70. LUST, März/April/Mai 02
 
Sexuelle LUST: Ernst oder Spaß?
Ist Sexualität unbeschwerte Freude, macht man es aus Spaß oder zum Spaß? Oder wird es ernst, wenn es sexuell wird? Gibt es in diesem Zusammenhang einen Unterschied zwischen lesbischem oder schwulem Sex, zwischen männlichen oder weiblich heterosexuellem Sex?
 
Ein Besucher einer unserer Veranstaltungen meinte einmal zu mir, so wie ich es mache, könne man keine Artikel schreiben.
Die eigene Person habe außen vor zu bleiben. Es ging um ein gehaltenes Referat, das später zum Artikel für die Zeitschrift LUST werden sollte. Ich unterstelle ihm, dass er seine Subjektivität als Objektivität interpretiert.
 
Aber im Ernst: Nachrichten und Berichte müssen ohne kommentierende Anmerkungen veröffentlicht werden, Kommentare müssen als solche erkannt werden. Und wenn jemand zum Beispiel Lesben lobt oder Schwule, um sie dann auf hinterhältige Weise in eine diskriminierende Sackgasse zu komplimentieren, dann kann man das nicht so stehen lassen, da auch Lesben und Schwule auf diesen Hinterhalt reinfallen können, wenn sie diese Nachrichten lesen und im Durchschauen der knallharten Intrigen z.B. konservativer Politiker ungeübt sind.

Es ist wahr, wir wollen in einem heterosexuellen Umfeld Unmögliches: wir wollen so, wie wir sind, mit unseren Besonderheiten und Unterschieden, geliebt werden. Was wir erreichen können, ist vielleicht, geachtet zu werden.

In unserer Szene geht es oft auch um sehr Persönliches. Im Persönlichen des einen erkennen sich die anderen ielleicht. Dem müssten unsere Medien Rechnung tragen. Es geht um Menschen in den unterschiedlichen Etappen ihrer Selbstbehauptung. Und ist denn nicht das real persönlich Erlebte oftmals erhellender als das Objektivierte?

Dieser Beitrag ist sehr persönlich. Aber ich kann über bestimmte Zusammenhänge nicht gut reflektieren, wenn ich mich nicht mit einbringe, wenn ich nicht mich selbst mit meinen Empfindungen immer wieder hinterfrage und dies in Bezug zu den erfahrenen Informationen anderer setze. Ob es mir gelingt, daraus allgemeine Lehren abzuleiten, weiß ich am Beginn meiner Arbeit daran noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich das Thema hinreichend reflektieren kann.
 
Da mich das Thema bewegt, das im Titel angegeben ist, will ich es dennoch versuchen. Wem sehr persönliche Reflektionen eines anderen Menschen unangenehm sind, der soll das Weiterlesen lieber lassen. Ich will also versuchen, mich dem Thema persönlich anzunähern. Dabei geht es hier nur um die schwule Sicht der Dinge, genauer: um meine schwule Sicht der Dinge, denn es gibt selbstverständlich auch unter uns viele unterschiedliche Sichtweisen. Je persönlicher ich werde, um so weniger kann ich zum Beispiel lesbische Lebenserfahrung mit berücksichtigen, die in der Literatur auftaucht. Überhaupt kann man nicht gleichzeitig persönlich sein und für andere mitsprechen, man kann höchstens Gemeinsamkeiten vermuten.

Völlig überraschte mich, dass die Anzeigenzeitung Queer dieses Thema, wie es in der Überschrift formuliert wurde, so verstand, dass ich hier im folgenden Referat über ”Sexsucht” reflektieren wolle. Dann wäre es der ”Tagestipp” in der entsprechenden Regionalausgabe geworden. Aber so wurde es dort weniger wichtig. Auch gut.
 
Gedankenspiel
Als Jugendlicher, der sich damals als heterosexuell empfand und unbewusst bisexuell lebte, machte ich die Beobachtung, dass die erotischen Spielereien mit anderen männlichen Partnern im Bereich der Spielereien blieben, dass der Spaß an der Lust nicht aufhörte, einschließlich dem Orgasmus, der sich eben dabei gelegentlich einstellte.
 
Es war, wie ich später in der sogenannten Männerbewegungsliteratur las, kein zielgerichteter Vollzug, auch wenn sich sogenannte lusttechnische Abläufe ab einem bestimmten Punkt der Entwicklung einfach einstellten, wieder in den Worten der sogenannten Männerbewegung ausgedrückt. Es handelte sich tatsächlich im wesentlichen um Verspieltes, Lustvolles und auch Belangloses, so flüchtig wie das Sperma. Das Spiel ging einfach weiter. Es gab keinen Einschnitt, keinen definierbaren Übergang von der verspielten Albernheit zum ”richtigen” Sex.

