64. LUST, Februar/März 01

Die Stimmungmacher
von A (Alkohol) bis Z (Zucker)

Sie werden geliebt, verachtet, verboten und verbreitet.
Sie haben Menschen ruiniert und vernichtet, andere Menschen reich gemacht.
Sie gehören sowohl zu den Kulturgeflogenheiten
als auch zu den tabuisierten Bereichen menschlichen Daseins.
Sie gehören auch zu den Lustbarkeiten und Plagen der Menschen unserer Szene.
 
Es gibt kaum eine Szene, in der es derart hauptsächlich um Vergnügungen aller Art geht, wie unsere Szene. Nahezu alle Hilfsmittel, die erfunden wurden und die denkbar sind, werden von unseren Leuten experimentell oder auch dauerhaft genutzt. Es macht den Anschein, dass sogenannte Ersatzbefriedigungen überall in Mode sind, was hinsichtlich realer Befriedigungen Schlimmes ahnen lässt. Poppers zum Beispiel war eine Zeitlang in den Diskotheken und Saunen die vorherrschende Duftnote.

Grundsätzlich ist daher die Frage nach den diversen Mittelchen, nach den unterschiedlichen rauscherzeugenden Substanzen, die nicht nur in unserer Szene im Umlauf sind, zu stellen. Alkohol, Drogen usw. dienen aber nicht nur dem Lustgewinn, sondern es sind eine Reihe anderer Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Auf seinen Drogenkonsum hin befragt, antwortete der frühere Kabarettist Wolfgang Neuss, dem man den körperlichen Verfall deutlich ansah: “Das Leben ist in dieser Gesellschaft ganz bewusst so eingerichtet, dass man es nur unter Betäubung ertragen kann. Und der Staat kann nicht verlangen, dass man das mit Rotwein tun muss.”

Ist es so, daß man sich betäuben muss, um die Lebensbedingungen aushalten zu können, in die uns die Gesellschaft gedrängt hat? Dann wären die Alkohol- und anderen Drogenprobleme durch eine Gesellschaftsveränderungen lösbar?

Oder ist es so, dass die Menschen eben Vergnügungssüchtig (auch eine Sucht?) sind und ohne Not alles auszuprobieren versuchen, was einen Thrill verspricht? Dann wäre die Vergnügungssucht eine Folge des Konsumismus, der Ideologie der Leistungsgesellschaft, die Konsum als Belohnung für Verzicht (von individueller Freiheit) anbietet.

Ist es so, dass die Suchtmittel die Menschen dazu bringen, die gesellschaftlichen Anforderungen besonders gut zu bewältigen, wie man es z.B. von den Hochlandindianern in Peru sagt, die durch Koka-Kauen ihren Hunger übergehen und große Leistungen bringen können. Oder Manager und viele Freiberufler, die durch Kokain große Leistungs- und Kraftreserven mobilisieren können. Dann wären Suchmittel Herrschafts- und Führungsinstrumente, die ganz gezielt eingesetzt würden, um damit Wirtschaftserträge zu steigern.

Oder ist es so, dass durch Suchtmittel ganze Gesellschaften von außen ruiniert werden sollten und wurden wie z.B. die Indianer mit Feuerwasser; die Eskimos mit Kaffee; China mit Opium, das England in Indien anbauen ließ und nach China einschleuste. Nachdem China dies verhindern wollte, wurde es durch den Opiumkrieg von England gezwungen, den englischen Opiumverkauf zu dulden. Dann wären Suchtmittel Waffen im Kampf um wirtschaftliche und politische Vorteile von Staaten gegeneinander.

Werden Menschen durch kulturell akzeptierte Suchtmittel in den Zwängen der Gesellschaft stabilisiert und in gesellschaftlicher Abhängigkeit gehalten? Gibt es eine Affinität zwischen Gesellschaftskritik und dem Gebrauch von gesellschaftlich nicht akzeptierten Drogen? Über solche Fragen ist viel vermutet worden und es wurden darüber viele Bücher geschrieben. Werden Menschen durch Drogen und Suchtmittel gegen ihre eigenen Interessen gefügig gemacht, oder ermöglichen Drogen und andere Suchtmittel dem Individuum eine Flucht vor gesellschaftlichen Zwängen? Wird dem Individuum nur vorgegaukelt, dass dies eine Flucht aus Zwängen sei, ist es nicht in Wirklichkeit lediglich eine andere Sicht der Realitäten?
 
