- 83. LUST, Sommer 05 /Juni/Juli/August)
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- Über das Anmachen
Der Mann macht an, die Frau lässt
sich anmachen. Der Macho macht an, die Tunte lässt sich
anmachen. Butch macht an, Femme lässt sich anmachen. Stimmt
das so? Die sexuelle Kontaktaufnahme und die Beziehungs-Kontaktaufnahme,
oft ergibt sie das eine aus dem anderen. Wer hat wie Chancen
und warum? Welche Verhaltensweisen gelten als angenehm, welche
als unangenehm? Der Film: Rituale des Werbens, das
Butch-Femme-Prinzip, von Silke R. Meyer
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- 1. Das Anmachen an sich
Ich anmachen? Das habe ich doch nicht nötig. Ich bin doch
nicht notgeil.
Wem die Sexmöglichkeiten nur so zufliegen, der/die gilt
als erstrebenswert. Wer sich Mühe gibt, muss das wohl auch
irgendwie. Der gilt deshalb schon im Vorfeld als Looser. Der
Anmacher ist immer der Verlierer. Man muss also so anmachen,
dass es gar nicht bemerkt wird, dass man anmacht. Denn niemand
hat es ja nötig. Also versuchen Viele es so darzustellen,
dass sie mehr Möglichkeiten haben, als sie nutzen wollen.
Nur mit größter Willensanstrengung können sie
verhindern, ständig erfolgreich angemacht zu werden. Der
Held und die Heldin ist hier, wer eine(n) AnmacherIn so richtig
mies abblitzen lässt, den/die Anmachende(n) vor aller Welt
demütigt, verletzend abfertigt usw.
Also reden wir hier über ein Verhalten, was bei anderen
gelegentlich zu beobachten ist. Und außerdem: Nur selten
wird jemand von sich selber sagen, dass er/sie gerade auf Cruising-Tour
ist, denn dieses Verhalten ist dem Image abträglich, das
ja bekanntermaßen ein künstliches und zielgerichtetes
Ansehen ist. Wir reden hier überhaupt nicht von irgend einer
Praxis, sondern von Theorie.
Es ist ja auch so, dass man, wenn man nun wirklich nicht anmachen
will, wenn man tatsächlich einmal völlig saturiert
ist, beobachtet, dass andere Interesse zeigen, was man auf der
Cruising-Tour nicht beobachten kann.
Ist das so? Ich glaube eher, dass man dann den anderen eine Chance
gibt, uns zu mustern und zu abzuchecken und nicht durch ständige
Blickbegegnung abwehrt. Das Mustern und Checken bedeutet nicht
immer Anmachen, höchstens in der Schwulenszene, wo der,
der für nicht anmachbar gehalten wird, einfach isoliert
und ausgegrenzt wird. Wenn wir aber mal ehrlich mit uns selber
sein wollen, nur für diesen seltenen Fall: wie funktioniert
das Anmachen denn eigentlich?
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- 2. Anmach-Rollen
Wer alleine ist oder ihren/seinen Marktwert testen möchte,
wer am Samstag ausgeht, die/der legt es darauf an, sich anmachen
zu lassen oder anzumachen. Ist diese Rolle wählbar? Im Prinzip
ja schon, nur klappt es nicht immer so, wie man wünscht,
und insofern ist sie nicht wählbar. Es kommt nämlich
beim Anmachen nicht darauf an, was man selber will, sondern was
der oder dem Anvisierten gefällt und auch nicht, was ihm
oder ihr gefallen soll. Anmachen ist ein opportunistisches Verhalten
mit dem Ziel, für interessant, eventuell für erotisch
gehalten zu werden. Dies unterscheidet sich nicht von der Rolle
des sich-anmachen-Lassens. Auch hier geht es um ein opportunistisches
Verhalten mit dem Ziel, für interessant und eventuell für
erotisch gehalten zu werden.
Der Anmacher bzw. die Anmacherin hat den schwierigeren Part,
weil er/sie ein Interesse offenbart und sich in gewisser Weise
in eine abhängige Situation begibt. Der /Die sich anmachen-Lassende
braucht nur ein gewisses Interesse erkennen zu lassen oder eben
auch ein Desinteresse. Das ist alles. Das ist der einfache Teil.
Der schwierigere Teil ist, vorher auf sich für den/die Richtige(n)
aufmerksam zu machen, ohne dass es peinlich wirkt.