Bei meinen sexuellen Erlebnissen mit Frauen war es anders. Ich erlebte erstaunt, wie das humorvolle und lachende Gesicht meiner jeweiligen Partnerin plötzlich, an einer Stelle der Entwicklung der erotischen Handlungen, ernst wurde. Das war so, als signalisierte mir das Gesicht: Vorsicht, jetzt wird es ernst! Und es ist wahr, es wurde dadurch etwas Anderes, etwas Bewussteres. Das war, so empfand ich es, der Ernst in der Lust.
 
Die Sexualität verlor ihre Unbekümmertheit und Unschuld und wurde etwas, das es zu kultivieren galt. Mir machte die ”Spaßlust” mit den jungen Kerlen mehr Spaß als die ”Ernstlust” mit den Frauen. Nur fand man nicht immer die männlichen Partner, wenn man hauptsächlich in der linken Szene verkehrte und nicht in der schwulen Szene, die mir damals noch fremd war. Also dann damals doch oft mit Frauen.

Was die ”Ernstlust” mit den Frauen noch verstärkte, waren die Sprüche zwischen uns Gleichaltrigen in der Schule und Berufsschule und es war überhaupt das gesellschaftspolitische Umfeld. Im heterosexuellen Bereich war alles schon irgendwie vorgegeben, nämlich wie eine Heten-Beziehung abzulaufen hat, welche Rollen jeder der beiden zu spielen hat usw. Da gab es die sogenannte Treue, das miteinander Gehen, das dann nicht ”fremd” gehen Dürfen, als bereite man sich schon auf den Lebensabend vor.
 
Dann das nach außen Repräsentieren, denn als Man wurde ja von anderen Männern und auch Frauen danach beurteilt, mit welcher Frau man auftauchte, und Frauen danach, welchen Mann sie ”sich geangelt hatten”. Ich erinnere mich noch, dass mein Vater einmal stinksauer war, als er hörte, wie meine Großmutter meiner Mutter vorwarf, sie habe ja ”den ersten Besten” genommen. Und im Bett gab es akzeptierte sexuelle Stellungen und weniger akzeptierte, Vorgaben also ohne Ende.
 
Und bis man dann endlich miteinander Sex haben konnte, musste vorher drum herum so viel Anpassungsarbeit geleistet werden, dass man die sexuelle Erregtheit dabei schon fast aus dem Auge verlor, wenn nicht der Anpassungszwang ohnehin schon als absolut lusttötend empfunden wurde. Und überhaupt, das sexuelle Ziel wurde dadurch überhaupt erst zu einem. Das alles war einfach weniger interessant und überhaupt nicht spannend.

Das Ernste zeigte ja auch in den sexuellen Bedürfnissen der PartnerInnen, die befriedigen zu können den Mann ausmache, wie man so lernte. Amüsiert lauschte ich den Berichten, dass Männer ihre Frauen fragten ”War ich gut?”, als ob ein Mann eine Frau zu bedienen habe und das Spiel nicht zweiseitig ist. Manche Frauen (und wohl deren Männer auch) empfanden als Sexualität nur den Koitus, der dem sogenannten Vorspiels zu folgen hatte. Man musste ihr gefallen, zu gefallen sein, sich Mühe geben, das war gar kein gegenseitiges Geben und Nehmen. Und erstaunt bemerkte ich, dass manche Frauen meine Bemühungen, es ihnen recht zu machen, für selbstverständlich hielten, während sie eigentlich nie versuchten, es mir recht zu machen. Im Gegenteil waren sie nur anspruchsvoll mir gegenüber. Das war nicht erfüllend. Ich hatte es meistens mit Frauen zu tun, damals.

Viele erotische Spielereien wurden von ihnen eher als Perversion und unlustvoll empfunden, zumindest als nicht normal, und ich hielt mich dran, man wollte ja als normaler guter Liebhaber gelten. ”Petting” war damals das Modewort, was von den amerikanischen Jugendlichen zu uns rüber kam, und ”pet”, das ist ja das Haustier. Petting war im Grunde alles ohne den Koitus, und das alles war also offensichtlich kein Sex, sondern ”nur” Vorspiel. Alles war eingeteilt und wertig, höherwertig und weniger wert.

Weil man in den USA keinen Platz im elterlichen Haus hatte, es zu tun, waren die Möglichkeiten, was man tat, von der Bauweise der Autos abhängig. Wer als Jugendlicher Geld hatte, konnte sich z.B. Liegesitze und ein Autoradio leisten, später kam auch eine kleine Bar hinzu.

In Deutschland hatten die Jugendlichen ein Moped oder eine Vespa, doch das Wort ”Petting” war buchstäblich in aller Munde. Vielleicht war es die mitgenommene Wolldecke im Wald, wo dann die unehelichen Kinder gezeugt wurden, die zur Heirat zwangen, denn nicht jeder hatte Pariser im Picknickkorb. Sie zu kaufen war auch nicht immer einfach, denn in den Toiletten hingen sie noch nicht überall rum. Man ging in eine Apotheke oder Drogerie und musste benennen, was man kaufen wollte. Eben, das war es. Für eine Frau war sie tatsächlich etwas sehr Ernstes, die Sexualität. Sie war eine Hingabe, beinahe eine Auslieferung.
 