Was dient als Drogen und Suchtmittel?
Ich versuchs mal alphabetisch: Alkohol, Benzin, Canabis, Cocain (siehe Kokain), Dopingmittel, Engelstrompete, Ecstasy, Fliegenpilz, Glücksspiel, Haschisch, Heroin, Internet, Jagd, Kaffee, Kokain, LSD, MDA (Doping), Marihuana, Meskalin, Naschzeug, Opium, Patex, Payotl, Poppers, Q?, R?, Schokolade, Stechapfel, Tabak, Tabletten, Tetrachlorkohlenstoff, Trichlorkohlenstoff, Tollkirsche, Uhu, Viagra, W?, XTC (Szenen-Schreibweise für Ecstasy), Yellow talk, Zucker
 
Es fällt auf, dass unter den aufgeführten Mittel Stoffe zu finden sind, die niemand als Suchtmittel ansehen würde, und doch gibt es Menschen, die nach ihnen süchtig sind. Das bedeutet, dass es unabhängig vom Mittel selbst weitere Faktoren gibt, die Suchtkrankheiten fördern.

Es fällt weiterhin auf, dass man Drogen und Suchtmittel selbst nach unterschiedlichen Systemen sortieren kann:
1. Man kann sie sortieren nach legalen und illegalen Mitteln, wobei die feineren Differenzierungen durch den Grad der gesellschaftlichen Akzeptanz oder Ablehnung vorgenommen werden könnten. Das sagt aber nichts über die Wirkungsweise und Gefährdung aus. Schließlich gibt es Staaten, in denen andere Stoffe verboten sind las hier und andere Suchtmittel-Verhaltensweisen gesellschaftlich geachtet sind als dies bei uns der Fall ist.
2. Man kann sie sortieren nach dem Gesichtspunkt, ob die Mittel schon gleich krank machen, wie das beim Benzin- oder Klebstoffschnüffeln ist, oder nur die Folgen der Anhängigkeit. Man kann unterscheiden nach den ihnen innewohnenden abhängigmachenden Faktoren, also danach, ob das Aufhören, sie zu nehmen, dem Körper Schaden zuführen kann.
Daraus ergeben sich folgende zu untersuchende Problemfelder:
1. Süchtig machende zwischenmenschliche und gesellschaftliche Strukturen
2. Gesellschaftlicher Umgang mit Suchtmitteln.
3. Abhängigmachende Stoffe.
4. Schlussfolgerungen
 
Zu 1: Süchtig machende zwischenmenschliche und gesellschaftliche Strukturen
Ohne jemanden entlasten zu wollen, gibt es durchaus Strukturen in der Gesellschaft, die eine Neigung nach Suchtmitteln befördern. Die gesellschaftlich verbreitete Auffassung, was Demokratie sei und wie sie funktioniere zum Beispiel, ist nur zu ertragen, wenn man beinahe bewusst Vieles übersieht, was dem ununterbrochen widerspricht, dazu brauchten wir nicht auf Kohl zu warten. Die Auffassung, dass es irgendwie eine soziale Gerechtigkeit gibt, lässt sich nur durch Realitätsflucht aufrechterhalten.
 
Die Märchen von einer humanen Arbeitswelt können ArbeitnehmerInnen wahrscheinlich auch nur nach dem 3. Glas Bier mit Korn weitererzählen. Weder heterosexuelle noch schwule oder lesbische Paare können von der Existenz der großen geigenspielenden Liebe berichten, die alle Alltagsprobleme löst. Aber dennoch sind wir ständig von der Propaganda all dieser Werte überhäuft, die wir im Leben real nicht sehen können, an die wir aber so gerne glauben würden. Eskapismus, Realitätsflucht, das ist unser Mittel, dabei nicht wahnsinnig zu werden und Fassaden von Standarts aufrechtzuerhalten, die den eigenen und den Zustand der Gesellschaft beschönigen. Dabei helfen uns vielerlei Mittel und Mittelchen.

In den konformistischen Medien wird eine Welt vorgegaukelt, in der es eine höhere Gerechtigkeit gibt, in der es für jedes Leiden einen Ausgleich gibt. In Wirklichkeit, und das hat ja wohl schon jeder Mensch erleben müssen, kommen zu einem Problem weitere Probleme hinzu. Hier in den Medien werden dann auch gleich die Mittel angeboten, die man nutzen soll, sich zu belohnen, sich diesen Ausgleich zu verschaffen, der die Gerechtigkeit wieder herstellen soll.
 
Diese angebotenen Mittel, das ist vor allem der Konsum. Die Urlaubsreise, um aus der Kaffeemühle des Alltagstrotts ausbrechen zu können; das neue Auto, mit dem man auch im wilden zerklüfteten Gelände fahren könnte, wenn es auf der Autobahn zu voll ist, oder das gute Tröpfchen zum Feierabend, das man sich verdient habe.

