90. Print-Ausgabe, Frühling 07
 
Heutige Ziele des Feminismus
Was ist erreicht, was müsste erreicht werden? Ist Gleichstellung ein Ziel? Unter welchen Bedingungen wäre eine Gleichstellung der Lebensbedingungen von Frauen und Männern möglich? Gibt es richtungsweisende feministische Ansätze? Nutzt die Forderung, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, den Frauen in den niedrigen Lohngruppen? Hat der emma-Feminismus etwas mit der realen Lage von Frauen in der Gesellschaft zu tun?
 
Der 8. März, der internationale Tag der Frau, oft kurz „Weltfrauentag“ genannt, ist endlich in den Medien angekommen.
Der Weltfrauentag geht auf den 8.3.1908 zurück. Damals traten die Arbeiterinnen der Textilfabrik „Cotton“ in New York in Streik, um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu fordern. Die Fabrikbesitzer und Aufseher schlossen die Frauen in die Fabrik ein, um den Kontakt und die Solidarisierung mit anderen Belegschaften zu verhindern. Als plötzlich ein Feuer ausbrach, starben 129 Arbeiterinnen in den Flammen.

Initiiert durch Clara Zetkin (1857-1933) fand der erste Internationale Frauentag am 19. März 1911 statt. Millionen von Frauen in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA beteiligten sich. Die Wahl dieses Datums sollte den revolutionären Charakter des Frauentages unterstreichen.

Der 18. März war der Gedenktag für die Gefallenen in Berlin während der Revolution 1848.
 
Die zentralen Forderungen waren:
· Kampf gegen den Krieg
· Wahl- und Stimmrecht für Frauen
· Arbeitsschutzgesetze
· ausreichender Mutter- und Kinderschutz
· der Achtstundentag
· gleicher Lohn bei gleicher Arbeitsleistung
· Festsetzung von Mindestlöhnen
 
In den folgenden Jahren wurde der Internationale Frauentag jährlich zwischen Februar und April begangen. Die Festlegung des Internationalen Frauentages auf den 8. März erfolgte 1921. Damit sollte auch an den Textilarbeiterinnen-Streik in Petersburg erinnert werden, der auf andere Sektoren übergriff und eine große Arbeiterinnendemonstration auslöste. Diese Kämpfe fanden anlässlich des Frauentages am 8. März 1917 statt - nach dem alten russischen Kalender am 23. Februar - und lösten den Beginn der „Februarrevolution“ aus.

Einen starken Rückschritt brachte in Deutschland die NS-Ideologie von der Rolle der Frau als Ehefrau und Mutter. Während des 3. Reichs war der Frauentag verboten und wurde durch den Muttertag ersetzt.

Nach dem 2. Weltkrieg fanden in der DDR bereits 1946 wieder Feiern zum Frauentag statt. In den sozialistischen Ländern wurde die gesellschaftliche Befreiung der Frau gefeiert und der Tag mit offiziellen Feiern für die Frauen organisiert. In der BRD wurde der Frauentag erst in den späten 60er Jahren von der neuen, autonomen Frauenbewegung wiederbelebt. Der 8. März wurde zu einer wichtigen Plattform der Frauenbewegung. Themen wie die Rechte von Ausländerinnen, die Diskriminierung von nichtheterosexuellen Lebensweisen und die bessere Sicherung der Frauenrechte im Rahmen der europäischen Annäherung werden
aufgegriffen.

Der Weltfrauentag hat also seinen Ursprung im Kampf von Arbeitnehmerinnen um Forderungen, die bei uns heutzutage oft „gewerkschaftliche Forderungen“ bezeichnet werden. Es ging nicht um den Kampf der Frau gegen den Mann, sondern um den Kampf der Arbeitnehmerin gegen die Unternehmerin bzw. den Unternehmer.

Man darf nicht vergessen, dass es außer der Frauenbewegung in der Arbeiterklasse noch eine sogenannte bürgerliche Frauenbewegung gibt und gab, die zum Teil ganz andere Forderungen aufstellte und die sich gelegentlich auch biologis-tischer Argumente bediente. Darüber weiter unten im Text mehr.

