89. Ausgabe, Winter 06/07
 
Krimineller Szenensex
Wenn man das eine (Sex) tut, um etwas anderes (Ausrauben, Erpressen, Diebstahl usw.) zu tun, dann ist dies “Beischlafkriminalität”. Aber wo ist die Grenze, wenn in einer Beziehung zum Beispiel ein Ausflug ins Kino “erschlafen” wird, den der/die Partner/in in Wirklichkeit nicht wollte?

1. Zum Begriff
“Beischlafdiebstahl” ist der Name eines Deliktes, das es nach unserem Strafgesetzbuch gibt. Damit ist das Bestehlen des Freiers durch eine Prostituierte gemeint, aber natürlich gibt es das auch durch einen oder mehrere Prostituierten und natürlich bei einem sogenannten ONS (One-Night-Stand). Dabei ist der Begriff “Beischlaf” aus der teilweise sogar religiös definierten heterosexuellen Mottenkiste, bei dem das “Beiwohnen” oder “Beischlafen” etwas mit der Zeugung zu tun hat, wo also Sperma durch eine heteroSEXuelle Handlung in den sogenannten Muttermund gelangt.

Benutzen wir nun ein anders Wort oder deuten wir das Wort um, damit es unserer Fragestellung dienen kann?
Es muss sich um jegliche Form der normalerweise einvernehmlichen Sexualität handeln können, aber auch um eine erzeugte sexuelle Spannung handeln, der der andere Partner, der zu etwas gedrängt werden soll, einfach nicht widerstehen kann, dem dann Sex als Belohnung in Aussicht gestellt wird. Das geht besser, je monogamer die Beziehung strukturiert ist. Sex-Kriminalität?

Nein, das geht nicht, weil ja auch die erzeugte Erotik mitgenannt werden muss und weil es hier nicht nur um Kriminalität handelt, sondern auch um den ganz normalen Beziehungsalltag.

Bei den oben genannten und als Kriminalität eingestuften Verhaltensweisen geht es um den gleichen Vorgang, nur eben heftiger, übertriebener, also in der Zielsetzung schon um etwas Kriminelles mit sexuellen Mitteln Erreichtes. Aber die Struktur des Vorganges ist die Gleiche: Sex oder sexuelle Verheißung als Mittel der Manipulation zu Zielen, die nichts mit der Sexualität zu tun haben, in der Regel zum Nachteil des Manipulierten. Gibt es dazu ein treffendes Wort?

Wie kann man das Folgende mit einem Wort zusammenfassen: Manipulation mittels Sex oder sexueller Verheißung mit dem Ziel, sich zum Nachteil des Manipulierten eigene Vorteile zu verschaffen. Sex-Manipulation? Das geht auch nicht, denn die Sexualität eines Menschen soll ja nicht manipuliert werden, beispielsweise die homosexuelle sexuelle Identität zur heterosexuellen Identität.

Also anders herum: manipulativer Sexeinsatz, doch da gibt es Leute, die es nicht gut finden, sich dagegen zu stellen. Ich meine nicht die Täter, sondern die „Opfer”, weil man ja auch ganz gerne mal zu sexuellen Handlungen „rumbekommen” werden will.

Aber man will ja hier zur Sexualität manipuliert werden und nicht mittels Sex zum eigenen Nachteil ausgenutzt werden, und das macht den Unterschied. Der Begriff Manipulation intendiert ja schon das Inszenieren und Ausnutzen eines im Voraus zu berechnendes Verhaltens des Opfers zum eigenen Vorteil.

Das ist wirklich eine ernste und schlimme Sache, auch innerhalb einer Beziehung. Dem Manipulierten darf dabei nicht klar werden, dass er manipuliert wird und mit welchen Mitteln er manipuliert wird, sonst klappt es nicht. Er glaubt ja, dass es um einvernehmlichen Sex geht. Daher ist “manipulativer Sexeinsatz” der durchaus richtige Begriff. Ob jemand etwas will oder nicht will, ist zu akzeptieren, beispielsweise auch beim Sex. Das sich gerne “rumkriegen” lassen, ist nicht wirklich Manipulation, sondern nur das einvernehmliche Rollenspiel “Manipulation”.

2. Wo und wie findet Manipulativer Sexeinsatz statt?
Na zum Beispiel in Deiner lesbischen bzw. schwulen Beziehung. Das ist nix neues, das machen die Heten auch. Wobei die/der immer am Drücker ist, der/die Sexualität weniger oft will oder zur Verbesserung der Verhandlungsposition angeblich weniger oft will.
 
