70. LUST, März/April/Mai 02
 
München
Wer begibt sich schon freiwillig in Stoibers Abhängigkeit, fragten wir uns, als Joachim beim Ball der Aidshilfe 2 Übernachtungen in einem Doppelzimmer in München gewonnen hatte, gestiftet ausgerechnet von der LSU und dem Völklinger Kreis. Also fuhren wir zu dritt nach München, Renate, Joachim und Thomas. Renate nahm sich noch ein Einzelzimmer.
 
Wenn man dann auch noch gerade zu Ferienbeginn fährt, dann kann es schon pasieren, dass man 7 1/2 Stunden untewegs ist, nach München.

Das Hotel Nymphenburg in der Nymphenburger Straße 141 (089/121597-0) ist angenehm und diskret, man kann es weiterempfehlen. Natürlich war auch das Wetter abscheulich, wenn wir schon mal verreisen. Für den Abend hatten wir uns für das Sub angemeldet, aber da das erst 19 Uhr aufmachte, sind wir in der Müllerstraße in Rendezvouz gegangen, weil da ne Regenbogenfahne hing und es Kaffe-Bar hieß und wir ja eine Frau und zwei Männer waren. Hier lernten wir, dass eine Tasse Kaffee eine Tasse ist, und ein Haferl Kaffe ein Kaffeepott ist.

Zwei Frauen fragten wir, wohin in München eine Frau gehen könnte, und wo die begleitenden (schwulen) Männer mitkommen könnten. Sie schlugen vor: Carla in der Buttermelcher Straße, Cafe Glück in der Baumstraße und Karotte in der Baaderstraße. Da sind wir dann aber doch nicht hin, weil wir erst mal essen wollten. Der Wirt schlug die gststätte Krablergarten vor, Direkt am Anfang der Müllerstraße am Sendlinger Tor. Der Tipp erwies sich als gut, denn das Essen war gut, deftig und vor allem reichlich, sehr reichlich. Das Schnitzel mit Mehrrettich war so groß wie ne halbe große Pitza. Hier zeigte sich ja auch die Tücke des Tombolagewinns, dass wir uns in den 2 Tagen so dickfressen, dass uns dann in Wiesbaden niemand mehr mag.

Es war auch ein riesiger Stammtisch schwuler älterer Männer da, die hier offensichtlich feierten. Gut, die Gaststätte für die nächsten Tage hatten wir also gefunden. Sonntag trafen wir uns mit Wolfram Setz in der Glyptothek, wo man antike Statuen besichtigen kann. (Siehe Heftrückseite.) Da erwies es sich als angenehm, dass Wolfram ein Historiker ist, der uns das eine und andere erzählen konnte. Er gab uns ein Buch (Siehe oben), dass er übersetzt und mit einem Dossier versehen hat. (Siehe Besprechung in der nächsten LUST). Von ihm erfuhren wir auch, dass München über einen Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz verfügt, an dessen Benennung er nicht unwesentlich beteiligt war.

Nochmals danke für das informative Treffen, Wolfram.
Am Königsplatz sind noch einige imponierende Bauwerke zu besichtigen, uns interessierte aber auch das mediterrane Lenbach-Haus. Hier wurde gerade gebaut, sodass wir das haus von außen nicht fotografieren konnten. Die beiden Skulpturen hier unten sind aus dem Park des Hauses.

Zwei Tage München, das wurde uns rasch klar, sind nicht genug, wir werden ganz bestimmt mal für ne Woche hinfahren, um uns alles genauer betrachten zu können, auch um ein paar nette Leute treffen zu zu können.

