64. LUST, Februar/März 01
Die Stimmungmacher
von A (Alkohol) bis Z (Zucker)
- Sie werden geliebt, verachtet,
verboten und verbreitet.
Sie haben Menschen ruiniert und vernichtet, andere Menschen reich
gemacht.
Sie gehören sowohl zu den Kulturgeflogenheiten
- als auch zu den tabuisierten Bereichen
menschlichen Daseins.
Sie gehören auch zu den Lustbarkeiten und Plagen der Menschen
unserer Szene.
-
- Es gibt kaum eine Szene, in der es derart
hauptsächlich um Vergnügungen aller Art geht, wie unsere
Szene. Nahezu alle Hilfsmittel, die erfunden wurden und die denkbar
sind, werden von unseren Leuten experimentell oder auch dauerhaft
genutzt. Es macht den Anschein, dass sogenannte Ersatzbefriedigungen
überall in Mode sind, was hinsichtlich realer Befriedigungen
Schlimmes ahnen lässt. Poppers zum Beispiel war eine Zeitlang
in den Diskotheken und Saunen die vorherrschende Duftnote.
Grundsätzlich ist daher die Frage nach den diversen Mittelchen,
nach den unterschiedlichen rauscherzeugenden Substanzen, die
nicht nur in unserer Szene im Umlauf sind, zu stellen. Alkohol,
Drogen usw. dienen aber nicht nur dem Lustgewinn, sondern es
sind eine Reihe anderer Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Auf seinen Drogenkonsum hin befragt, antwortete der frühere
Kabarettist Wolfgang Neuss, dem man den körperlichen Verfall
deutlich ansah: Das Leben ist in dieser Gesellschaft ganz
bewusst so eingerichtet, dass man es nur unter Betäubung
ertragen kann. Und der Staat kann nicht verlangen, dass man das
mit Rotwein tun muss.
Ist es so, daß man sich betäuben muss, um die Lebensbedingungen
aushalten zu können, in die uns die Gesellschaft gedrängt
hat? Dann wären die Alkohol- und anderen Drogenprobleme
durch eine Gesellschaftsveränderungen lösbar?
Oder ist es so, dass die Menschen eben Vergnügungssüchtig
(auch eine Sucht?) sind und ohne Not alles auszuprobieren versuchen,
was einen Thrill verspricht? Dann wäre die Vergnügungssucht
eine Folge des Konsumismus, der Ideologie der Leistungsgesellschaft,
die Konsum als Belohnung für Verzicht (von individueller
Freiheit) anbietet.
Ist es so, dass die Suchtmittel die Menschen dazu bringen, die
gesellschaftlichen Anforderungen besonders gut zu bewältigen,
wie man es z.B. von den Hochlandindianern in Peru sagt, die durch
Koka-Kauen ihren Hunger übergehen und große Leistungen
bringen können. Oder Manager und viele Freiberufler, die
durch Kokain große Leistungs- und Kraftreserven mobilisieren
können. Dann wären Suchmittel Herrschafts- und Führungsinstrumente,
die ganz gezielt eingesetzt würden, um damit Wirtschaftserträge
zu steigern.
Oder ist es so, dass durch Suchtmittel ganze Gesellschaften von
außen ruiniert werden sollten und wurden wie z.B. die Indianer
mit Feuerwasser; die Eskimos mit Kaffee; China mit Opium, das
England in Indien anbauen ließ und nach China einschleuste.
Nachdem China dies verhindern wollte, wurde es durch den Opiumkrieg
von England gezwungen, den englischen Opiumverkauf zu dulden.
Dann wären Suchtmittel Waffen im Kampf um wirtschaftliche
und politische Vorteile von Staaten gegeneinander.
Werden Menschen durch kulturell akzeptierte Suchtmittel in den
Zwängen der Gesellschaft stabilisiert und in gesellschaftlicher
Abhängigkeit gehalten? Gibt es eine Affinität zwischen
Gesellschaftskritik und dem Gebrauch von gesellschaftlich nicht
akzeptierten Drogen? Über solche Fragen ist viel vermutet
worden und es wurden darüber viele Bücher geschrieben.
Werden Menschen durch Drogen und Suchtmittel gegen ihre eigenen
Interessen gefügig gemacht, oder ermöglichen Drogen
und andere Suchtmittel dem Individuum eine Flucht vor gesellschaftlichen
Zwängen? Wird dem Individuum nur vorgegaukelt, dass dies
eine Flucht aus Zwängen sei, ist es nicht in Wirklichkeit
lediglich eine andere Sicht der Realitäten?