Wenn man Heten-Stammtisch-Witzen glauben will. Ist es dort der Mann, der öfter will und die Frau, die den Schlüssel zu Lust in ihren Händen usw. hält, zumal Mann ja auch nicht “fremd gehen” darf. Man spricht hier ja auch über die “Schenkelpolitik”. Im übrigen, bei Hetenbeziehungen weiß ja jeder Mann, dass er bei einer Frau nur dann sexuell landen kann, wenn sie den Eindruck einer völligen Übereinstimmung in allen Bereichen hat.
 
Das macht es notwendig, dass der von ihr sexuell angeheizte Mann es für seine Entspannung für weniger wichtig hält, welche Bedingungen außen herum vorherrschen. Das wird ihm dann noch zum Vorwurf gemacht. Sehr bezeichnend sind dann für solche Machspiele auch Behauptungen wie: “Wir können immer über alles ganz ehrlich sprechen” (Das meint, ich sage immer die Wahrheit, also musst Du es auch). Oder: “Das hättest Du aber auch mit mir besprechen können” (Meint, meinem Urteil unterwerfen). Ob es wirklich immer so ist – wer weiß das. Aber da sich die Frau in der Gesellschaft wie in der Beziehung für verantwortlich hält, die Moral zu garantieren, trifft dies zumindest für die ältere, die konservative Version dieser möglichen Beziehungsform zu. Und die neu nachwachsenden jungen und modernen Hetenpaare, sind die wirklich anders, wie behauptet wird?

In lesbischen Beziehung treffen nun zwei zur Frau sozialisierte Menschen aufeinander, und wenn sich dann von beiden Seiten Moralargumente treffen, kann nix passieren. Grund genug, dies in Frage zu stellen. Die am fristen in einer solchen Auseinandersetzung einknickt und ihr sexuelles Verlangen eingesteht, gibt der anderen die Rolle der Machwächterin in die Hand, denn die Kontrolle über das ob, wann und was, das ist eine Machtposition. Hier bieten sich dann die Möglichkeiten, für das Gewähren einer sexuellen Gunst, Bedingungen zu stellen, die über das sexuelle Zusammensein hinausgehen.

Bei Männerpaaren treffen nun zwei zu Männern sozialisierte Menschen aufeinander, also zwei sexuelle Freibeuter, egal, ob sie beim AV vorrangig die aktive oder passive Rolle einnehmen. Zwar ist es hier unterdessen auch üblich geworden, ganz besonders sein Einführung der Homo-Ehe, vom jeweils anderen Partner “treue” einzufordern, doch ob die jeweils eigene immer so tragfähig ist, das ist dann doch sehr fraglich. Wenn hier jemand Schenkelpolitik versucht, wird er doch relativ schnell durch das Verhalten des Partners belehrt, dass der auch andere Möglichkeiten nutzen kann. Hier dominiert der, der es sich aufgrund seiner guten Positionierung in den Szene-Beliebtheits-Normen deutlich mehr Möglichkeiten hat als der Partner jung, schlank, passiv, haarlos oder eben etwas älter, behaart, etwas kräftiger (dicker), aktiv und von unbegrenzter Potenz und dazu vor allem ein großer Schwanz.

Da das schmächtige junge Etwas überall viel interessierte massive Männer trifft, haben die Jungen hier häufig ein divenhaftes Verhalten.
Wer also besser Chancen hat, dort begehrter ist, hat zumeist in der Beziehung die besseren Karten. Ob es sich nun um lesbische oder schwule Paare handelt, der gegenseitige Manipulative Sexeinsatz findet hier überall mehr oder weniger erfolgreich statt. Folgende “Beziehungssätze” kennzeichnen dieses Verhalten: “Wenn Du mich wirklich liebst ...” (Es folgen dann Bedingungen für das Zusammenleben, deren Nichteinhalten den Liebesverlust zur Folge haben, also keine Gegenseitigkeit). “Du warst heute so lieb, aufmerksam, nett zu mir, dass ....” (Sex als Belohnung für Wohlwollen, was die moralische Überhöhung der/des Sex-Gewährenden zumindest als Anspruch formuliert). “Ja, aber lass uns doch erst noch über ... reden.” (Und hier wird nun das erreicht, wofür es vorher kein Einvernehmen gab).

