- 76. LUST, Herbst 03
- Neues zu den Sozialversicherungen
Ca. 90% unserer Bevölkerung werden
gegenwärtig noch durch die Sozialversicherungen vor den
wirtschaftlichen Folgen des Alters, der Krankheit, Pflegebedürftigkeit,
Arbeitslosigkeit usw. geschützt.
Nein, bitte nicht missverstehen: wir werden nicht vor Alter,
Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Arbeitslosigkeit usw. geschützt,
sondern nur vor den wirtschaftlichen Folgen dieser Lebensumstände.
-
- Dieser Schutz der Arbeitnehmer und ihrer
Angehörigen existiert nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer,
sondern auch der Arbeitgeber und der Konzerne usw. Nämlich
Arbeitslosigkeit führt nun nicht mehr automatisch dazu,
dass der Hausbesitzer wegen ausbleibender Miete sein Haus nicht
mehr abzahlen oder bewirtschaften kann und es verliert. Es führt
auch nicht automatisch dazu, dass alle Ratenverträge platzen
usw. Der Arbeitgeber muss nicht ständig neue Leute anlernen,
wenn jemand erkrankt und stirbt, sondern der Kranke wird nach
einiger Zeit wieder gesund sein und kann diese Arbeit weiter
durchführen. Sein Können, Wissen und seine Erfahrungen
sind nicht verloren. Jeder Eingriff in die Struktur dieser Versicherungen
hat große gesellschaftliche Folgen.
-
- 1. Geschichtliches
Sozialversicherungen haben wir seit dem vorletzten (dem 19.)
Jahrhundert. Tatsächlich hat das unter dem absolutistisch
herrschenden Adel immer stärker aufkommende Bürgertum
mit seinem in der Monarchie immer weiter um sich greifenden Weltanschauung,
dem Liberalismus, die vorher noch existierenden Fürsorgeformen
abgeschafft. Es ging nun um die individuelle Freiheit des Menschen
und besonders um die Freiheit zu wirtschaften. Es ging darum,
zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung naturwissenschaftliche
Erkenntnisse, die der von Adel und Klerus bisher verbreiteten
Ideologie widersprachen, anwenden und verkünden zu dürfen
usw.
- Die neue Gewerbefreiheit wandelte die Großfamilie
zur Kleinfamilie um, erlöste den Bauer von der Erbuntertänigkeit,
ließ Zünfte und Gilden nutzlos werden, und so fielen
auch die Fürsorge und Hilfen weg, die diese Organisationen
bisher ihren Mitgliedern gewährten. Die Zeit war Schritt
für Schritt vorbei, wo die Geburt bestimmte, was man sein
Leben lang zu tun hatte. Wer bisher in die Familie eines Adligen
geboren war, dessen Zukunft war vorher gesichert gewesen. Wer
in die Familie eines Leibeigenen oder Tagelöhners geboren
wurde, war sein Leben lang Leibeigener oder Tagelöhner gewesen.
Nun setzten sich andere Lebensläufe durch. Jeder ist
seines Glückes Schmied, lautete die neue liberale
Moral der neuen Zeit. Und die Armen dieser Zeit waren in Folge
dessen nur deshalb arm, so wurde behauptet, weil sie einfach
faul und unfähig seien. Also geschah ihnen auch recht.
Erst nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass die
verheerende Armut besonders der Arbeiter, die man in den neuen
Fabriken benötigte aber schlecht bezahlte, nichts mit ihrer
Faulheit zu tun hatte, sondern mit ihren Lebensumständen.
Da jegliche Arbeitsgesetzgebung fehlte, wurden sie rücksichtslos
ausgebeutet. Sie mussten bis zu 80 Stunden in der Woche arbeiten,
für einen Hungerlohn, der nicht ausreichte, sich satt zu
essen. Ständige Unruhen der Arbeiter, die oftmals blutig
zusammengeschossen wurden, begleiteten das neu entstehende Industriezeitalter.
Die Kosten, die Arbeiter ruhig zu halten, schmälerten die
Gewinne der neuen bürgerlichen Oberschicht und es verbreitete
sich auch in der Arbeiterschaft die Arbeiter-Befreiungsideologie,
gegen die Diktatur des Marktes (also des bürgerlichen Geldadels)
die Diktatur der Arbeiterklasse (des Proletariats) zu setzen.
Also verbot man die Arbeiterorganisationen wie Gewerkschaften
und sozialdemokratische Parteien und entwickelte zur Beruhigung
die Sozialversicherungen als Zwangsversicherungen für alle
Arbeitnehmer, denn ihr Lohn war so niedrig, dass sie freiwillig
nichts übrig behalten hätten, um es einzuzahlen. So
entstand also im Gegensatz zum vorherrschenden Liberalismus ein
neuer Fürsorgegedanke, der allerdings auch mit Bevormundung
verknüpft war. Fürsorge ist immer mit Bevormundung
verknüpft, und zwar je nach der sorgenden Organisation durch
Kirche und/oder Staat. Liberalismus bedeutet mehr individuelle
Freiheit aber eben auch das Ende der Fürsorge.
