87. Ausgabe, Sommer-Lust 06
 
Die Rente sinkt und sinkt
Wenn mal wieder von einer Reform die Rede ist, bekommt wohl jeder einen großen Schreck und überlegt entsetzt, wie das alles noch klappen soll, finanziell zum Beispiel. Und so denken sicher gegenwärtige RentenerInnen und zukünftige Rent-nerInnen, und damit wir alle.

Ja klar, unsere Feierwütigen jungen Menschen sagen, dass sie als junge Leute viel Spaß haben möchten und nicht jetzt schon an die Rente denken wollen.
 
Ist dieser Text also für die Alten geschrieben worden? Ja, das ist er. Aber er ist auch für die Jungen geschrieben worden, wenn sie lesen können und wollen, denn das betrifft sie auch, selbst wenn sie heute noch nicht an das Älterwerden denken möchten.
 
Jeder Mensch in Erwerbsarbeit weiß sicherlich, dass auf seinem Rentenkonto der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenentgeltpunkte gesammelt werden, (Ein Punkt pro Jahr bei einem durchschnittlichen Gerhalt).
 
Das ist ein sehr gutes Prinzip, denn damit lässt sich der Geldwertverfall über einen Zeitraum von ca. 45 Jahren Arbeitsleben überbrücken.
 
Als ich (Joachim, Jahrgang 1944) Lehrling war, bekam ich z.B. im 1. Lehrjahr in der Woche 3 DM, und als ich ausgelernt hatte war mein Gehalt natürlich entsprechend. Aber ich bekam meine Rentenentgeltpunkte, die mit dem heutigen aktuellen Rentenwert verrechnet werden.
 
Diese Punkte werden nämlich im Rentenfall mit dem aktuellen Rentenwert (aRw) multipliziert und daraus entsteht die Monatsrente. Der aRw beträgt seit 2003 nun 26,13 Euro west oder 22,75 Euro ost.
 
Die Summe des aRw wird jedes Jahr zum 1. Juli an die Lohnentwicklung angepasst, und das ist das wichtigste. Denn wenn die Preise steigen und die Gewerkschaften dennoch kein höheres Gehalt erzielen, ist natürlich die Kaufkraft des Gehaltes oder der Rente weniger wert.
 
Daher sind z.B. die Streiks um neue Tarifverträge auch für die RentnerIn-nen wichtig. Und mit den Löhnen steigen dann im Prinzip die Renten. Diese Anpassungs-Steigerung der Rente an die Kaufkraft heißt die Dynamisierung der Rente.

Seit 2003 stiegen die Renten nicht mehr, und das bewirkt einen Kaufkraftverlust. Unter Schröder wurde die zukünftige Steigerung, wenn sie denn mal wieder eintritt, um ca. 1% durch den Nachhaltigkeitsfaktor gekürzt.
 
Damit sollte angeblich ein Ausgleich zwischen den Generationen erfolgen. Doch in Wirklichkeit erhalten die Jungen nicht 1% mehr, sondern das ist schlicht eine Kürzung der möglichen Steigerung, die ja nur eine Anpassung an die Preise ist. Es soll ja damit nur der Kaufkraftverlust des Geldwertes ausgeglichen werden.
 
Die Steigerung soll aber nun auch durch den so genannten Nachholfaktor gekürzt werden.
Die Regierung Merkel/Müntefering rechnet nämlich das Zubrot zur Sozialhilfe (Alg II), den 1-Euro-Job also, mit in die Gehälter, wodurch die durchschnittlichen Gehälter sinken. Und so müsste der aRw eigentlich sinken. Dagegen klagt nun der Sozialverband Deutschland SoVD.
Das Senken soll aber nicht direkt geschehen, weil dann nämlich die Sozialämter nicht mehr zurecht kämen.
 
Und diese nun nicht durchgeführte Rentensenkung soll auch auf die zukünftige Steigerung umgelegt werden, wenn sie dann mal kommen sollte, und daher ist mit einer realen Steigerung bzw. Anpassung der gesetzlichen Renten an die Kaufkraft der Renten kaum mehr zu rechnen. Wie hoch wäre denn auch eine solche Steigerung?
 
Die Renten werden also aufgrund des Kaufkraftverlustes real Jahr für Jahr weniger Wert sein. Das ist z.B. bei den vielen Abgabenerhöhungen und auch der kommenden Mehrwertsteuererhöhung besonders tragisch.
 
Und die gegenwärtigen wie auch die zuküftigen RentnerInnen erhalten für ihre erarbeiteten Entgeltpunkte demzufolge immer weniger realen Gegenwert, das sei den Jungen hier ausdrücklich gesagt.
 