Du triffst Deine Ex, und deren Trennung von Dir hast Du noch nicht überwunden. Noch immer bist Du ihr sexuell hörig. Sie gibt Dir zu verstehen, dass Du durchaus bei ihr Chancen hast, doch ist sie leider im Moment in einer derartigen finanziellen Lage ... Wir wissen von wirtschaftlicher, physischer und psychischer Ausbeutung in unterschiedlichen lesbischen und schwulen Partnerschaften. Warum sollte es bei uns anders sein als bei Heten?

Du gehst noch mal am Park vorbei, weil in der Kneipe nix bzw. niemand los war. Da steht jemand verlockend in einem Gebüsch, winkt Dir mit seinem Schwanz. Du gehst auf ihn zu, er greift Dir an die Hose, zieht Dich ins Gebüsch, holt Deinen Schwanz raus, bläst ihn an und wixt dran und sagt, dass er aber vorher 100 Euro haben möchte..., oder er zieht Dich ins Gebüsch, macht Dir die Hose auf und es kommen 2 andere Typen, die zu ihm gehören, sie schreien Dich an: “Schwule Sau, Du hast mich angemacht”, sie prügeln Dich, klauen Deine Brieftasche mit allen Papieren und den Schlüsseln und lassen Dich angeschlagen dort liegen. Das kann auch passiert nacht einer erfolgreichen Cruising-Tour in Deiner Wohnung passieren oder auch bei Typen, die Du über das Internet kennen gelernt hast und die Dich besuchen wollen, angeblich, um mit Dir Sex zu haben, und von ihrem erotischen Werben bist Du ganz wuschig geworden.

Hier, bei Raub, Misshandlung usw. ist die sexuellen Manipulation der schwache Punkt bei uns, die immer mehr zunehmenden kriminellen Handlungen und Gewalttätigkeiten an uns anzubahnen. Solche kriminellen Handlungen an Sexsuchenden sind nicht neu und sind nicht auf unsere Szene beschränkt. Jetzt aber, wo immer mehr Menschen sich wirtschaftlich chancenlos sehen, wo seit Kohls geistig-moralischen Wende überall die wirtschaftsliberale Lehre verkündet wird: “Nimm, was Du kriegen kannst, koste es, was es wolle”, wo sich die Oberschicht vor allen Augen schamlos auf Kosten des Ruins der Leute bereichert, die das alles erarbeitet haben, wo selbst ein ehemaliger christlicher Kanzler in den Verdacht der Schwarzgeldannahme geriet und dies nicht widerlegen konnte, wo zum Schutz des Schwarzgeldes offen Tabus gebrochen wurden und von “jüdischen Vermächtnissen” geredet wurde ... Jetzt, wo dies alles geschieht, ist mit Gewalt, Skrupellosigkeit und Grausamkeit von Menschen zu rechnen, die ihre Menschlichkeit verloren haben.

Und da ist es nicht verwunderlich, dass zum Durchsetzen krimineller Ziele auch die Sexuelle Manipulation verwendet wird. Was nutzen die besten Türschlösser, wenn wir solchen Kriminellen die Türen selber öffnen, weil sie uns glauben machen, sie fänden uns geil und wollten Sex mit uns? Gut, dass seit der Abschaffung des § 175 StGB nicht die Überfallenen noch staatlich verfolg werden, wenn sie in der Lage sind, eine Anzeige zu erstatten.

Die Sexuelle Manipulation ist eine üble Methode, egal ob sie nur benutzt wird, persönlichen und wirtschaftlichen Vorteil gegenüber einen anderen Menschen in einer Form zu erlangen, die durch den Staat nicht strafverfolgt wird, oder ob sie für die Anbahnung von Zielen benutzt wird, die zusätzlich noch strafrechtlich verfolgt werden, also kriminell sind.
 
3. Gibt es Schutz vor Sexueller Manipulation?
Liebe/r Leser/in, zu Deinem eigenen Vorteil will ich nun mit Dir Diskutieren, wie Du es vermeiden kannst, das Risiko zumindest mindern kannst, durch Manipulativen Sexeinsatz geschädigt zu werden.
 