-
- Was dient als Drogen und Suchtmittel?
- Ich versuchs mal alphabetisch: Alkohol, Benzin,
Canabis, Cocain (siehe Kokain), Dopingmittel, Engelstrompete,
Ecstasy, Fliegenpilz, Glücksspiel, Haschisch, Heroin, Internet,
Jagd, Kaffee, Kokain, LSD, MDA (Doping), Marihuana, Meskalin,
Naschzeug, Opium, Patex, Payotl, Poppers, Q?, R?, Schokolade,
Stechapfel, Tabak, Tabletten, Tetrachlorkohlenstoff, Trichlorkohlenstoff,
Tollkirsche, Uhu, Viagra, W?, XTC (Szenen-Schreibweise für
Ecstasy), Yellow talk, Zucker
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- Es fällt auf, dass unter den aufgeführten
Mittel Stoffe zu finden sind, die niemand als Suchtmittel ansehen
würde, und doch gibt es Menschen, die nach ihnen süchtig
sind. Das bedeutet, dass es unabhängig vom Mittel selbst
weitere Faktoren gibt, die Suchtkrankheiten fördern.
Es fällt weiterhin auf, dass man Drogen und Suchtmittel
selbst nach unterschiedlichen Systemen sortieren kann:
1. Man kann sie sortieren nach legalen und illegalen Mitteln,
wobei die feineren Differenzierungen durch den Grad der gesellschaftlichen
Akzeptanz oder Ablehnung vorgenommen werden könnten. Das
sagt aber nichts über die Wirkungsweise und Gefährdung
aus. Schließlich gibt es Staaten, in denen andere Stoffe
verboten sind las hier und andere Suchtmittel-Verhaltensweisen
gesellschaftlich geachtet sind als dies bei uns der Fall ist.
2. Man kann sie sortieren nach dem Gesichtspunkt, ob die Mittel
schon gleich krank machen, wie das beim Benzin- oder Klebstoffschnüffeln
ist, oder nur die Folgen der Anhängigkeit. Man kann unterscheiden
nach den ihnen innewohnenden abhängigmachenden Faktoren,
also danach, ob das Aufhören, sie zu nehmen, dem Körper
Schaden zuführen kann.
Daraus ergeben sich folgende zu untersuchende Problemfelder:
1. Süchtig machende zwischenmenschliche und gesellschaftliche
Strukturen
2. Gesellschaftlicher Umgang mit Suchtmitteln.
3. Abhängigmachende Stoffe.
4. Schlussfolgerungen
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- Zu 1: Süchtig machende zwischenmenschliche
und gesellschaftliche Strukturen
Ohne jemanden entlasten zu wollen, gibt es durchaus Strukturen
in der Gesellschaft, die eine Neigung nach Suchtmitteln befördern.
Die gesellschaftlich verbreitete Auffassung, was Demokratie sei
und wie sie funktioniere zum Beispiel, ist nur zu ertragen, wenn
man beinahe bewusst Vieles übersieht, was dem ununterbrochen
widerspricht, dazu brauchten wir nicht auf Kohl zu warten. Die
Auffassung, dass es irgendwie eine soziale Gerechtigkeit gibt,
lässt sich nur durch Realitätsflucht aufrechterhalten.
-
- Die Märchen von einer humanen Arbeitswelt
können ArbeitnehmerInnen wahrscheinlich auch nur nach dem
3. Glas Bier mit Korn weitererzählen. Weder heterosexuelle
noch schwule oder lesbische Paare können von der Existenz
der großen geigenspielenden Liebe berichten, die alle Alltagsprobleme
löst. Aber dennoch sind wir ständig von der Propaganda
all dieser Werte überhäuft, die wir im Leben real nicht
sehen können, an die wir aber so gerne glauben würden.
Eskapismus, Realitätsflucht, das ist unser Mittel, dabei
nicht wahnsinnig zu werden und Fassaden von Standarts aufrechtzuerhalten,
die den eigenen und den Zustand der Gesellschaft beschönigen.
Dabei helfen uns vielerlei Mittel und Mittelchen.
