77. LUST, Winter 03/04
 
Die Werteordnung des Kölner Erzbischofs
Es ist noch nicht so lange her, daher ist es noch nicht in Vergessenheit geraten, dass Kölner Christen gegen die Intronisation des Kölner Erzbischof durch den römischen Papast protestierten. Dass er ein seltsamen Verhältnis zum Demokratischen Rechtsstaat hat, scheint aus seiner Rede in Budapest hervorzugehen, bei der er, „vom Manuskript abgewichen“ sei.

Im Kölner Stadt-Anzeiger berichtete Hans-Joachim Deckert am 28.10.03, von einem erstaunlichen Vorgang, denn Menschen, die die staatliche Ordnung nicht nur eines landes, sondern in ganz Europa verändern wollen, posaunen dies eigentlich lich nicht offen aus. Was genau ist geschehen?

Der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, stellte in seiner Rede fest, wer seiner Meinung nach Europa bedrohe: Homosexuelle, Nach-Achtundsechziger, Fortschritts- und Wissenschaftsgläubige, Drogensüchtige und Terroristen seien eine Bedrohung für die Werteordnung Europas. “Der europäische Mensch muss diese Gifte ausschwitzen”, sagte der Kardinal in einem Referat vor der deutschsprachigen Gemeinde in Budapest.
 
Die Abkehr vom “absoluten Bezugspunkt Gott” hat in Meisners Augen zu höchst gefährlichen Fehlentwicklungen geführt. Aus den auf sich selbst gestellten Werten der Fortschritts- und Wissenschaftsgläubigkeit würden giftige Stoffe ausgeschieden, die die abendländische Gesellschaft zerstören. In Drogensucht und Terrorismus als “Pseudomystik” suche die gottentfremdete Gesellschaft nach einem Weg zur besseren Welt. Meisner beklagte den Werteverfall in Europa und rief zu einer “Reevangelisierung” des Kontinents auf.

Ein millionenfacher Aufschrei des Zorns wäre wohl die angemessene Reaktion auf diese Aussagen gewesen, denn hier wird auch die Trennung zwischen Kirche und Staat infrage gestellt, eines der wichtigsten Errungenschaften der französischen Revolution. Die Trennung zwischen Kirche und Staat hat das Zeitalter der Religionskriege beendet, zumindest in einem großen Teil der Welt, zumindest im 19. und 20. Jahhundert.

Die Zeit ist wohl auch vorbei, in der die Kirche bestimmt, ob die Erde eine Scheibe oder eine Kugel ist. Doch seien die „Fortschritts- und Wissenschaftsgläubigen“ offensichtlich in Europa auszuschwitzen und zu überwinden? Träumt er denn von einem neuen „Heiligen Römischen Reich“? Die 68er Revolte hat die aus der Nazizeit in die Bundesrepublik übernommenen Strukturen angeprangert, in Frage gestellt und auch zum großen Teil abgeschafft, doch er sieht ind den Nach-Achtundsechzigern eine zu bekämpfende Gefahr. Nun gut, die katholische Kirche hatte Hitler ja nie excommuniziert. Dass es auch gegen Homosexuelle redete, war ja ohnehin bei ihm zu erwarten, auch dass er Homosexuelle in eine Reihe mit Drogenabhängigen und Terroristen stellte.

Wo blieb nun der millionenhafte Aufschrei? Der Kölner Lesben- und Schwulentag (KLUST) machte sich Sorge um die homosexuellen Katholiken und nannte Meisner in einer Reaktion einen “Hetzer auf dem Bischofsstuhl”, der mit seinen Äußerungen eine Grenze überschritten habe. “Der Kardinal sollte bedenken, dass er mit seinem unqualifizierten Urteil Mitglieder seiner Kirche trifft, als vergiftet bezeichnet und sie damit verstößt, so die KLUST-Mitteilung weiter.

Dem Strafantrag gegen Meisner durch KLUST sah das Erzbischofirat gelassen entgegen und äußerte auf der eigenen Homepage, dass dem kein Erfolg beschienen sei.

Wo ist der Aufschrei darüber, dass Meisner die Trennung zwischen Kirche und Staat aufheben möchte und die Wissenschaft zum Nachteil des Glauben verteufelt? Das ist eine Haltung, die die im kirchlischen Terror des Mittelalters seinen Ursprung hat.
Der Papst weiß schon, wen er wo zum Kardinal einsetzt, denn die Kardinäle werden ja seinen Nachfolger wählen. Und die katholische Rirche bereitet sich offenbar auf ihre Auseinandersetzung mit dem Islamismus und dem Ungehorsam gegen ihre Lehre vor (js)
 
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