Was wirkt ganz allgemein sympathisch? Sympathisch wirkt, was
die entsprechende Rolle erfüllt. Welche Rolle? Die Rolle,
die andere von uns erwarten. Unsympathisch wirkt, wenn wir uns
anders verhalten als die anderen von uns erwarten. Worauf will
ich hinaus?
Es geht um das Rolle Spielen und das Rolle gewähren. Man
fühlt sich bei einem Menschen gut, wenn wir eine gute Rolle
spielen können und in ihr vom Mitmenschen bestätigt
werden. Wir fühlen uns nicht gut, wenn man uns keine würdige
Rolle übrig lässt. Das ist in einer Beziehung selbst
so, aber auch schon zu Beginn einer Beziehung bzw. bei der Kontaktaufnahme.
Viele Rollen sind da wichtig: die Rolle des anerkannten Menschen,
der etwas Wert ist, wenn er etwas sagt. Die Rolle des Menschen,
mit dem man selber im Ansehen steigt. Die Rolle des Menschen,
der uns eine gute angemessene Rolle gibt.
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- 3. Geschlechtsrollen
Die meisten Menschen hinterfragen nicht kritisch die Verhaltensrollen,
sondern erfüllen sie und erwarten von anderen, sie zu erfüllen.
Die Gesellschaft schreibt uns nämlich vor, wie wir uns als
Frau oder Mann, als jüngerer oder älterer Mensch zu
verhalten haben. Verhalten wir uns anders, müssen wir mit
Sanktionen, zumindest mit Ablehnung durch unsere Mitmenschen
rechnen.
Dass ich mit einem ungewöhnlichen oder unkonventionellen
Verhalten positiv interessant machen kann, das ist relativ selten.
Selbst in den Subkulturen gibt es meist relativ feste Strukturen,
die sich grob an den Verhaltensnormen der Gesamtgesellschaft
orientieren. Am besten kann man das am Geschlechtsrollenverhalten
erkennen, nämlich an dem Verhalten, was als weiblich und
männlich gilt, auch in Szenen, in denen gemeinhin die Geschlechtsrolle
nicht selbstverständlich zu sein scheint.
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- 3.1. Hetiges
Männer haben sich in der Gesellschaft männlich
zu verhalten und Frauen weiblich. Dies erlaubt das
rasche Orientieren in Verhaltensfragen. Doch was ist das, männlich
und weiblich? Es sind dies künstlich zusammengewürfelte
Verhaltensweisen, die entsprechend eines bestimmten Zeitgeistes
von der Gesellschaft von einem Mann oder einer Frau erwartet
werden. Genauer analysiert ist männliches verhalten das
Verhalten, das sowohl in beruflichen wie wirtschaftlichen oder
militärischen Karrieren nötig ist. Weibliches Verhalten
ist in einer patriarchalischen Gesellschaft das Verhalten, was
eine Entsprechung für den Mann im Bett wie im Haushalt darstellt.
Diese Eigenschaften haben nichts mit den biologischen männlichen
und weiblichen Merkmalen zu tun.
Männer, die sich nicht männlich verhalten,
müssen mit Spott auch von Frauen beziehungsweise Geringschätzung
von anderen Männern rechnen. Frauen, die sich nicht weiblich
verhalten, kommen bei Männern als Beziehungs- oder Sexpartnerinnen
kaum in Frage. Aber sie sind nicht unbedingt gesellschaftlich
unten durch, denn in der Hierarchie ist männliches Verhalten
nämlich ein dominantes Führungsverhalten, während
sogenanntes weibliches Veralten ein eher passives und hinnehmendes
Verhalten ist.
Und so ist natürlich ganz klar, dass vom Mann das Anmachverhalten
erwartet wird, von der Frau das verhalten des sich-anmachen-Lassens
bzw. das Abwehren, wenn der Mann nicht infrage kommt. Und wer
kommt in Frage? Nun ja, Männer haben den Tunnelblick und
Frauen sichern die Strecke. Dass heißt, Männer streben
ein Ziel an, Frauen sichern das Streben und die Ziele ab.
Man sagt, dass der Mann zwei Frauen braucht, wenn man von seiner
eigenen Mutter mal absieht. Er braucht die Mutter und die Hure.
Die Mutter versorgt seine Haushalt und die Kinder, sichert seinen
Aufstieg, von dem sie partizipiert. Aber erotisch ist sie ihm
zunehmend uninteressant.
Eine Frau, die offensiv anmacht, steht sofort unter dem Verdacht,
sich zu prostituieren. Ein Mann, der sich von Frauen anmachen
lassen will, wird lange warten können. Anders ist es mit
bübchenhaften Männern, die ganz bewusst diese Rolle
spielen und dann von Frauen angemacht werden, die ihre Sexualität
mit ihrer Mütterlichkeit verknüpfen wollen.