3. 1. “Erkennen” hilft “Vermeiden”
Das generelle Mittel gegen die Manipulation an sich ist der kritischen Blick auf das eigene Selbstbild. Manipulation setzt am Selbstbild an. Selbstbild, das ist das geschönte Bild, das jeder Mensch von sich hat. Ein Mensch freut sich oder fühlt sich wohl, wenn dieses Wunsch-Selbstbild bestätigt wird. Beim Bestätigen des Selbstbildes eines Menschen kann der Manipulator sehr gut seine eigenen Ziele damit verbinden. Er muss nur das, was er erreichen will, mit dem Selbstbild des Manipulierten und der angenehmen Rolle, in die ein Mensch durch die Bestätigung des Selbstbildes gebracht wird, verknüpfen. Dem kann sich kaum ein Mensch entziehen, er müsste denn sein eigenes Selbstbild infrage stellen. Beispielsweise: “Sie sehen aber wirklich stattlich aus” zu einem dicken Menschen, “Du siehst ja viel jünger aus, als ich gedacht habe”, zu einem älteren Menschen, “Gerade Deine Kreativität ist sehr faszinierend,” zu einem monotonen Menschen usw. das muss natürlich in einem glaubwürdigen Zusammenhang gebracht werden, aber bei Lob und Schmeicheleien freuen wir uns immer und ein Mensch kann unendlich viel davon vertragen.

Der Manipulierte darf nicht erkennen, dass er gerade manipuliert wird, zu welchem Zweck er manipuliert wird und auf welche Weise das geschieht. Erkennt er das, ist die Faszination an der bestätigten Rolle gefährdet, die Manipulation kann miss-lingen.
Beim Manipulativen Sexeinsatz jedoch kommen da einige Erschwernisse gerade bei unserem Leben in den Nischen unserer Szene hinzu, die etwas mit dem “Opfertyp” zu tun haben.
 
3. 2. Was für ein Opfertyp bist Du?
1. Du lebst in einer Beziehung und Dein Schatz ist Dein Ein- und Alles, auch sexuell, und daher bist Du „treu”.

Das bedeutet natürlich, dass Du Dich freiwillig in sexuellen Fragen ganz und gar Deine(r)m Part- nerIn auslieferst. Sicherlich gehört zur Absicherung dieses Arrangements auch die Duldung eifersüchtiger gegenseitiger Überwachung. Daher bestimmt Ihr gegenseitig, wann der jeweilig andere Partner Sex hat und mit wem. In Zeiten frischer Verliebtheit könnt Ihr auch nur Positives darin erkennen. Doch wenn sich dann herausstellt, dass Ihr ungleich oft Lust aufeinander habt, kann der-(die)jenige, der/die es nicht (mehr) so oft mag, mehr und mehr die Bedingungen bestimmen, unter denen es passiert. Sicherlich ist er/sie nun erst recht besonders an Deiner „Treue“ interessiert, denn nur so lange sie existiert, bist Du so angenehm aufmerksam oder so. Aber dafür bekommst Du ja, was Dein sexuelles Herz begehrt. Und dieser Gegenwert ist Dir etwas wert, so dass Du das eine oder andere Opfer dafür gerne erbringst.
 
2. Du lebst in einer Beziehung, und Dein Schatz hält Dich sexuell an einer langen Leine.
Wenn hier die Bedingungen gelten, wie im Beispiel „1“, bist Du schon in einer eher unangenehmen Situation, da Du die erwartete Befriedigung nur unzureichend erhältst, aber dennoch Dir nicht an andere Stelle oder mit anderen Menschen das Dir Fehlende beschaffen darfst, hängst Du an einer langen Leine. Und das bedeutet, dass Du Dich in dieser Beziehung ganz schön anzustrengen hast, um ein wenig sexuelles Glück zu habe. In Heten-beziehungen ist ja die Rede von der Migräne. Und die wahre Liebe zeigt sich im Verzicht. Und dann, man will ja auch nicht immer nur „das Eine“.
Jede(r) weiß, während er/sie Dir solche Vorwürfe macht, dass es nur um die Beziehungsklammer bzw. das Beziehungsband ist, das auf diese Weise verteidigt wird. Und dass der Vorwurf „Du willst mich nur als Körper benutzen“, und auch „wo bleibt die Liebe, Du willst immer nur Sex“, das bedeutet nämlich in der Übersetzung: „Ich mag nicht (mehr) so viel Sex“.
Dadurch werden die sexuellen Erlebnisse, die Du Dir noch zu genehmigen traust, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen, immer kostbarer.
 
