86. LUST, Frühling 06
Die sexuellen Sehnsüchte des Mannes und der Frau
Was Männer an einer Frau, was Frauen an einem Mann als erotisch stimulierend empfinden, das sei beim Menschen naturgegeben, das habe etwas mit der sexuellen Triebhaftigkeit des Menschen zu tun, hören und lesen wir, und dass Männer an Männern und Frauen an Frauen etwas als erotisch empfinden würden, das sei unnatürlich, müssen wir uns gelegentlich sagen lassen. Doch wie kommen Elemente der eigenen Lebensgeschichte, die Suggestion mittels der Medien uns die gesellschaftliche Erwartungshaltung mit ins Spiel?
 
1. Die sexuelle Attraktivität der Frau
Bei unserer Untersuchung der Körperbilder (85. LUST Seite 18) anhand von Fotobildbänden, ist uns bei den Frauen die lächerlicher Körperhaltung aufgefallen, die man vielleicht wie folgt beschreiben kann: Der Rücken ist eingebogen, das Gesäß ist besonders rausgestreckt, ebenso sind die Brüste besonders nach vorne gereckt und zur Schau gestellt, oft sind dabei die Arme nach obergeworfen, damit die Brüste besonders hervortreten.

Die Frage erhebt sich, warum zum inszenierten Bild der weiblichen Erotik gehört, die Brüste derart zu präsentieren, denn schließlich sind die Brüste ja nichts anderes als Milchdrüsen zum Stillen von Säuglingen. Dass diese Milchdrüsen gegenüber Männern Erotik ausstrahlen und bei Männern die Lust hervorrufen, Geschlechtsverkehr mit der betreffenden Frau durchführen zu wollen, ist eigentlich biologisch nicht so recht erklärbar. Die Fetischisierung der weiblichen Brust als Geschlechtsorgan beziehungsweise als Symbol männlicher Lust gegenüber der Frau muss gesellschaftliche Hintergründe haben. Genau so gut könnten es die Beine einer Frau oder die Kopfhaare einer Frau sein, die solche sexuellen visuellen Signale gegenüber Männern auslösen.

Und wirklich, es gibt Erzählungen aus Zeiten der langen Röcke in Europa, wo ein Mann vor einer Frau die Treppen heraufzugehen hat, und wenn ein Mann aus Versehen die Knöchel einer Frau zu sehen bekam, errötete er, war vermutlich auch sexuell erregt.

In pornografischen Zeichnungen findet man Frauen mit absolut langen schlanken Beinen dargestellt, meist mit rasierten Beinen, und natürlich auch mit großem Brüsten, oft diese noch mit geschwollenen Milchdrüsen, wie dies nach dem Stillen ja auch beobachtbar ist. Und das Bedecken der Haare, das Verschleiern besonders der Haupthaare von Frauen, um Männer nicht zu erregen, belegt: was als erotisch oder sexuell animierend gilt, was Scham und Lust erzeugt, ist weniger eine biologische Funktion, sondern eher eine gesellschaftliche Inszenierung.

Zu berichten wäre die Erfindung der Scham, die als Ursache der fetischisierung der Sexualität angesehen werden kann. Auch wäre die USA-Prüderie zu erwähnen, die man als die Ursache des Busenkultes, inszeniert von Hollywood, ansieht. Es war ja zeitweilig sogar ein Kuss zwischen Mann und Frau verboten. Die Filmindustrie, an gewinnbringender Erotik interessiert, argumentierte in Hollywood gegenüber den Tugendwächtern ungefähr so: diese Frau kann doch nichts dafür, das sie so gebaut ist (dass sich die enorm großen Brüste derart abzeichnen). Hier könnte auch die Bizarre Körperhaltung entstanden sein, bei der die Brüste besonders in den Mittelpunkt der Betrachtung (der Kamera) geschoben wird, sozusagen als Folge der Regieanweisung.

Letztlich: pure Nacktheit ist ja auch nicht unbedingt sexuell stimulierend, sofern diese zum täglichen Umgang gehört, das weiß man aus der FKK-Szene. Das schamvolle Verhüllen bestimmter Körperteile dient offensichtlich der visuellen Luststeigerung beim verheißungsvollen Enthüllen oder sexualisierenden Präsentieren.
 
