eher nicht getan haben.

Bestimmt 20.000 Aktivistinnen und Aktivisten haben bei der Aktionswoche mitgemacht. Sie haben nicht nur ihre Bereitschaft gezeigt, Grenzen zu überschreiten und massenhaft Widerstand und Zivilen Ungehorsam zu praktizieren, sie haben auch eine bewundernswerte Ruhe und Verantwortlichkeit angesichts der provozierenden Polizeistrategien gezeigt.

Mit dieser Bewegung wird zukünftig zu rechnen sein.

Gleichzeitig haben die G8 erneut gezeigt, dass sie keinerlei Lösungen für die Probleme der Welt anzubieten haben.
Ein Klimakompromiss, der nochmals vom schon zweimal reduzierten Mindestziel nach unten abweicht und der nicht einmal beschlossen wurde, sondern nur erwogen wird – das ist ein Witz!. Wie diese ganze Veranstaltung.

(...) Das alles zusammen verstärkt die Legi-timationskrise der G8. Die Damen und Herren sind empfindlich geworden. Sie wollen sich den Protest vom Leib und aus den Augen halten. Das ist ihnen hier nicht wirklich gelungen.

Da wird auch die Verlegung auf Flugzeugträger oder einsame Inseln nichts nützen. Die G8 sind überflüssig. Heiligendamm 2007 wird ein dicker Sargnagel in der Geschichte ihrer Beerdigung gewesen sein.“
 
Dein Kommentar zum Artikel: hier

 Zum Artikelarchiv

 Zur Artikelhauptseite

 Zur LUST-Hauptseite