3. Du lebst in einer Beziehung, die Dir viel Wert ist, obwohl die Sexualität zwischen Euch eingeschlafen ist.
Wenn diese Beziehung auch bei beiderseitigem Nachlassenden der sexuellen Lust aneinander noch tragfähig ist, dann ist das Verlangen, sich gegenseitig eifersüchtig zu überwachen eher gering. Da gibt es die Möglichkeit, gemeinsam auf die Suche nach sexuellen Abenteuer zu gehen, oder getrennt, sich jedoch dabei gegenseitig unterstützend. Hier ist innerhalb einer solchen Beziehung der manipulative Sexeinsatz kaum zu finden, er kommt von außen. SexpartnerInnen von außen benutzen eine solche Beziehung gerne als Abbruchhalde. Sie denken, weil kaum mehr Sex stattfindet oder Ihr in einer offenen Beziehung zu leben scheint, dass sie, falls sie Interesse daran haben, Deine vertraute Beziehung schlicht ignorieren können und ihre mehr oder weniger regelmäßige Treffen zu einer Beziehung ausbauen können, und dass langsam, unmerklich, so dass es zuerst Deinem/r Bezieh-ungspartnerIn auffällt und Du noch am Genießen bist. Hier solltest Du bei Deiner/m Beziehungs-partnerIn nicht gleich Eifersucht unterstellen, sondern diese Bedenken durchaus ernst nehmen. Es könnte nämlich nicht nur sein, dass er/sie recht hat, es reicht ja auch, dass er/sie das so sieht, um Deine vertraute Beziehung zu gefährden.
 
4. Du hast noch wenig Erfahrung mit homosexuellen Kontakten und suchst daher sofort nach einer festen Beziehung.
Deine Beziehungsvorstellungen hast Du nicht in der Szene homosexueller Frauen oder Männern gelernt, sondern in der Welt der „Normalen“, wie das so schön heißt. Sie stammen von Vorbildern und vielleicht auch Talkshows.
Dann bist Du bereit, auf Vieles zugunsten Deiner Liebe zu verzichten und erwartest das auch von Deinem/r PartnerIn. Alles was darauf hindeutet, dass Dein/e PartnerIn sich anders verhält, als Du es durch Deine Vorleistungen vorgibt, verletzt Dich. Liebesbeweise sind Vorleistungen, und wenn die Resonanz nicht wie erwartet und erhofft zurückkommt, dann kommen sich die Vorleistenden ausgenutzt und lieblos behandelt vor.
Gerade diese Sensibilität ist der wunde Punkt für den manipulativen Sexeinsatz und andere Bezieh-ungs-Manipulationen. Da handelt es sich in diesen Beziehung um milde Formen dieser Manipulation, etwa: „Wenn Du mich wirklich liebst ...“
Die kleinen zarten Vorwürfe, die aus der gegenseitigen Anspruchshaltung entstehen, sind anfänglich noch Manipulationen im gegenseitigen Einvernehmen. Aus ihnen können die Katastrophen entstehen, die in den Talk-Shows dann auch wie zwangsläufig folgen.
Warum? Weil in solchen jungen neuen Lieben eben noch nicht die Erfahrungen und Reife sowie auch Abgestumpftheit existieren, die notwendig sind, mit einiger Vernunft dann doch eine etwas realistischere Beziehungspflege gestalten zu können. Hinter diesen naiven Liebesbeziehungen steht ein falsches Menschenbild.
Diese Vorbilder an Beziehungen sind die Aushängeschilder von Beziehungen, gemäß der gesellschaftlich erwünschten Vorgaben. Erst wenn man durchschaut, dass so die Menschen gar nicht sein können, ist man einigermaßen sicherer davor, dass eine schöne große Liebe durch kleinliches Gezänk zermürbt wird.
Diese kleinen Manipulationen sind nämlich auch kleine Lieblosigkeiten, auch wenn sie aus Liebe geschehen.
 
