- 77. LUST, Winter 03/04
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- Immer nur Sex und sonst nix?
Wenn es mit dem Sex klappt, was verbindet
uns darüber hinaus? Wenn es mit dem Sex nicht mehr so klappt,
ist dann auch das Verbindende weg? Was steckt hinter dem Gefühl
und Vorwurf: immer nur Sex und sonst nix?
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- Die Problemstellung
Es ist schon klar, warum die Sexualität in unseren Beziehungen
eine so große Rolle spielt, eine größere als
Gemeinsamkeit und dem Gefühl der gegenseitigen Nähe
oder Liebe.
Beziehungen ohne Sex haben wir in unserem Leben schon immer mal
bekommen. Da wären die Beziehungen und das Nähegefühl
mit den Eltern und Geschwistern, falls vorhanden. Beziehungen
mit Freundinnen und Freunden in Freundschaftscliquen. Manchmal
gibt es jahrelange Freundschaften, ganz tiefe Freundschaften,
jedoch ohne Sexualität. Kollegen oder Kolleginnen, Bekanntschaften
mit anderen heterosexuellen Familien.
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- Viele Lesben hatten erst einmal heterosexuelle
Beziehungen, zwar mit Sex aber eben, ihrer Empfindung nach, nicht
dem richtigen. Viele Lesben hatten langjährige Freundschaften
mit einer heterosexuellen Freundin. Viel Schwule hatten oder
haben langjährige Freundschaften mit einer heterosexuellen
Freundin. Wir werden mehr oder weniger im heterosexuellen Umfeld
anerkannt, auch wenn wir als Lesben oder Schwule bekannt sind.
Unsere Freundschaften, Familienbeziehungen, unsere Kollegialität
sind nicht anrüchig, sind geachtet, eben gerade weil sie
gar nichts mit Homosexualität zu tun haben, die allerdings
schon als anrüchig angesehen wird, und zwar zum Teil auch
von uns selbst.
Was wir also in all diesen geachteten Strukturen nicht unterbringen
können, ist unsere Sehnsucht nach oder unsere Lust an Homosexualität
im Sinne von Sexualität. Die ist dann auch außerhalb
all dieser Bindungen und Beziehungen. Unsere Sexualität,
das wissen wir ja auch, wird und würde in und von diesem
Umfeld auch kaum oder gar nicht akzeptiert. Die anderen können
es nicht nur nicht nachvollziehen, es gehört auch zu ihrer
Identität und Selbstachtung, diese Formen menschlicher Sexualität
vehement abzulehnen, sich öffentlich dagegen auszusprechen,
ständig zu demonstrieren, dass genau diese Homosexualität
für sie eine niedrige, sie herabwürdigende und schlechte
Sache sei.
Lesben und Schwule sind gesellschaftlich besser akzeptiert, zumindest
hat man bei Diskriminierungen nicht mehr die applaudierenden
Massen hinter sich. Aber was die Lesben und besonders die Schwulen
so machen, das wird als ekelhaft angesehen. Bei den Lesben können
sich viele Männer ja vorstellen, als Dritter mitmischen
zu können.
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- Doch wird das Anliegen von solchen Männern,
bei Lesben mitzumischen, von gerade diesen Lesben eher kühl
aufgenommen. Und schon sind sie sauer, die Hetenmänner.
Und ihre Frauen applaudieren ihnen noch. Aber genau nach Sexualität
ohne Männer sehnen wir lesbischen Frauen uns ja gerade.
Und was die Schwulen so machen, dass wird von den Männern
wie von den Frauen vehement abgelehnt. Tja, und genau danach
sehnen wir schwulen Männer uns ja.
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- Gelegenheiten
Gelegentlich gibts dann doch mal die Möglichkeit,
sich sexuell zu begegnen. Bei Lesben erscheint das nicht so offen,
weil sexuelles Verlangen bei Frauen noch immer nicht selbstverständlich
geäußert wird. Doch bei Schwulen scheint es nur ein
einziges Thema zu geben: die Suche nach den sexuellen Begegnungen.
Zeitungen und Zeitschriften unserer Szene werben damit, dass
man hier die besten Partner finden könne, dass hier die
besten Kontakte geschlossen würden.
