- 69. LUST, Winter 01/02
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- Die im Text vertreten Meinung ist nicht die Sicht der Redaktion
der Zeitschrift LUST
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- Zur Riester-Rente
Anmerkungen von Petra C. Göttel
Aus ihrer Werbung in der LUST: Wirtschaftsberatung, Vermögensaufbau,
Steuerlast senken, Altersversorgung, Absicherung
- Die Riester-Rente ist derzeit
eines der großen Finanz-Themen: bei den Verbraucherzentralen
gehen täglich bis zu 2000 Anrufe ein. Gegen manch irreführende
Werbeaussage sind die Verbraucherzentralen sogar schon gerichtlich
vorgegangen. Die meisten BürgerInnen sind verunsichert,
denn nur die wenigsten konnten sich bisher Durchblick verschaffen.
- Die Überregularien der Riester-Rente
betreffend sprechen die Stuttgarter Nachrichten von
Bevormundung: mit dem Konzept des mündigen Bürgers
ist das nicht unbedingt vereinbar. Aus der Werbung wird
man meist bewußt unvollständig informiert,
da die einzelnen Gesellschaften und Banken häufig nur das
Interesse haben, die hauseigenen Produkte möglichst schnell
an den Mann oder die Frau zu bringen. In der Werbung wird zur
Riester-Rente meist nur riesengroß mit den
staatlichen Zuschüssen geworben. Dass dieses Rechenbeispiel
aber nur für die klassische Familie mit 2 (gerade
geborenen) Kindern gilt, steht nur winzig klein am Rand.
Die Nachteile, auf die man sich bei einem Riester-Vertrag einlassen
muß, sind erheblich: dem staatlichen Zuschuß steht
bei der Rentenauszahlung die vollständige Versteuerung gegenüber.
Bei den Riester-unabhängigen privaten Rentenversicherungen
geschieht dies nur mit einem Teil, dem sog. Ertragsanteil - andere
Altersvorsorgemöglichkeiten sind sogar vollständig
steuerfrei. Einer der größten Riester-Nachteile ist
jedoch die spätere Verrentungspflicht: man kann sich das
angesparte Geld nicht auf einmal auszahlen lassen, sondern erhält
nur eine lebenslange Rente. Diese bietet zwar eine
monatliche Zahlung (die wiederum häufig nicht reell inflationsgesichert
ist), aber gibt keinerlei Möglichkeit, im Notfall z.B. bei
Krankheit, auf größere Teil-Beträge zurückgreifen
zu können. Dieses unflexible starre Gerüst wurde von
Anfang an kritisiert.
Ein weiteres Problem bei den meisten Rentenversicherungstarifen
(vor Eintritt der Verrentung) ist im Todesfall die Vererbung
eines solchen Vertrages: je nach Gestaltung ist gar keine oder
nur eine kleine Rest-Auszahlung an den/die Begünstigte/n
möglich. Eine Ausnahme hiervon ist die Rentenversicherung
mit Todesfallschutz. Trotzdem bleibt auch hier der Nachteil,
dass durch die Riester-Pflicht-Verrentung nach Beginn
der Rentenzahlung je nach Tarif meist nur noch einige vorher
vereinbarten Restjahre an den/die Hinterbliebenen ausbezahlt
werden. Dies ist dann aber nur ein Bruchteil des Geldes, welches
ursprünglich in den Vertrag einbezahlt wurde.
In einem Riester-Vetrag ist Pflicht, dass mindestens
die eingezahlten Beiträge von der Gesellschaft/der Bank
später wieder ausbezahlt werden müssen. Dieser prinzipielle
Vorteil muß aber dann i.d.R. durch eine spürbar niedrigere
Verzinsung des Vertrages erkauft werden. Abgesehen
davon, gibt es auch schon seit längerer Zeit solche Produktmöglichkeiten,
bei denen man sich dann nicht den Riester-Bedingungen unterwerfen
muß.
An diesen beispielhaften Punkten ist erkennbar, dass sich die
staatliche Förderung zwar auf den ersten Blick verlockend
anhört, man sich aber genau klar machen muß, dass
hier entscheidende Nachteile bezahlt werden müssen,
die ein Riester-konformes Produkt deshalb für
viele völlig uninteressant macht. Die Riester-Rente
soll vor allem ein Anreiz sein für GeringverdienerInnen
(welche nur minimal monatlich sparen können) und Personen/Familien
mit Kindern (es gibt für Kinder zusätzliche Gelder).
Daher kommen viele Singles, (v.a. kinderlose) (Ehe-)Paare und
Lebensgemeinschaften unter Abwägung der persönlichen
Vor- und Nachteile häufig zum Ergebnis, dass die enormen
Nachteile in keinerlei Verhältnis zu den staatlichen Zuschüssen
stehen - und konzipieren deshalb ihre eigene individuelle riester-unabhängige
(PartnerInnen-)Altersvorsorge.
Jetzt schon mit Informationsvorsprung starten!
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage ist fast jede/r zweite BundesbürgerIn
der Ansicht, er/sie habe privat ausreichend fürs Alter vorgesorgt.
Gut möglich, dass sie sich täuschen, sagt
hierzu die Kölner Rundschau. Schon seit vielen
Jahren gibt es die große Versorgungslücke, das heißt,
die gesetzliche Rente beträgt bei den EckrentnerInnen
(u.a. mit 45 pflichtversicherten Jahren) nur ca. 70% des letzten
Nettoeinkommens. Diese wurde durch die aktuelle Rentenreform
um rund weitere 3% gesenkt. Was den meisten BürgerInnen
nicht klar ist: die jetzt eingeführte staatliche Förderung
der privaten Altersvorsorge ist nur als Ausgleich für anfangs
erwähnte 3%-Kürzung eingeführt worden. Laut Fachleuten
werden in Zukunft nicht einmal mehr diese rund 67 % erreicht
werden können, da die Bundesregierung von zu rosigen
Zukunftsprognosen ausgeht.