5. Du bist besonders an ONS interessiert, woraus zu entnehmen ist, dass Du keine besonderen Schwierigkeiten hat, jemanden kennen zu lernen.
Das ist aber schön für Dich. Offensichtlich verkörperst Du einen Typ von Frau/Mann, der in der Szene ankommt. Und die Menschen, die auf Dich gerne einsteigen, sind genau das, was Du suchst.
Das alles sind absolut gute Voraussetzungen für ein promiskes Leben. Und Du lebst und liebst es auch, dieses Leben. Nein, gegen ein Beziehung hast Du im Grunde nichts, doch Deine Freiheit, immer mal wieder nach attraktive Menschen schauen zu wollen, möchtest Du nicht vor einem/r Be-ziehungspartnerIn auf unwürdige Art verbergen müssen, und überhaupt, immer dann alles absprechen zu müssen, wenn Du gerade spontan reagieren müsstest/wolltest, das ist Dir einfach zu unangenehm.
Es gibt Leute, die sich eher in einer Beziehung wohl fühlen, und die sich freuen, wenn immer jemand in ihrer Nähe ist. So bist Du nicht, denn Du willst lieber alleine sein, besonders dann, wenn Du es willst, und Dich dafür nicht auch noch rechtfertigen müssen.
Die Gesellschaft geht in all ihren geschriebenen und ungeschriebenen Gesetzen, Moralvorstell-ungen, und Selbstverständlichkeiten von einer Zweierbeziehung aus, die in sexuellen Fragen eine Ausschließlichkeit beinhaltet.
Für Dein Leben, das nach anderen Prinzipien aufgebaut ist, gibt es wenig gesellschaftliche Bestätigung. Also benötigst Du wenigstens die zwischen-menschliche Bestätigung, und das mach Dich zum potentiellen Opfer von manipulativen Sexeinsatz.
 
6. Du bist deutlich älter als Deine WunschsexpartnerInnen.
Da wirst Du von Jüngeren, auch bei einfachen Gesprächsversuchen, in der Szene oftmals wie eine Anmaßung behandelt. Daher bist Du empfänglich für jede freundliche Zuwendung von den jungen Szene-Menschen, die Du für attraktiv hältst. Und eine ganze Reihe schwuler (bzw. lesbischer) Mitmenschen gibt es ja, die auch ein erotisches Interesse bekunden. Ist das nicht toll? Zumal das dann ja gerade bei Dir gegen den unangenehmen Trend zum Jugendkult gerichtet ist. Das kann doch nur Deine Eitelkeit streicheln. Und wenn Du dann mit jemanden dieser Art im Bett bist und der/die in einer netten Situation plötzlich von Geldschwie-rigkeiten zu sprechen anfängt, oder dass er/sie nicht weiß, wie er/sie im Anschluss nach Hause kommen soll, dann ist natürlich diese schöne Stimmung sofort absolut versaut. Zwar könnte man dann sagen: „Lass uns doch später davon reden“, aber das wird den jungen Mann oder die junge Frau nicht davon abhalten, davon zu reden.

Also, Du gibst nun etwas Geld? Dann ist gefühlsmäßig schon Vieles im Argen und sexuell kann auch alles vorbei sein, die/der Betreffende ja nun hat, worum es ihn/ihr ging. Oder Du sagst: „So hatten wir das aber nicht ausgemacht, nein, tut mir leid, ich zahle nichts“, dann ist sexuelle natürlich auch alles vorbei. Und wie geht das weiter? Der/Die Geschäftspartner/in hat natürlich längst die Lage erkundet, wie es so bei Dir aussieht, ob Du eher kräftig oder eher schwach wirkst usw. Ob Du nun gezahlt hast oder nicht, das Resultat kann durchaus sein, dass Du ihn/sie nun nicht mehr los wirst und Deine Lage nun unhaltbar wird. Es kann auchsein, dass eine weitere Person längst vor der Türe wartet und von dem süßen jungen Menschen hereingelassen wird. Das kann sein, muss aber nicht. Es findet aber ständig statt.
 
4. Die Gefahr des ständigen Misstrauens in einer Beziehung
Ob er fremd geht? Er hat mich heute keines Blickes gewürdigt, sich umgezogen und ist dann gegangen, hatte dabei äußerst gute Laune. Das ist doch nicht normal. Hat er nicht neulich über seinen neuen Kollegen recht begeistert erzählt?
In ihrer Wäsche, ich mache für uns beide den Haushalt, habe ich einen benutzten Slip gefunden, der nicht von ihr ist. Wen hatte die zu Besuch, als ich 4 Tage bei meiner Mutter war?