Und woher kommt der Brauch, Frauen am 8. März anlässlich des Frauentags mit einer roten Rose zu beschenken?
1986 feierte der Frauentag seinen 75. Geburtstag. Dieser Frauentag stand unter dem Motto:
 
Wir wollen Brot und Rosen
 
Brot steht für:
· Recht auf Arbeit
· Gerechte Entlohnung
· Gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen
· Menschgerechte Arbeitsbedingungen
· Berufliche Entfaltung und Fortentwicklung
· Eigenständige soziale Sicherung für die Frau
 
Rosen steht für:
· Die Möglichkeit mit Kindern zu leben und
berufstätig zu sein
· Familiengerechte Arbeitszeiten
· Die Befriedigung kultureller Bedürfnisse
· Eine menschenwürdige Wohn- und
Lebensumwelt
· Humane Politikformen
· Toleranz
· Frieden
 
Die Trennung der Forderungen unter diese beiden Überschriften mutet etwas merkwürdig an, weil es in beiden um ganz selbstverständliche gewerkschaftliche und emanzipatorische Forderungen geht, und in beiden Bereichen um Forderungen, die sich daraus ergeben, dass es bezüglich der Menschenrechte noch Defizite für Frauen gibt und die Gleichstellung der Geschlechter noch nicht in allen Bereichen des Lebens erreicht wurden, beziehungsweise dass die Familienarbeit und die Betreuung der Kinder einseitig der Frau zugeordnet wird.

Außerdem, wird hier versucht, den Frauen „geschlechtstypisch“ den Blumenschmuck zuzuordnen? Das hat dann nichts mehr mit dem Protest gegen männlichkeit und weiblichkeit zu tun. Mit den „Muttertagsblumen für die Frau“, wird so die Verdrängung der Frau aus der Arbeitswelt zur Familienarbeiterin, die vom Geld des Mannes abhängig ist, überzuckert? Und sind die Kinder tatsächlich nur Frauensache und nicht Sache der gesamten Gesellschaft?

Es ist deutlich zu erkennen: nach dem Zusammenbruch der sogenannten sozialistischen Welt, wo der Weltfrauentag traditionell gefeiert wurde, sind nun zu den traditionellen Forderungen der Arbeitnehmerin auch in Ansätzen die der bürgerlichen Frauenbewegung hinzugekommen.
 
 Theoretische Grundlagen der Frauenbewegung
Besonders 2 politische Denkrichtungen sind in der Frauenbewegung vorzufinden. Die jeweiligen Forderungen erklären sich aus dem jeweiligen theoretischen Denkansatz. Aber die Trennungen sind nicht so klar, oftmals überlappen sich die unterschiedlichen Theorieansätze.
 Die Frauenbewegung der Arbeitnehmerschaft
Männer und Frauen der unteren sozialen Schichten werden von Männern und Frauen höherer Schichten unterdrückt und ausgebeutet. Ideologien wie Rassismus, Sexismus, religiösen Glauben usw. werden dazu funktionalisiert und die Menschen voneinander gespalten.
Mit der sexistischen Ideologie der „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ können besser bestimmte Aufgaben erfüllt werden, aber habe dadurch auch ungleiche Verhältnis innerhalb des jeweiligen Umfeldes.
Frauen und Männer können alles leisten, wenn sie u.a. die ideologische Fessel „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ überwinden.
Und wir Menschen können alles erringen, wenn wir gemeinsam die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beenden.
 Die Frauenbewegung des gehobenen bürgerlichen Mittelstandes
Älter als die Spaltung der Menschen in soziale Klassen existierte schon die Unterdrückung der Frauen durch die Männer, weil Männlichkeit Gewalt und Unterdrückung bedeutet und Weiblichkeit Frieden, Hingabe und Güte.
Wenn Frauen in Führungspositionen sind, werden die Eigenschaften der Frau dafür sorgen, dass es in der Welt gerechter zugeht.
Aggressive patriarchalische Religionen werden durch friedvolle Muttergottheiten ersetzt.
Durch Frauen an der Macht wird auch die Unterdrückung und Ausbeutung unterer sozialer Schichten beendet werden und es wird keine Kriege mehr geben, weil Männer daran gehindert werden, ihrem aggressiven Naturell zu folgen. Frauen müssen regieren.
 Daraus ergeben sich folgende Forderungen:
· Recht auf Erwerbsarbeit
· Gerechte Entlohnung
· Gleiche Bildungs- und Aus-
bildungschancen
· Unterrichtung aller Kinder
darüber, dass Erwerbsarbeit und
Familienarbeit verschiedene
Formen der Arbeit sind, und
dass Familienarbeit Aufgabe
aller Familienangehöriger ist
· Menschgerechte Arbeitsbedin-
gungen
· Berufliche Entfaltung und
Fortentwicklung
· Eigenständige soziale Sicherung
für die Frau
· Kampf gegen den Krieg
· Wahl- und Stimmrecht für
Frauen
· Arbeitsschutzgesetze
· der Achtstundentag
· gleicher Lohn bei gleicher
Arbeitsleistung
· Festsetzung von Mindestlöhnen
 Daraus ergeben sich folgende Forderungen:
· Gerechte Entlohnung für die
Hausfrauenarbeit
· Arbeitsplätze, die dem Wesen
der Frau entsprechen
· Familiengerechte Arbeitszeiten
für die Frau mit Kindern
· Geschlechtsspezifische Erzie-
hung der Kinder
· Bildung und Vorbereitung auf
die geschlechtsspezifischen
Aufgaben des Lebens
· Die Befriedigung kultureller
Bedürfnisse
· ausreichender Mutter- und
Kinderschutz
· Die Möglichkeit mit Kindern zu
leben und berufstätig zu sein
· Frauengemäße Führungsplätze in
allen Bereichen von Politik und
Wirtschaft
· Eine menschenwürdige Wohn-
und Lebensumwelt
· Humane Politikformen
· Toleranz
 