Es hätte ein Kind entstehen können, und die Verhütung sowie die Folgen einer Schwangerschaft waren gesellschaftlich vorrangig den Frauen aufgebürdet. Und ein Kind hatte für sie die Veränderung des ganzen Lebens zur Folge. Natürlich musste sie das Embryo austragen, zum Kind werden lassen. Natürlich war damals Sex nur in einer Ehe legitim. Und die Kirche sowie die CDU taten das Ihrige. Es gab ja noch den Kuppelei-Paragraphen, nach dem z.B. die Eltern bestraft wurden, wenn sie ihrem unverheirateten Nachwuchs in der Wohnung Gelegenheit gewährten. Das alles war also fest eingebunden, einschließlich dem Ehezwang. Heterosexualität war eben der absolute Ernst bei der Lust. Und da mir Lust bereitete, wenn jemand an mir Lust empfindet, konnte ich den Vorwurf nicht verstehen, dass es Männern nur um ihre eigene Lust gehe.

Anders war es bei mannmännlichem Homosex. Der war zwar illegal und wurde generell als niedrig und Ausrutscher angesehen, aber dadurch wurden viele Partner auch Verschworene. Und da es keine gesellschaftspolitische Eingebundenheit der Homosexualität gab, brauchte es auch nie ernst zu werden. Schwangerschaft drohte auch nicht. Es gab keine Verpflichtung, keine negative Konsequenzen der Sexualität, nur schiere Lust. Das war es. Besonders im Zusammenhang mit der 68er Revolte kam noch was Revolutionäres zur Sexualität, das bedeutete: etwas Befreiendes.
 
Und mit der befreienden subversiven Tätigkeit gegen Staat und Gesellschaft wurde auch sie, die Sexualität befreiter. Das einzige Problem war immer, jemanden zu finden, der das auch so erleben konnte. Jemanden Passendes zu finden, das ist ja immerhin auch heute noch schwierig genug, allerdings aus anderen Gründen. Denn weil es nicht um Ehe oder Dauerbeziehung ging, hatten viele an bestimmten Plätzen ihre Chance für spontane Begegnungen. Die Schönheitsschwellen und die Begegnungshemmungen waren einfach niedriger. Es ging unverstellter um Geilheit, und zwar von allen Beteiligten. Es konnte alles auf der Ebene des Spaßes bleiben. Warum ich in Vergangenheitsform schreibe?

So war das vor Aids, Homo-Ehe und der Generationstrennung unserer Szene mittels der sogenannten Jugendgruppen. Jugendliche wehrten sich gegen die (homo)sexfeindliche Außenwelt, indem sie sich in die Szene einflochten und hier persönliche Bestätigung, Auftrieb, Beistand und Rückenwind erhielten, meist verknüpft mit sexueller Lust. Und in manchen Klappen und Parks hatten viele ihre ersten Erlebnisse, hier gab es manchmal ganze miteinander spielende Menschentrauben. Das sah man damals als selbstverständlich an und nicht als Problem. Heute werden die Jugendlichen vor der Szene geschützt, um ein ”ungestörtes” Coming-out direkt hinein in die altersgleiche Homo-Ehe erleben zu können.

Na ja, mogeln wir mal nicht. Es gab die staatliche Verfolgung im Hintergrund, und es gab viel Einsamkeit und Verzweiflung bei denen, die keinen Zugang zu ganz bestimmten Sex-Szenen hatten. Es gab vielfach Erpressung. Es gab Menschen, die aufgrund von Erpressung und Verhaftung ihre bürgerliche Existenz, auch ihre Freiheit verloren. Das alles empfand man aber als Folge der staatlichen Repression und nicht als Umfeld oder Kultivierung unserer Sexualität. Diese entwickelte sich zwischen uns anarchistisch frei, außerhalb von Normen und Vorgaben, ganz wie sie uns jeweils grade beliebte. So war es in der frühen 68er Gay-Szene.

Heute gibt’s die spontanen Begegnungen nicht mehr so einfach, ich bin aber auch älter geworden. Dennoch höre ich von Jugendlichen eigentlich oft, dass sie den Freund fürs Leben suchen, und bis dahin Verzicht üben. Nur die verhältnismäßig kleinere Gruppe der Jungen, die ältere Partner sucht, scheint sich noch ausleben zu können, mit Älteren, die das auch noch können, während die Jugendlichen, die mit Gleichaltrigen spontane Begegnungen suchen, oft auf die Ehemoral treffen. Wenn der potenzielle geil aussehende Partner nicht vorzeigbar erscheint, verzichtet man oft.
 
Parallelitäten
Ich erinnere mich, dass ich als Kind offensichtlich eine körperliche Unbekümmertheit hatte. Das verdanke ich wohl meiner Mutter, die aus der Enge ihrer eigenen Erziehung heraus einen gewissen Trotz entwickelte und uns Kindern (Ich habe eine 4 Jahre jüngere Schwester) dies nicht antun wollte. Dass Körperlichkeit in irgendeiner Weise etwas Besonderes sei, was zu verbergen sei, wofür man sich gar zu schämen habe (man sprach damals vom ”natürlichen Schamgefühl”), lernte ich selbst durch meine Großmutter.
 