2. Die erotische Ausstrahlung des Mannes
Frauen reagieren angeblich nicht auf die sexuelle Attraktivität des Mannes, sondern bestenfalls auf dessen erotische Ausstrahlung. (Man lerne, Erotik unterscheidet sich von Sexualität in der Intensität.)

An Sexualität Freude zu haben, das wurde Frauen lange Zeit überhaupt abgesprochen, und dass Frauen auch einen Orgasmus haben könnten, konnte noch in den 50er Jahren des vergangenen 20. Jahrhunderts nicht offen gesagt werden. Eine Frau, die Lust an Sexualität zugab, galt als Schlampe. Das haben viele Frauen auch bei uns noch heute verinnerlicht.

Und es gibt Völker, bei denen ältere Frauen die jungen Frauen mit Rasierklingen an den Geschlechtsteilen verstümmeln, indem gerade die lustempfindensten Teile entfernt werden. Denn auch in diesen grausigen Prozeduren geht es um die Frau als Hüterin der gesellschaftlichen und individuellen Moral, wodurch sich moralhütende Frauen bisweilen stark fühlen, aber selber fesseln. Die geschieht im Auftrag der Nutznießer dieser gesellschaftlichen Zustände, die zwar zumeist männlich sind, darüber aber später mehr.

Die erotische Ausstrahlung des Mannes hat in den Akt-Darstellungen und anderen Abbildungen mit dem zu tun, was “Männlichkeit” genannt wird: mit präsentierten Muskeln und einer Kraft ausstrahlenden Körperhaltung, auch in der lässigen Pose. Männer, die eine solche Pose nicht einnehmen, werden sowohl von Männern als auch von Frauen mehr oder weniger aggressiv dafür bestraft. Bis zur Pubertät oder nur kurz danach haben Jungen gelernt, sich “wie ein Mann” zu verhalten, damit sie nicht Gelächter hervorrufen, sondern ernst genommen werden. Diese Dressur ist für sie derart einschneidend bzw. schmerzhaft, dass der Stolz über das Erreichte zur Aggressivität gegenüber denen wird, die angeblich nicht männlich genug seien. Stolz ist ja sehr oft die andere Seite der Aggressivität. Zartheit und Sensibilität wird als Unmännlich angesehen.

Was also offiziell erotisch männlich ist, ist das präsentieren der sogenannten Männlichkeit, einer gewissen körperlichen Robustheit.
 
3. Die sexuellen Sehnsüchte
“Geld macht geil”, diesen Satz habe ich oft gehört, natürlich durchaus verstanden, kann ihn aber nicht so recht nachfühlen. Ein junger Mann, der mich mit seiner körperlichen Ausstrahlung und seiner Art, auf mich einzugehen, fasziniert, erscheint mir nicht geiler oder ungeiler, je nach seinem Geld oder dem seiner Eltern.

Wirklich? Nun ja, als sich abzeichnete, dass es mit dem LUSTBLATT finanziell nicht so recht voranging, dass die Möglichkeiten meiner eigenen Geldinvestitionen an ihre Grenze kamen, kam mir schon in den Kopf, wie praktisch es wäre, wen ich jetzt einen Lover kennen lernen würde, der nebenbei noch das Geld hätte, einen wirkungsvollen Aquisitionsapparat rund um das LUSTBLATT aufzubauen.
 
Allerdings, wenn er menschlich und auch von seinen körperlichen Ausdrucksformen aus meiner Sicht zu den Unsympaten gehören würde, dann könnte mich das alles nicht geil machen. Aber von zwei ähnlich attraktiven Männern, hätte ich mich da nicht doch von solche einer Aussicht verlocken lassen? Ich weiß es nicht, denn es gibt ja darüber hinaus noch eine ganze Reihe von weiteren Erwägungen, die zu berücksichtigen sind. “Geld macht geil” scheint also seine Grenzen zu haben.

