76. LUST, Herbst 03
 
Presseerklärungen zum Thema
 
29. Juli 2003
Ratzinger wettert dreist gegen Homoehe
LSVD: Demokratischer Anstand erfordert gleiche Rechte für Lesben und Schwule
Der Vatikan will laut dpa-Meldung von heute weltweit gegen gleiche Rechte für Lesben- und Schwulenpaare mobilisieren. Kardinal Ratzinger habe den Widerstand katholischer Politiker gegen die Homoehe als „moralische Pflicht“ bezeichnet. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD):
Die Aufforderung des Kardinal Ratzinger an allekatholischen Politiker, sich der Legalisierung eheähnlicher Formen im Zusammenleben von Homosexuellen zuwidersetzen, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.
Es geht um Politik, und die wird bekanntlich von gesetzgebenden Organen gestaltet. Ratzingers Aufforderung ist eine massive Einmischung der
katholischen Kirche in die Gestaltungsfreiheit der Parlamente. Die Kirche sollte sich auf ihre eigentliche Aufgaben wie Gottesdienst und Seelsorge,
beschränken. Darin liegt die „moralische Pflicht“ der Katholischen Kirche.
Wir warnen Kardinal Ratzinger davor, gegen Lesben und Schwule Stimmung zu machen. Der Schuss geht nach hinten los. Mit solchen Extrem- und
Minderheitenpositionen werden der Katholischen Kirche noch mehr Mitglieder davonlaufen. Kardinal Ratzinger hat seiner Kirche keinen guten Dienst erwiesen.
Es gibt keinen Grund, Lesben und Schwulen gleiche Rechte vorzuenthalten. Wer gegenseitig füreinander einsteht und Pflichten übernimmt, hat auch Anspruch auf gleiche Rechte. Der LSVD wird auch weiterhin dafür eintreten, dass eingetragene Lebenspartnerinnen und Lesbenpartner die gleichen Rechte wie Ehepaare erhalten. Das ist eine Frage des demokratischen Anstands!
LSVD Pressestelle
Willmanndamm 8
10827 Berlin
T. (030) 78954763
F. (030) 44008241
presse@lsvd.de
www.lsvd.de
 
BUNDESTAGSFRAKTION BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
PRESSEMITTEILUNG NR. 481/2003
Datum: 29.7.2003
Grüne warnen Rom vor Kreuzzug gegen Homosexuellen-Ehe
Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, erklärt:
Wir warnen den Vatikan davor, einen Generalangriff gegen die rechtliche Anerkennung und Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften zu starten. Die Werte des Abendlandes und der
Schutz der Familie werden nicht dadurch geschützt, dass man Homosexuelle diskriminiert oder ihren Partnerschaften die rechtliche Anerkennung verweigert.
Auch die katholische Kirche und katholische Politiker müssen akzeptieren, dass unsere Rechtsstaaten auf den allgemeinen Menschenrechten wie der christlich-abendländischen Tradition und der
Aufklärung basieren. In pluralistischen Gesellschaften kann man Homosexuellen die Gleichberechtigung nicht verwehren. Sie sind Bürger wie andere auch, sie zahlen Steuern und nehmen an Wahlen teil.
Für uns gilt: Wer gleiche Pflichten übernimmt, hat auch Anspruch auf gleiche Rechte. Die Verantwortung, die in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften gelebt wird, hat für uns den gleichen Wert wie die in heterosexuellen Lebensgemeinschaften gelebte. Deshalb sehen wir in der Vollendung der Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaften
eine demokratische Verpflichtung.
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Pressestelle
11011 Berlin
31. Juli 2003