Und zwar wurde 1883 die Krankenversicherung als Zwangsversicherung
gegründet. Natürlich gab es hier keine Lohnersatzleistungen
(Krankengeld), sondern nur die Medikamente. 1884 die Unfallversicherung,
die das Unternehmerrisiko absicherte, denn wenn ein Arbeitnehmer
in einem Betrieb zu Schaden kam, musste zunehmend der Unternehmer
dafür einstehen. 1889 die Invalidenversicherung für
Arbeiter, also für Arbeitnehmer, die aufgrund von Arbeitsunfällen
oder Krankheit nicht mehr arbeiten konnten (Das ist heute überwiegend
Teil der betrieblichen Unfallversicherung).
-
- 1911 kam die Angestelltenversicherung. Im
gleichen Jahr ordnete man die Sozialversicherungen durch die
Reichsversicherungsordnung für das Kaiserreich, nur wenige
Jahre vor seinem Untergang (Deutsches Kaiserreich: 1771
1918, also 47 Jahre, und zwar von 1871 1888 unter Kaiser
Wilhelm den I., dann 99 Tage im Jahr 1888 unter Kaiser Friedrich
III., den Bürgerkaiser, 1888 1918 schließlich
unter Kaiser Wilhelm II., der in England erzogen worden war.).
Durch die Reichsversicherungsordnung war alles geordnet, das
Kaiserreich war kriegsfähig, die Arbeitnehmer konnten zu
Soldaten werden und für die möglichen Folgen hatten
sie ja vorher schon eingezahlt. Wie ja bekannt ist endete mit
dem 1. Weltkrieg dass russische zarenreich, das östereich-ungarische
Kaiserreich, das türkische Osmanische Reich und das Deutsche
Kaiserreich.
Der Staat, der aus den Trümmern des 1. Weltkrieges entstand,
die sogenannte Weimarer Republik (1919 1933, 14 Jahre)
erweitere die Sozialversicherungen 1927 um die Arbeitslosenversicherung.
Wer gerade Arbeit hatte, zahlte für die, die gerade arbeitslos
waren mit seinen Beiträgen und schuf sich gleichzeitig einen
Versicherungsanspruch. Damit war der Kern des heutigen Versicherungswesens
geschaffen und zugleich ein Prozess eingeleitet, der noch später
durch Ergänzungen und Veränderungen in Bewegung geblieben
ist. Die Weimarer Republik endete 1933 mit der Ernennung Hitlers
zum Reichskanzler.
Das sogenannte Tausendjährige Reich des Größter
Feldherren aller Zeiten, das von 1933 bis 1945 dauerte
(also 12 Jahre), gab 1938, unmittelbar also vor dem Ausbruch
des 2. Weltkrieges, den selbständigen Handwerkern die Möglichkeit,
an der Altersversorgung für Arbeiter teilzunehmen.
1949 folgte die Anpassung der Sozialversicherungen an die politischen
und wirtschaftlichen Verhältnisse der DDR und der Bundesrepublik
Deutschland. Übergehen wir die DDR, deren Gesetze letztlich
für die Menschen im vereinigten Deutschland heute bedeutungslos
wurden und verfolgen wir die Entwicklung der Sozialversicherungen
in der BRD weiter: 1957 die Neuregelung der Rentenversicherung
für Arbeiter und Angestellte, 1957 die Altershilfe für
Landwirte, die bisher nur den Niesnutz hatten. 1965 die Verbesserung
der Leistungen im Krankheitsfalle, 1969 das Ausbildungsförderungsgesetz,
1970 die Lohnfortzahlung für erkrankte Arbeiter, 1972 die
Öffnung der Rentenversicherung für alle Bevölkerungsschichten
und die Einführung der flexiblen Altersgrenze
und 1995 die Einführung der Pflegeversicherung.
Die heutige Zeit, die mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann
und weltweit Neo-Liberalismus genannt wird, ist dadurch
gekennzeichnet, dass dem Bürger mehr individuelle Freiheiten
in seinem Privatleben gelassen oder geschenkt werden, dass aber
die Fürsorge für ihn schrittweise zurückgefahren
wird. Der Staat könne das alles nicht mehr zahlen, heißt
es, und jeder müsse selbst vorsorgen: Goldgräberstimmung
für solche Unternehmen, die ihre Gewinne aus den privaten,
kapitalgedeckten Versicherungen ziehen.