Sie wies mich einmal auf (m)eine Erektion hin, die aus der damals so unpraktischen Kinder-Unterhose mit Schlitz hervorstand, ohne dass mir irgendwas bewusst war. Sie schimpfte mich dafür, als ich in der Küche stand und mich wusch (die einzige Wasserstelle in unserer Wohnung), und ich verstand erst gar nicht, was sie wollte.
 
Offensichtlich musste ich wohl was Böses gemacht haben, meinte sie, oder etwas Böses gedacht haben. Jedenfalls war von diesem Augenblick für mich eine Erektion etwas, das es besonders zu beachten galt, was man wohl zu verbergen hat, um das sich etwas ”Böses” rankte. Das war das gleiche Gefühl (zumindest nach meiner Empfindung), wie der Wechsel zwischen der ”Spaßlust” und der ”Ernstlust”, den ich später kennen lernte. Auch hier hatte ich damals meine Unschuld verloren.

Die Aids-Katastrophe war ein neuer Einschnitt. Ich hatte das Gefühl, dass ich nun denken und sortieren muss, mich nicht mehr lustvoll gehen lassen kann, denn mit unbekümmertem sexuellen Ausleben könnte ich mich infizieren und dann danach die Krankheit weitergeben. Auch hier das, was mir Lust nimmt: die ”Ernstlust”, denn manche sexuelle Handlung geht nur mit Pariser, was einen Einschnitt bedeutet. Und es gab noch einen weiteren Einbruch dieser Art, der mit Verleumdungen in der eigenen Szene zu tun hat und mich persönlich mehr angeschlagen hat, als ich zugeben wollte, bei dem ich das spürte, was ich bei den anderen Einschnitten erlebt hatte, nur hier noch stärker.
 
”Ernstlust” heute
Einen Partner hatte ich unter anderen mal kennen gelernt, und wir hatten häufig unseren Spaß miteinander. Dann blieb er weg, weil er an seinem Wohnort in einer Beziehung gebunden war. Nach ca. 3 oder 4 Jahren Pause tauchte er wieder auf, lustvoller als vorher, während seine Beziehung zu Hause weiter lebte, und ich genoss das Sexuelle der Begegnungen mit ihm. Aber es war doch anders geworden.
 
Ich lebte (und lebe) nicht beziehungslos, sondern in einer selbstgewählten sehr engen Partnerschaftsform, die sexuell weniger bedeutend ist, was in der Literatur als eine offene Beziehung definiert wurde. Und er lebte und lebt auch in einer engen monogamen Beziehung, die aber von seinem Partner her nicht offen ist. Das machte die Sache komplizierter, denn die Verantwortung für den Bestand seiner Beziehung mit seinem Freund lastete zusätzlich auf ihm.
 
Neben seiner engen Beziehung kam er, wenn es ihm Lust machte und ich Zeit hatte, mehr als 6 Jahre lang zu mir, nahezu wöchentlich. Und gleichzeitig wollte er, wenn er da war, mit mir auch eine gesellschaftliche Zweierbeziehung, nicht im Bett, das ergab sich ja zu zweit, sondern eben auch sozial. Sex hatte sich für ihn also unterdessen so sozialisiert, dass sie in eine enge Struktur gehört, selbst wenn dies wegen seiner Beziehungsbindung gar nicht möglich war.
 
Und seine Maßnahmen, diese soziale Zweierbeziehung mit mir schleichend zu erreichen, belastete auch mein Umfeld, meine Wahlfamilie, und das führte schließlich auch zu seiner Enttäuschung über mich, als ihm dann klar werden musste, dass er damit nicht wesentlich weiterkommen kann. Ich war erleichtert, als wir uns nicht mehr trafen, obwohl es sexuell für mich einen Verlust darstellte. Bei ihm empfand ich schleichend immer mehr ”Ernstlust”, beinahe sogar Sexzwang. Von seiner Seite aus war es wohl auch so etwas, denn mich verwunderte immer sein Ernst, mit der er an sexuelle Handlungen ging, auch wenn er dabei seine Lust auslebte. Ich hatte das Gefühl, für ihn ist es eher zwanghaft. Für mich im Grunde Spaßlust, für ihn nicht? Gibt es das heutzutage noch, die spontane Spaßlust? Ich glaube, dass es dafür derzeit kaum noch eine Szene gibt.

Heute erzählen mir die Leute stolz, dass sie ihr Schäfchen nach Hause geholt haben, wie ich das in den späten 50er Jahren in der Heterosexualität gelernt hatte. In aller Unschuld sagen sie mir: was soll ich machen, ich bin eben eifersüchtig, und rechtfertigen damit die Bevormundung eines Menschen auf vielen Ebenen als ihre Form der Liebe.
 