LSVD kritisiert menschenfeindlichen Dogmatismus des Vatikan Politiker sollen sich nicht zu Befehlsempfängern Roms degradieren lassen
Zum Vatikan-Dokument über gleichgeschlechtliche Partnerschaften erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der Vatikan legt einen ebenso weltfremden wie menschenfeindlichen Dogmatismus an den Tag. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) weist die
unsägliche Behauptung, eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften schade dem Allgemeinwohl, entschieden zurück. Das ist unverhohlene Hetze gegen die Minderheit der Lesben und Schwulen.
Der Vatikan kann kein einziges sachliches Argument gegen Eingetragene Lebenspartnerschaften anführen. Deshalb versucht er es mit erpresserischem Gewissensdruck auf katholische Politiker. Der LSVD appelliert an die katholischen Politikerinnen und Politiker, gerade auch aus den Reihen der CDU/CSU, sich nicht zu Befehlsempfängern Roms degradieren zu lassen.
Wir leben nicht im Kirchenstaat, sondern im demokratischen Rechtsstaat. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgestellt: „Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen“. Demokratische Politikerinnen und Politiker sollten sich an diesem Leitsatz der Gleichbehandlung orientieren und nicht am fundamentalistischen Sündendogma des Vatikans.
Von der Katholischen Bischofskonferenz in Deutschland verlangt der LSVD ein Ende der Berufsverbote. Die Bischofskonferenz droht Beschäftigten kirchlicher Einrichtungen, die eine Lebenspartnerschaft eingehen, mit Kündigung. Es hat bereits erste Entlassungen gegeben.
Es ist Skandal, dass einer der größten Arbeitgeber Deutschlands im 21. Jahrhundert seinen Beschäftigten ein Partnerschaftsverbot verordnet. Hier geht es nicht um Priester oder Ordensleute, sondern um ganz normale Berufe: den schwulen Krankenpfleger, die lesbische Erzieherin, den schwulen Hausmeister im Altenheim.
Was soll daran christlich sein, Menschen mit Berufsverbot zu bedrohen, weil sie füreinander sorgen wollen? Das ist nicht nur diskriminierend, das ist menschenfeindlich. Solange die Kirche diese Anordnung nicht zurücknimmt, wird sie mit ständigen Protesten zu rechnen haben.
LSVD Pressestelle
Willmanndamm 8
 
wissenschaftlich-humanitäres komitee (whk)
AG Schwulenpolitik
Mehringdamm 61
10961 Berlin
www.whk.de
Pressedienst
whk1403/31.07.03
- Politik/Gesellschaft/Homosexuelle -
Mit Ratzinger im Hühnerstall
whk-Schwulenpolitik: Empörung über Vatikan-Erlaß gegen die Homo-Ehe ist lächerlich
Heute veröffentlichte der Heilige Stuhl seinen Aufruf an alle Politiker katholischen Bekenntnisses, sich jedweder Form der juristischen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare und der Gleichstellung homosexueller Verbindungen mit der Ehe zu widersetzen. Zum Echo deutscher Homo-Politiker darauf erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
Kaum fährt Ratzinger im schwulen Hühnerstall Motorrad, ersterben dort Sinn und Verstand in hilflosem Gackern. Daß sich hiesige Homo-Politiker von Schwarz bis Grün über Kardinal Ratzinger, Kardinal Lehmann oder den unberührten Pontifex erregen, mag als sommerliches Passionsspiel hohen Unterhaltungswert haben. Leider jedoch erfassen die Homosexuellen-Darsteller nicht, welch tragische Figuren sie auf dieser Bühne abgeben.
Die Herren des Lesben- und Schwulenverbandes LSVD, die sich da namens von Verein oder Mutterpartei echauffieren, stellen schließlich selbst erst die repressiven Strukturen her, in denen sie und ihre Klientel sich nun ausweglos verheddert haben, indem sie deren Teil sein wollen. In der von ihnen durchgepeitschten Institution Homo-Ehe manifestiert sich derselbe antidemokratische Geist wie ihn die Katholische Deutsche Bischofskonferenz oder der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland oder die Partei Bündnis 90/Die Grünen atmen: Sie alle basieren auf Ausgrenzung und Unterdrückung dessen, was ihrer durchweg konservativen Ideologie und ihrem antiquierten Bild von Sexualität und Familie widerspricht.
Das whk hat für keinen der bemitleidenswerten Akteure auch nur eine Träne übrig. Ein Homo-Politiker mit Selbstachtung kriecht im dritten Jahrtausend nicht mehr vor Sankt Peter oder dem erstbesten Pfaffen zu Kreuze und bettelt um die Öffnung des Himmelreichs für anal Verirrte. Er verlangt vielmehr, daß endlich die Trennung von Staat und Kirche durchgesetzt und die Macht der christlichen Großsekten und ihrer bigotten Moral gebrochen wird. Sie aus der schmierigen Opferrolle heraus anzuflehen, Homosexuelle doch bitte, bitte als „normal“ zu betrachten und ihre Arbeitskraft weiter auszubeuten, ist nur noch lächerlich.
Das whk fordert alle anständigen Menschen auf, sich mutig von letzten Bindungen an die Glaubenskonzerne zu befreien und sich dafür einzusetzen, daß den Drahtziehern Gottes sämtliche gesetzlichen Privilegien entzogen werden, insbesondere die millionenschwere Finanzierung ihrer Strukturen aus allgemeinen Steuergeldern. Eine Gesellschaft, die vorgibt, demokratisch zu sein, darf sich solchen die Menschen verblödenden theokratischen Mummenschanz einfach nicht leisten.
Rückfragen: 0180/4444945
 
