75. LUST, Sommer 03, Juni/Juli/August:
 
Lecken, Lutschen, Blasen
Für junge Heten ist „richtiger Sex“ das Bumsen, das Blasen erscheint ihnen nicht als Sex und findet als häufige Dienstleistung der Freundin an ihrem jugendlichen Freund statt, beiderseits mit dem Gefühl der Ersatzbefriedigung. Unter älteren Hetenpaaren sehnen sich Männer danach, aber ihre Frauen finden es oft ekelhaft. Wie ist das in lesbischen und schwulen Beziehungen?
 
„Leck´ mich!”
Und dann noch den “Stinke-Finger” zeigen, dass ist eher eine negative Äußerung und eine negativ gedachte Geste. Wobei doch die Leckerei für uns eine eigentlich angenehme Assoziation wachrufen sollte. Auch der Finger, der also keinen angenehmen Geruch haben soll, nachdem er in irgendeiner der Körperöffnungen eingedrungen war.

Für einen Heten-Mann wäre es wohl eine Erniedrigung, wenn er Lust beim Eindringen in seine Körperöffnung empfinden würde, auch wenn es zum Wissen kundiger Prostituiertinnen gehört, den analen Empfindungen Rechnung zu tragen.

Wegen dieser Erniedrigung, die einen Mann zum passiv Empfindenden macht, ist ihm der angebotene Finger auch eine Beleidigung. Seltsam ist es aber, wenn Heten-Frauen diesen Finger ebenfalls als Beleidigung zeigen. Heißt das denn, dass sie durch das Penis-Eindringen ihres Mannes ebenfalls beleidigt oder gedemütigt würden?

Zurück zum Lecken und zu den Heten. Da ist es der Mann, der leckt, und die Frau, die sich leckend umwerben lässt. Männer tun und Frauen bekommen getan. Das Lecken von Männern an Frauen wird von den Männern als zärtliche sexuelle Handlung und nicht mehr, wie früher, als eher unhygienische Dienstleistung empfunden, zumal Hygiene und Körperbewusstheit auch weitgehender zum Muss in dieser Generation gehört als in der ihrer Eltern.
 
Man kann solche Aussagen natürlich nicht generalisieren. Aber im Heten-Bereich handelt es sich auch hier um ein Vorspiel, um die Kür, der die Pflichtübung mit dem Koitus zu folgen hat, der hier die eigentliche Sexualität darstellt.

Es ist dies alles Petting, wie man früher darüber sagte, Vorspiel vielleicht, nicht jedoch Sex an sich, und Sex an sich ist eben, wie gesagt, der Coitus.

Ich weiß von Heten-Berichten, dass die Heten-Männer es schon geil finden (würden), wenn ihnen von ihren Frauen so Manches mit der Zunge getan würde, aber sie erwarten es von ihren Frauen auch nicht mehr, weil diese es zumeist abgelehnt haben, zumindest es nicht als angenehm empfinden, wie sie sagen.

Also besorgen sich die Heten-Männer dies als Dienstleistung über die Prostitution. Dies trifft aber, so liest man in den Untersuchungen, auf die junge Generation nicht zu. Bei den derzeit 20- bis 30-Jährigen oder jünger sei die Sexualität auch der Frauen lustvoller und offensiver, die der jungen Männer nicht mehr ganz so fordernd und vollziehend wie bei ihren Eltern. Stimmt das denn?

Zu den Praktiken in unserer Szene gehört, besonders bei den lesbischen Frauen, diese sexuelle Erfüllungsmöglichkeit zu den zentralen Genüssen. Die Zunge ist eine unserer wichtigsten Lustspenderin. Schleimhäute stellen generell intensivere Vereinigungen her als andere Häute.
 
Die Zunge, die Lippen, der gesamte innere Vaginalbereich und besonders die Klitoris, die Eichel, auch der Darmausgang, das alles sind die empfindsamsten Stellen am Körper. Aber was die Lippen- und Zungenspiele betrifft, so ist der gesamte Bereich zwischen den Beinen sehr sehr empfänglich dafür.

“Sage er seinem Herrn, er solle mich im Arsche lecken”, hat angeblich Götz von Berlichingen während des Bauernkrieges gesagt, bevor er einfach die Truppen, die er führen sollte, verlassen hat und nach Hause geritten ist.
 