Die Privaten nutzen ihre Möglichkeiten der Werbung, die
alten gesetzlichen Sozialversicherungen schlecht zu reden, und
ihre politischen Bündnispartner, besonders die FDP, möchten,
dass die Sozialversicherungen alle privatisiert werden. Viele
Versicherten, besonders die, die sich nicht auskennen, lassen
sich von den Worten privat blenden, aber das passt
ja in den neoliberalen Zeitgeist.
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- 2. Die Gesetzlichen und die Privaten
Mit Ausnahme der Bundesanstalt für Arbeit (die eine Bundesbehörde
ist) sind die gesetzlichen Sozialversicherungen vom Staat unabhängige
Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie zum Beispiel
auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das heißt:
die Versicherten verwalten sich selbst. Wie machen wir Versicherten
das? Wir wählen bei den sogenannten Sozialwahlen (alle 6
Jahre) unsere Vertreter in die Vertreterversammlungen der Sozialversicherungen.
Sind nicht mehr ehrenamtliche Bewerber da als Plätze zu
besetzen sind, gelten sie ohne Wahlakt automatisch als gewählt.
Dies wird Friedenswahlen genannt. Die Sozialversicherungen
sind nicht staatliche Betriebe und keine Unternehmen, also dürfen
sie keine Gewinne machen und diese an irgendwelche Aktionäre
fließen lassen, sondern die eingegangenen Gelder werden
(nach Abzug aller Kosten für den Versicherungsapparat) an
die Versicherten wieder ausgegeben. Sie arbeiten nach dem Solidarprinzip:
Jeder zahlt ein wie er kann (die Beiträge richten sich nach
der Höhe der Löhne), jeder erhält wie er braucht.
Wenn eine hohe Beschäftigungsrate existiert, für die
weder die Versicherungen noch die Versicherten etwas können,
entstehen in den Kassen der Versicherungen Überschüsse,
die als Leihgabe an die Staatskasse abgeführt werden und
dort langfristig festgelegt werden. Wenn eine hohe Arbeitslosigkeit
existiert, für die weder die Versicherungen noch die Versicherten
etwas können, muss der Staat die Unterdeckung der Sozialversicherungen
ausgleichen.
Da er dies meistens nicht will (er hat in solchen Zeiten auch
weniger Einnahmen), versucht er die Gesetze entsprechend zu ändern,
damit die Versicherten einfach weniger erhalten und dadurch die
Kassen stimmen. Das bedeutet: die Versicherten sollen immer höhere
Zuzahlungen leisten und weniger erhalten. Das nennt man: ihre
Eigenverantwortung stärken.
Vergessen wir aber auch nicht, dass z.B. der große Topf
der Solidarversicherung Krankenkasse ein Geldvorkommen ist, aus
dem sich viele gewinnorientierte Private ständig köstlich
bedienen: zum Beispiel die riesige und reiche Pharma-Industrie,
die ihren Aktionären hohe Gewinne aus dem Solidartopf der
Arbeitnehmer abzweigen. Dann die freien Ärzte und Krankenhäuser
und zahllose Unternehmen, die Spezialbetten, künstliche
Gliedmaßen, Geräte für Ärzte und Krankenhäuser
herstellen usw. Man hat fast den Eindruck, dass die Apparate
in den Arztpraxen wichtiger sind, steuerlich besser bedient werden
als die Patienten. Nun ja, der entsprechenden Industrie nutzt
es und die Kassen zahlen es.
Bei den Reibungen zwischen einer auf Solidarität aufgebauten
Kasse und den Profitinteressen der großen Wirtschaftsverbände
scheint es immer stärker zugunsten dieser Wirtschaftsverbände
auszugehen, was die Beiträge an die Kassen steigen lässt
und so nicht nur den Arbeitnehmern den Netto-Anteil ihres Bruttolohnes
schrumpfen lässt, sondern auch den Unternehmen die Lohnkosten
erhöht. Immerhin haben die Arbeitgeber über den Bruttolohn
hinaus noch die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen
abzuführen. Diese schrittweise zu reinen Arbeitnehmerbeiträgen
zu machen, das scheint auch ein Ziel der gegenwärtigen Reformen
zu sein, es lässt sich auf jeden Fall bei den gegenwärtigen
Reformen beobachten.
Im Gegensatz zu den gesetzlichen Kassen sind die privaten Krankenkassen
Unternehmen, die nach Gewinn streben. Sie haben wirtschaftliche
Vorteile, wenn sie viel einnehmen und wenig ausgeben. Solche
Organisationsformen sind den Unternehmern in der Regel lieber,
weil vertrauter.
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- 2.1. Krankenkasse
Ob man nun entsprechend seiner Lohnhöhe z.B. hohe oder niedrige
Beiträge in die Kasse zahlt, man erhält die z.B. Krankenhauspflege,
die man eben benötigt. Wer gesund ist, zahlt für die,
die gerade krank sind. Wer nie krank ist, zahlt nur für
die Möglichkeit ein, geholfen zu bekommen, falls es passiert.