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- Ohne körperlich reizvolle Abbildungen
wird überhaupt keine Zeitschrift verkauft. Im Internet sind
nur die Sex-Einschaltungen erfolgreich. Es wird eine Unmenge
von Geld mit Sextelefonen bewegt. Gut, das ist ähnlich wie
bei den Männern mit heterosexueller Identität, hat
aber andere Ursachen. Aber dies ist nicht der Diskussionsgegenstand.
Es geht um das ständige Suchen nach sexuellen Kontakten.
Diese flüchtigen Kontakte sind natürlich besser als
nichts, werden meist so gestaltet, dass die anderen (heterosexuellen)
Freundschaften, Partnerschaften, Beziehungen dadurch nicht gefährdet
werden. Heterosexuell verheiratete Lesben und Schwule, die Ihre
EhepartnerIn nicht brüskieren wollen, die die Ehe und oft
auch die Kinder in keine Konflikte stürzen wollen. Es gibt
sehr viele lesbische und schwule Menschen in normalen
(heterosexuellen) Bindungen, die an unterschiedlichen Plätzen
nach gelegentlichen Kontakten suchen.
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- Heterosexuelle Beziehungen sind ja in der
Regel in ein ganzes Netzwerk von anderen heterosexuellen Bindungen
eingebunden. Auch Behörden und Sozialversicherungen (bis
hin zu den Pflegeheimen) gehen von der Normalität heterosexueller
Bindungen aus. Das führt in unseren realen Beziehungen unterschiedlicher
Art vielfach zu großen Problemen. Die Bindungskraft der
heterosexuellen Strukturen ist so groß, dass auch in unseren
Reihen diese Strukturen wirksam werden. Und so bleiben eigentlich
nur ganz isoliert unerfüllte homosexuelle Wünsche übrig.
Und so sind an jedem Wochenende viele lesbische und schwule Menschen
unterwegs. Sie suchen Sex und sonst nichts. Bindungen und Beziehungen
haben sie ja schon. Und sie sind sich der Konsequenzen eines
Zuviel an Homosexualität, einer Trennung von ihren heterosexuellen
Bindungen, durchaus im Klaren. Denn eine heterosexuelle Ehefrau
ist selten bereit, einen homosexuellen Sexpartner ihres Mannes
zu dulden; ein heterosexueller Ehemann ist selten bereit, eine
lesbische Freundschaft seiner Frau zu akzeptieren. Und so schützen
viele Lesben und Schwulen in unserer Szene ihre heterosexuellen
Bindungen. Sie möchten nicht ihre Familien zerstören
usw.
Wenn eine Frau einen Mann liebt(e) und/oder heiratete, dann hört
sie ja nicht einfach auf, eine Nähe zu ihrem Partner zu
fühlen, sie ist ihnen nun auch nicht plötzlich böse,
wenn sie ihre Liebe zu einer Frau oder zu Frauen allgemein entdeckt.
Und wenn ein Mann seine körperliche Liebe zu anderen Männern
entdeckt, dann ist er seiner Frau und seinen Kindern ja auch
nicht plötzlich böse.
Das hat auch seine innere Logik, denn die Bindungskraft unserer
lesbischen und schwulen Beziehungen ist nicht so groß,
unsere Infrastruktur hat keine solchen großen Netzwerke,
die unsere Beziehungen von außen bestätigen und stärken.
Die Sozialsysteme der Gesellschaft können unsere Bindungen
nur dann in etwa akzeptieren, wenn sie der heterosexuellen Ehe
ähneln. Und das läuft an unserer Lebenswirklichkeit
doch sehr oft vorbei, von dem Fehlen einer wirklichen Gleichstellung
unserer Beziehungen ganz zu schweigen, sofern sie in heterosexualitätsähnlichen
Formen existieren.
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- Schwierigkeiten in unseren eigenen Bindungen
Und nun hat die lesbische Frau eine Freundin gefunden und der
schwule Mann einen Freund. Was erleben sie miteinander? Vor allem
Sex. Sicher, die Sexualität wird in eine Freundschaft eingebettet,
davon gehen wir nun aus. Das bedeutet, dass man (zumindest erst
einmal) sich sexuell auf diese Partnerschaft beschränkt.