In den konformistischen Medien wird eine Welt vorgegaukelt, in
der es eine höhere Gerechtigkeit gibt, in der es für
jedes Leiden einen Ausgleich gibt. In Wirklichkeit, und das hat
ja wohl schon jeder Mensch erleben müssen, kommen zu einem
Problem weitere Probleme hinzu. Hier in den Medien werden dann
auch gleich die Mittel angeboten, die man nutzen soll, sich zu
belohnen, sich diesen Ausgleich zu verschaffen, der die Gerechtigkeit
wieder herstellen soll.
-
- Diese angebotenen Mittel, das ist vor allem
der Konsum. Die Urlaubsreise, um aus der Kaffeemühle des
Alltagstrotts ausbrechen zu können; das neue Auto, mit dem
man auch im wilden zerklüfteten Gelände fahren könnte,
wenn es auf der Autobahn zu voll ist, oder das gute Tröpfchen
zum Feierabend, das man sich verdient habe.
Freilich wird man die erwartete Befriedigung kaum verspüren,
wenn die Arbeitswelt mieser und der Leidensdruck größer
wird, wenn die Straßen immer verstopfter sind und wenn
in den Urlaubsregionen alles wie zu Hause organisiert ist. Stärkeres
muss her, aber das kann sich nicht jeder leisten, denn für
jede Besonderheit muss auch ein besonderer Preis bezahlt werden.
-
- Möglicherweise erzeugen die bestehenden
Strukturen der Gesellschaft tatsächlich ein suchtförderndes
Klima. Und der Fanatismus, mit dem sich manche Menschen psychisch
auf eine Sache abstützen, die ihnen den Ausgleich verschafft,
deutet auf Suchtvorstufen hin.
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- Zu 2: Gesellschaftlicher Umgang mit Suchtmitteln.
Es gibt süchtig machende Stoffe, die gesellschaftlich geachtet
sind und andere, die juristisch verfolgt werden.
Alkohol ist wohl das verbreitetste Suchtmittel, ist aber auch
eine gesellschaftlich akzeptierte Droge. Als in den späten
60er Jahren die Diskussion über die Legalisierung von Haschisch/Marihuana
geführt wurde, kamen die härtesten Töne dagegen
aus dem Land des massenhaften Bierkonsums, und auf der Straße
waren Alkoholabhängige besonders eifrige DrogengegnerInnen.
Eine solche Doppelmoral ist auch noch heute nicht dazu geeignet,
z.B. junge Menschen von den sogenannten Modedrogen abzuhalten.
Keine Feier ohne Alkohol, man wird gesellschaftlich geradezu
dazu genötigt. Besonders Menschen, die ohne Alkohol leben
müssen/wollen, fühlen sich in vielen Situationen zum
Trinken alkoholischer Getränke animiert oder beinahe gezwungen.
Das Leben in unserer Szene spielt sich zum großen Teil
in Lokalen und Diskotheken ab, und die Wirte dort haben ihre
größten und wichtigsten Einnahmen über den Verkauf
von alkoholischen Getränken. Damit müssen sie die Pacht,
die Personalkosten, Steuern und Abgaben, den Einkauf und schließlich
auch ihren eigenen Lebensunterhalt finanzieren. Deshalb können
sie kein leeres Glas ertragen, auch wenn sich manche das nicht
so direkt anmerken lassen.
Alkohol erleichtert das Aus-sich-Herausgehen, besonders, wenn
man etwas verlegen ist und sich erst einmal hier zurechtfinden
muss. Es kann bei höheren Mengen Hemmungen und Tabus überwinden
helfen, was sich für die Betrunkenen gut anfühlt, was
aber für die anderen nicht immer erträglich ist. Wenn
das Trinken zur Gewohnheit wird, spricht man vom Gewohnheitstrinken,
das ist eine Stufe des Alkoholismus. Alkoholismus ist (wie andere
Suchterkrankungen auch) als Krankheit anerkannt. Die körperliche
Abhängigkeit führt zu körperlichen Entzugserscheinungen,
wenn man sich nicht genügend Alkohol zuführt.
Alkoholismus führt zu Folgeerkrankungen der Leber und anderer
Organe, er führt aber auch zur sozialen Desintegration,
zur Entwurzelung. Alkoholiker können irgendwann ihre eigenen
Belange nicht mehr regeln, ihre Arbeitsstelle nicht mehr halten,
ihre Wohnung nicht mehr in Ordnung halten, ihre Beziehungen nicht
mehr pflegen. Letztlich führt er nicht nur zum sozialen,
sondern auch zum körperlichen Verfall. Der Kater ist nach
dem Volksmund die angemessene Strafe für den Genuss zuvor.
