80. LUST, Herbst 04
 
Köln ohne CSD?
“Pro Köln ist nicht homosexuellenfeindlich. Sexualität soll Privatsache sein. Wir lehnen aber die Unterstützung schwul-lesbischer Initiativen aus Steuermitteln ab - wir fordern Gleichbehandlung! Denn welcher mit diesen Initiativen vergleichbare Zusammenschluß von Heterosexuellen wird schon mit öffentlichen Mitteln unterstützt?” schreibt die rechte Bürgerliste in ihrer Homepage, die am Sonntag, dem 26.09.04 mit 16.531 Stimmen 4,7% der WählerInnenstimmen erhalten hat.

“Die Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Aber selbst viele Schwule und Lesben wenden sich angewidert vom kommerzialisierten Massenspektakel Europride/CSD ab, bei dem die plakative Zurschaustellung homosexueller Verhaltensweisen breiten Raum einnimmt. „Heteros“, die ihre Sexualität ähnlich zur Schau stellen, müssen normalerweise damit rechnen, daß ihre Nachbarn die Polizei rufen. Werden landläufig als pervers bezeichnete Verhaltensweisen dagegen mit einer schwul-lesbischen rosa Schleife verschönert, steht die Polizei Spalier und beschränkt sich darauf, den Verkehr zu regeln (den Straßenverkehr, versteht sich).
Die Bürgerbewegung pro Köln wird im Jahre 2004 an der Kommunalwahl teilnehmen. Im Rat wollen wir uns dafür einsetzen, daß die Stadt Köln der Europride und dem CSD jegliche Unterstützung entzieht. Dafür erbitten wir Ihre Hilfe - die Hilfe der normalen Kölner, denen dieses Spektakel auf die Nerven geht.
Bitte immer daran denken: Sie sind nicht allein! Für Köln kommen auch wieder bessere Zeiten!”

Diese “besseren Zeiten” brechen durch die 4,7% der WählerInnenstimmen nicht aus, aber solche Aussagen muss die gesamte Schwulen- und Lesbenszene unseres Landes als eine Kampfansage empfinden, denn Köln hat eine große Bedeutung für unsere gesamte Szene.

Wer ist diese Bürgerliste “pro Köln?” Unter der Überschrift “Gegen Moscheen, den Christopher-Street-Day und zu viel Fluglärm” schreibt Thorsten Stegemann am 16.09.2004 in Telepolis (Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/18333/) “Die Bürgerbewegung „Pro Köln“ rüstet sich für die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen”. Hier erhellt er den Hintergrund dieser Liste:

“Seit 1999 ist Judith Wolter Vorsitzende der Bürgerbewegung. Die 1978 (!) geborene Rechtsreferendarin kandidiert 2004 als Spitzenkandidatin für den Stadtrat und für die Bezirksvertretung Innenstadt. Bekannter ist allerdings ein anderes Vorstandmitglied, denn Manfred Rouhs hat bei Pro Köln ebenfalls eine neue politische Heimat gefunden.

Und das war gar nicht so einfach, denn Rouhs brauchte einige Jahre, um sich im rechten Parteienspektrum zurechtzufinden. Erst war er Jugendvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten in Nordrhein-Westfalen, dann wurde ihm vorgeworfen, mit den Republikanern gemeinsame Sache zu machen, zu denen er schließlich auch wechselte. Doch nur für zwei Jahre, dann wurde ihm sein Ehrgeiz abermals zum Verhängnis. Die Republikaner schlossen Rouhs aus der Partei aus, fortan saß er als Mitglied der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“, einer Art Vorgängerorganisation von Pro Köln, im Stadtrat der Rheinmetropole.
 
Die Liga sorgte im März 1993 bundesweit für Schlagzeilen, als sie ein regelrechtes Kopfgeld in Höhe von 1.000 DM für Hinweise auf den Verbleib einer Roma-Frau aussetzte, die mit Hilfe einer Bürgerinitiative illegal zu ihrer Familie nach Köln zurückgekehrt war.
Sein alter Gesinnungsgenosse Markus Beisicht ist Anwalt und ebenfalls für Pro Köln aktiv. Daneben kümmert sich auch um die juristischen Probleme eines gewissen Axel Reitz, der als „Gauleiter Rheinland“ dem „Kampfbund Deutscher Sozialisten“ angehört. Aus seinem politischen Vorbild hat Reitz nie einen Hehl gemacht: „Wir glauben auf dieser Erde alleine Adolf Hitler. Wir glauben, dass der Nationalsozialismus der allein seligmachende Glaube ist für unser Volk...´.”

(http://www.pro-koeln-online.de/images/moschee.pdf, http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,2018098,00.html, http://www.deutsche-stimme.de/Sites/01-03-Gespraech.html)
Ich glaube, wir können uns den Rest ersparen. Das Wahlergebnis in Köln zeigte sich nun wie folgt:
 
 Parteien  Wahlj.: 1999  Wahlj.: 2004  Sitze
 CDU  45,2  32,7  29
 SPD  30,3  31,0  28
 Grüne  15,7  16,6  15
 FDP  4,1  7,4  7
 PDS  2,1  3,0  3
 Rep  1,2   -  1
 Pro Köln  0,6  4,7  4
 
Nun könnte man annehmen, dass sich in der Kölner Innerstadt, wo die Bürger jährlich durch den CSD “belästigt” werden, die meisten Stimmen für diese Liste finden. Doch die höchsten Stimmenanteikle fanden sich im Stimmbezirk 07 (Poll, Westhaven, Emser), nämlich 9,2% und 27 (Volkhoven, Weiler, Chorweiler, Blumenhag) 9,02%. Es kommen diese Stimmen aus der bürgerlichen Peripherie, denen Homosexuelle ohnehin suspekt sind.

Die 4,7% für diese Liste sind aber nicht so sehr dramatisch, denn bei 48,2% Wahlbeteiligung sind die 16.531 Stimmen nur ein kleiner Teil. 726.726 Wahlberechtigte hatte die Stadt 2004. Von denen haben in Wirlichkeit nur 2,27% diese Rechtspartei gewählt.

Tröstlich ist es aber trotzdem nicht, dass in einer wltoffenen Stadt wie Köln 16.531 Menschen die Liste Pro Köln gewählt haben. In einige Stimmbezirken kandidierten auch noch die Reps, die dadurch auch noch einen Sitz im Rat der Stadt haben. (js)
 
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