Wer häufiger krank ist, erhält mehr als er einbezahlt.
Da in den gesetzlichen Kassen die Familienmitversicherung existiert,
zahlen die Kinderlosen hier auch für die Kinder der bekinderten
Familien mit ein, die Singles auch für die nichtarbeitenden
EhpartnerInnen der Verheirateten.
Nur bei den Lohnersatzleistungen ist die Versicherungsleistung
von der Höhe der Einzahlung abhängig: beim Arbeitslosengeld,
dem Krankengeld, der Rente. Die Krankenkasse übernimmt die
wesentlichen Kosten für den Versicherten, seinem Lebenspartner
und die Kinder, sofern Lebenspartner und Kinder nicht selbständig
Geld verdienen und daher einzahlen.
Bei den Privaten, zum Beispiel einer privaten Krankenkasse, muss
der Versicherte sich erst einmal ärztlich untersuchen lassen,
denn die Kasse will ja den Risikofaktor wissen. Danach richten
sich nämlich die Gebühren. Wer ein schwere Krankheit
hat, die viel Geld kostet, muss entsprechend hohe Beiträge
zahlen oder Erkrankungen im Zusammenhang mit dem Grundleiden
ausschließen. Wer älter ist gehört einer höheren
Schadensklasse an und muss entsprechend mehr bezahlen. Deshalb
wird bei den Werbesendungen der Privaten auch immer von einem
ledigen, gesunden jungen Mann ausgegangen, weil dies der niedrigsten
Schadenklasse entspricht.
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- Wer Mitglied ist und dann älter wird,
muss oft weit mehr als den gesetzlichen Krankenkassenbetrag leisten.
Schließlich sind private Versicherungen ja Unternehmen,
die nach größtmöglichsten Gewinn für ihre
Aktionäre streben. Die Familienmitglieder ohne Beschäftigung
sind nicht mit versichert. Für sie muss man zusätzliche
Versicherungen abschließen. Wer bevorzugt behandelt werden
will, zum Beispiel durch den Chefarzt, der muss auch entsprechend
mehr einzahlen.
Privat versichern können sich alle Freiberufler und Unternehmer,
alle Beamten und dann noch solche Arbeitnehmer, die über
die Beitragsbemessungsgrenze hinaus verdienen, die ständig
angepasst wird und im Jahr 2003 bei 3.250 Euro brutto im Monat
(im Jahresdurchschnitt) liegt.
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- 2.2. Rente
Völlig privat versichern können sich auch hier alle
Freiberufler und Unternehmer, alle Beamten und solche Arbeitnehmer,
die über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus verdienen,
die ständig angepasst wird und 2003 bei 4.250 Euro brutto
im Monat (im Jahresmittel) liegt. Arbeitnehmer, die weniger verdienen,
sind verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
Bei einem durchschnittlichem Gehalt, 2003 liegt es vorläufig
(die genaue Summe wird erst 1 ½ Jahre später festgesetzt)
bei 29.230 Euro brutto im Jahr, bekommt man einen Entgeltpunkt
auf seinem Rentenkonto gutgeschrieben.
-
- Verdient man weniger, dann erhält man
z.B. 0,965 Punkte, verdient man deutlich mehr, erhält man
vielleicht 1,854 Entgeltpunkte im Jahr. Natürlich erhält
man im Laufe seines Lebens unterschiedlich hohe Punkte im Jahr
auf sein Konto. Wenn man 65 ist, werden diese Punkte zusammengezogen
und mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert, der
in der Westländern 2003 bei 26,13 Euro liegt, in den neuen
Bundesländern bei 22,97 Euro. So wird dann die Monatsrente
ermittelt.
Dieser aktuelle Rentenwert, der sich aus den Durchschnittsgehältern
aller Arbeitnehmer errechnet (hier hält man zugunsten der
Westrentner die Trennung zum Osten aufrecht), wird jedes Jahr
neu festgesetzt. Entscheidend für die Berechnung ist das
Jahr, in dem man mit der Rente beginnt (Aktueller Rentenwert
west: 2004: 26,38; 2005: 26,66; 2006: 27,10 Euro).
Das bedeutet: wenn jemand 50 Jahre lang (vom 15. Bis zum 65.
Lebensjahr) gearbeitet hat und im Durchschnitt jedes Jahr einen
Entgeltpunkt erarbeitet hat, der erhält dann, sofern er
2003 als Rentner 65 ist, die sogenannte Durchschnittsrente von
50 mal 26,13 Euro also 1.306,65 Euro brutto. Brutto deshalb,
weil er ja weiter in die Krankenkasse und die Pflegeversicherung
einzahlen muss, demnächst auch noch Steuern zahlen muss.