Zwar soll das Götz-Zitat aussagen, dass er keine Lust mehr hatte, für andere Leute die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Doch gibt es hier ein Schimpfwort, das sogenannte Götz-Zitat, bei dem es rein technisch gesehen, auch um die Alternative zum Dienst für andere, um eine zärtliche Leckerei gehen könnte, die heutzutage neudeutsch “rimming” genannt wird.

Es versteht sich von selbst, dass diese sexuellen Handlungen am stärksten mit dem Tabu des Unhygienischen belastet ist, und es stimmt ja auch, dass hier Krankheiten übertragen werden können, während “rimming” nicht zu den Praktiken gehört, bei denen Aids übertragen wird.
 
In dieser Region, dem Schließmuskel also, geleckt zu werden, ist ein Genuss für Lesben und Schwule, denn hier sind viele sensible Nerven wirksam. Und da diese Technik beim Sex auch immer mal dazugehören kann, ist die Hygiene vorher vorteilhaft und einladend. Die ganze Region zwischen den Beinen und drum herum ist der lusterfüllte Genitalbereich, nicht nur isoliert die Geschlechtsorgane.

Dass das Gesicht sich z.B. dem Genitalbereich annähert, ist eine besonders intensive Zuwendung, die von manchen Menschen auch gerade deshalb gerne vermieden wird. Dahinter verbirgt sich dann wohl Scham vor dem Sexuellen beziehungsweise vor dem körperlich als intim zu geltenden. Dem oralgenitalen Kontakt gegenüber ist das gegenseitige tiefe Küssen beinahe unverfänglich.

Die intensive Zuwendung des Menschen, des Gesichts zum Sexuellen, kann nur als besonders tiefe Zuwendung verstanden werden. Und die feuchte Wärme, die der Mund, die Lippen und Zunge zudem noch dem Genitalbereich gewähren, sind das gefühlsmäßige Gegenteil der Selbstbefriedigung, bei der sich ja niemand mit seinem Gesicht, also seiner Persönlichkeit, fühlbar annähert.
 
„Hey, du Lutscher!”
Kaum zu glauben, aber auch das genüssliche Lutschen ist umgangssprachlich in eher negativen Zusammenhängen zu finden. Ein Lutscher ist eben ein Schwuler. Lutschen ist aber gar nicht nur das Schwanzlutschen, sondern das saugende Lecken und Küssen von vielem, was es überall am Körper gibt.

Und so kann Mensch an den Brustnippeln lutschen, an der Zunge und den Lippen, den sogenannten äußeren und inneren Schamlippen natürlich auch, auch an den Hoden und dem Penis. Überhaupt lässt sich überall lutschen. Und das gelutscht werden ist ja auch nicht ohne. Natürlich entsteht am Hals oder an anderen Stellen der Haut bei sehr heftigem Saugen ein Lutschfleck oder auch Knutschfleck genannt.
 
Manche bösen Leute rufen ihn sehr gerne hervor, wie Hunde durch Duftnoten ihr Revier abgrenzen wollen, denn ein Knutschfleck ist ja der sichtbare Beweis körperlicher Nähe. Das Tragische ist oft, dass der/die auf diese Weise Markierte von der Markierung gar nichts weiß und ahnungslos umherläuft.

Wie kommt es nur, dass wir gierig an allem saugen, was wir lieben? Manche Sexualwissenschaftler behaupten, das habe etwas mit elementaren menschlichen Trieben zu tun, die besonders in der Kleinkinderzeit eine biologische Überlebensbedeutung haben, dem Säugen des Nachwuchses. Man spricht von der oralen Phase des Kleinkindes, in der es die Welt, die um es herum ist, über den Mund untersucht und ergründet.

Wir gehen also triebhaften elementaren Regungen nach, wenn wir das Saugen und Lutschen lieben. Uns so ist es gar nicht verwunderlich, dass wir uns gegenseitig nahezu überall rumlutschen und genüsslich rumlutschen lassen. Warum auch nicht? Wir sind ja schließlich nirgendwo giftig. Doch da kommt natürlich schon noch ein anderer Aspekt hinzu.

Bei diesen genussreichen Tätigkeiten kommt es gelegentlich, wie ihr sicherlich selbst wisst, zum Austausch von Körperflüssigkeiten, und die Schleimhäute des Körpers sind ein Verbindungsorgan, sie schließen nicht ab, sondern sie verbinden. Flüssigkeiten werden über Schleimhäute aufgenommen und abgegeben. Wenn nun ein Mensch den HIV-Virus in sich hat, kann der durch eine solche Praktik durchaus weitergegeben beziehungsweise aufgenommen werden.
 