Das fällt niemanden schwer, wenn man ohnehin in sexuellen
Fragen besonders abends das Gefühl eines Mangels hatte,
und nun ist das erst einmal nicht mehr so. Wenn man aber bisher
recht gut ausgelastet war, wenn man gute Methoden des Partnerfindens
erarbeitet hat, dann hat man vielleicht schon nach kurzer Zeit
das Gefühl des Mangels.
Eben noch musste man/frau eine sehr große Intelligenz,
Finesse und Anpassung aufwenden, gelegentlich eine(n) PartnerIn
abzuschleppen. Gerade erst hat man neue Tricks und Kniffe gelernt
und auch das erfolgreiche Kennen lernen der neuen Bekanntschaft
ist doch auf den Erfolg und Sieg in diesem Zusammenhang zurückzuführen.
Und nun soll man damit aufhören, sich in seinen Chancen
bestätigen zu lassen? Das mag dann doch die eine oder den
anderen schwer fallen.
Nun möchte ich hier nicht irgendeinem freudlosen Eifersuchtsmodell
hinterherlaufen, denn solche Modelle erklären sich aus dem
wirtschaftlichen Schutzbedürfnis der Nur-Hausfrau, deren
Lage durch das Fremdgehen des Ernährers und Ehemann in arge
Bedrängnis kommen kann. Das Horror-Bild ist die ältere
sitzen gelassene Mutter mit ihren Kindern, während der Ernährer
sich was junges Knuspriges sucht. Da ist das kontrollieren des
Hemdkragens (Lippenstift), des Jacketts (das verräterische
blonde Haar) des Handys (bestimmte Telefonnummern) usw. schon
mal angesagt.
Nein, wenn deine Partnerin oder dein Partner tatsächlich
schon mal einen Seitensprung wagt (gewagt hat), dann tut sie/er
nichts anderes als du selbst, hier und da. Oder? Und was soll
es denn? Da hat sich Haut aneinender gerieben. Muss man deshalb
so aus dem Häuschen geraten? Vielleicht schon, nämlich
dann, wenn die Beziehung tatsächlich nur auf Sex aufbaut
und sonst nix. 
- Dann ist das eine sehr oberflächliche
Beziehung, die durch (bei Männern) den Spritzer in die falsche
Richtung schon gefährdet ist, die durch (bei Frauen) Reibungen
und Umarmungen schon in die Krise kommt. Solche Spritzer usw.
irgendwann irgendwo können doch als Ergänzung ganz
schön erfrischend sein. Im Hetenbereich ist die Einrichtung
der Prostitution der Weg, der eine Beziehung deshalb nicht sprengt,
da die Prostituierte im Image derart schlecht da steht, dass
sie die Rolle der Ehefrau nicht gefährdet.
Liebe Leute, macht es Euch doch nicht so schwer. Ein Mensch braucht
einen vertrauensvollen anderen Menschen. Setzt ganz einfach die
Messlatte des Vertrauens nicht ganz so hoch an. Nicht der Seitensprung
ist die entgültige Katastrophe. Aber eine Parallelbeziehung,
die vielleicht noch in Deine Beziehung von außen reinregiert,
das macht das Vertrauen kaputt und das Leben schwierig.
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- Treibt also Eure(n) PartnerIn nicht in eine
parallele Beziehung, sondern kapiert, dass man Menschliches einfach
menschlich sehen muss. Der schnelle Seitensprung kann schon mal
vorkommen. So sind wir einfach, nur der Papst mag dran Anstoß
nehmen, der tut es aber sowieso.
Zurück zum Sex als tragfähige Kraft einer Beziehung.
Klar, man kann in einer Beziehung sexuell auch viel vertrauter
werden, als bei den Seitensprüngen, wo sich die Seitensprung-PartnerInnen,
gerade weil sie sich nicht kennen, gegenseitig alles andere als
den Alltag bescheren. Aber kannst du dich dort so richtig gehen
lassen? Nein?
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- Wie auch, wo man nichts tun möchte,
was die/der PartnerIn als abstoßend empfinden könnte.