Wenn man vor dem 65. Lebensjahr in Rente geht, muss man pro Monat
auf 0,3% seiner erworbenen Rente verzichten, das sind im Jahr
3,6% und bei Rentenbeginn mit 60 satte 18% weniger, wobei man
außerdem auch 5 Jahre weniger Entgeltpunkte erworben hat.
Wenn nun das Rentenalter um 2 Jahre erhöht würde, dann
würden die Arbeitnehmer dennoch nicht länger arbeiten,
denn wo sollen denn die entsprechenden Stellen herkommen? Das
würde sich wohl überwiegend als Rentenkürzung
auswirken.
Da Preise und in ihrem Gefolge etwas langsamer dann die Löhne
steigen, sinkt auch die Kaufkraft des Geldes und damit der errechneten
Rente. Dieser Umstand ist für Rentner von entscheidender
Bedeutung, denn ihre Rente muss ständig an die Kaufkraft
angepasst werden, damit sie nicht in Wirklichkeit von ihrem Wert
her ständig sinkt. Die Rente steigt daher entsprechend der
Bruttogehälter, zumindest ist es so gedacht.
Bei privaten Renten kommt es darauf an, ob man sein Geld in riskanterer
Form anlegt und dabei durchaus auch recht hohe Gewinne einstreichen
kann, aber auch viel bis alles verlieren kann, oder ob man sicherere
Formen mit einer niedrigeren Verzinsung wählt. Die Renten
aus den riskanteren Produkten der privaten Versicherungen können
eine weit höhere Rentenzahlung zur Folge haben als die gesetzlichen
Rentenversicherungen.
-
- Das Risiko jedoch, in der privaten Wirtschaft
über den Tisch gezogen zu werden, ist aber auch entsprechend
hoch. Auch ist Kaufkraftverfall des Geldes weder bei den Einzahlungen
noch beim Rentenbezug bei kapitalgedeckten Renten real zu kalkulieren
und abzusichern. Man legt sich hier ja auf Jahrzehnte fest. Ich
selbst habe im 1. Lehrjahr in der Woche 3 DM erhalten, im zweiten
5 DM und im dritten 7 DM. Wenn ich davon etwas auf ein privates
Konto getan hätte, wäre auch bei günstigster Verzinsung
heute wenig davon vorhanden, weil dieses Geld von seiner heutigen
Kaufkraft her wenig wert ist.
-
- Ich habe aber auch damals meine entsprechenden
Entgeltpunkte erhalten, die mit dem aktuellen Rentenwert
multipliziert werden, der bei Rentenantritt vorliegt, so dass
der Kaufkraftverlust durch die gesetzliche Rente meiner Meinung
nach bisher besser ausgeglichen wird.
-
- 3. Die Reformen an unserem
Sozialsystem
Unsere Sozialversicherungen wären nicht mehr finanzierbar,
hörten und hören wir seit den Regierungstagen von Kohl.
Und sein Hofhund, die FDP, schlug damals schwanzwedelnd vor,
die Sozialversicherungen einfach zu privatisieren. Und so wurde
in dieser Zeit eine Entwicklung eingeleitet, die letztlich wohl
den vollständigen Abbau der gesetzlichen Sozialversicherungen
zum Ziel hat.
-
- Der Hintergrund dieser Entwicklung, die auch
in der 2. Amtszeit Schröders weitergeführt wurde (nachdem
sie in der ersten Amtszeit verlangsamt wurde), scheinen die GATS-Verträge
zu sein. Natürlich könnten die Sozialversicherungen
überleben, wenn die entsprechenden staatlichen Zahlungen
und Zuschüsse vorgenommen würden. Es ist eben eine
politische Entscheidung, keine wirtschaftliche, wofür die
staatlichen Einnahmen dienen sollen. Aber man will das Geld offensichtlich
anders ausgeben, in Afghanistan, vielleicht doch im Irak usw.
Ob das geht, ist nämlich abhängig vom politischen Willen,
es gehend zu machen. So versuchte die Gesundheitsministerin Fischer
damals, den großen Pharmakonzernen ihre Gewinnspanne streitig
zu machen, was zu großen Auseinandersetzungen führte,
denn das darf niemand, auch keine Regierung, die Konzerne irgendwie
an ihrer Selbstbedienung aus allen sozialen Töpfen zu hindern.
Schließlich haben wir ja Marktwirtschaft und keine staatliche
Gängelung, gell?
Große Geldsummen liegen derzeit bei den Milliardären
nutzlos rum und werden in der Wirtschaft nicht mehr investiert,
weil deren Besitzer keinen Sinn darin sehen, sich also keine
wesentliche Vermehrung ihres Vermögens davon versprechen.
In den unteren Schichten der Bevölkerung ist nämlich
nicht mehr genug Geld vorhanden, um den Konzernen dort entsprechend
hohe Gewinne zu ermöglichen. Am weniger gewordenen Geld
der Arbeitnehmer kann man nicht mehr genug verdienen.