Die Rentenversicherungen sind nicht staatlich, sondern Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Aber es gibt einen Staatsvertrag, denn die Gründe für mehr oder weniger Arbeitsplätze und höhere oder niedrigere Einnahmen hat nicht die Rentenversicherung und haben nicht die zukünftigen Rerntner zu verantworten.
 
Wenn die Rentenversicherungen mehr einnehmen, als sie in Form von Renten usw. ausgeben, geht dieses Geld an die Staatskasse, und wenn die Einzahlungen zur Rentenausgabe nicht ausreichen, soll der Staat dafür eintreten. Der Staat kann sich der Zuzahlung, den Bundeszuschuss also, teilweise entziehen, denn er kann ja die Gesetze ändern. Und das geschieht zur Zeit.
 
Der Bundeszuschuss soll nicht mehr dynamisiert werden, dadurch sinken die Renten dann zusätzlich real (nicht nominell) um ca. 4%.
 
Durch die Verdopplung des Pflegeversicherungsbeitrages der Rentner-Innen sollen die Renten um 1,3% gekürzt werden, und durch die Verdoppelung des Krankenversicherungsbei-trages außerdem noch um 7%.
 
Die Einzahlungen für die Hartz-IV-Empfänger werden von 78 auf 40 Euro gesenkt, was weniger Einzahlung in die Rentenkasse und für die Hartz-IV-Empfänger weniger Rente bedeutet.
Die Anhebung des Rentenaltes auf 67 Jahre führt zu einer nochmaligen Verringerung der zukünftigen Renten, denn wo sind die Arbeitsplätze dafür?
 
Nur ca. 18% der Rentner gehen real mit 65 in die Rente. Die anderen haben berufsbedingte Krankheiten oder sind einfach arbeitslos. Der sogenannte Eckrentner hat 45 Jahre ununterbrochen eingezahlt und seine Nettorente entspricht nur noch 52,7% seines durchschnittlichen Gehaltes, 2019 werden es nur noch 46,3% sein und 2030 nur noch 43%. Und wer arbeitet überhaupt noch 45 Jahre sozial-versicherungspflichtig bei den vielen präkeren Arbeitsverhältnissen und den mangelnden Arbeitsplätzen?
 
Für jeden Monat früher als das gesetzliche Rentenalter, den ein Rentner in Rente geht, werden 0,3% der durch die Entgeltpunkte erworbene Rente abgezogen, jedes Jahr früher Rente werden demnach 3,6% der Monatsrente abgezogen.
 
Wer also dann zukünftig „schon“ mit 65 in Rente geht, statt mit 67, der erhält 7,2% weniger Rente. Und selbst 65 erreichen nur wenige.
 
Die gegenwärtigen Rentner können da gar nichts mehr machen, sie erleben nur, dass sie für ihre Rente immer weniger und weniger erhalten.
 
Viele ältere Menschen werden in hohem Alter Pflegefälle, und die stationäre Pflege kostet monatlich zwischen 3.000 und 6.000 Euro.
 
Wenn die Rente nicht reicht, das Häuschen und die Ersparnisse nicht vorhanden sind, tritt das Sozialamt dafür ein, vorausgesetzt, bei den Kindern ist nichts zu holen. Kinder verlieren dabei oftmals ihre eigene Rentenvorsorge.

Nun wird den Jungen gesagt, sie sollen zusätzlich riestern, da die gesetzliche Rente ihnen kaum noch im Rentenfall den Lebensunterhalt sichern können.
 
Das bringt zwar mehr als bei anderen privaten Modellen, aber dazu muss man doch erst einmal einen Arbeitsplatz haben und genügend Geld übrig haben, um hier noch etwas zusätzlich einzahlen zu können. Durch die ganzen Einsparungen usw. reicht die gesetzliche Rente zukünftig nicht mehr, im Alter in Würde leben zu können, obwohl man im Laufe seines Arbeitslebens erhebliche Summen in die Rentenkasse abgeführt hatte.

Über eine Bürgerversicherung sprachen vor den Wahlen die SPD, die Grünen und die Linken, und das hätte durchaus eine parlamentarische Mehrheit. Aber die „große“ Regierungskoalition hat sich nicht dafür entschieden, denn da sei die CDU/CSU (und die FDP) vor und eben wohl doch auch die SPD.
 
Und nun wird von der Gesundheitsreform geredet. „Es wird Abstriche geben“, sagt die Kanzlerin. Für die Pharmakonzerne? (js)
 
Dein Kommentar zum Artikel: hier

 Zum Artikelarchiv

 Zur Artikelhauptseite

 Zur LUST-Hauptseite