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- 3.2. Schwules
So haben sich unter einem Teil der Schwulen auf der einen Seite
die Machos herausgebildet, auf der anderen die Sissy-Boys, wie
es in den USA heißt, also die bubihaft wirken wollenden
schwulen Männer, die auch mit femininen Gesten und Verhalten
werden. Hinzu kommen die jungen Schwulen, die ältere Schwule
Männer suchen und die femininen Schwulen, die sich gerne
von Machos oder manchmal auch von Bubitypen bzw. Sissy-Boys anmachen
lassen wollen. Wer sich gemäß der Rolle verhält,
hat bessere Chancen.
Allerdings, junge Schwule kommen automatisch in der Wahrnehmung
älterer Schwuler in die Rolle des Sissy-Boys in der Szene,
auch wenn sie vom Typus her eher Machos sein möchten. Und
ältere Schwule kommen in der Wahrnehmung der Szene automatisch
in die Rolle des Machos, weil dies dem gesellschaftlichen Rollenbild
entspricht, das in der Gesellschaft vorherrschend ist, und eine
größere differenziertere Wahrnehmung erfährt
ein älterer Mann in der Regel in der Szene nicht. Hier verknüpfen
sich also die Eigenschaften Jung und feminin sowie Alt und maskulin.
Das ist auch nicht verwunderlich, weil die in Ansätzen in
der gesamten Gesellschaft so ist: die weibliche Frau wird auch
in einer eher kindhaften Rolle mit Schmollverhalten usw. gezeigt.
Während ein junger Typ, der auf ältere Männer
reflektiert, sich erfolgreich gekonnt anmachen lassen kann, ihn
auch erfolgreich anmachen kann, können ältere Männer,
die auf jüngere Männer reflektieren, selten erfolgreich
in der Szene anmachen. Einmal, weil es einfach vom Zahlenverhältnis
nicht hinkommt, und andererseits, weil die Rollen so nicht immer
stimmen. Aber eben gerade außerhalb dieser Geschlechts-
und Altersrollenbilder kann es eher klappen. Dazu später
mehr.
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- 3.3. Lesbisches
Die Einteilung in Butch und Femme trifft nur auf einen kleinen
Teil der Lesbenszene zu. Hier sind die Verhaltensweisen beim
Anmachen natürlich weitgehend vorprogrammiert, weil zu einem
Rollenspiel auch gehört, sich an die gespielte Rolle zu
halten. Diese Rollenzuordnung kann übrigens schon am nächsten
Tag anders sein. Gerade die Lesbenszene bietet diesbezüglich
ein weites Feld an Möglichkeiten, was aber nicht heißt,
dass sie auch immer erfolgreich genutzt werden können. Es
gibt viele lesbische Frauen, die sich gerne von der gesellschaftlich
erwarteten Frauenrolle lösen. Wenn sie dann aber in der
Szene nach eine weiblichen Ergänzung suchen,
werden sie nicht ausreichend fündig werden können.
Glücklicherweise aber gibt es ja nun alles in der Szene,
zum Beispiel das Kross-Dressing, was die Konturen verwischt.
In der Lesbenszene spielt aber ein ganz anderer Faktor eine Rolle:
die Clique. Da Frauen schon die Frauenrolle verinnerlicht haben,
da eben auch die Butch-Frau in ihrer Frauenrolle gesellschaftlich
ständig bestätigt wird, bilden sich in der Szene von
Obermüttern geführte Cliquen, die für neu in der
Szene auftauchenden Frauen zu fürchten sind. Eine neue Frau
kommt einfach an kein Cliquenmitglied ran, weil die ganze Clique
wachsam ist, gemäß dem Leitspruch: Männer haben
den Tunnelblick, Frauen sichern die Strecke. Und sichernde
Frauen scharen sich dann schnell um die Angebetete, so dass die
Neue relativ chancenlos ist, sofern sie sich nicht der informellen
Mutter unterwirft. Diese begutachtet bzw. beschlechtachtet dann
die Neue. Mit solchen Muttertieren bekommen es schwule Männer,
die an jüngeren schwulen Männer Gefallen finden, auch
sehr oft zu tun, den sogenannten Schwulenmuttis.
Den o.a. Film über die Butch-Femme-Anmache haben wir schon
mal dem Hetenpublikum einer Alternativ-Szene vorgeführt.