-
- Aber da gibt es ja noch Bereiche, wo Geld
vorhanden ist und wo man gewinnträchtig investieren könnte:
im öffentliche Dienst und auch in den Sozialversicherungen.
Dazu müssen sie aber auch schrittweise privatisiert werden,
damit die Gelder dort investiert werden können und eine
gute Rendite versprechen können.
Die WTO (Welthandelsorganisation) überwacht weltweit das
Überführen öffentlicher Kassen in private, und
die Euro-Zone hat sich in den GATS-Verträgen verpflichtet,
diesem Ziel auch nachzukommen (Siehe Unter uns auf
S. 6/7 in der 74. Print-Ausgabe der LUST). Also ist es nur eine
Frage der Zeit, bis alle Gelder (zum Beispiel die durch Entgeltpunkte
erarbeiteten Renten) in den privaten Kassen der Aktionäre
privater Versicherungskonzerne landen. Was immer die jeweils
regierenden Polititiker auch reden, es geht um das Plündern
der Sozialkassen auf die eine oder andere Weise.
Da haben doch viele Wähler auch deshalb nicht Stoiber sondern
Schröder gewählt, weil sie sich davon versprachen,
diese Entwicklung dadurch zu verlangsamen. Wie es nun aber so
aussieht, scheint die bremsende Wirkung seit den verlorenen Landtagswahlen
in Hessen und Niedersachsen ins Gegenteil umgeschlagen zu sein.
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- 3.1. Die Rürup-Kommission
Diese Kommission sollte ein Renten-Modell ausarbeiten, das es
ermöglicht, den Unternehmern die Lohnkosten nicht steigen
zu lassen, aber den Rentnern doch die in Form von Entgeltpunkten
erarbeiteten Renten zu zahlen und den privaten Versicherungen
ihre Gewinne zu ermöglichen, indem den Arbeitnehmern langfristig
die Arbeitgeberanteile aufgebürdet werden. Wie soll das
geschehen?
Die Renten sollen niedriger werden, die Rentner sollen es also
bezahlen. Dazu will man zwei Mittel anwenden. Und das soll so
gehen.
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- 3.1.1. Erste Maßnahme
Die Rentner sollen tatsächlich eine Rente erhalten, die
sie nach den Entgeltpunkten erworben haben, malgenommen mit dem
jeweiligen aktuellen Rentenwert. Daran soll sich nichts ändern.
Also? Warum denn dann das Geschrei dagegen? Es geht um die Kaufkraft
der Rente. Um die nämlich zu erhalten, muss die Rente mit
den Löhnen und Preisen jährlich steigen. Und diese
Steigerung soll nach dem Vorschlag von Rürup sinken, so
dass die Bruttorente nicht mehr ca. 48% des Bruttolohnes beträgt,
sondern bis 2030 nur noch 40%.
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- Hinzu soll noch kommen, dass die Rentner
den ehemaligen Arbeitgeberbeitrag der Zahlungen an die Kranken-
und Pflegeversicherung nun nicht mehr von der Rentenversicherung
bezahlt bekommen, sondern selber bezahlen sollen. Hinzu kommen
noch Steuern, die es bisher nicht gab, aber ein Beamter hat ja
geklagt, und nun sollen alle Rentner von ihrer Rente auch noch
Steuern bezahlen. Also sinkt dadurch natürlich die Rente
zusätzlich.
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- 3.1.2. Zweite Maßnahme
Das Rentenalter soll von 65 auf 67 Jahre heraufgesetzt werden.
Und zwar, wer im Jahr 2011 Rentner wird, soll eine Monat länger
arbeiten. Wer 2012 Rentner wird, soll 2 Monate länger als
dem 65. Geburtstag arbeiten usw. Das soll so lange gehen, bis
das Rentenalter auf 67 Jahre angehoben ist. Wer früher in
Rente geht, soll wie bisher pro Monat früher als 67 auf
0,3% seiner erwobenen Rente verzichten. Da derzeit nur ca. 18%
aller Rentner bis zum 65. Lebensjahr gearbeitet haben, die anderen
schon vorher zu verbraucht sind oder keine Arbeit mehr finden,
geht es hier also im wesentlichen darum, die Rente zu kürzen.
Was Rürups Kommission da erarbeitet hat, ist noch nicht
durch den Bundestag und schon gar nicht durch den Bundesrat.
Die Unionskritik ist daher auch so geartet, dass die von Rürup
vorgeschlagene Reform nicht durchgreifend genug sei. Frau Merkel
merkte an, dass Kinderlose auf größere Anteile ihrer
Rente verzichten müssten, so als ob diese sich nicht durch
Einzahlungen in die Rentenversicherung Ansprüche erworben
hätten. Wie das die LSU (Lesben und Schwule
in der Union) bei ihrer offenen und versteckten Wahlwerbung für
die CDU/CSU den Lesben und Schwulen erklären will, darauf
kann man gespannt sein.