Man spielt hier eine Rolle und erlebt eine Rolle. Wie gesagt,
das kann anregend, erfrischend, das kann gut sein. Und ich will
gar nicht vergleichen, ob das eine besser ist als das andere.
Aber es gibt eben auch noch das andere. Und das hat ja auch was.
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- Willst du darauf verzichten? Das ist die
Sexualität mit einem Menschen, bei dem du keine Rolle zu
spielen brauchst, weil man sich gegenseitig allzu gut kennt.
Und vielleicht ist dass, was ihr euch dann ergänzend geben
könnt, doch auch ganz gut, dass ihr darauf gar nicht verzichten
möchtet. Und dann kann der Seitensprung euch gar nichts
anhaben. Er ist eben das andere, das auch immer mal vorkommt.
Aber in einer neuen Beziehung denkt man natürlich erst einmal
nicht an den Seitensprung. Bevor es zum Seitensprung kommt, kommt
es erst einmal eine lange Zeit zum Erproben von allem, was einem
aneinander Spaß macht. Und da gibt es (sicherlich) viel
zu erproben. Vieles kann man von Mund zu Mund anstellen, viele
mit dem Mund und anderen Stellen des Körpers.
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- Wer kein Safer Sex praktiziert, muss sich
sicher sein, dass sowohl er als auch sein(e) Partner(in) derzeit
keine Experimente (mehr) mit anderen PartnerInnen anstellen wird,
und dass er/sie keine Infektion mitbringt. Es ist ja ein offenes
Geheimnis, dass die Vorsicht vor einer HIV-Infektion in unserer
Szene nachgelassen hat.
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- Die schiere Lust ohne die Safer-Sex-Bremse
ist ja auch sehr genussvoll, doch damit es hinterher kein böses
Erwachen gibt, sollte man sich erst einmal zusammen testen lassen,
dann aber nichts mehr nach außen unternehmen, dann nach
ca. 4 Monaten noch einmal zusammen testen lassen, denn man kann
ja infiziert gewesen ein, und es lässt sich erst nach 2
bis 3 Monaten im Blut nachweisen. Erst wenn dann nichts da ist,
kann man relativ sicher sein, dass auch tatsächlich nichts
da ist.
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- Sex, Sex, Sex
Wenn man nun nur mit der einen Partnerin (dem einen Partner)
verkehrt, weil man sich das gegenseitig versprochen hat, weil
man es so auch für richtig hält, dann kann eine Lustlosigkeit
des Partners kaum hingenommen werden, da es dann keinen anderen
Weg zur eigenen Befriedigung (außer der Selbstbefriedigung,
und auch die kann als Treuebruch empfunden werden) gibt.
Aber es gibt ja auch so viel zu erleben, zu genießen, auszuprobieren,
da gibt es ja kaum Grenzen. Man kann sich gegenseitig so viel
sinnliche Lust geben, bis es anfängt wehzutun und die Lust
daher nachlässt. Und warum sollte man sich auch nicht austoben,
wenn es nun endlich endlich möglich ist. Oder?
Und in diesem Zusammenhang kann man sich schon gegenseitig sehr
gut behilflich sein. Wichtig wäre, dass es möglich
ist, über alles ausführlich zu sprechen und sich dann
für vorhandene oder nicht vorhandene Gefühle keine
Vorwürfe zu machen. Ein(e) fordernde(r) PartnerIn erzeugt
bei dem/der PartnerIn das Gefühl der Pflicht statt der Lust.
Mag sein, dass sich die Lust dann doch einstellt. Aber ein Gefühl
der Pflicht ist absolut lusttötend.
Wenn also du im Moment keine so große Lust hast, gerade
das mit dem/der PartnerIn zu praktizieren, wonach ihm/ihr jetzt
ist, dann kannst du ihm/ihr ja trotzdem behilflich sein, ihn/sie
nicht einfach hängen lassen, eben ohne dich selbst nun stark
einzubringen. Da gibts doch viele Möglichkeiten, oder?
Selbst wenn du nicht so gut drauf bist und es bei dir (als Mann)
deutlich zu sehen ist, dass sich nichts tut, kannst du ja schon
was tun, was deinem Partner gefällt.