“Gebt Eure Tochter dem rohesten Knecht, der zur Not nicht nur Bot mit den Zähnen aufbricht, ...” singst Franz Josef Degenhard in seinem Lied “Wölfe mitten im Mai”, indem er den schleichenden aufkommenden Faschismus beschreibt. Also können bisweilen auch politische, auf jeden Fall jedoch gesellschaftliche Erwägungen die Attraktivität eine Menschen erhöhen.

Der Gedanke an eine längere monogame Beziehung schon bei der Kontaktaufnahme macht natürlich über das Sexuelle hinausgehende Überlegungen und Rücksichtnahmen notwendig. Auch das Gefühl gegenseitiger Verbindlichkeit in Verbindung mit der eignen Lage in der Gesellschaft führt dann später dazu, dass die Beziehung für wichtiger erachtet wird als die sexuelle Attraktivität.

Dass ich von meiner Überzeugung her jemanden mit Geld nicht deshalb geiler empfinde, hat nichts mit Moral oder Liebe zu tun, sondern das hat damit zu tun, welche Sorte Mensch mit welchem mitmenschlichen, sozialen und sexuellem Verhalten gegenüber mir ich als erotisch anziehend empfinden kann.

All diese Elemente der sexuellen Anziehung wirken in der Regel nicht durch Kalkül oder Überlegung, sondern über die Ebene der Gefühle, die ihrerseits jedoch extrem durch das Kalkül beeinflusst werden, mehr als uns recht ist und mehr als wir in der Regel vor uns selbst und anderen zugeben.
 
3.1. Dis sexuelle Faszination des Mannes für die Hetenfrau
Was liebt denn die Frau am Mann? Geht es um die brünstigen primär sexuellen Attraktionen? Und wenn ja, was wird da als sexuell attraktiv empfunden? Oder geht es eher um das Renommee des Mannes beispielsweise in der Gesellschaft und auf seinem Bankkonto? Ich behaupte, es geht um beides und werde für beide Behauptungen sicherlich gleich von Frauen entrüstet angegriffen. Die einen bestreiten, dass es um sexuelle Lust geht, die anderen, dass es auch um das Bankkonto geht. Natürlich geht es weder um Sex noch um Berechnung, sondern um Liebe, wird dann immer gesagt. Und das Argumentieren mit dem Gefühl der Liebe erschlägt alle weiteren Diskussionen. Denn ein solches Gefühl darf man niemanden absprechen.

Und das bestreite ich gar nicht, denn was ist Liebe? Welcher Mensch ist uns denn weshalb liebenswert? In dem subjektiven Gefühl: diesen Mann muss ich haben, das Liebe genannt wird, finden sich all die Bedürfnisse und Werte wieder, die der/die spezielle liebende Mensch als positiv empfindet und im geliebten Menschen zu erkennen glaubt. Die Menschen neigen nämlich in der Regel nicht dazu, ihr real empfundenes Liebesgefühl derart zu analysieren, wie ich es hier mache.

Der eher muskulöse Mann (nicht jedoch ein Body-Builder), der auch ansonsten etwas darstellt, auch was das eigene Renommee betrifft, wie wir das von den Models der Fotobildbände kennen, der stellt den Mann dar, der die größte Faszination auf Frauen ausübt, die an Beziehung interessiert sind. Es ist dies der Mann, mit der sich Frau sehen lassen kann, der auch privat im Bett und Familienleben einen gewissen Standart erfüllt, der als Beschützer und Ernährer auch der Kinder durchgeht. In einer festen Beziehung mit dieser erotischen Leitfigur glauben sich die meisten heterosexuellen Frauen erfüllen zu können.

Doch dann gibt es ja auch noch den Wimpster, den Mann, auf den auch Millionen Frauen fliegen. (Siehe 85. LUST Seite 33) Es sind dies die gleichen Frauen, die auch den attraktiven Leitbild-Mann lieben.

