- CSD Frankfurt am Main, 16. am 17. und
18.07.04
- (Achtung, hier sind 3 Bilder-Blöcke verlinkt)
-
- Wir waren mit unseren Infostand am 17. und
am 18.07. in Frankfurt. Die vorliegenden Bilder sind von der
Parade und von den Leuten, die sich vor unserem Infostand tummelten.
Leider hat das Wetter in diesem Jahr nicht so mitgespielt. Bei
warmen und sonnigem Sommerwetter ging die Parade los. Es war
gleich vom Start weg eine ausgelassene Stimmung, sowohl bei den
ZuschauerInnen am Straßenrand, zu denen ich ja gehörte,
als ich die Bilder machte, als auch bei den TeilnehmerInnen.
Ich bin in die Nähe des Römers gegangen, wo die Parade
startete, um dann der Renate die Möglichkeit zu geben, sich
auch die ganze Pararde anzuschauen, wenn ich am Infostand zurück
bin. Irgend jemand musste ja auf den Stand aufpassen.
-
- Es gab auch viel junge nackte Haut zu sehen,
und das hat mir sehr gefallen. Immer wieder glauben sich homosexuelle
Menschen für solche und auch andere grelle Bilder entschuldigen
zu müssen. Wir seien ja gar nicht so. Die bösen Medien
würden sich immer nur solche Leute raussuchen. Das ist aber
ein peinliches Entschuldigen gegenüber der Moral heterosexueller
und homosexueller Spießer. Doch, so ausgelassen und exhibitionistisch
sind wir, zumindest einmal im Jahr, wenn wir uns ansonsten auch
den Erwartungen der Gesellschaft unterwerfen. Und wo sonst soll
man denn zeigen, wie man sich ständig im Fitness-Studio
abmüht?
-
- Bei den SM-Schwulen und Lesben waren auch
SM-Heten. Dort zogen Hetenmänner ihre Hetenfrauen an einem
Hundehalsband hinter sich her. Es gab vor allem Lesben aber auch
Schwule, die hier ihre Schwierigkeiten hatten, dies mit dem Aufstand
der Gay-Szene gegen Polizeirazzien und der Emanzipation der lesben
und Schwulen noch irgendwie in Verbindung zu bringen. Eine wirklich
gehörte Antwort für solch eine Kritik: "Ich lass
mir doch den CSD durch Euch verklemmten Lesben und Schwulen nicht
vermiesen."
-
- Der CSD scheint unterdessen zu einer Show
aller geworden zu sein, die irgendwie auf ihre Art schick und
ausgelassen feiern wollen. Das könnte die Möglichkeit
so mancher Lesben und Schwulen beeinträchtigen, ihrerseits
ihre kleinen Siege zu feiern, die sie im täglichen Kampf
mit Mitmenschen zu führen haben, z.B. am Arbeitspaltz gegen
Mobbing durch miese Heten und auch verklemmte Leute unserer Szene
usw. Möglicherweise ist dies der Preis für das Feiern
unpolitischer Ausgelassenheit.
- Da es sich hier um viele Bilder handelt,
wird es eine Weile dauern, bis sich die Seite mit den Bildern
über die Parade
öffnet.
-
- Während der Parade regnete es vorübergehend
leicht, was aber niemanden zu stören schien. Als Renate
wieder an den Infostand zurückkam, kam auch noch Andre`
hinzu, der uns am Stand half. Er hatte ein dukles Kleid an und
wollte als politische Satire die SPD als eine Partei entlarven,
die mit ihren Maßnahmen den ArbeitnehmerInnen schadet.
Er hatte ein Button am Kleid, und im Schriftzug der SPD die Anfangsbuchstaben
von Neue
Sozialdemokratische
Deutsche
Arbeiter
Partei
auf diesem Button.
-
- Diese Satire ging aber schief, weil doch
recht viele glaubten, er sei ein Nazi, so dass er gar nicht so
gut ankam. Denn es ist leider so, dass man auch beim CSD damit
rechnen kann, dass es Schwule und auch Lesben gibt, die eher
rechts sind, und so hieleten viele eher das für möglich
als ein Angriff von links auf die SPD.
-
- Wenn man vor unserem Infostand stand, waren
links von uns Frauen, die eine Frankfurter Gruppe des Lesbenrings
aufmachen wollen, rechts von uns war die Hanauer Schwulengruppe.
Gegenüber war der Stand von 40plus. Unter den älteren
Herren, die sich dort am Stand einfanden, gab es viele, die zu
uns rüberkamen, um sich eine oder mehrere Ausgaben der unterdessen
bundesweit erscheinenden LUST zu holen, denn die LUST war ja
früher eine kostenlose Regionalzeitung, die werbungsfinanziert
nahezu die ganze Szene erreichte, und die außer dem Veranstaltungskalender
und Kontaktanzeigen auch viele engagierte Artikel hatte. Wegen
dieser Artikel, die auch vielen Menschen der Szene zu einem politisch
bewussterem Coming-out verhalfen, kamen sie also zu uns um uns
zu unserer jahrzehntelangen engagierten Arbeit zu beglückwünschen,
was uns natürlich runterging wie Öl. Es wurden auch
neue Abos bestellt und an unserem Stand gabs gute Gespräche.