Frauen des gehobenen Mittelstandes und Frauen der Arbeitnehmerschaft
Von Anfang an gab es eine Frauenbewegung des notablen Bürgertums und eine Frauenbewegung der Arbeitnehmerschaft. Insofern gibt es gar nicht „den Feminismus“ sondern verschiedene Denkansätze beziehungsweise Ideologien.

Die Unterschiede liegen im unterschiedlichen Leben. Und die unterschiedlichen Ideologien, aus denen die Forderungen abgeleitet werden, entsprechen dem unterschiedlichen Leben.

Die Bürgersfrau, die vom Gehalt ihres Mannes abhängig ist/war, lebte und lebt in einem relativen Wohlstand, indem sie am Erwerbs-Arbeits-Erfolg ihres Mannes teilhat, der seinerseits Frau und Kinder zu ernähren hat.

Das verzerrte Leben des patriarchalischen Bürgertums machte die Familienarbeit zum einzigen Lebensrahmen der bürgerlichen Frau. Wenn die Familie wohlhabend war, beaufsichtigte sie die Mägde oder anderen Hausangestellten. Dieser Wohlstand hob sie weit über die Arbeiterin, und sie dachte auch gar nicht daran, die Privilegien dieser Stellung in Frage zu stellen. Und so gehörte es zum Hauptlebensziel einer höheren bürgerlichen Tochter, ein „gute Partie“ zu machen, also einen Sohn aus wohlhabenden Hause zu heiraten. Das Arbeitermädchen jedoch musste sich auf einen Frauenarbeitsplatz vorbereiten, der schlechter bezahlt wurde: zum Beispiel als Hausangestellte einer höheren Familie oder als Textilarbeiterin.

Es ist leicht zu erkennen, dass aus dieser unterschiedlichen Lebenslage heraus auch die der jeweils empfundene Mangel anders war. Auch die schlechtbezahlte Arbeiterin träumte von einem höherstehenden jungen Mann, der sie aus dieser misslichen Lage befreite und zu sich in ihr Himmelbett zog. So waren die Frauenromane aufgebaut und so sind sie noch heute. Was die eine Frau entbehrte, hatte die andere Frau ganz selbstverständlich.

Die bürgerliche Frau hatte ihren Standart durchaus gegenüber den Forderungen der Arbeiterin zu verteidigen, und die sexistische Ideologie von den grundsätzlichen Wesensunterschieden der Frau vom Mann schützte sie und ihre Privilegien, aber ordnete sie natürlich dem Manne unter. Den Schutz wollte sie nicht verlieren, die bürgerliche Frau, wenn sie ihren Unmut äußerte, dass sie kein Wahlrecht hatte, dass sie nicht selbständig ein Geschäft führen durfte, dass sie die Erlaubnis ihres Mannes brauchte, wenn sie einer Erwerbsarbeit nachgehen wollte, und der Ehemann hatte zu prüfen, ob der Haushalt trotz dieser Erwerbsarbeit so geführt wurde, wie es ihm behagte, und die Kinder entsprechend versorgt waren. So seltsam wie es klingt, die großbürgerliche Familie war von ihrer Struktur her die Familienform des Landadels, der Großgrundbesitzer mit seinen Knechten und Mägden, mit Frau, Kinder und Gesinde, nur dass sie in der Stadt ansässig war.