SCHWUSOS
Arbeitskreis der Lesben und Schwulen in der SPD
Wir bitten um Veröffentlichung der folgenden
Pressemitteilung
Schamlose Verirrungen des Vatikans
Zu der jüngsten Verlautbarung der Kongregation für die Glaubenslehre zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften stellt der Bundesvorstand der Schwusos (Lesben und Schwule in der SPD) fest:
· Die vermessene Argumentation zur Homosexualität als dem „Bösen“ schlechthin disqualifiziert sich selbst. Zelotische Borniertheit entzieht sich der rationalen Auseinandersetzung und ist nicht satisfaktionsfähig, ein gesellschaftlicher Diskurs mit Kontrahenten, die sich verstiegen im Besitz der Wahrheit wähnen und diese mit allen Machtmitteln durchzusetzen suchen, scheint nicht mehr möglich. Insofern verleugnet die „Kongregation für die Glaubenslehre“ nicht ihren Ursprung in der „heiligen Inquisition“.
· Nach dem Motto „haltet den Dieb“ lenkt der Vatikan von seiner Mitverantwortung an der tatsächlich erfolgten Aushöhlung der traditionellen Ehe und Familie durch die – auch unter Katholiken – sprunghaft gestiegene Zahl der Ehescheidungen ab, die mit lesbisch-schwuler Liberalisierung aber auch gar nichts zu tun hat. Hier liegt speziell für die Kinder ein sehr ernsthaftes Problem, zu dem der Vatikan seine Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit unstrittig unter Beweis gestellt hat.
· Die unverhohlene Einmischung des Vatikans in die Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten muß unmißverständlich zurückgewiesen werden. Basis unserer Demokratie ist unser Grundgesetz, nicht die Moralvorstellung der katholischen Kirche. Die westlichen Demokratien sind keine Theokratien unter dem Diktat menschenverachtender Ideologen. Wir fordern eine grundlegende Trennung von Staat und Kirche, wie sie bisher nur in Frankreich befriedigend gelungen ist.
· Es ist nur zu verständlich, wenn viele Lesben und Schwule nach diesem diskriminierenden Unflat aus Selbstachtung nicht mehr bereit sind, mit ihrer Kirchensteuer auch noch dessen Propagandisten zu finanzieren. Trotzdem rufen wir alle denkenden Katholiken auf, in ihrer Kirche zu bleiben und von innen und unten eine grundlegende Reform dieser Institution zu betreiben. Noch wichtiger ist es aber, daß möglichst alle Lesben und Schwule ihre politischen Organisationen finanziell unterstützen, damit diese auf solche Angriffe noch schlagkräftiger reagieren können.
· Wir sprechen dem Vatikan jedes Recht ab, über Sittlichkeit und Moral zu urteilen, solange das Kondomverbot der Amtskirche weltweit, besonders in Afrika und Südamerika, die Ausbreitung von HIV/Aids fördert und fahrlässig zur Tötung von Millionen von Menschen führt und solange die Amtskirche den sexuellen Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen durch ihre Amtsträger nicht konsequent unterbindet und bestraft.
Der Vatikan hat den – auch katholischen – Lesben und Schwulen den Krieg erklärt. Darüber können auch die heuchlerischen Worte nicht hinwegtäuschen, homosexuellen Menschen solle mit „Achtung, Mitgefühl und Takt“ begegnet werden, solange ihnen grundlegende Bürgerrechte vorenthalten und Diskriminierung als gottgewollt verkauft wird.
Für den Bundesvorstand der Schwusos
(Lesben und Schwule in der SPD):
Markus Schuke
Mitglied im Bundesvorstand der Schwusos
Telefon 069 – 75001628
Telefax 069 – 75001612
E-Mail mt@marstoph.de
Frankfurt am Main und Berlin, 01-08-03
 
Auf einer islamischen Homepage in deutscher Sprache fanden wir unter den LeserInnenbriefe fogenden Brief vor:
Sehr geehrte Redaktion,
das neue Papier des Vatikan wäre eine Grundlage für eine Zusammenarbeit von Katholiken und Muslimen in den Fragen der Homosexualität. Die Homo-Ehe ist keineswegs in Deutschland allgemein akzeptiert, allerdings ist es üblich, dass kritische Stimmen dazu weitgehend nicht beachtet werden.
Ich will zwar keine Bestrafung der Homosexuellen, wie es der Islam vorsieht, aber ich will auch keine ausufernde Homosexuellen-Politik. Da könnten sich Katholiken und Muslime sozusagen „in der Mitte treffen“.
Mit freundlichen Grüssen,
rubily
 
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