Dass das Virus oral nur bei Zahnfleischbluten und bei der Periode übertragen werden könnte, ist ein frommer Wunsch. Wer nun als Frau besonders “safe” sein möchte, soll das Dental-Pad benutzen, ein dünnes Latexläppchen, das davor gehalten werden soll. Das Rimming, also das Lecken des Schließmuskels und die Zungenspiele dort können hygienisch problematisch sein, sind für HIV jedoch ungefährlich, nicht aber für z.B. Hepatitis.

Lecken und Lutschen ist in unserer Szene von größerer Bedeutung. Und es gibt viele Lesben und Schwule, die hauptsächlich auf diese sehr verbindende Weise miteinander verkehren. Die feuchte Wärme des Mundes und der Zunge vermittelt eine warme Vertrautheit, nach der sich besonders auch Liebende sehr sehnen.
 
Umgekehrt, das Verweigern dieser Nähe wird als Barriere zwischen den Beteiligten empfunden. Und so hat diese Technik bei uns nicht den Rang der Ersatzbefriedigung. Lesben wie Schwule genießen das Rimming, Lesben das Lecken der Vagina, Cunnilingus genannt, und des ganzen Bereiches zwischen Schließmuskel und Vagina.

Das Lutschen und Saugen am Penis, Fellatio genannt, hat aber in unserer Szene noch einen speziellen Namen.
 
Mein Liebster muss Trompeter sein ...”
Das ist ein Schlager aus der Gay-Szene der zwanziger und dreißiger Jahre (allerdings sagte man damals nicht Gay-Szenen). Was für ein Instrument hier geblasen wird, hat nichts mit der Kunstfertigkeit des Bläsers zu tun, sondern eher mit Größe und Gestalt des Instrumentes, das hier geblasen werden soll.

Da bläst der Alte Fritz angeblich gekonnt die Flöte, jemand bläst eher das Saxophon, ein anderer die Klarinette, schließlich spezialisiert sich jemand noch auf die Posaune, bei der man ja, glaubt man der bezeichnenden Gestik, mit der einen Hand das Instrument festhält und mit der anderen Hand den Außenzug dauernd über den Innenzug vor- und zurückschieben soll. Dass man eine Bass-Tuba bläst, wird in unserer Szene nicht so oft behauptet, man will ja nicht derart übertreiben.

Eine lesbische Frau fragte mal einen schwulen Mann in unserer Gruppe, warum schwule Männer die betreffende Tätigkeit eigentlich “blasen” nennen, denn ihres Wissens blase dort doch niemand rein. Wir haben diese Frage unseren LeserInnen gestellt, ob sie uns darüber Auskunft geben könnten. Leider meldete sich auf diese Frage niemand, auch nicht einmal mit einer scherzhaften Antwort. Was ist los? Schämt Ihr Euch etwa? Redet man darüber denn nicht?

Im Wörterbuch steht:
blasen, bläst, blies, hast geblasen: 1. (Atem)luft in etw. hineinpusten. 2. Ein Blasinstrument spielen. 3. Wind kräftig wehen. 4. (derb) Fellatio ausüben; den Penis mit dem Mund stimulieren.

Genau genommen handelt es sich hier also um das Lutschen des Penis, wobei offen bleibt, ob der lutschende Partner mit dem Mund (Kopf) oder mit der Hand gleitende Bewegungen macht. Oft werden dabei noch mit der anderen Hand die Hoden stimuliert oder der Schließmuskel des Darmausganges.
 
Es geht aber auch so, dass sich der lutschende Partner passiv verhält und der andere Partner entsprechende Bewegungen vornimmt, wobei beide stehen können oder auch liegen, der lutschende Partner kann auf dem Rücken liegen, der andere kniet sich über den Kopf und beugt sich vor, es kommt auf die Vorlieben an. “In den Mund (den Rachen) ficken” oder "Maulfick" wird dies aber eher genannt und nicht mehr “blasen”.