Zwar war die Industriearbeiterin in der Ehe von ihrem Mann abhängig, aber sie sah ja in den Fabriken und Betrieben, dass er auch nicht der Herr war, sondern ebenfalls, wie sie, lohnabhängig war. Und wenn er dann tatsächlich so viel verdiente, dass sie zuhause bleiben konnte, dann war sie auch dankbar dafür, denn die Arbeitswelt ist immer noch weit entwürdigender als die Familienarbeit. Und so waren ein Teil ihrer Forderung auch auf die allgemeine Lage am Arbeitsplatz ausgerichtet, nicht nur auf die Lage der Frau am Arbeitsplatz.
Diese Familie wurde zwar gesetzlich wie die Bürgerfamilie behandelt, und dass sich die Rolle der Frau auch nicht gegenüber dem Mann wesentlich ändert, wurde hier wie dort eifersüchtig von der Kirche überwacht. Dennoch ähnelte die Arbeiterfamilie wohl eher einem Schutz- und Trutzbündnis statt der traditionellen Bürgerfamilie, zumal in der Arbeiterfamilie das 3-Generationen-Bündnis gar nicht mehr durchzuhalten war.

Während die bürgerliche Frau neben ihren Aufsichtspflichten im Haushalt um ihr eigenständiges kulturelles Leben kämpfte, erinnern wir uns an die große Schriftstellerin George Sand, die unter einem Männername veröffentlichen konnte, ging es in der Familie der Arbeiterin und des Arbeiters ums tägliche Brot, wenngleich man gegen Kultur auch nichts hatte, denn es entstanden ja viele unterschiedliche Kulturvereine in der Arbeiterbewegung.

Der Hausfrau in einer Arbeiterfamilie, die eben zeitweilig keiner Lohnarbeit nachzugehen brauchte, war es durchaus einsichtig, im Sinne einer Arbeitsteilung innerhab der Familie, die Familienarbeit zu leisten, die ja zugunsten von allen Mitglieder der gemeinsamen Familie geschieht und nicht entfremdet ist, weil sie nicht bezahlt für einen fremden Herrn (oder einer fremden Dame) geschieht, der/die mit den Arbeitserträgen oder im Dienstleistungsbereich mit den Arbeitsleistungen seinen/ihren Handel betrieb und betreibt.

Arbeit ist eben nicht gleich Arbeit. Und die Arbeit für mich selber ist nicht mit der Arbeit zu vergleichen, die ich verkaufe, um mir damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Klar, in der bürgerlichen Familie sind die lästigen Familienpflichte das, was die bürgerliche Frau daran hindert, ihren kulturellen und gesellschaftlichen Interessen nachzugehen. Und da der Mann für seine Erwerbsarbeit Geld erhält, die ihn scheinbar wirtschaftlich selbständig macht, könnte Frau natürlich von ihrem Mann durchaus verlangen, dass er dafür zahlt.

Dadurch würde er ihr gegenüber allerdings auch ihr Arbeitgeber, er könnte für sein Geld bestimmen, was für das Geld geschieht, weil er ja dann Besitzer der Arbeitsergebnisse wäre, die er nach seinem Gutdünken verwenden dürfte.

Der vom Bürgertum gestützte Adel hatte als Ideologie die Religion, die Adligen wurden angeblich von Gott über die anderen Menschen gestellt. Und der neue Geldadel bediente sich ideologisch der neue entdeckten Naturgesetze, die man anerkennen musste, um wirtschaften zu können. So wurde frech behauptet, dass die Natur eben die reichen Menschen über die armen Menschen gesetzt habe, denn die seien ja von ihren angeborenen Anlagen her gar nicht zu höheren kulturellen Leistungen fähig, daher wäre also von der natur her ihre Aufgabe, als Abeiterinnen und Arbeiter ihren kärglichen Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Auffassung gefiel der bürgerlichen Frau auch. Und dass der wohlhabende Herr gerade sie geheiratet hat, hängt natürlich damit zu sammen, dass sie schon von der Natur zu höherem bestimmt war.

Natürlich gefielen den bürgerlichen Frauen nicht alle Ableitungen aus der Biologie, die im Sexismus zu finden sind, nämlich der Ideologie der Wesensunterschiede zwischen den Geschlechtern.

Dass Frauen das friedliche, gütige, humane, sittliche und aufopferungsvolle Geschlecht seien, gefiel ihnen schon, denn es schmeichelte ihnen und war eine Begründung dafür, dass sie viele niedrige kräftezehrende Arbeiten lieber den Männern überließen. Aber dass sie deshalb nicht kreativ seien, sondern künstlerisch nur reproduzieren könnten, dass sie die Welt, wie sie sei, nicht verstehen könnten, weil sie eher mit dem Herzen statt mit dem Intellekt verstehen, das gefiel ihnen nicht.