Man leitet sich damit das Recht ab, zwischenmenschlich grausam zu sein, so, als sei es ein Naturgesetzt, einen anderen Menschen, mit dem man zusammen lebt oder Sex hat, bevormunden zu müssen. Offensichtlich hat man da wohl keinen eigenen Willen? Damit machen sie es sich aber sehr leicht, mit ihrer Verantwortung. Sie haben feste Kategorien, die ihnen heute wichtiger erscheinen als das Abenteuer der befreienden Begegnung und der grenzenlosen sexuellen Zufriedenheit. Sie geben sich lieber mit dem Erringen eines partnerschaftlichen Status´ zufrieden statt grenzenlose sexuelle Lusterfüllung zu erstreben.

Müsste ich da nicht einen sexuell erfüllenden Bettpartner, falls ich wieder mal einen erwischen sollte, auch in einer Eifersuchtsbeziehung festzuhalten versuchen? Da bin ich ratlos. Das kann ich aber schlecht. Ich glaube, dazu bin ich gar nicht gut geeignet. Ich kann doch einem Menschen nicht vorschreiben, wie er sich fühlt, ich kann doch keine emotionale Zufriedenheit empfinden, wenn jemand z.B. bei mir ist, weil er sich dazu genötigt fühlt.
 
Und ich bin überhaupt gar nicht zufrieden zu stellen, wenn jemand mir bei jeder sexuellen Begegnung seine große Liebe beteuern muss, was klingt wie in einem Spielfilm. Das wäre doch auch Selbstbetrug. Lieber ist mir schon der lustvolle Schritt eines Anderen auf mich zu, oder eben ansonsten dann der Traum von einem solchen Schritt auf mich zu.
 
”Spaßlust” heute
Eine Zeitlang oder länger Lust miteinander teilen zu wollen, ohne in dieser Zeit mit anderen Menschen zu verkehren, kann ich mir durchaus vorstellen, durchlebte ich ja auch dann und wann, und dies könnte heutzutage eine Voraussetzung sein, unter den Bedingungen von Aids grenzenlose Lust erleben zu können, also auch ohne die Grenzziehung des Parisereinsatzes.
 
Und dann lauert eben im Hintergrund der Ernst einer Beziehung mit all den Ansprüchen, die in der Gesellschaft damit transportiert werden, und den Ansprüchen, die sich aus einer Beziehung ergeben werden, einschließlich des Rechtes des Beziehungspartners, heute mal keine oder nur wenig Lust zu haben oder eben sich vorübergehend auch mal in jemand Anderes zu verlieben. Und hier kommen wir dann zu dem Problem, dass man sich eigentlich nie absolut sicher sein kann, ob der Partner tatsächlich bei seinen Seitensprüngen immer ”safe” arbeitet und gearbeitet hat. Man legt sein Leben und seine Gesundheit in einem solchen Arrangement in die Ehrlichkeit und Selbst-Ehrlichkeit des Partners, wo es einem doch selbst schwer fällt, immer ”safer Sex” einzuhalten.

Heutzutage unter den Bedingungen von Aids ist es eben kein kalkulierbares Risiko mehr, grenzenlose Lust zu erleben, das Risiko ist unkalkulierbar groß geworden, beinahe größer als in der Zeit, wo man vom Partner oder Dritten an die Behörden verraten werden konnte. Hier geht es nicht um solchen Verrat, sondern um das Risiko, ein unheilbare und tödlich verlaufende Krankheit durch die unbekümmerte Lust zu bekommen und/oder weiterzugeben. Lust kann also bestraft werden, hat also per se kaum noch etwas Befreiendes mehr. Sagen wir einfach, wie es ist, die Zeit für grenzenlose Lust scheint erst einmal vorbei zu sein. Ich weiß, das ist beinahe wie eine Kastration.

Man muss also Kompromisse schließen, und das in Fragen der Lust, die man vorher nicht für möglich gehalten hat. In wirklich monogamen Verbindungen in unserer Szene, die es auch vielleicht tatsächlich gibt, kann es für eine Zeit ein grenzenloses Ausleben der Sexualität zu zweit geben, eben nur zu zweit. In der freien Lust-Beziehung ist die Sexualität derart zu kultivieren, dass das Infektionsrisiko vermindert wird. Scheußlich aber wahr.
 
Das hat unangenehme Auswirkungen auf die Art, wie wir zusammenleben, auf den Umgang in der Szene, dem Umgang im Bett miteinander und dem Gefühl der Lust, der sexuellen Erfüllung, vielleicht auch, welche Bedeutung man der gelebten Sexualität beimisst. Es ist bei der nachwachsenden Generation längst schon so, dass für sie die kultivierte Sexualität und mehr noch die Ersatzsexualität einen höheren Stellenwert hat als die grenzenlose Spaßlust.
 