Unklar ist auch, ob der Samenerguss “safe” außerhalb des Mundes stattfinden soll oder innerhalb des Mundes und ob er geschluckt wird oder ob er ohnehin gleich in die Speiseröhre gespritzt wird. Das ist einmal eine Frage des Geschmacks und andererseits auch des persönlichen Risikos, denn natürlich kann auch durch Sperma der Aids-Erreger, das HIV-Virus, übertragen werden. Und so sicher sind ja Beteuerungen auch nicht, was den Gesundheitszustand, die sogenannte Treue oder den letzten HIV-Test betrifft.

Blasen ist in der Schwulenszene eine vollwertige Sexualitätsversion, besonders auch deshalb, weil es partnerschaftlich und gleichzeitig betrieben werden kann. Im Chat aber bekomme ich mit, dass viele der heute nachwachsenden jungen Schwulen den sogenannten AV (Analverkehr) als hauptsächliche und eigentliche Sexualität ansehen und man wird oft gefragt: “Bist du aktiv oder passiv?”
 
Dies zu beantworten, ist schon problematisch, weil es eine grundsätzliche Festlegung bedeutet. Es könnte doch sein, dass bei dem einen Partner lieber aktiv, bei einem anderen lieber passiv bin oder heute mal so und morgen anders verkehren will. Mit der Homo-Ehe kommen also offensichtlich auch zunehmend die sogenannten “ehelichen Pflichten” in unsere Partnerschaften, zum Beispiel das Bumsen und gebumst werden mittwochs und samstags, vielleicht noch am Sonntag Morgen.

Da ist mir das 69 schon alleine deshalb lieber, weil es die lustvolle Zuwendung der Persönlichkeit zum Sexuellen des Partners bedeutet, und dass noch gleichzeitig und gegenseitig. Die sogenannte 69er Stellung ist nur mannmännlich wirklich denkbar, denn den Männern in Lyon wurde in Frankreich eine Zeitlang angedichtet, alle schwul zu sein. Außerdem hat die dortige Postleitzahl die Nummer 69 (In Deutschland ist dies Heidelberg). Und die Abbildung dieser beiden Zahlen zeigt ja auch, um was es geht.

Heutzutage benutzen aber alle Paare diese Zahl, um zu benennen, was sie miteinander treiben, seien es Lesben, Schwule oder gar Heten. Gönnen wir es ihnen.
 
Lutsch-Hygiene
Selbstverständlich ist Körperhygiene gerade bei uns von großer Bedeutung, weil wir eine Verbindung zwischen einerseits Mund, Zunge und Nase (wo wir Gefühl, Geschmack und Geruch aufnehmen) mit der Region des Körpers herstellen, wo nicht gerade wohlriechende verbrauchte Stoffe den Körper verlassen.
 
Das ist an sich überhaupt nicht unnatürlich, doch als Zivilisationsgeschöpfe können wir ganz bestimmte Gerüche oder Geschmäcker kaum als angenehm empfinden, von möglichen Infektionsgefahren ganz zu schweigen. Sicher, es gibt Menschen, die ein gewisses Maß an Körpergeruch als durchaus angenehm empfinden und die etwas gegen allzu großer Hygiene haben. Schließlich ist es gewissermaßen Geschmacksache, was gut riecht. Aber Menschen mit diesem Geschmack sind wohl eher eine Ausnahme.

Frische Körperausscheidungen (mit Ausnahme vielleicht von Kot) sind eigentlich nicht unbedingt für uns abstoßend, das Abstoßende kommt von den Zersetzungsbakterien. Man weiß ja hoffentlich, dass frischer Schweiß, der bei sexuellen Spielen selbstverständlich entsteht, überhaupt nicht abstoßend ist, oft auch als angenehm empfunden wird. Aber wenn er sich schon länger auf dem Körper befindet, riecht er einfach unangenehm.

Ich trete hier nicht appellativ auf, um Euch zur Hygiene zu animieren, dass muss jeder für sich entscheiden, sondern möchte Euch in diesem Zusammenhang so manchen Kniff verraten, wie das eine oder andere besser geht. OK?
 
Cunnilingus: Durch einfaches Waschen der entsprechenden Regionen bevor man miteinander ins Bett steigt ist eigentlich schon alles getan. Versuche, mit einem Gummibällchen Wasser in den inneren Vaginalbereich zum Spülen zu bringen, sind OK. Tieferes Einbringen mit einem Klistier oder einem ähnlichen Gerät kann die Wirkung haben, dass die Bakterienflora nachhaltig gestört wird beziehungsweise dass Fremdbakterien in die Vagina eingebracht werden, was dann eine gegenteilige Wirkung als die gewünschte haben kann.
 