Also widerspricht die bürgerliche frauenbewegte Frau einem Teil der Aussagen über die Wesensunterschiede, hält an einem anderen Teil fest, ganz nach ihrem Nutzen.

Dass der Mann von seinem Wesen her aggressiv sei, gefiel als Aussage der bürgerlichen Frau. Denn damit war für sie klar, dass die Frau das höherstehende Wesen sei, und wenn ein Frau an die Macht käme, wäre daher die Welt besser, weil eine Frau ein friedlicheres und ganz anderes Wesen habe, als ein Mann. Diese These gefällt auch den heutigen karrierebewussten Frauen, die mit Männern um Führungsposten rivalisieren. Und dass Frauen auch in die bewaffneten Teile der Armeen eingezogen werden sollten, kann die bürgerliche Frauenbewegte leicht zurückweisen, da Frauen ja jegliches Gefühl für Aggressivität völlig abgeht. Während die Frauenbewegung aus der Arbeitnehmerschaft die Gleicheit der Geschlechter anstrebt, alle sollen alle Berufe ausüben dürfen usw., alle sollen die Familienarbeit machen, will die bürgerliche Frau zahlreich Privilegien erstreiten, eben gerade deshalb, weil sie eine Frau ist.

Wenn zum Beispiel Frauen in Führungspositionen die Lage der ArbeitnehmerInnen tatsächlich verbessern würden, bekämen sie diese Posten nicht, weil in der Wirtschaft der aus den Arbeitsprozessen erwirtschaftete Gewinn der einzige Maßstab für „Gutes Wirtschaften“ ist. Frauen, die in der Geschichte die politische Macht inne hatten, haben sich nun nicht gerade durch besondere Friedlichkeit, Güte usw. hervorgetan.
 
Die Frauenthemen
Obwohl sich die bürgerliche Frauenbewegung stärker durchgesetzt hat, kann man auch die Forderungen der Frauen in der ArbeiterInnenbewegung lesen. Und so entsteht der Eindruck einer einzigen Frauenbewegung. Das ist ein Irrtum, denn immer wieder sickern die ideologischen Grundlagen der bürgerlichen Frauenbewegung durch.

Das zeigte sich auch bei internationalen Frauenkonferenzen. Dern Organisatorinnen wurde von Frauen aus sogenannten Entwicklungsländern vorgeworfen, sie brächten die Themen der weißen wohlhabenden Frau der westlichen Industrienationen zum Ausdruck, was die schwarzen Frauen und überhaupt die Frauen in anderen Regionen der Erde und ihre Lage ignoriere.

Es ist durchaus richtig, dass die bürgerliche Frauenbewegung allzu oft bei sozialen Auseinandersetzungen eher die Seite der Wohlhabenden eingenommen hat. Und nun musste sich die Frauen aus Europa und aus den USA sagen lassen, ihr Wohlstand hänge auch mit der Ausbeutung nicht nur der Frauen in anderen Ländern zusammen. Sie würden sich z.B. recht oft antisozialistisch äußern, dabei jedoch die marktwirtschaftliche Ausbeutung der Völker auf dem Kontinent glatt unterschlagen, weil sie selber davon profitieren.

Auch die These, das sei die Folge der Männerpolitik und es werde alles besser, wenn erst einmal Frauen am politischen Ruder seien, überzeuge keineswegs. Denn in den Ländern größter Armut gab es Regierungschefinnen, die eher mit großen Schuhsammlungen statt mit Frieden und Gerechtigkeit in Erscheinung getreten seien, und politische Frauenseilschaften seien kein deut besser als Männerseilschaften.
Dumm ist nur, dass bei solchen Anlässen diese berechtigte Kritik vor allem von solchen Frauen vorgetragen wurde, die zum Beispiel auch für den Islam und das Kopftuch warben.
 
Der emma-Feminismus
Genau genommen ist ja emma nur eine Zeitschrift. Allerdings behauptet sie von sich erfolgreich, Sprachrohr einer Bewegung zu sein. Und weil es keine nennenswerten anderen Sprachrohre einer nennenswerten Frauenbewegung gibt, hilft sich emma mit einem Kampagnen-Journalismus.