Zurück zum Sex beim Thema Sex
Also, ob es diese grenzenlose Spaßlust in der konkreten erlebbaren Sexualität überhaupt gibt? Herlinde Koelbl hat in ihrem Bildband ”Männer” erotische Männerakte vorgestellt. Diskutieren muss man in diesem Text nun nicht, warum das Buch 1984 ein solcher Renner wurde, wo es doch weit raffinierter inszenierte und ins Bild gesetzte Männerakte gibt. Das war wohl, weil auch mal eine Frau Männerakte machte. Für die Heten-Männer war es möglich, diese Bilder zu betrachten, ohne Angst haben zu müssen, schwul zu werden oder für schwul gehalten zu werden. Feministische Frauen konnte sich Männerschwänze ansehen, ohne an Folter zu denken. Aber ich sehe in ihrer Arbeit etwas anderes Bemerkenswertes.

Sie hat auch Männergesichter beim Orgasmus fotografiert. Und im höchsten Punkt des Orgasmus ist eine eher schmerzhafte Anspannung in den Gesichtern zu lesen, danach wohl ein Gefühl des zufriedenen entspannt Seins. Also Schmerz und Lust, diese beiden Gefühle lassen sich wohl in der Sexualität kaum auseinanderhalten, und die besonders starke sexuelle Reizung ist eigentlich schon schmerzhaft oder nahezu schmerzhaft, führt aber dann zur besonders intensiven Entspannung. Die Entspannung nach der besonders hohen Spannung ist also der Lusteffekt, so scheint es. Entspannung kann es eben nur nach vorheriger Anspannung geben und Lust nach Schmerz. Ohne Lustschmerz ist die Lust eben geringer, vielleicht gar nicht vorhanden. Aber kann man aus dieser Tatsache irgendetwas Gesellschaftliches beziehungsweise Allgemeines ableiten?

Ich glaube, es geht um zwei Bereiche. Der eine Bereich ist das Lustgefühl im Kopf, das nicht nur vom gegenseitigen Verhältnis zwischen den Menschen geprägt ist, die daran beteiligt sind. Da kommen nämlich noch verinnerlichte Normen, Erfahrungen, Sehnsüchte, Enttäuschungen usw. hinzu. Das ist der bewusste Kopfbereich und der unbewusste Bereich, der nicht kontrolliert wird, sondern oft ideologisch gerechtfertigt wird. Über diese Zusammenhänge im Wechselspiel mit ihren Auswirkungen auf sexuelle Lusterfüllung habe ich offensichtlich im ersten Teil dieses Textes reflektiert. Dann gibt es den 2. Bereich, den Bereich der körperlichen Prozesse selbst, über den ich hier gerade berichte.

Ich habe an mir etwas beobachtet, was vielleicht im Zusammenhang mit dem Thema steht. Die mich ohnehin nicht leiden können, sollen jetzt einfach nicht weiterlesen. Beim Orgasmus, eher unmittelbar hinterher bin ich früher gerne in ein von mir als befreiend empfundenes Gelächter ausgebrochen, was meine damaligen Sexpartner häufig irritierte.

Geräusche beim Orgasmus? Nun gut, sie mögen etwas ausdrücken, wenn sie unwillkürlich entstehen. Ja, im Internet findet man auf einigen Pages Kurzfilme, in denen sich Männer beim Orgasmus mit ihrer Webcam selbst aufgenommen haben. Hier sind die Geräusche oft übertrieben laut, deutlich ins Mikro gestöhnt, wie ich sie in der Realität höchstens als demonstratives Verhalten im Darkromm und in einer Sauna erlebt habe, damit die anderen auch was mitkriegen.
 
Es ist dies also demonstratives Verhalten. Andererseits könnten die verschiedenen Formen des Stöhnens auch mit dem Grad der körperlichen Entspannung zu tun haben, dem Lösen der Spannung. Auf jeden Fall habe ich bei den wilden und sehr intensiven sexuellen Erlebnissen mit dem oben beschriebenen Partner eher gestöhnt und nicht gelacht. Die Spannung vorher war also derart intensiv, dass der Orgasmus beinahe quälend intensiv war, was mit seinen mich sexuell sehr vereinnehmenden Techniken zu tun hatte. Ich lache wahrscheinlich nun nicht mehr, sondern fühle mich körperlich zum Stöhnen hingezogen. Ist das ein Beleg, dass der Spaß dem Ernst gewichen ist? Das würde ja bedeuten, dass zielgerichtete sehr aufreizende und große Spannung erzeugende Sexualität etwas Ernstes ist, dass die Spaßsexualität weniger vereinnahmend ist. Ist das richtig? Ich weiß es nicht. Möglicherweise.