Übelkeitsgefühle in Verbindung mit bohrenden Kopfschmerzen
belegen, dass durch Alkohol Nervenzellen, auch im Gehirn, geschädigt
wurden.
Alkoholkonsum kann in gewissem Umfang gesellschaftlich gesteuert
werden, ist dem gesellschaftlichen Zugriff offen, weil Alkohol
eine legale Droge ist. Es gibt gesellschaftliche Anlässe
zu konsumieren und Anlässe zu fasten. Versuche, Alkohol
vollständig zu verbieten, waren nie so recht erfolgreich.
Sie führten aber zu einer Zunahme der Krimalität und
zu illegalen Infrastrukturen, die staatlicherseits kaum mehr
zu kontrollieren waren. Mafiose Strukturen siedeln sich immer
in den gesellschaftlichen Räumen an, die es eigentlich aufgrund
der Gesetzeslage gar nicht geben dürfte.
In Ländern wie Schweden, in denen kein Wein wachsen kann,
ist es vielleicht möglich, den Weinanbau zu verbieten. Dort,
wo das Erzeugen von Alkohol oder andere Rauschmittel ein wichtiger
wirtschaftlicher Faktor ist, ist es schwierig, den Markt zu bekämpfen.
Es ist leichter, ihn zu dulden und dabei zu kanalisieren.
Als die 68er Rebellen mit den gesellschaftlich vorstrukturierten
Vergnügungen nicht mehr leben wollten, verbreiteten sich
in der Szene andere Rauschmittel, die auch noch bewusstseinserweiternde
Drogen genannt wurden. Wenn man sie als Mittel angepriesen
hätte, die den Blick auf die Realitäten verstellen,
hätten sie in der linken Szene damals keine Chancen gehabt.
Man wollte die verhassten Strukturen der Gesellschaft durchschauen,
und so bot sich den Dealern sofort ein neuer Markt an: der Markt
der Bewusstseinserweiterung. Dass die Gesellschaft dies nicht
dulden wollte, verbreitete diese Drogen erst recht unter den
Revoluzzern, es war die beste Reklame, denn man rebellierte ja
auch lustvoll gegen andere gesellschaftlichen Strukturen, die
uns das Leben schwer machten.
Ich bin dieser Mode damals nur dadurch entgangen, dass Rauchen
für mich einfach unangenehm war und dass alle Versuche mit
Zigaretten und anderen Tabakkonsumsformen mir eher Verdruss als
Genuss bereiteten. Und da Hasch eben geraucht wurde, verfing
es nicht. Ich kann mich erinnern, dass ein junger Bettpartner
dieser Zeit meine Rumflasche in die Finger bekam und in Ermangelung
eines Pfeifchens darauf zurückgriff. Das törnt
ja viel besser, war sein Kommentar zum Rum.
Ich hörte die Glorifizierungen von Haschisch und Mariuana,
hielt sie zwar für wahr, aber es interessierte mich nicht
besonders. Ich war eher mit meinem Coming-out beschäftigt.
Unter den Typen aus dieser Szene fand ich so manchen Bettpartner.
Von denen wurde mir allerdings Sexsucht vorgeworfen, weil ich
öfter mit ihnen ins Bett wollte als rauchen, während
sie lieber mit mir rauchen wollten, statt so oft, wie ich es
wollte, mit mir ins Bett zu gehen. Man muss also auch vorsichtig
mit dem Suchtvorwurf sein, denn er kann auch funktionalisiert
werden.
Ich war aber auch deshalb auf der Seite der Paffer zu finden,
weil ich die Doppelmoral verachtete, mit der die Alkohol-Anhänger
gegen Haschpaffer vorgingen. Zumal die begleitende Lebenshaltung
dieser Szene eher links und tolerant war, was sich heute teilweise
anders zeigt. Als die politische Schwulenszene noch von den Wirten
und Besuchern der Lokale angefeindet wurde, man würde unsere
GegnerInnen damit nur auf uns aufmerksam machen, war die Kifferszene
ein Teil der Infrastruktur, die wir politischen Schwulen nutzen
konnten. Wir konnten einen Raum in einem Lokal nutzen, dort unsere
Veranstaltungen durchführen. Bei Demonstrationen, wenn es
einen schwulen (später schwullesbischen) Block gab, konnten
wir dort auf Glühwein und Zuspruch rechnen usw.