Manche der emma-Kampagnen waren auch wirklich gut und trafen richtig. Die notwendigste von Frau Schwarzers inszenierten Kampagnen, in vor-emma-Zeiten, damals noch mit dem Stern, war die um die deutsche Gesetzgebung zum Abbruch unerwünschter Schwangerschaften.

In guter Absicht war die Kampagne zu gleichem Lohn für gleiche Arbeit in der junge emma. Frauen setzten immerhin durch, dass Frauen für gleiche Arbeit auch gleichen Lohn erhalten. Unterdessen gibt es aber sogenannte Leichtlohngruppen für ganz bestimmte Arbeiten, und, wie es der Zufall will, arbeiten in diesem Niedriglohnbereich ausschließlich Frauen. Die Zeitschrift emma war als linkes feministisches Hetzblatt in den Medien verschrien, was uns in die Arme von emma trieb. Aber die Zeitschrift war in einer wirtschaftlich eher erfolglosen Außenseiterposition.

Erfolgreich in den Medien wurde die Zeitschrift, als das Thema Sexualität aus einer Position aufgegriffen wurde, die sich in den 68er Jahren erkämpften sexuellen Freizügigkeit wandte, weil Frauen hier Männer-Opfer seien.

Es sei hier erinnert, dass in der jungen Adenauer-Republik jegliche Abbildung, die irgendwie als erotisch angesehen werden konnte, als Pornographie verboten war. Sexualaufklärung wurde als Pornographie verboten usw. Der Kuppeleiparagraf bestrafte Eltern oder Vermieter dafür, dass bei ihnen „nicht verheiratete“ Menschen Gelegenheit hatten, einvernehmlich sexuell miteinander zu verkehren. Männliche Homosexualität wurde wie sonst nur Schwerverbrechen mit Zuchthaus bestraft.

Gegen all dies wandten sich die 68er erfolgreich, hatten nahezu die ganze Jugend auf ihrer Seite und etwas leiser auch viele Ältere.
Diese „Errungenschaften“ seien nur welche für Männer, daher nichts wert, wurde argumentiert, und Frauen müssten wegen dieser sexuellen Freizügigkeit Männern zu Willen sein.

Das kam auch bis weit in bürgerliche Kreise gut an. emma verklagte den Stern wegen der Titelbilder, weil dort Frauen entwürdigend dargestellt seien. Später kam dann die PorNO-Kampagne mit dem Slogan: Pornographie ist die Theorie, Vergewaltigung ist die Praxis.
Lesbische Frauen wehrten sich gegen diese sexualfeindliche Funktionalisierung erotischer Darstellungen, indem sie einen eigenen Lesben-Porno drehten und dies breit publizierten. Zunehmend wurde klar, dass diese emma-Kampagnen schon geschickt in Grauzonen andockten, wo auch tatsächlich viel im Argen war, immer mit dem Hintergrund „Befreiung der Frau vor Männer-Gewalt“ aber immer häufiger unter Applaus konservativer Kreise in der Gesellschaft, denen durch die 68er Revolte die Felle weggeschwommen waren.
Miese Arbeitsverhältnisse in der Porno-Branche wurden zum Argument gegen Pornographie generell. Und Vergewaltigung möchte doch niemand begünstigen, also hat man generell gegen die Pornographie zu sein.

Die Kampagne gegen sexuelle Übergriffe auf Kinder im Schutz der ach so heilen Welt der Familie griff wieder ein wirklich brisantes Thema auf, aber es kam zu hysterischen Aktionen gegenüber z.B. den gesamten Väter und Mütter, Opas und Omas u.a. eines Kindergartens in Mainz, wobei viele dort von einer eifrigen Kindergärtnerin Verdächtigte ihre bürgerliche Existenz verloren, viele Familien vernichtet waren. Erst langsam wurden in dieser Sache die Köpfe etwas klarer.

Gegenwärtig laufen kleinere Kampagnen gegen die Prostitution an sich. Freier sollen bestraft werden, wenn sie sich auf eine Prostituierte einlassen. Es gibt ja auch tatsächlich den verbrecherischen Sklavinnenhandel mit Frauen aus Osteuropa. Aber 1987 unterstützte emma noch die Hurenverbände, die ihre Tätigkeit als Beruf anerkannt bekommen wollten und bessere Arbeitsbedingungen einklagten.
Die kleine Kampagne gegen das Homo-Mahnmal, das der staatlich verfolgten „Männer mit dem Rosa Winkel“ zu Gedenken errichtet werden soll, und auch zu Ehren der homosexuellen Männer und Frauen in den anderen Gruppen naziverfolgter Menschen, könnte dazu führen, dass kein solches Mahnmal entstehen wird.