Die Gewerkschaften haben einen Gegenvorschlag erarbeitet, der
eine von allen Wohnbürgern der Bundesrepublik erarbeitete
Grundrente für alle Wohnbürger vorsieht. Dies würde
die Lohnkosten senken und die Rentenkassen füllen. Das fand
aber bei Rürup keine Mehrheit, denn wo bleiben denn dann
die privaten Versicherungen mit ihren im Hintergrund lauernden
Aktionären, die sich schon freudig die Hände reiben?
Da die gesetzliche Rente ab 2004 weniger als die Preise und Löhne
steigen soll, wird die Rente nach einiger Zeit nicht mehr ausreichen,
den Rentnern den Lebensunterhalt zu sichern. Je länger man
Rentner ist desto mehr löst sich die Kaufkraft der Rente
von den Preisen. Also muss man sich privat eine Zusatzrente beschaffen.
Sektkorken knallen bei den privaten Versicherungen: Goldgräberstimmung
für die Versicherungsaktien!
3.2. Die Riester-Rente
Da war vielleicht was in unserer Redaktion los. Beinahe täglich
kamen Anwälte, UmternehmensberaterInnen, RentenberaterInnen
auf uns zu und boten uns kostenlose Artikel an, in denen sie
uns erklären wollten, wo sich die LeserInnen unserer Zeitschrift
versichern sollen. Und das alles, bevor es die Riester-Rente
definitiv gab, den staatlichen Zuschuss und die Steuerermäßigung
für die Produkte der Versicherungen, bei denen am Ende auch
eine Rente gezahlt wird. Das war den unterschiedlichen Anbietern
von privaten Rentenversicherungen nämlich gar nicht so wichtig,
sondern die Möglichkeit, an neues Geld und neue Anlagemöglichkeiten
zu kommen, und zwar für Verträge, in denen sich die
ArbeitnehmerInnen über jahrzehnte verpflichtet und festgelegt
hätten.
Man kritisierte Riester, dass der am Ende eine Rente verlangte,
dass das Geld nicht für Bauspekulationen und andere Formen
der Geldspekulation genommen werden dürfte, ohne die Steuererleichterung
oder den staatlichen Zuschuss zu verlieren. Und als es nun die
verschiedenen Rentenverträge nach dem Riester-Modell gab,
maulte die Versicherungswirtschaft, die Knebel seien derart,
dass es sich für die Versicherungen kaum mehr rentiere,
Riester-Produkte anzubieten, denn ihre Gewinne seien einfach
zu niedrig. Was für ein Mist aber auch: die Gewinne für
die großen Aktionäre sind nicht so hoch, wie sie es
selber gerne hätten, und am Ende kriegen die Anleger auch
noch eine Zusatzrente, wo das doch nun gar nicht nötig gewesen
wäre. Hauptsache die Privaten verdienen genügend. Oder?
Jeder kann sich nun selbst darüber sein Bild machen.
Schon klagen CDU/CSU und besonders die FDP, die Riester-Rente
sei ein Flopp, denn es hätten sich nur 25% der zukünftigen
Rentner auf diese Weise private versichert. Ist das wirklich
so? Ohne Zwang haben sich schon 25% freiwillig versichert? Und
das bei den gegenwärtigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt
und der zunehmenden Armut der Arbeitnehmer?
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- 3.3. Die Krankheitsreform
Die angebliche Gesundheitsreform, die als Koalitionsvereinbarung
zwischen Union und Regierung entstanden ist, sieht eine weitere
Verschiebung der Gesundheitskosten weg von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen
in Richtung auf die alleinige Zahlung durch den Arbeitnehmer
von seinem Nettolohn vor, denn die Beiträge, die anteilig
von Arbeitgebern und nehmern aufzubringen sind, sollen
dadurch von derzeit im Schnitt 14,3 auf 12% sinken (bis 2006).
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- 3.3.1. Praxisgebühr von 10 Euro, Zahnersatz muss privat versichert werden
Unions-Verhandlungsführer Horst Seehofer nannte erste Details
des Kompromisses: Zahnersatz wird aus dem Leistungskatalog der
gesetzlichen Kassen gestrichen. Patienten sollen dafür -
entweder bei einer privaten oder einer gesetzlichen Kasse - eine
Zusatzversicherung abschließen. Außerdem bestätigte
Seehofer, dass die so genannte Praxisgebühr eingeführt
wird. In jedem Quartal sollen Patienten künftig zehn Euro
zahlen, wenn sie einen Arzt aufsuchen. Erfolgt die Behandlung
auf Überweisung, entfällt die Gebühr.