Und wie sich meine Sexualität gegenwärtig zeigt, ist sie der Ernstlust ziemlich nahe, weil gegenwärtig die Gelegenheiten eher seltener sind, Spaßlust zu erleben. Dadurch wird sie wichtiger, vielleicht zu wichtig. Und bei belanglosen Spielen bleibt nun zusätzlich auch die ungestillte Sehnsucht nach der intensiveren sexuellen Vereinnahmung zurück, die eine ganz andere Luststeigerung und quälende Anspannung erzeugte, so dass die befreiende Entspannung größer ist. Ich glaube nun, wenn man älter ist, braucht man eine größere Reizung, um sich lustvoll erfüllen zu können. Aber ob das etwas mit unserem Thema zu tun hat? Vielleicht. Denn ich habe, mag sein, meine sexuelle Unbekümmertheit schließlich wohl doch verloren, vielleicht aber auch nur, weil es gegenwärtig niemanden gibt, mit dem ich sie leben könnte, die sexuellen Erlebnisse mit anderen erlebe ich derzeit eher als ernst.

Gibt es in diesem Zusammenhang einen Unterschied zwischen lesbischem oder schwulem Sex, zwischen männlichen oder weiblichen heterosexuellem Sex?

Ich kann erst einmal darauf nur antworten, ich habe ihn wahrgenommen. Aber er zeigte sich mir als ein solcher Unterschied deshalb, weil an die unterschiedlichen Personen, die ich hier als Repräsentanten einer sexuellen Ausprägung gewertet habe, unterschiedliche gesellschaftliche und geschlechtliche Rollenverhalten und Rollenerwartungen angekoppelt sind und waren.

Genauer analysiert habe ich den Ernst und die fehlende Unbekümmertheit an der gesellschaftlichen Vereinnahmung wahrgenommen, in die der Sexpartner seine Sexualität einzubetten trachtete, nicht eigentlich an den Geschlechtsrollen oder den Geschlechtern. Also ist die Frage zwar richtig gestellt, weil sie Beobachtungen wiedergibt, die Antworten dürfen aber der Frage nicht auf den Leim gehen, damit nicht eine Deutung aus den gesellschaftlich Zwängen heraus erfolg, sie aber berücksichtigt.

An die Rolle schwuler Sexualität waren keine positiven gesellschaftlichen Erwartungen gebunden, weil man Homosexualität überhaupt nicht nirgendwo positiv aufnehmen wollte. Und das schuf uns dann die Möglichkeit, diese Leere mit befreienden Inhalten zu besetzen. Diesen Freiraum konnten wir genießen, wenn wir unsere Zuweisung ins Nichts als eine gesellschaftliche Unterdrückung verstanden und nicht die eigene Lage als Resultat persönlicher Schuld ansahen.
 
Wir waren also gezwungen, sowohl die Geschlechtsrollen als auch die Sexualitätsvorgaben in Frage zu stellen, um eine Selbstachtung erwerben zu können. Und nur unter den ganz besonderen Bedingungen der 68er Jugendrevolte und der Sexrevolte, in der sich viele alte Bindungen auflösten, konnte uns dieser Kraftakt gelingen. Wir befanden uns in einem politischen Umfeld, das ebenfalls vorherrschende Rollen und Vorgaben in Frage stellte, jedoch nicht derart grundlegend wie wir. Wir empfanden dieses Vorgehen also als legitim, die Diskriminierung als nicht legitim. Das wirkte sich auch im sexuellen Verhalten unter uns aus.

Frauen emanzipierten sich aus der verordneten Rolle der 50er Jahre, ursächlich auch, weil man sie als Arbeitnehmerinnen benötigte, was ihnen eine eigenständige wirtschaftliche Grundlage verschaffte. Aber die Frauenbewegung der 68er bekam ihre eigenständige Stoßkraft ja auch aus der wachsenden Distanz gegenüber den eigenen Genossen, die manche liebgewordene patriarchalische Gewohnheiten nicht aufgeben wollten, einschließlich der antihomosexuellen Heldenpose, gewürzt mit einer Prise Toleranz, die mancher homosexuelle Genosse als repressive Toleranz empfand.

Jetzt, wo die ideologischen und gesellschaftlichen Grundlagen einer schwulen sexuellen Zweckbindung entstehen, ist hier eben auch mit größeren zwischenmenschlichen Bindungen als Kontext für Sexualität zu rechnen. Und weil man nicht die Kraft hat, mit allen Menschen dieser Szene diese tiefere Bindung zu empfinden, wird natürlich die Abgrenzung, die Eifersucht usw. zunehmen. Solidarität in der Szene wird durch Eifersucht unterlaufen. Es wird dann auch zu Beziehungstragödien kommen, die aus enger Bindung und gegenseitiger psychischer Abhängigkeit entstehen können.

Lesbische Sexualität spielt sich in ihrer Praxis zumeist in Bindungen ab. Ich kenne nur wenige Beispiele in der Literatur, wo das nicht so war oder ist. Also kann, nach meiner bisherigen Wahrnehmung und meinen Schlüssen, die ich daraus ziehe, lesbischer Sex relativ selten frei vom Ernst der Beziehungsverantwortung sein. Lesbischer Sex ist Frauensex, allerdings ohne die sexuelle Präsenz eines körperlichen Mannes. Das ist aber nicht gleichbedeutend, dass es Sexualität ohne Dominanz ist, könnte es aber sein.
 