Nehmen wir die Kampagne gegen das Kopftuch, das tatsächlich ein Symbol der Unterwerfung der Frau unter den Islam ausdrückt. Richtig, in den islamischen Ländern werden Frauen in allen Lebensbereichen diskriminiert. Richtig, dagegen muss Front gemacht werden. Darauf muss aufmerksam gemacht werden, auch, wenn es bei uns passiert, ebenso wie auf die Klitorisverstümmelungen von Frauen.
Aber wie ist das mit dem Frauenbild im Katholizismus? Wie sieht das mit der Gefahr der überall sich ausbreitenden Evangelikalen aus?
Nahezu alle Religionen sind frauendiskriminierend und frauenverachtend, bemühen sich, Frauen niedrig zu halten. Lediglich gegen die Muslime aufzutreten, kann auch von bürgerlichen Konservativen mitgetragen werden. Gegen ähnliche Erscheinungsformen im christlichen Bereich weniger.

Es ließen sich eine ganze Reihe von Beispielen anführen, dass emma von der Frauenbewegung der ArbeitnehmerInnen ideologisch in das bürgerlich, konservative Lager gewechselt ist. Aber schaut man genau hin, gab es auch schon früher die bürgerlichen Grundlagen in der emma. Offensichtlich glaubt das Team selber, dass Frauen die besseren Menschen sind, egal welchen sozialen Standart sie gegen die Wut der Menschen verteidigen müssen, deren Opferschicksal ihren Reichtum ausmacht, ihn überhaupt erst schaffte.

Die Lage der arbeitenden Frauen ist ihr etwas aus den Augen geraten. Wichtiger sind Frauen in Führungspositionen. Wer beklagt, nicht in Führunspositionen zu sein, sollte bedenken, in welcher Sache hier so eifrig geführt wird. Der Besuch der konservativen Kanzlerin in der emma-Redaktion adelte letztlich die Bemühungen der Zeitschrift. Man kann gespannt sein, welche Kampagne demnächst zu erwarten ist, und welches Elend als Zeuge dafür herhalten muss, dass emma auf dem richtigen Weg ist.

Je konservativer die Positionen sind, in die emma die engagierten Frauen führt, desto wirtschaftlich erfolgreicher wird das Blatt sein, weil es an dem teilnimmt, an dem auch andere „wirtschaftlich erfolgreiche“ Unternehmen teilnehmen, in Deutschland und weltweit.
Die unterbezahlt arbeitenden Frauen in den sogenannten Billiglohnländer schaffen diesen Wohlstand genau so, wie die Frauen (und auch Männer) in den vielen prekären Arbeitsverhältnissen in Deutschland.

Die immer deutlicher werdende Funktion dieser Zeitschrift ist sehr bedauerlich. Die Herausgeberin dieser Zeitschrift und die Zeitschrift selber hatten einst eine wichtige Funktion für die Emazipation der Frau und für die Emanzipation der Gesellschaft überhaut.
 
Die Themen der Emanzipation
Es sind im wesentlichen zwei Bereiche in denen die Lage der Frau nachhaltig zu verbessern ist: dem Bereich der direkten individuellen Demokratie und dem Bereich der sozialen Gerechtigkeit. Es kann nicht hingenommen werden, dass irgendwo in der Welt Frauen an ihrem Selbstbestimmungsrecht gehindert werden.

Die Welt ist globalisiert und das haben wir zuberücksichtigen, auch wenn wir Globalisierungs-gegnerinnen sind. Es gibt keine nationalen Märkte mehr, kein Reservat für bestimmte erreichten Standarts, wir haben es mit unsozialen Ausbeutungsverhältnissen zu tun, unter denen besonders Frauen zu leiden haben, aber eben auch Kinder und Männer. Der weltweite Sozial- und Kulturabbau macht nicht an Staatengrenezen halt, Willkür statt Demokratie, religiös gerechtfertigte Unterwanderung der Menschenrechte, Rückfälle in brutalpatriarchalische Verhältnisse, das alles spielt sich schleichend vor unsere Augen statt und bedroht unsere kleinen Freiräume und Errungenschaften.

Ausbeutungsverhältnisse, die an Rückfälle in Zeiten der Sklaverei erinnern, nehmen zu und dies nicht nur in sogenannten Staaten der „dritten Welt“, sondern in den Industriestatten selbst. Die Kolonialkriege verlagern sich schrittweise aus den Kolonialgebieten in die Gebiete der Kolonisatoren durch zunehmende unsozialen Verhältnisse. Die Diskriminierung der Frau hat ihr schleichendes Rollback. Religionen, in denen frauenverachtende und menschenrechtsverachtende sowie undemokratische Thesen als Wille einer höheren Macht ausgegeben werden, sind derzeit wieder im Kommen.
 