Wenn bei diversen Parties bei mit zu Hause auch Kiffer kamen,
waren sie oftmals kein Gewinn für die Party. Sie zogen sich
in mein Schlafzimmer zurück, damit ihr Feeling
nicht gestört wurde, wobei sie mich durchaus in der Form
als einen von ihnen ansahen, dass ich daran hätte teilnehmen
können, wenn ich nur gewollt hätte. Weil mein Schlafzimmer
belegt war, gab es andere aus der schwulen Szene, die das Klo
dazu nutzten, es miteinander zu treiben. Und so standen oder
hüpften die Gäste vor der Toilette rum, weil sie reinwollten
bzw. mussten.
Wenn die Kiffer dann genügend gekifft hatten, wollten die
einen pennen (natürlich im Schlafzimmer), die anderen fressen,
und sie machten sich über meinen Kühlschrank her. Und
hatten sie dann genügend gefressen wollten sie saufen. Das
allerdings vertrug sich nicht immer miteinander und einige mussten
dann kotzen. Dadurch war die Party dann natürlich geschmissen.
In Marokko sei Marihuana legal, hieß es damals, hier sei
es gesellschaftlich nicht anerkannt, und zwar wegen der staatlichen
Alkohol-Protektion. Was ist nun los mit Haschich/Marihuana? Siehe
Kasten Cannabis.
Ist die Freigabe aller Drogen ein Mittel, die Sache in den Griff
zu bekommen? Damals hätte ich wohl dieser These zugestimmt,
heute bin ich nicht mehr so sicher.
Ich habe Leute kennengelernt, die sich als Kiffer in der Psychiatrie
mit den Leuten trafen, die durch einen Delirium in eine Psychose
getrieben worden waren.
Delirium (lat.) (delirantes Syndrom) schwere Bewusstseinseintrübung,
die sich in Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, optische
Halluzinationen, ängstliche Erregung und Verwirrtheit (Desorientiertheit)
mit Bewegungsunruhe äußert. Delirien können bei
akuter Vergiftung (z.B. mit Alkohol), bei verschiedenen schweren
Krankheiten (z.B. Hirnhautentzündung) auftreten. Eine Sonderform
ist das Delirium tremens (Alkoholdelir, Säuferwahn), bei
chronischem Alkoholismus aber auch durch erzwungene Alkoholabstinenz
(Entziehungsdelir) ausgelöste akute Alkoholpsychose
(Meyers Taschenbuchlexicon in 24 Bänden)
- Zu 3: Abhängigmachende Stoffe
Da ich mich mit der Materie nicht ausreichend auskenne, habe
ich Informationen aus dem Internet verwendet und hier zusammengefasst.
Ein Ergebnis unserer Drogenpolitik ist es, dass es vielen
Leuten nicht möglich ist, die verschiedenen Drogen voneinander
abzugrenzen. Alle Drogen werden gemeinsam in einen großen
Topf geworfen und als gefährlich und schlecht bezeichnet.
Das birgt aber große Gefahren in sich - hier soll deswegen
ein kleiner Überblick über die illegalen Drogen gegeben
werden.
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- 3.1. Cannbis: Haschisch und Marihuana
Diese Droge wird aus den weiblichen Hanfpflanzen gewonnen und
ist die am weitesten verbreitete illegale Droge. Das Harz der
Pflanze bildet gepreßt das Haschisch, Marihuana besteht
dagegen aus den Blüten und ist deshalb weniger potent. Cannabis
wird geraucht oder gegessen und führt zu einem leichten,
angenehmen Rausch. Die oft behaupteten Halluzinationen treten
auch bei starkem Konsum normalerweise nicht auf. Haschisch macht
nicht körperlich süchtig und verursacht, außer
beim Rauchen in der Lunge, keine körperlichen Schäden.
Jedoch kann es zu einer psychischen Abhängigkeit kommen.
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- 3.2. Amphetamine
Amphetamine sind Aufputschmittel, die meist ähnlich wie
das körpereigene Hormon Adrenalin wirken. Auf dem Markt
sind inzwischen zahlreiche Abkömmlinge erhältlich.