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- 3.3.2. Zuzahlung für
Arzneimittel und Krankenhaus, Nichtverschreibungspflichtige Medikamente
müssen selbst bezahlt werden, Krankengeld soll privat vers.
werden
Auch zu den anderen geplanten Zuzahlungen äußerte
sich Seehofer. Für Arzneimittel sollen sie bei zehn Prozent
liegen, im Einzelfall zehn Euro aber nicht übersteigen.
Nicht verschreibungspflichtige Medikamente müssen - von
wenigen Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich selbst bezahlt
werden. Auch Krankenhausaufenthalte sollen für die Patienten
künftig mit zehn Euro pro Tag zu Buche schlagen, maximal
für eine Dauer von 28 Tagen. Insgesamt solle niemand
mehr als zwei Prozent seines Einkommens zuzahlen müssen,
chronisch Kranke höchstens ein Prozent, so Seehofer. Das
bisher von Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch getragene
Krankengeld soll vom Jahr 2007 an allein durch die Versicherten
finanziert werden.
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- 3.3.3. Positivliste
vom Tisch und noch andere Vorteile für Apotheken und die
Pharma-Konzerne
Verzichtet wird auf die Positivliste für Medikamente, die
die Kassen erstatten sollen. Die Bundesregierung hatte diese
Liste gefordert, war damit aber auf Widerstand in der Union gestoßen.
Gelockert werden sollen die Regelungen für den Verkauf von
Medikamenten: Der Versandhandel wird erlaubt und auch das Prinzip
Ein Apotheker - eine Apotheke wird aufgegeben. Künftig
darf eine Apotheke bis zu drei Filialen haben. Der Aufbau von
regelrechten Apotheken-Ketten wäre damit aber weiterhin
nicht möglich.
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- 3.3.4. Bundestag soll im September abstimmen
Danach befasst sich der Bundesrat mit der Gesundheitsreform
weil das Konzept sowohl von den Regierungsparteien als auch der
Opposition getragen wird, ist hier kaum mit Widerstand zu rechnen.
Das Gesetz soll Anfang kommenden Jahres in Kraft treten, Teile
der Reform werden allerdings erst 2005 und danach wirksam.
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- 4. Das Wesen der Interessensverbände
Die Pharma-Industie und andere Unternehmerverbände, die
Apothekerverbände, die organisierten Ärztevertreter
wie die kassenärztliche Vereinigung, die privaten Versicherungen
vielleicht auch die gesetzlichen Krankenkassen, alle haben offensichtlich
viel erfolgreicher ihre Interessen vertreten als die Patienten
und Rentner, auf die nun weitere Zahlungen und niedrigere Renten
zukommen. Wie hätten die Patienten denn auch Druck ausüben
können? Nun zum Beispiel über die Vertreterversammlung
bei den Sozialversicherungen, doch nimmt ja an den Sozialwahlen
kaum jemand teil. Dann über die Gewerkschaften, aber der
Organisationsgrad ist ja auf ca. 25% gefallen. Diese verbände
sind einerseits eher zahnlos und andererseits in widersprüchliche
Interessen verflochten (Siehe Tarife im öffentlichen
Dienst auf S. 12 in der 74. Print-Ausgabe der LUST).
Interessenverbände, die ihre Lobby in den Medien und in
den Parteien haben, sind in Wirklichkeit die politischen Triebkräfte
in diesem Land (Siehe Gesellschafts- und Parteipolitik
auf S. 9 in der 74. Print-Ausgabe der LUST). Sie kämpfen
für ihr Klientel und für sich selbst als Verband, darin
haben sie ihre Bestimmung.
Und da stehen eben so manche der Wirtschaft gewogenen Verbände
weit besser da als andere, die darüber hinaus auch noch
zwischen den Interessen der Wirtschaft und ihrer Mitglieder hin-
und hergerissen sind.
Geschenkt bekommen wir nichts mehr, und wer für seine Interessen
nicht eintritt, wird ein nützlicher Idiot für die Interessen
anderer. Tja, und dann haben wir den Salat. Wir werden ihn wohl
auslöffeln müssen, denn wer noch immer seine Zukunft
in einer Karriere in dieser Gesellschaft anstrebt, muss mit den
Nachteilen dieser Gesellschaft schon leben.
Und die Zielausrichtung dieser Gesellschaft ist eben, einer dünnen
aber sehr mächtigen Oberschicht die erarbeiteten Werte zukommen
zu lassen. Und eine Karriere bedeutet demnach, daran an führender
Stelle teilzunehmen. Da kann man nicht gleichzeitig dagegen jammern,
zumal man ja hofft, einen kräftigen Happen von der Beute
abzubekommen, die irgendwo da unten entstanden ist, wo die Hungerleider
und Looser leben, die ja selbst schuld an ihrer Lage sind. Verstanden?
(js)
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