Demokratie
Demokratie hat etwas mit der Selbstbestimmung des Menschen über sich selbst zu tun, aber auch mit der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft. Religiöse Traditionen sind keine Rechtfertigung für die Diskriminierung der Frau und das Vorenthalten ihrer Menschenrechte. Schon immer haben sich gesellschaftliche und religiöse Traditionen geändert, andere sind weggefallen, grad wie es heutigen MachthaberInnen in der Kram passt.

„Mein Bauch gehört mir“ war eine richtige Parole, die gleichzeitig auch demokratische Rechte jedes Menschen über seinen Körper mit anspricht. Die üblen In-fremde-Betten-Gucker sind ebenso in ihre Schranken zu weisen wie die voyeutistischen Hinter-dem-Vorhang-Gucker und Türlauscher und private-Post-Schnüffler wie -innen genauso wie Kirchen und andere Religionsgemeinschaften, die sich einbilden, es sei ihr Recht, Frauen und Männern Vorschriften zu machen, wie sie sich verhalten oder glücklich werden wollen.

Es sind auch alle Versuche, religiöse Einstellungen in staatlichen Gesetzen unterzubringen, die ja für alle Bürgerinnen und Bürger gelten deutlich zurückzuweisen. Wir benötigen die strikte Trennung zwischen staatlichem Recht und religiösen Einstellungen sowie auch zwischen wissenschaftlicher Forschung und religiöser Glaubensverkündigung. Es darf in diesen Fragen keine Kompromisse geben, die Menschenrechte sind für alle Menschen da, und eingefordert werden müssen sie zumeist für die Frauen und Minderheiten.

Demokratie ist nicht nur die Rechtfertigung, ganze Völker mittels des Wahlrechts zu betrügen. Eine Demokratie (Volksherrschaft) ist nur eine, wenn die Menschen an den gesellschaftspolitischen Entscheidungen nicht nur in den Auswirkungen beteiligt sind. Und Demokratie kann eigentlich nur richtig funktionieren, wenn die Demokraten auch im privaten und zwischenmenschlichen Bereich die demokratischen Rechte Aller achten. Das muss eingefordert werden wo es nicht stattfindet. Es kann nicht geduldet werden, dass es undemokratische Reservationen gibt. Der Mensch ist kein Museumsstück und seine undemokratische Behandlung ist kein schützenswertes Brauchtum.
 
Soziale Gerechtigkeit
An der aufgeregten Debatte um ein paar mehr Kinderkrippen Durch die katholische Kirche und durch Politiker, die sich von ihr führen lassen, wird ganz klar: Die formale Demokratie reicht nicht, es müssen auch die sozialen Verhältnisse geschaffen werden, dass Menschen über sich selber entscheiden können.

Für Frauen bedeutet das: Familienarbeit ist keine Hausfrauenarbeit. Im Gegensatz zur fremdbestimmten aber bezahlten Lohnarbeit, die einzig dem Gewinn des Unternehmens dient und daher entfremdet ist, dient die Familienarbeit den Familienmitgliedern selber. Daher ist sie auch von den Familienmitgliedern zu leisten, nicht alleine von den weiblichen Familienmitgliedern.

Dort, wo Menschen noch unmündig sind oder unmündig werden, wo sie rund um die Uhr versorgt werden müssen, ist dies nicht die Aufgabe der Frau (auch nicht der Männer, Kinder, Großeltern usw.), sondern der Gesellschaft.

Wenn Familienmitglieder diese Aufgaben übernehmen, müssen sie tätige und finanzielle Unterstützung dafür erhalten, damit sie nicht auf Dauer damit alleine stehen. Man kann die Gesellschaftlichen Pflichten nicht einfach auf die Familien abwälzen, was finanziell für heutige Familien kaum zu schultern ist, was außerdem in vielen Fällen heißt: die Frauen, sofern sie noch alleine die Familienarbeit leisten. Ohne einen gewissen Standart an sozialer Gerechtigkeit kann es für uns keine individuelle Freiheit geben.

Daher ist es wichtig, dass in der Sozialgesetzgebung des Staates frauendiskriminiernde Inhalte von uns nicht geduldet werden. (Die RoLü-Frauen)

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