Der Wimpster ist nicht einen Kopf größer als die Frau. Sie schauen nicht zu ihm auf, sondern anders auf ihn, wollen ihn die Haare aus dem Gesicht streichen, die Hosen hochziehen oder eben fallen lassen. Der Wimpster hat nichts von dem, was die Models repräsentieren. Er ist nicht muskulös, geht als Vater nicht gut durch. Eine Frau könnte mit ihn nicht renommieren, ohne ihre Reputation zu verlieren. Er ist somit der Mann in der zweiten Reihe, der Liebhaber, der Kuckuckskindererzeuger, denn ca. 30% aller Kinder sollen ja Kuckuckskinder sein. Er wird von Frauen geliebt, gerade weil er nicht mit dem gesellschaftlich renommierten Mann kombatibel ist. Beide Sehnsuchtsrollen lassen sich nicht in einer Person vereinigen, weil die eine gerade das Gegenstück der andere ist, sich aus den Entbehrungen der einen gesellschaftlich angesehenen Rolle ergibt.

Die Menschen (hier die Frauen) haben eben doch mehr Sehnsüchte als die gesellschaftlich erwünschte Norm. Sie stehen nicht offen dazu, sind sich dessen auch nicht immer im Klaren. Oft erfüllen sich diese Sehnsüchte das ganze Leben nicht. Dieser Teil ihrer Sehnsüchte, wenn er wirklich ausgelebt wird, findet sich in einer gesellschaftlichen Grauzone wieder.
 
3.2. Die sexuelle Faszination der Frau für den Hetenmann
Es geht um das sexuelle Begehren an Frauen, um körperliche Attribute und um das sexuell aufreizende Verhalten oder eben um die angebliche Migräne, wenn sich Männer in so genannten Männ-errun-den über Frauen unterhalten. Da wird über die Brüste geschwärmt, über andere sexuelle Attraktionen, oft auch über Ehefrauen. Irritiert erlebte ich im Kollegenkreis auch entsprechende Sprüche über ihnen nahestehende Frauen, beispielsweise über die Ehefrauen, manchmal werden sie zur heißen Sexmieze hochstilisiert, oder eben kritisiert, weil sie das nicht seien.

Sexlust ist kein Verlangen, dessen die sich der Hetenmann schämt. Im Gegenteil, er würde sich schämen, wenn es nicht so wäre. Er will der sexuelle Held sein, kein Versager, Schlappschwanz oder so. Und die durch ihn geil gewordene Frau, die will es von ihm so richtig besorgt bekommen. Sie will sich schmachtend nach seinem Körper und seinem Schwanz sehnen. Ja, so hätte er es gerne, der klassischen Hetenmann.

Aber das ist eigentlich nicht die Frau, die er heiraten möchte, die ihm die Kinder versorgt, mit der er einen gewissen gesellschaftlichen Status repräsentieren kann. Die geile Sexmieze macht ihn scharf und wird schwanger und er heiratet sie verantwortungsvoll.

Nun aber ist sie keine Sexmieze mehr. Nun gut, die Parameter sind etwas anders geworden. Er hat gelernt, dass er sie als Partnerin braucht. Meistens zumindest. Doch diese Frau verliert dann doch für ihn zunehmend den sexuellen Objektcharakter. Denn je selbstverständlicher ihm das partnerschaftliche Leben ist, wo die Wünsche der Frau geachtet sind, wo die Vereinbarungen die wilde Lust reglementiert, verliert die Frau für ihn ihre sexuelle Brisanz. Es fehlt eine Ergänzung, es fehlt die oben beschriebene sexuelle Erfüllung. Man sagt: der Mann braucht die beiden sich ergänzenden Frauentypen: die Mutter einerseits und die Hure andererseits.

Auf der Buchmesse wurden wir Zeuge, wie ein Kripomann der Frankfurter Kripo ein Bildband des Konkursbuchverlages als gefährdend für Jugendliche oder Kinder einstufte und verlangte, es vom Tisch zu nehmen. Das war sehr seltsam, denn an den Tagen der FachbesucherInnen war ja mit Kinderbesuch kaum zu rechnen. Claudia zeigte mit das Bild, was diesem Polizisten Anstoß erregte. Es waren nicht große Brüste oder die Darstellung einer lasziven Pose, es war auch nicht die Darstellung einer offen klaffenden Möse. Eine Frauenhand, die eine rasierte Möse so zudeckte, so dass man sie nur erkennen konnte, wenn man sich nahezu alles dachte. Ein Finger jedoch deckte nicht zu, sondern war in der Möse verschwunden. Die Hand beziehungsweise der Finger war es im Grunde, der bei dem Polizisten Anstoß erregte.