Den Bahnhof schauten wir uns an (es war auch sehr kalt) und entdeckten, dass er nicht bemerkenswert ist. Dann gingen wir zur Deutschen Eiche, einem riesigen Restaurant mit Gay-Sauna und Hotel, doch die beiden Chefs waren auf Hochzeitreise und so müssen wir dieses besondere Schatzkästchen unserer Szene ein anderes Mal bestprechen, doch in der nächsten LUST findet ihr die Buchbesprechung über diesen historischen und wichtigen Ort für unsere Szene. Deutsche Eiche, Reichenbacher Straße 13, Tel 089/231166-0 und http://www.deutsche-eiche.com.

Am Abend waren wir dann wieder in Sub. Wir wollten ganz gerne noch in andere Kneipen gehen, aber wir klebten hier fest und es war ja auch ganz nett und wir bedauerten es zutiefst, schon am nächsten Tag wieder wegfahren zu müssen. Wir legten hier auch ältere Ausgaben der LUST aus, so dass die AbonnentInnen und KaüferInnen aus München vielleicht dadurch zunehmen, denn das ist natürlich wichtig.

Übrigens, die U-Bahn. Man kauf sich eine Gruppen-Tageskarte und kann mit der einen Karte bis zu 5 (oder waren es 6?) Personen hin- und herfahren, wie man es braucht. Das Auto wollten wir nicht mitnehmen, sondern in der Hotel-Tiefgarage lassen, und vom Sendlinger Tor (U-Bahn-Station) kann man das ganze Gay-Viertel zu Fuß abklappern.

Das Cafe haben wir vergessen, in dem wir am Montag Vormittag das Interview mit dem Stadtverordneten Thomas Niederbühl durchführten. In Bayern gibt es ja aufgrund des seltsamen Wahlsystems keine 5-Prozent-Klausel, eine Liste muss eben so viel Stimmen erhalten, dass es mindestens für einen Stadtrat ausreicht, um im Stadtrat vertreten zu sein. Anfänglich war die Rosa Liste ein schwule Wählerliste, später wurde sie schwul-lesbisch. Ziel war es, so viel Stimmen aus der Szene zu bekommen, dass mindestens 2 Stadträtinnen einziehen könnten.
 
Aber, so erfuhren wir, die Grünen, die SPD und die FDP hatten auch offen homosexuelle KandidatInnen aufgestellt, sodaß Marion Hölzel leider nicht zusätzlich einziehen konnte. Das Interview war sehr interessant und wir können dem Stadtrat durchaus zustimmen, dass man nicht auf einen Kreide fressenden Stoiber reinfallen solle und dass Lesben und Schwule, die sich in einer eigenen Liste selbst vertreten, mehr erreichen können, als wenn sie erst einmal innerhalb ihrer Parteien Kompromisse mit dem Programm eingehen müssen, um dann in Koalitionen oder aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat kaum noch etwas von dem abgeschminkten Vorstellungen vertreten zu können.

Aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung haben SPD und Grüne diesmal auch ohne Rosa LKiste eine Mehrheit und Thomas Niederbühl versucht nun, in Koalitionsverhandlungen mit der Rosa Liste mit in der Regierungskoalition vertreten zu sein, was sicherlich nicht leicht wird.

Das Interview war aufschlussreich und hochinteressant und wir in der nächsten LUST vollständig zu lesen sein.
Wie besuchten bevor wir uns nach hause aufmachten noch den schwulen Buchladen Max und Milian, Ickstattstraße 2, der auch ein umfangreiches Sortiment für Lesben im Angebot hat. Der laden ist Mo bis Do 10,30 bis 14 Uhr und 15,30 bis 20 Uhr geöffnet, Fr 10,30 durchgehend bis 20 Uhr und Sa 11 bis 16 Uhr. Hier finden auch regelmäßig Veranstaltungen z.B. Lesungen statt. Selbstverständlich findst Du hier auch die LUST. Mit dem betreiber hatten wir ein nettes informatives Gespräch. Sicher wird man hier umfassend und gut beraten.

Die Rückfahrt war unproblematisch, nach 4 1/2 Stunden waren wir zu Hause und sind sicher, dass wir wieder nach München fahren werden. (rs/ts/js)
 
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