Der Vorwurf: Immer nur Sex und sonst nix taucht dann
auf, wenn es für einen der beiden PartnerInnen als Pflicht
empfunden wird und/oder wenn beim Sex die eigenen Bedürfnisse
zugunsten der speziellen Wünsche des/der anderen PartnerIn
kaum noch erfüllt werden.
Man sollte schon auf die gegenseitigen Wünsche auch gegenseitig
eingehen, zumindest manchmal, auch wenn man es selbst nicht so
gerne mag. Es ist nicht zu erwarten, das zwei Menschen wie Zahnräder
genau ineinander passen. Also muss das ausgesprochen werden können.
Zum Beispiel: Ich habe es sehr gerne, wenn du mit deinem Mund
dabei bist, wenn ich komme. Antwort: manchmal finde ich das ja
auch ganz geil, aber manchmal ist es mir auch zuwider, da kann
ich das nicht. Es geht also nur hier und da, wie ein Festtagsessen
sozusagen, und nicht regelmäßig. Einverstanden?
Wenn man nicht ehrlich über solche Sachen reden kann, weil
man Angst vor Schuldzuweisungen, Vorwürfen, vor Rücksichtslosigkeit
hat, dann ist das Leben zu Zweit viel weniger wert. Um eine gemeinsame
Sprache zu finden, und wenn es nicht so gut geht, kann man ja
zum Beispiel mit einem Zettel beginnen, auf dem man aufschreibt,
was man sagen will aber sich nicht traut. Den Zettel lässt
man dann liegen, damit er gefunden werden kann. Aber keine achtseitigen
Romane, die werden dann nicht gelesen, sondern kurze Notizen.
Das kann mitunter hilfreich sein.
Manchmal brauch man auch etwas Ruhe voneinander, manchmal brauch
man auch eine Situation ohne gegenseitige Berührung. Der
Körper des/der PartnerIn gehört nicht dir sonder ihr/ihm.
Man versäumt ja nix durch ein bisschen Ruhe zwischendurch.
Wenn man dann wieder zusammen ist, ist es grad so gut als wäre
man vor einigen Tagen zusammen gewesen oder vor einer halben
Stunde. Man ist unabhängig davon jetzt zusammen und erlebt
sich aktuell.
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- Wenn man nun oft und viel Sex hat, stellt
sich der Körper darauf ein und gewöhnt sich daran.
Es wird dann aber mit der Zeit auch etwas regelmäßiges
daraus. Und auch das ist zu genießen. Meine (damalige)
Wochenendbekanntschaft kam immer am Freitag Nachmittag zu mir.
Und auf der Arbeit am Freitag Vormittag begann sich mein Schwanz
schon auf den Freitag Nachmittag zu freuen.
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- Die Bindung ohne Angst
Was könnte es denn über das Sexleben hinaus noch geben?
Das gleiche Interesse am Theater, die gleiche Musik, der gleich
Genuss bei bestimmten Speisen? Das kann es geben, macht auch
Spaß aber ist zu banal. Das muss übrigens auch gar
nicht sein. Man kann sich auch sehr gut verstehen, wenn man weiß,
dass man hier und da nicht die gleiche Neigung hat.
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- Wenn man aber das Interessen füreinander
hat, wird man sich schon deshalb auch dafür etwas anderes
interessieren, um zu verstehen, was die Partnerin, was der Partner
daran empfinden könnte. Muss aber nicht sein, denn alles
kann man einfach nicht miteinander teilen. Doch ist es schön,
wenn man in seinem Interessen verstanden wird. Ich meine, das
stellt sich durch eine längere Beziehung, wenn man aufeinander
eingeht, ohnehin ein.
Das wäre ja wirklich was, wenn wir zwischen uns zu zweit
oder zu dritt oder wie es beliebt eine Bindung ohne Angst herstellen
könnten. Also keine Angst vor der Gefährdung der Beziehung.
Die Bezeichnung Bindung ohne Angst ist vielleicht
ein bisschen dick aufgetragen. Als Bindung bezeichne ich einen
Zusammenschluss, wo der andere Mensch uns berührt. Wo man
sich mitfreuen kann, wo man mitleidet, wenn er/sie sich freut
oder leidet.