Bei der Einbindung der Frau in die Gesellschaft, die sich ja nicht nur in den real nachweisbaren Strukturen zeigt, sondern auch mit der weiblichen Identität erworben wurde, kann ich mir eine unbekümmerte Spaßlust nur teilweise vorstellen. Es kommt wohl auch hier darauf an, wie viele verinnerlichte Hemmungen und Weichenstellungen das Geschehen tangieren. Wäre es anders, gäbe es die unbekümmerte freie Sexualität der Frauen, könnte man kaum mehr an die Existenz der psychischen Unterdrückung der Frau durch den Mann glauben.

Vielleicht geht unbekümmerter grenzenloser lustvoller Sex gerade nur im lesbischen Schutzraum ohne männliche Rollendominanz? Das wäre sicherlich zu platt. Es gibt auch eine weibliche Rollendominanz in sexuellen Verbindungen zwischen Frauen und Männern, und diese Dominanz kann es auch gegenüber einer anderen Frau geben. Und ansonsten kann eine Frau auch ganz gut das als männlich definierte Verhalten an den Tag legen. So also nicht. Vielleicht gelingt es uns ja einmal, einen eigenständigen lesbischen Beitrag zu dieser Fragestellung anzuregen. Ich als schwuler Mann kann ja hier von Erfahrenem nicht berichten.

Ist die grenzenlose unbekümmerte Lust in heterosexuellen Verbindungen denkbar? Nun, als Mann habe ich sie in heterosexuellen Mann-Frau-Beziehungen nicht erfahren können. Im Gegenteil wurde ja ständig Verantwortlichkeit usw. von mir verlangt. Aus gutem Grund, denn es können ja Kinder entstehen und dann auch, weil ich es erlebte, dass sich eine Frau völlig unterwarf. Hier wurde ich in die Rolle des Verantwortlichen gezwungen. Auch in unserem Sex-Fragebogen bestätigte sich unser Bild, dass sehr viel gegenseitige Verantwortlichkeit im Frau-Mann oder Mann-Frau-Spiel hier eine große fesselnde Rolle spielt. Das wäre ja auch verwunderlich, wenn es anders wäre, da ja die heterosexuelle Beziehung derart bis in die kleinste Verästelung in einen gesellschaftlichen Überbau eingebettet ist, der vieles als Selbstverständlich vorgibt. Vielleicht in jugendlicher Unbekümmertheit jedoch mit einschneidenden Folgen?

Männer konnten wohl noch vor Jahren hier unbekümmerter vorgehen, weil eine Schwangerschaft oft nur von Frauen zu tragen war. Und vor der Scheidungsreform konnten ältere Männer noch unter dem Mief der Adenauer-Jahre ihre ältere Frau und manchmal auch die Kinder einfach verlassen und sich was junges Hübsches suchen, während die Frauen über andere Probleme hinaus in soziale Not verfielen, da sie als Hausfrau nichts Eigenes aufgebaut hatten, keine eigene Rente erworben hatte usw.
 
Dieses chauvinistische männliche Verhalten werte ich aber nicht als Unbekümmertheit, sondern schlicht als brutale Verantwortungslosigkeit. Wenn man vorher Abhängigkeiten erschaffen hat, wenn nun also Abhängigkeiten bestehen, dann muss man sie auch in einer solchen Weise akzeptieren, dass sie nicht gegen die Interessen der Abhängigen gerichtet wird. Aber soziale Verantwortung füreinander bedeutet natürlich nicht, dass daraus ein gegenseitiger Anspruch auf den Körper des Partners entsteht. Entweder man erlaubt sich gegenseitig, sexuelle Erfüllung auch außerhalb zu suchen, oder man muss sie sich gegenseitig verschaffen, auch wenn es keine Lust (mehr) macht.

Der kleine freiheitliche Spielraum, den wir schwulen Männer zwischen revoltenhaften Aufbruch und Integration hatten, erlaubte uns eine Form gegenseitigen Liebens und Auslebens, ohne dass es ernst werden musste. Das ändert sich nun. Und wenn das alle für selbstverständlich halten, kann auch irgend wann kein Mangel daran entdeckt werden.
 
Was soll es?
Ich weiß ja auch nicht. Bei meinen Gesprächen in Vorbereitung auf diesen Beitrag erfuhr ich von GesprächspartnerInnen zuweilen Unverständnis. Manche verstanden gar nicht, wo ich die Trennung zwischen Spaßlust und Ernstlust überhaupt sehe. Und da bringen sie mich in die Verlegenheit, dass ich eine feste verifizierbare Grenze definieren soll. Aber erstens gibt es sie wohl nicht an einer festen Stelle und außerdem sträubt sich alles in mir, hier irgendwo eine Grenze einziehen zu müssen. Das bedeutet aber nicht, dass es diese beiden unterschiedlichen Lusterlebnisse nicht gibt, denn man kann sie wahrnehmen, oder vielleicht auch nur: ich nehme sie wahr. (js)
 
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