Alle Zentimeter eines sexuell begehrten Wesens sind erotisch. Es kommt auf die Zusammenhänge an, auf die Art der Inszenierung.
 
4. Sexuelle Faszination von Frau zu Frau und von Mann zu Mann
Ich habe in dem Text bisher sozusagen die Hausaufgaben der Heten gemacht. Und da ist es eben vielfach so, dass Männer Beziehung, also Übereinstimmung vorspielen, um an Sex zu kommen, und Frauen oftmals sich auf Sex einlassen, um an Beziehung zu kommen. Drum herum sind Männer und Frauen, die in die verbleibenden Lücken passen, obwohl ihnen das nicht ausreicht und so nach der vollständigen Beziehung beziehungsweise Erfüllung suchen.

Nun kommt es darauf an, in unser eigenes Leben zu schauen. Ist es auch bei uns so, dass wir Lesben uns nach nicht miteinander zu vereinbarenden Frauentypen sehnen und wir Schwulen nach den entsprechenden nicht zu vereinbarenden Männertypen?

Die in der Gesellschaft erworbenen sexuellen Identitäten, Geschlechtsrollen und der Widerstand gegen diese normativen Vorgaben leben sich in Frauweiblichen und mannmännlichen Sexualfaszinationen besonders aus. Dies geschieht, weil sich ja zwei zur gleichen sexuellen Identität sowie zur gleichen Geschlechtrolle genormte Menschen miteinander potenzieren, statt sich mit einem Menschen mit nicht miteinander zu vereinbarender sexuellen Identität und Geschlechtsrolle, dem Gegengeschlecht also, zu einer gesellschaftlich gewünschten und daher durch Weichenstellungen vorbereiteten Einheit zu ergänzen.

Wie machen wir Lesben und Schwule das? Schaffen wir untereinander sich ergänzende Geschlechtsrollen nach dem Hetenmuster oder wählen wir neue und andere Formen?
 
4.1. Erotik von Frau zu Frau
Nicht vordergründig um Sex geht es zwischen Frauen, da muss auch Liebe im Spiel sein, will heiße: Beziehung. Eine Frau, die einfach Sexkontakte sucht, ohne an Beziehung zu denken, wird in der Lesbenszene nicht so sehr geachtet. Alles was ich oben über Beziehungen geschrieben habe, potenziert sich hier, ohne dass ein Gegengeschlecht da wäre, dem es um Sex geht und der den Beziehungswunsch eher vorgibt. Beide sind gelernte Frauen und beiden geht es demnach um Beziehung.
Die Frau fürs Renommee, für Sex und Beziehung, mag sein, dass solche Frauen in der Lesbenszene gesucht werden. Darauf weisen eine ganze Reihe von Kontaktanzeigen und eine ganze Reihe von Versuchen, die Frau fürs Leben kennen zu lernen, hin.

Manche Frauen sind richtige Spezialistinnen, recht schnell herauszufinden, wie solvent die potentielle Partnerin ist. Eines der größeren Probleme lesbischer Frauen ist das gegenseitige ausnutzen bzw. ausbeuten.

Uns sind eine ganze Reihe von Frauen bekannt, die von ihrer jeweiligen Freundin nach allen Regeln der Kunst ausgenommen wurden. Ihre derart vorgehenden Freundinnen sahen das gar nicht so, sie fanden, es sei ihr Recht, auf den Verdienst oder das Konto ihrer Freundin zugreifen zu können, es sei doch die große Liebe.
Es geht in den Auseinandersetzungen in lesbischen Beziehungen sehr stark um das gegenseitige persönliche Vereinnahmen, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Individualität und Partnerschaft.

Ach ja, die sexuelle Attraktivität und die Sexualität. Sicher, ein Frau die in der Gesellschaft etwas her macht, macht auch in der Lesbenszene etwas her. Frauen nach ihrem lesbischen Coming-out haben zumeist nicht so sehr das Verlangen, das Frauchen nun für Frauen zu spielen, wo sie es doch nicht mehr für Männer spielen wollen. Auch im Bett nicht.