Der bekannteste ist die synthetisch hergestellte Designerdroge
MDMA, das auch als Ecstasy oder XTC bekannt und vor allen in
der Technoszene sehr verbreitet ist. Es gibt einem die Energie,
eine ganze Nacht lang durchzutanzen. ebenfalls dort häufig
benutzt wird Speed, welches im Gegensatz zu Ecstasy nicht als
Pille geschluckt wird, sondern meistens als Pulver geschnupft
wird und deshalb einen direkten Leistungschub gibt.
Als Nebenwirkung tritt Appetitlosigkeit auf und wenn man den
Drang sich zu bewegen nicht nachgibt, reibt man sich nervös
die Finger und knirscht mit den Zähnen. Bei ständigem
Gebrauch kommt es zu paranoiden Schüben und unkontrollierten
Gefühlsausbrüchen. Außerdem besteht die Gefahr,
seinen Körper im Tanzrausch zu überanstrengen, was
zu Kreislaufzusammenbrüchen führt.
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- 3.3. Halluzinogene
Halluzinogene wirken direkt auf Rezeptoren im Gehirn, so daß
das logische Folgern geschwächt und Assoziationen verstärkt
werden. Als Resultat fangen statische Objekte sich an zu bewegen,
man sieht Töne und hört Farben. Die Reize der Außenwelt
werden anders verarbeitet.
Das bekannteste und vor allem in der Hippie-Ära beliebteste
Halluzinogen ist LSD (lysergsäurediäthylamid), welches
1938 von Schweizer Sandoz-Chemiker Albert Hofman entdeckt wurde
und ursprünglich für die Therapie von psychisch Kranken
gedacht war. Es wirkt etwa 8-10 Stunden. Neben diesem synthetisch
hergestelltem Halluzinogen gibt es noch zahlreiche natürliche.
Von Indianern in Mexiko wurden zum Beispiel psilocybin-haltige
Pilze für religiöse Rituale verwendet, welche sich
von der Wirkung zu LSD nur wenig unterscheiden. Halluzinogene
sind weder unmittelbar körperlich schädlich, noch machen
sie körperlich abhängig. Wenn ein paar
wichtige Regeln bei der Einnahme eingehalten werden, ist die
Gefahr einer negativen Erfahrung gering. Wer die Droge jedoch
leichtsinnig nimmt, oder auf dem Schwarzmarkt schlechte Qualität
erwischt hat, riskiert viel. Außerdem können latent
vorhandene Geisteskrankheiten ausbrechen.
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- 3.4. Kokain
Die Modedroge Kokain, gewonnen aus den Blättern des Kokastrauches,
euphorisiert und enthemmt. Das weiße Pulver wird über
die Nase eingesogen oder (seltener) in Wasser aufgelöst
und injiziert. Es macht einen klaren Kopf und vermag die Leistungsfähigkeit
zu steigern. Es kann jedoch auch Depressionen und Verfolgungswahn
hervorrufen, außerdem macht es körperlich abhängig.
Eine Überdosierung führt zu herzversagen, vom jahrelangen
Sniefen bilden sich in den Nasen der Kokser oft Geschwüre,
die Schleimhaut ist zerfressen.
Mit Backpulver aufgekocht, verwandelt sich das Kokain in die
extrem süchtig machende Droge Crack. Crack wird geraucht,
nicht geschnüffelt. Es wirkt nur kurze Zeit. Weil Crack
noch stärker enthemmt als Kokain, kann der Konsum zu Gewalttätigkeiten
führen.
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- 3.5. Opiate
Aus dem getrockneten, gekochten und eingedickten Saft der Fruchtkapseln
des Schlafmohns wird Rohopium gewonnen, aus dem Chemiker 1803
das schmerz- und Narkosemittel Morphium isolierten. 1889 stellten
Bayer-Forscher aus Opium die spätere Fixer-Droge Heroin
her: ein weißes kristallenes Pulver, geruchfrei, bitter
im Geschmack und wasserlöslich. Nach mehrfacher Einnahme
tritt Sucht ein. Unmittelbar nach der Injektion kommt es zu einer
Gefühlsaufwallung, die von Fixern als Orgasmus des gesamten
Körpers und Geistes beschrieben wird. Ein Schuß hält
höchstens vier Stunden lang. Dann quälen den Junkie
körperliche Entzugserscheinungen wie Zittern, Krämpfe
und Schmerzen.