Der allgemeine Tenor war: Das ist ja wie bei uns, es gibt
zwischen der schwullesbischen und der Hetenszene, was Anmachen
betrifft, offenbar keinen Unterschied. Das ist aber ein
selbstgefälliger Trugschluss, denn in dem Film wird ja im
Butch-Femme-Spiel das Hetenverhalten nachgespielt, sonst nichts.
Den Heten hatte es gefallen, weil es sie mit ihrem Gehabe bestätigte.
Soll man nun aufklären, dass das ein Trugschluss ist, oder
soll man sie in dem Gefühl lassen, dass von uns gar keine
Gefahr ausgeht?
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- 4. Altersrolle
Zum erfolgreichen Anmachverhalten kommt zum Einhalten der Geschlechtsrolle
in unserer Gesellschaft auch das Einhalten der Altersrolle hinzu,
denn die Gesellschaft schreibt uns auch vor, wie wir uns altersgemäß
zu verhalten haben. Und das natürlich am Muster heterosexueller
Menschen in ihren altersbezogenen Rollen.
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- 4.1. Hetiges
An einem bestimmten Alter bekommen Heten die sogenannte Torschlusspanik.
Wer da noch nicht unter der Haube ist, mit der/dem ist etwas
faul. Und so ist das Balzverhalten besonders der Jugend zugeordnet.
Die Jugendmode, die Jugendkultur, die Jugendmusik, die Jugendszene,
alles steht unter dem Druck des Jagdfiebers. Mädels lassen
so viel wie möglich von sich sehen, Brüste und Bauchnabel,
schlanke eng bekleidete Gestalt, Make-up, Frisur: Sie preisen
schon visuell so wirkungsvoll, wie sie nur können, an, was
sie körperlich zu bieten haben. Neu in der Hetenszene ist,
dass die Jungs zunehmend auch ein solches modebewusstes Verhalten
an den Tag legen, doch gehört zu ihrer Mode nicht, dass
sie den Schwanz möglichst wirkungsvoll sehen lassen. Dann
wären sie Schweine. Das war in den 60er und 70er Jahren
eher in Mode, bedingt durch die oben engen und unten weiten Hosen.
Es kommt heute auf den Waschbrettbauch und den knackigen Arsch
an. Neu ist auch, dass ein machomäßiges Heldenverhalten
wieder aufgewärmt wird, das schon einmal der Vergangenheit
angehörte. Klar ist, dass hier der junge das Mädel
anmacht.
Bei älteren Männern und Frauen wird es sogar als unangenehm
angesehen, besonders von den Jugendlichen, wenn sie diese wie
sie verhalten und balzen gehen. Das gehört sich nun mal
nicht mehr für dieses Alter. Und Alte sollen gefälligst
unter sich bleiben. Es wird nicht so gerne gesehen, wenn sich
ältere Männer um junge Frauen bemühen und ältere
Frauen um junge Männer.
Die Ehe mit Kindern verlangt eine gewisse Kontinuität, das
Geldverdienen verlangt ein gewisses Verhalten, und das Anmachen
zwischen Jugendlichen ist sehr ernst, gar kein Spiel, wie es
sie in lange andauernde feste Strukturen bringen kann, bei denen
auch für die Kinder Verantwortung zu übernehmen ist.
Sicher, wenn man vom Mann sagt, dass er im Grunde zwei Frauen
brauche: eine, die seinen Haushalt und seine Kinder versorgt,
und eine, die nicht so langweilig wie dieses Muttertier ist,
sondern so verwegen, wie die zu Sexobjekten herausgeputzten Mädels,
die gejagt werden wollen. Wenn man also dies vom Mann sagt, so
kann man dies auch von der Frau sagen. Sie braucht im Grunde
zwei Sorten Männer: einen, der regelmäßig Geld
verdient und die Familie anständig bis gehoben versorgt,
und einen, der so scharf aussieht wie die aufgeputzten jugendlichen
Liebhaber, der dann die Kinder zeugt, die der andere versorgt.
Das sind dann die sogenannten Kuckuckskinder. Aber darüber
zu sprechen, gehört sich nicht.
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- 4.2. Schwules
Das altersgemäße Schwulenverhalten habe ich ja schon
im Zusammenhang des Geschlechtsrollenverhaltens genauer beschrieben.
Es orientiert sich an der Gesamtgesellschaft, bis auf die Ausnahmen.