Die Regierung nimmt beispielsweise an, dass die Lebenserwartung
weniger steigt als bisher, und dadurch auch die Zahl der RentenempfängerInnen
langsamer ansteigt. Wahrscheinlicher wird jedoch sein, dass durch
weitere Verbesserungen in der Medizin die Lebenserwartung mindestens
so steigt wie bisher. Die Erwartung des statistisch vollständigen
Abbaus der Arbeitslosigkeit (= es wird mit einer Arbeitslosenquote
von nur 3% gerechnet) wird leider ebenfalls mehr unter rentenpolitisches
Wunschdenken verbucht werden müssen. Der Bonner Wirtschaftswissenschaftler
Meinhard Miegel: Der Bevölkerung wird eine zu harmlose
Welt vorgegaukelt. Selbst in den USA sei die Quote in den
jüngsten Jahren des Wirtschaftsbooms kaum unter vier Prozent
gesunken.
Prof. Reinhold Schnabel vom Deutschen Institut für
Altersvorsorge zeigt in Alternativmodellen, denen realistischere
Annahmen zu Grunde lägen als der Reform der Regierung: Nach
beiden Szenarien ist ein Rentennivau von 67,8 % für den
Eckrentner im Jahr 2030 illusorisch. Wirklichkeit sei schon
heute ein Niveau von 59 % und im Jahr 2030 dürften es dann
in der Realität 50 % sein. Im Handelsblatt warnte Meinhard
Miegel vor der Illusion, mit der Rentenreform und der neuen staatlichen
Förderung gehe es so weiter wie bisher. Vielmehr müsse
die private Vorsorge weitaus stärker ausgebaut werden, um
die Renten-Lücke zu schließen. Nicht die jetzige Rente
sei sicher, sondern die nächste Rentensenkung: Das
Ablaufdatum ist absehbar.
Der amerikanische Nobelpreisträger Franco Modigliani hat
die Riester-Rente gar mit einem Lotterielos
verglichen. Wer sich auskenne oder Glück habe, erhalte im
Alter mehr als derjenige, der mit seiner Anlage Pech habe. Wissen
bringt eben Zinsen. Joseph Stiglitz, der ehemalige Chefökonom
der Weltbank, teilt Modiglianis Kritik: hohe Verwaltungskosten,
schlecht informierte Anleger, welche bei der Geldanlage häufig
die Notwendigkeit der Inflationssicherheit unbeachtet ließen.
Da wegen der enormen Nachteile die Riester-Rente
also nur für einen kleineren Bevölkerungsteil attraktiv
ist, sollte man jetzt keinesfalls den erstbesten Vertrag unterschreiben!
Verbraucherschützer Metz: Für die Versicherer
zählt nur eins: sie wollen die Kunden an sich binden, ehe
diese nachgedacht haben. Keinesfalls sollte man sich erst
am Jahresende informieren, wenn allerorts bei Banken, Versicherungsvertreter-Innen,
unabhängigen Beraterinnen und Beratern Hochkonjunktur
und öfters Hektik herrscht.
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- Schließlich sollte man eine ausführliche
Beratung erwarten dürfen und sollte deshalb strategisch
klug vorgehen. Das bedeutet, man sollte sich schon jetzt die
Beratung einholen, ob unter Abwägung aller Vor- und Nachteile
ein zukünftiger Riester-Vertrag überhaupt in Frage
kommt. Entgegen der aggressiven und irreführenden Werbung
gibt es zwar noch keine (!) zertifizierten und damit garantiert
förderfähigen Verträge, aber die Bedingungen
und Einschränkungen sind bereits geregelt.
Kommt man zum Ergebnis, dass ein Riester-Vertrag sinnvoll wäre,
kann dann in Ruhe abgewartet werden, bis eine größere
und attraktivere Marktauswahl an Riester-konformen Verträgen
vorhanden ist. Hierzu sollte ein Abschluß erst ab Herbst
erfolgen, da erst dann eine genügend große Auswahl
auf dem Markt sein wird. Sollte das Ergebnis jedoch sein: Kein
Riester-Vertrag! oder Einen Riester- und einen davon
unabhängigen Vertrag, dann sollte sich am besten schon
zum jetzigen Zeitpunkt zumindest um den individuell passenden
und renditestarken Altersvorsorgevertrag gekümmert werden.
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- Dann erreicht man den Vorteil, auch hier
in aller Ruhe Information und Beratung einholen zu können,
ohne dem oben erwähnten Riester-Hochkonjunktur-Phänomen
unterliegen zu müssen.
Zur Altersvorsorge gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten
und auch innerhalb einer Produktklasse sind die Preis/Leistungs-
und Qualitätsunterschiede der einzelnen Anbieter enorm.
Zum Thema aggressive Werbung statt Aufklärung
Verbraucherschützer Metz: Wer es nötig hat, die
staatlichen Zuschüsse in den Vordergrund zu stellen, kann
offenbar nicht mit seiner eigenen Leistungsqualität werben.
Gerade bei langfristigen Verträgen lohnt sich daher unabhängige
und vergleichende Beratung in besonderem Maße, um das Geld
möglichst intelligent arbeiten zu lassen.
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