Fellatio: Einfach mal waschen. Wer beschnitten ist, kann hier kaum etwas falsch machen, es kann aber auch mal stinken. Wo eine Vorhaut vorhanden ist, da muss unter ihr auch alles gereinigt werden, denn durch Talgdrüsen bildet sich hier ein Sekret, in dem dann Keime siedeln. Es schmeckt auch nicht gut. Wenn man Sex für möglich hält, dann einfach, wie beim Händewaschen, diese Region nicht vernachlässigen. Vielleicht auch die ganze Region drum herum, denn da könnte die Zunge ja auch mal hingeraten.
 
Rimming: Da das normale Kloopapier nicht alles entfernt, gibt es viele Möglichkeiten, dass störende Reste übrig bleiben. Wer dort Haare hat, muss besonders darauf achten, dass sich dort nichts sammelt. Nun man da ja selbst nicht so gut hingucken, und so kann man vielleicht tasten, um herauszufinden, was da los ist. Aber wenn man oder frau unter der Dusche steht, kann er oder sie ganz zart dort alles mal abseifen und dann nachspülen und vielleicht überhaupt mit dem Finger mal ein bisschen eindringen ... tut ja gar nicht weh ...

Ach ja, man kann übrigens den Duschkopf vom Duschschlauch abschrauben und das lauwarme Wasser mit weichem Strahl gegen den Schließmuskel plätschern lassen, was diesen ganz und gar weich und geschmeidig macht. Dies nur nebenbei.
 
Zur Frage der Sprache
Ein homosexueller Mensch erlernt lange vor seinem Coming-out auch die Begriffsschablonen und tabuisierten Begriffe, die es ihm schwer machen, seine homosexuelle Neigung zu erkennen, indem er sie erst einmal positiv benennen kann und dann akzeptieren. Viel Leute unserer Szene behaupten, ihr Coming-out geschafft zu haben, doch stehen sie weder in ihrer Familie noch im Freundeskreis noch am Arbeitsplatz zu ihren Formen der LUST. Oftmals verleugnen sie diese und manchmal sogar sich selbst gegenüber. Manche von ihnen spielen sich sogar als spießige Saubermänner oder Sauberfrauen auf.

Ein Mensch lernt überhaupt in der Regel, zu seiner menschlichen Sexualität an sich nicht zu stehen, da alle Wörter, die offen Sexuelles benennen, als “Gossensprache” diffamiert wurden. Es wurden für juristische und medizinische Zusammenhänge lateinische Begriffe verwendet, die das gewöhnliche Volk nicht verstand. Sexualität ist also entweder etwas Fremdes (Lateinisches) oder etwas Unanständiges. Und so gibt es Menschen, die das Benennen oder Hören der angeblich unanständigen Wörter schon wieder als erotisch empfinden. Das ist aber in Wirklichkeit nicht erotisch, sondern einfach nur verklemmt.

Längere Zeit haben wir vor Jahren dieses Thema diskutiert und uns damals dazu entschieden, die als “Gossensprache” diffamierte Sprache ganz selbstverständlich in der LUST zu benutzen. Wir schrieben eben nicht z.B. “Rimming” sondern nannten es einfach “Arschlecken”. Das ist uns nicht gut bekommen, da ein großer Teil der LUST-lesenden Gemeinschaft dies als störend empfand.
 
Und so haben wir den erklären Zusatz zur Sprachverwendung, den Ihr hier gerade gelesen habt, ständig hinzugefügt. Der wurde aber entweder nicht gelesen oder nicht verstanden, zumindest aber wurde die Auffassung auch nicht geteilt, mit dem öffnen der Sprachverwendung auch die Verklemmungen zu lockern. Also haben wir stillschweigen nach und nach die Sprache den Geflogenheiten angepasst.

Und wenn jemand in sexuellen Situationen dann solche Wörter benutzt, die er ansonsten für unanständig hält, dann empfinde ich das persönlich als störend und peinlich. Aber bei den oben beschriebenen Sextechniken bekommt er ja nicht so sehr Gelegenheit dazu, sich derart verklemmt auszudrücken. Mit einem vollen Mund kann man einfach nicht so gut sprechen. (js)
 
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