-
- Links von 40plus war der Stand einer Zeitschrift,
die nun in Nachfolge von uns kostenlos in der Region webungsfinanziert
ausliegt. Sie hieß früher, als sie anfing, "Reich
Und Schön". Nein, falsch, das hätte zwar sein
können, aber das ist eine anderes glitzernde Sache. Sie
hieß anfänglich "Jung Und Gay" und nannte
sich dann in GAB um. Dort fanden sich viele glitzernde Szene-
und CSD-Besucher ein.
- Rechts von 40plus war die Initiative AltenpfleGAYheim,
beinahe in einer Standgemeinschaft mit 40plus. Diese Initiative
unterhält jetzt schon einen ambulanten Pflegedienst und
wird demnächst ein Altenpflegeheim für Schwule und
Lesben eröffnen.
- Hier sind noch einige Bilder, die wir vom
CSD-Leben
rund um unseren Stand machten.
-
- Am Abend etwa 21,30 Uhr gab es Sturmwarnung
und ein stürmisches Gewitter kündigte sich an. Rainer
Gütlich, der Chef-Organisator, schlug den Initiativen vor,
lieber abzubauen, so dass wir erst einmal alles abbauten. Lobend
zu erwähnen ist noch, dass zwei Helfer aus dem Security-Team
von Rainer Gütlich vorbeikamen, um uns zu fragen, ob sie
uns helfen könnten. Aber es war schon alles erledigt, da
Andre´ uns beiden geholfen hatte.
-
- Leider waren aber viele StandbetreiberInnen
schon weg und so blieb Ihr Infostand dem stürmischen Gewitter
ausgesetzt. Am nächsten Morgen, als wir wieder aufbauen
wollten, sahen wir den Salat. Einige Stände waren unbeschädigt,
andere hingen schief rum, wieder andere waren völlig zerstört.
Man half sich (gegenseitig) so gut es ging, und schon nach kurzer
Zeit konnten die nach und nach eintrudelnden CSD-BesucherInnen
ein strahlendes Festival- Gelände vorfinden, als hätte
es nicht Schlimmes gegeben. Weil das Foto vom Samstag von der
Hanauer Gruppe nicht so gut geraten ist (sie schauten mürrisch
in die Kamera), erhielten wir heute von ihnen das süßeste
und strahlenste Lächeln.
-
- Von den Lesben und Schwulen von der SPD erhielt
ich außer Propagandamaterial auch einen Pariser geschenkt.
Aber, wenn ich einen netten Kerl bei mir hätte, und ich
würde die Schachtel mit Aufdruck SPD hervorholen, würde
sicherlich vor Schreck mein Schwanz sofort schrumpfen.
-
- Dass auch Grüne, FDP und auch die CDU
anwesend waren, sei nur nebenbei vermerkt. In der junge Bundesrepublik
wurden in CDU-Regierungsverantwortung mehr homosexuelle Männer
mit dem alten von den Nazis noch veraschärften § 175
StGB verhaftet als in der Nazi-Zeit. Und die CDU-Mimister gaben
noch ihren dies rechtfertigenden Senf hinzu. Diese Männer,
denen zwar nicht mehr das KZ drohte, aber deren bürgerliche
Existenz vernichtet wurde, leben noch, sofern sie sich nicht
damals umgebracht haben. Die damalige CDU-Propaganda ermtugte
auch die SchwulenfeindInnen in der Bevölkerung. Und wenn
heutzutage irgendetwas gegen homosexuelle Initiativen läuft,
sind es im wesentlichen CDU-Abgeordnete, die das zu verantworten
haben.
-
- So lange diese Partei sich nicht bei den
schwulen Männern für diese Politik entschuldigt und
sich nicht auch von der Ideologie distanziert, die Diskriminierungen
immer wieder hervorbringt, ist es eine Obzönität, solch
ein ekelhaftes Bild auf einem CSD sehen zu müssen.
- Leider gwitterte es am frühen Nachmittag
auch wieder. Aber kaum war der Regen weg, waren die Staßen
rund um die Konstablerwache wieder voll von BesucherInnen. An
unserem Infostand überwogen die netten Gespräche.
-
- Und Andre war wieder da und half uns bei
unserer Arbeit. Unser Bier holten wir von einem der beiden Getränkestanden
der Krawallschachtel, weil wir dort, trotz des Trubels, sehr
nett bedient wurden, was keine Kritik an den anderen Getränkeständen
sein soll. Es ergab sich halt so.
- Unterm Strich: es war ein wirklich schöner
ereignisreicher CSD, dem Team von Rainer sei dank, und wir kamen
todmüde aber in guter Stimmung nach Hause. Die Bilder, die
ich am CSD-Sonntag
machte, sind nun hier zu sehen. (js)
-
- Dein Kommentar zum Artikel: hier
-