Wenn man von einem Verkehrsunfall hört, einer Krankheit
oder einem Schicksalsschlag, dann ist man betroffen, aber doch
nicht so, dass man persönlich mitleidet. Wir haben nämlich
eine Einrichtung in uns, die in solchen Fällen auch eine
gewisse Distanz erzeugt, die es möglich macht, dass wir
nicht zu viel Elend und Leid in uns aufnehmen. Aber diese Distanz
im Freuen und Leiden haben wir bei manchen Menschen nicht.
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- Wir freuen uns und leiden mit, können
uns nicht entziehen. Eine solche Bindung sagt uns, dass uns dieser
Mensch wirklich berührt. Das ist dann mehr als ein Zweckbündnis.
Man hat Angst, dass diesem Menschen etwas passiert, und das dann
nicht aus eigenen Motiven (Angst vor erneuter Einsamkeit), sondern
weil wir gefühlsmäßig in ihm drinstecken, in
dem anderen Menschen.
Das soll es geben, zwischen Menschen. Und diese Verbundenheit
ist einfach auch ein Erlebnis, das man haben kann und das das
Leben eines Menschen bereichern kann. Das wäre dann also
vielleicht die zwischenmenschliche Bereicherung, die an Stelle
des Nichts stehen könnte. Man fühlt sich
berührt, man fühlt sich verbunden. Diese Bindung ist
dann ohne Angst.
Bindung ohne Angst? Wenn man sich neu kennt, ist viel von Angst
um einander die Rede. Ich meine die profane Angst, die sich um
die eigenen Interessen in der Beziehung dreht, die Angst vor
dem Seitensprung oder so. Da diese Form der Angst in der von
mir oben beschriebene Beziehung gar keine Bedeutung hat, brauchen
wir uns auch nicht davor zu ängstigen, wenn die Beziehung
über den Sex hinausgeht. OK?
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- Beziehungen sind lebende Organismen
Beziehungen sind wie ein Organismus. Sie ändern sich mit
der Zeit. Sie sind nicht immer das selbe, denn die
Partner einer Beziehung und die Menschen von außerhalb,
mit denen die Partner zusammenkommen, beeinflussen sich gegenseitig.
Man stärkt sich in einer Beziehung gegenseitig, gibt sich
gegenseitig Lebenskraft. Und das ist gut so, denn Menschen sind
nun mal nicht dafür gemacht, ganz alleine zu leben. Und
man kann in Beziehungen nichts erzwingen, wie man auch mit einem
Organismus nichts erzwingen kann. Will man etwas erzwingen, dann
macht man den Organismus kaputt. Viele sogenannte Zivilisationskrankheiten
sind der Beleg dafür, dass man den Organismus Schaden zufügt,
wenn man etwas erzwingen will, was ihm nicht gemäß
ist.
Da man also gar nichts erzwingen kann, warum fügt man sich
denn dann gegenseitig Not und Pein zu? Man ist doch nicht gezwungen,
irgendeinem Modell zu folgen oder irgendwelche Vorgaben zu erfüllen.
Und schon gar nicht ist man gezwungen, sich nach irgendwelchen
anderen Leuten auszurichten. Und deshalb, ist man z.B. auch gar
nicht gezwungen, überhaupt in einer Beziehung zu leben.
Manche sind lieber für sich alleine, oder bleiben bis auf
den kleinen homosexuellen Seitensprung eher in der offiziellen,
der heterosexuellen Bindungswelt. Na und? Wenn sie damit zurecht
kommen? Es ist schließlich ihr Leben.
Und wenn dir jemand über den Weg läuft, die/der immer
nur Sex und sonst nichts von dir will, dann freu dich doch drüber,
dass du für diesen Menschen derart anregend und attraktiv
bist. Sex ist natürlich nicht alles. Aber was wäre
denn das Leben ohne unseren Sex? (js)
Die beiden Bilder sind aus Mein heimliches Auge,
Band 18, bitte schaut in die Buchbesprechung in der 77. LUST!
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