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- 4. Schlussfolgerungen
Menschen möchten sich das Leben genussvoll gestalten. Viele
Dinge, die Menschen etwas wert sind, können zu Suchterscheinungen
führen. Es wird von Arbeitssucht, Sexsucht, von Spielsucht
usw. gesprochen, es wird von suchtkranken Menschen gesprochen,
die nach Genussmitteln süchtig sind, von Apfelplätzchen
über Schokolade bis Zimtgebäck. Das alles belegt, dass
es entweder Dispositionen zur Sucht gibt oder/und gesellschaftliche
Strukturen, die Suchtkrankheiten fördern.
Darüberhinaus gibt es noch Stoffe, die in das Gehirn eingreifen
und dort irrationale Zustände erzeugen. Diese werden zwar
einerseits als lustvoll empfunden, andererseits verbergen sich
hier viele Gefahren bis hin zur Lebensgefahr, entweder langfristig
oder sogar ganz kurzfristig. Wenn es sich vemeiden lässt,
sollten wir uns von ihnen fernhalten. Interessant ist für
mich, dass die modernen Drogen ursprünglich aus der chemischen
Industrie stammen und nicht aus einem schmutzigen Hinterhauskeller.
Sehr interessant ist auch, dass auch Staaten sich nicht scheuen
und scheuten, wenn es ihren Interessen nutzt, auf Drogen zurückzugreifen
und ihre Bevölkerungen sowie die Bevölkerungen anderer
Staaten zu gefährden.
Angesichts dieser Vorgänge ist es einfach doppelmoralisch,
wenn die gleichen Staaten ihren Bevölkerungen verbieten,
sich selbst für oder gegen Drogen zu entscheiden. Es wäre
sicherlich besser, wenn die Leute mit den Genüssen zurechtkämen,
die das Leben bietet, ohne dass es zu einer Sucht kommt: Freude
empfinden ohne chemische Stimulanzien zu benutzen, Genüsse
aus dem zu ziehen, was der uns der Körper ohnehin an Freuden
gewährt. Aber die Gesllschaft, das Leben in der Gesellschaft
und die Zustände in der Wirtschaft scheinen andere Schlüsselstellungen
angelegt zu haben.
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- Der direkte Weg zum zufriedenen Leben wird
zunehmend verbaut, damit wir irgendetwas kaufen, was dann doch
mehr Verdruss als Genuss schafft, damit man immer wieder kaufen
muss. Der Widerstand gegen diese gesellschaftlichen Vorgaben
zeigt sich daher nicht darin, eine verbotene Droge zu nehmen,
sondern darin, auf solche Anreize nicht nur bei den verbotenen
Drogen, sondern bei allen Suchtmitteln zu verzichten. Sie bieten
uns nichts, was wir uns nicht auch selbst gegenseitig bieten
könnten. Der Widerstand gegen gesellschaftliche Zwänge
besteht wohl darin, sich Strukturen zu schaffen, in denen man
sich selbst und seine Mitmenschen genießen kann, ohne dafür
irgendwelchen Nutznießern wirtschaftlichen oder gesundheitlichen
Tribut zu zollen.
Was den Staat als Interessensvertreter der Gesellschaft angeht,
den wir im begrenzten Maße mit beeinflussen können:
um selbst Einfluss nehmen zu können, müsste er den
mafiosen Strukturen die Grundlagen entziehen, zumindest bei solchen
Stoffen, die nachweislich wenig oder keine Schäden verursachen.
Die Forderung nach der Legalisierung von Cannabis leuchtet mir
ein. Die Forderung nach der Freigabe der anderen Drogen scheint
mir zu einfach zu sein und die Probleme für die Menschen
in unserer Gesellschaft eher noch zu vergrößern. Natürlich
ist die Eigenverantwortung des mündigen Bürgers ein
wichtiges Gut, aber bei der Forderung nach Freigabe der sogenannten
harten Drogen zögere ich, dies aus den angegebenen Gründen
hier auch zu unterstützen.
Natürlich ist es so, dass der Staat auf Vertriebswege und
im begrenzten Umfang auf die Verbraucher-Kultur Einfluss nehmen
kann, was in der illegalen Szene weniger möglich ist, von
der Abbau des Mafia-Einflusses ganz zu schweigen. Aber die Zulassung
harter Drogen würde uns sicherlich weitere menschliche und
auch wirtschaftliche Probleme bringen.
Dort, wo wir es in unserer Szene beeinflussen können, sollten
wir versuchen, darauf hinzuarbeiten, dass niemand unbedingt solche
Mittel braucht. (Joachim Schönert)
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