Also das mit dem Sex, das ist schon lange nicht mehr so wie am Anfang. Immer häufiger verkriecht er sich an seinen Rechner, statt mit mir ins Bett zu gehen, und in der Chatline schau er sich immer häufiger die Gaypics an, von behaarteren Typen als ich es bin. Es ist für mich immer aufwendiger, ihn für eine heiße Sexszene zu gewinnen. Manchmal glaube ich, dass er mich gar nicht mehr so richtig mag, aber dann ist er auch wieder so lieb zu mir.

Also meistens will sie nur Sex mit mir, wenn sie von der Arbeit kommt, und interessiert sich gar nicht mehr für mich. Es fällt ihr auch gar nicht auf, dass ich mich auf sie vorbereitet habe, mich nett angezogen habe, das schöne Essen vorbereitet habe. Es wird immer schwieriger, ein bisschen Liebe und Achtung von ihr zu spüren, bevor wir dann Sex haben.

Mein Konto ist leer und sie ist weg. Ich müsse ihr einen Beweis geben, wenn ich sie so liebe, dass sie zu mir zieht, hatte sie mir damals gesagt. Später, als sie dann immer mit meinem Auto gefahren ist, und ich mit dem Bus zur Arbeit gefahren bin, wurde mir das noch mit liebevoller Hingabe belohnt.

Als sie anfing, nach mir zu schlagen, war der Punkt für mich überschritten, der noch das Positive in der Beziehung sehen lässt. Doch den Schritt zu ihrem Rausschmiss schaffte ich nicht.

Schade, dass wir eben doch nicht ganz ehrlich sein konnten, als wir beschlossen hatten, da wir beide negativ sind, mit niemand anderem Sex zu haben, um nicht safer Sex machen zu müssen. Und nun hat er nicht denn Mut gehabt, mir den unsaferen Seitensprung mitzuteilen. Heute sind wir nun beide positiv. Nach einiger Zeit habe ich es ihm verziehen, und er ist sehr lieb mir gegenüber geworden, er liest mir jeden Wunsch von den Augen ab.

In einer Beziehung begegnen sich Menschen mit ihren Stärken und Schwächen, ihren Interessen und Entbehrungen. Da gibt es viele mögliche gegenseitige Manipulationen, und wohl auch die eine oder andere nötige Manipulation.
Man kann also nicht allen Menschen trauen? Man kann niemanden trauen? Halt, völlig falsche Sichtweise, erinnert an Fernsehfilme: den Guten kann man trauen, den Bösen muss man misstrauen?

Das „Böse“, dem man nicht trauen kann, das sind die falschen Auffassungen über die Menschen, über die Liebe, über Beziehungen und über „Gut“ und „Böse“. Menschen sind Menschen, und das andere, was und als Leitbilder dargeboten wird, das sind fiktive Gestalten, die es real nicht gibt. Und so sind auch die Verhaltensweisen von Menschen anders als es in den Romanen, Filmen, Zeitschrif-tenstories usw. geschieht. Da wäre man doch nicht ganz bei Trost, wenn man sich das Leben selber versaut, weil man ein falsches Menschenbild hat.
 
5. Die Gefahr des ständigen Misstrauens in der Gesellschaft
Ich könnte niemanden mehr einladen, nie mehr cruisen, nie mehr ausgehen, wenn ich dieses Misstrauen hätte, das Du hier predigst. Ohne ein bisschen Grundvertrauen in die Menschen, möchte ich nicht leben, sagst Du.

Grundvertrauen hin oder her, sage ich. Vertrauen in selbst eingeredete Fiktionen, wie eine Beziehung und wie der Traummensch sein sollte, das ist nicht sinnvoll. Das kann nur schief gehen.

Menschen sind letztlich so, wie die Gesellschaft sie behandelt, und das ist nicht so sanft. Wer sich ständig gegen gesellschaftliche Angriffe zu wehren hat, wie soll der Zartsinn entwickeln? Und wer ständig gesellschaftlichem Druck nachgibt, wie soll der selbstbewusst sein?
Wenn man keine Wunder von den Mitmenschen erwartet, dann kann man ein gewisses Grundvertrauen auf realistischer Basis entwickeln. Das schließt ein, dass man sich selber auch vielleicht trauen kann, weil man nicht mehr an die eigenen Illusionen über sich selbst glaubt.

Wie gerne wäre ich so oder so. Doch wenn ich überraschend spontan reagieren muss, zeigt es sich, dass ich doch anders bin. Darüber braucht man sich aber nicht zu schämen, es ist so. (js)
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