Das macht im übrigen auch die „Lesbenpornos” so lächerlich, die mit heterosexuellen Frauen für heterosexuelle Männer gedreht werden. Butch und Femme, so heißen die beiden Typisierungen. Man kennt die Klagen von butchigen Frauen, dass in der ganzen Lesbenszene nur Kerle und keine Frauen zu finden seien.
Es ist schon wahr, cooles Auftreten ist hier Mode.

Sex? Nun ja, in lesbischen Kreisen redet man nicht so über Sex und auch nicht, was an Frauen faszinierend ist.
Wenn über Sex die Rede ist, dann ist über die vermeintliche Sexualität (und ihre moralische Einordnung) der anderen die Rede.
 
4.2. Sex zwischen Männern
Direkter geht es in der Regel von Mann zu Mann zu. In Schwulengruppen ist das wichtigste Thema die Sexualität und die Anbahnung der Kontakte. Der Einstieg in eine Beziehung ist meist der Wunsch nach Sexkontakt, hinter dem schon auch das Verlangen steht, sich öfter zu diesem Zweck zu treffen.

In den Fällen, in denen es nicht im Entferntesten um Beziehungen, sondern ausschließlich um Sexkontakte geht, spielen die Fragestellungen, was das eigene Renommee betrifft, kaum eine Rolle. Unter solchen Bedingungen geht es nicht um den Renommee-Mann einerseits und den Wimpster andererseits. Im schwulen Fall gab es früher niemanden zum Renommieren, denn der schwule Kontakt alleine war dem Renommee abträglich.

Das reine Lustobjekt kann vielfältig sein, vom Stricher über den sexgeilen oder romantischen Knaben bis hin zum haarigen dickbauchigen Bären oder zur Faszination an der Leder- bzw. zur SM-Szene. Manchmal ist das Alter egal, wenn nur der Schwanz ein bestimmtes Volumen und einen bestimmten Härtegrad aufweist.

Da man früher (in der Nazi- oder der Adenauerzeit) gar keine schwule Beziehung offen leben konnte, die antischwulen Gesetze waren dagegen, ging es nur um die direkten Sexkontakte ganz ohne Beziehung, denn Beziehungen waren viel zu gefährlich. Was ist dagegen zu sagen, von den gefährlichen äußeren Umständen einmal abgesehen? Für Männer gibt es das eben, Sex ohne Beziehung und Beziehung ohne Sex.

Unterdessen gibt’s es auch die verschiedensten Formen des schwulen Zusammenlebens, mit und ohne Sex, mit und ohne Ehrlichkeit. Und wenn eine Beziehung aus wie vielen Männern auch immer lange dauert, dann als treue Beziehung, wobei treu die Bedeutung von wahr hat. Des heißt, man unterstützt sich gegenseitig dabei, den einen oder anderen Lover als Zubrot zu genießen. Beziehungsnetz nannten wir das früher. Der Name steht im Gegensatz zur Homo-Ehe, daher ist er unüblich geworden. Heute wird das offene Ehe oder offene Beziehung genannt, das steht das monogame Leitbild Ehe im Mittelpunkt.

Heutzutage gibt’s viele Versuche, de Schwulen sexuell zu zivilisieren, das heißt an die Heten-Norm anzupassen. Und es gibt prominente Schwule. Ihr Outing ist zumeist das Zurschaustellen mit dem Lebensgefährten.

Nehmen wir an, der Hamburger regierende Bürgermeister hätte einen Hang nach jungen spritzigen Lover, dass also Ole von Boys angezogen wäre. Damit könnte er nicht in der Öffentlichkeit auftreten. Er, Westerwelle und Wowereit, alle sind für die Medien mit gutaussehenden Model-Typen fotografiert worden, also was fürs Renommee. Natürlich möchte ich hier nicht unterstellen, sie hätten das Doppelleben der Heten-Ehepaare. Doch je mehr die sogenannte Homo-Ehe Maßstab wird, um so wahrscheinlicher ist das. (js)

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