In der Lederszene und der Bärenszene ist eine Anmachwelt
entstanden, die auch für ältere schwule Männer
erfolgversprechend sein kann, sofern sie hier nicht nach den
jungen Häschen suchen. Ältere Schwule dürfen durchaus
andere ältere Schwule anmachen, sofern die das überhaupt
verstehen oder es sich gerne gefallen lassen, denn zumeist ist
der gesellschaftliche Jugendkult bezüglich des Balzverhaltens
eben auch bei uns schwulen Männern stark verwurzelt und
verinnerlicht. Viele ältere einsame Schwule werden in der
Szene eher isoliert und dies ist ein wirkliches Trauerspiel in
unserer Szene. Seit die sogenannte Homo-Ehe im Gespräch
ist, gibt es viele nachwachsende Schwule, die sich eine Zeitlang
wie die Hetenjugendlichen gebärden, aber sie wollen ja nun
nicht unbedingt eine Familie mit Kindern über lange Zeit
versorgen. Oder doch? Das gibt sich mit der Zeit, möchte
ich annehmen.
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- 4.3. Lesbisches
Angeblich gibt es unter Lesben die Altersdiskriminierung nicht
so. Aber es gibt dennoch eine lesbische Jugendszene, in der ältere
Lesben besonders von den Müttern der Cliquen gar nicht gerne
gesehen werden.
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- 5. Unbekanntes, Rollenloses und Kreatives
Das wichtigste ist, dass das aktive Anmachen mit dem passiven
sich-anmachen-lassen-Wollen korrespondiert. Ich kann nur raten,
sich dem Rollendiktat nicht zu unterwerfen, sondern einfach das
zu versuchen, wonach einem ist. Die Rollen müssen nicht
immer eingehalten werden, und dennoch sind erfolge drin.
Bevor also jemand anmacht, muss er/sie mitbekommen, ob überhaupt
irgend ein Interesse vorhanden sein könnte. Nun gut, der
andere könnte sich ja auch scheu verstellen, also muss er
eine Chance bekommen, erkennen zu lassen, dass ein Interesse
da sein könnte. Wenn er aber nur aggressiv schaut, seinen
Missmut deutlich zeigt, na denn eben nicht.
Dann muss die Lage sondiert werden, denn in einer Clique mischen
sich die anderen ein, dann ist man chancenlos. Man kann nicht
in eine Clique hinein anmachen. Das geht in die Hose, wie man
sagt. Zeigt jemand aus einer Clique Interesse angemacht zu werden,
dann kann man versuchen, ihm/ihr Hinweise zu geben, wo man demnächst
anzutreffen ist, oder das Wesen aus der Clique tut das, wenn
es schlau ist. Eine Visitenkarte in Reserve kann vielleicht auch
helfen, kann aber auch alles verpatzen. In vielen Situationen
ist ganz klar, dass die Lage nicht günstig ist. Also braucht
man sich auch nicht zu wundern, wenn ein Versuch schief läuft.
Interesse scheint da zu sein, die Lage ist auch günstig,
dann kann man zurückhaltend versuchen, das gegenüber
in ein Gespräch zu ziehen. Wartet es schon lange darauf,
wird es helfen und das Gespräch entwickelt sich schnell
prächtig. Doch sollte man/frau dies aber nicht erwarten.
Besser ist es, ein gutes aktuelles und glaubwürdiges Thema
bereit zu haben, so dass ein Gespräch überhaupt erst
einmal in Gang kommt. Was dann kommt, hängt natürlich
vom Willen beider ab, wohin es gehen kann.
Wenn der/die Anmachende überhaupt nicht infrage kommt, sollte
der/die Angemachte nun nicht gleich sauer oder verletzend reagieren,
denn es ist ja kein Angriff, von ihm/ihr angemacht zu werden,
sondern eine freundlich motivierte Einladung. Der/die Anmachende
kann nichts dafür, dass wir annehmen, dass wir mit ihm/ihr
nichts anfangen können oder wollen.
Die Umgansformen in unserer Szene sind nicht unbedingt besonders
angenehm, und für die NeueinsteigerInnen sind sie eher abschreckend,
sofern die NeueinsteigerInnen nicht gerade Traumprinzchen oder
Traumprinzessinnen sind. In einem Lokal rief ich einmal enttäuscht
aus: Wo sind denn hier die ganzern Traumprinzen. Das
sind wir, bnekam ich tatsächlich als Antwort.
Und wenn wir hundertmal annehmen, dass wir gerade die/der Richtige
sind für den/die, die/den wir anmachen. Erzwingen lässt
sich nichts. Das Gegenüber empfindet das nicht so? Dann
lässt sich nichts machen. Schließlich liegt ja der
Genuss darin, dass man gemocht wird. (js)
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