Freilich wird man die erwartete Befriedigung kaum verspüren, wenn die Arbeitswelt mieser und der Leidensdruck größer wird, wenn die Straßen immer verstopfter sind und wenn in den Urlaubsregionen alles wie zu Hause organisiert ist. Stärkeres muss her, aber das kann sich nicht jeder leisten, denn für jede Besonderheit muss auch ein besonderer Preis bezahlt werden.
 
Möglicherweise erzeugen die bestehenden Strukturen der Gesellschaft tatsächlich ein suchtförderndes Klima. Und der Fanatismus, mit dem sich manche Menschen psychisch auf eine Sache abstützen, die ihnen den Ausgleich verschafft, deutet auf Suchtvorstufen hin.
 
Zu 2: Gesellschaftlicher Umgang mit Suchtmitteln.
Es gibt süchtig machende Stoffe, die gesellschaftlich geachtet sind und andere, die juristisch verfolgt werden.
Alkohol ist wohl das verbreitetste Suchtmittel, ist aber auch eine gesellschaftlich akzeptierte Droge. Als in den späten 60er Jahren die Diskussion über die Legalisierung von Haschisch/Marihuana geführt wurde, kamen die härtesten Töne dagegen aus dem Land des massenhaften Bierkonsums, und auf der Straße waren Alkoholabhängige besonders eifrige DrogengegnerInnen. Eine solche Doppelmoral ist auch noch heute nicht dazu geeignet, z.B. junge Menschen von den sogenannten Modedrogen abzuhalten.

Keine Feier ohne Alkohol, man wird gesellschaftlich geradezu dazu genötigt. Besonders Menschen, die ohne Alkohol leben müssen/wollen, fühlen sich in vielen Situationen zum Trinken alkoholischer Getränke animiert oder beinahe gezwungen.
Das Leben in unserer Szene spielt sich zum großen Teil in Lokalen und Diskotheken ab, und die Wirte dort haben ihre größten und wichtigsten Einnahmen über den Verkauf von alkoholischen Getränken. Damit müssen sie die Pacht, die Personalkosten, Steuern und Abgaben, den Einkauf und schließlich auch ihren eigenen Lebensunterhalt finanzieren. Deshalb können sie kein leeres Glas ertragen, auch wenn sich manche das nicht so direkt anmerken lassen.

Alkohol erleichtert das Aus-sich-Herausgehen, besonders, wenn man etwas verlegen ist und sich erst einmal hier zurechtfinden muss. Es kann bei höheren Mengen Hemmungen und Tabus überwinden helfen, was sich für die Betrunkenen gut anfühlt, was aber für die anderen nicht immer erträglich ist. Wenn das Trinken zur Gewohnheit wird, spricht man vom Gewohnheitstrinken, das ist eine Stufe des Alkoholismus. Alkoholismus ist (wie andere Suchterkrankungen auch) als Krankheit anerkannt. Die körperliche Abhängigkeit führt zu körperlichen Entzugserscheinungen, wenn man sich nicht genügend Alkohol zuführt.

Alkoholismus führt zu Folgeerkrankungen der Leber und anderer Organe, er führt aber auch zur sozialen Desintegration, zur Entwurzelung. Alkoholiker können irgendwann ihre eigenen Belange nicht mehr regeln, ihre Arbeitsstelle nicht mehr halten, ihre Wohnung nicht mehr in Ordnung halten, ihre Beziehungen nicht mehr pflegen. Letztlich führt er nicht nur zum sozialen, sondern auch zum körperlichen Verfall. Der Kater ist nach dem Volksmund die angemessene Strafe für den Genuss zuvor. Übelkeitsgefühle in Verbindung mit bohrenden Kopfschmerzen belegen, dass durch Alkohol Nervenzellen, auch im Gehirn, geschädigt wurden.

Alkoholkonsum kann in gewissem Umfang gesellschaftlich gesteuert werden, ist dem gesellschaftlichen Zugriff offen, weil Alkohol eine legale Droge ist. Es gibt gesellschaftliche Anlässe zu konsumieren und Anlässe zu fasten. Versuche, Alkohol vollständig zu verbieten, waren nie so recht erfolgreich. Sie führten aber zu einer Zunahme der Krimalität und zu illegalen Infrastrukturen, die staatlicherseits kaum mehr zu kontrollieren waren. Mafiose Strukturen siedeln sich immer in den gesellschaftlichen Räumen an, die es eigentlich aufgrund der Gesetzeslage gar nicht geben dürfte.

In Ländern wie Schweden, in denen kein Wein wachsen kann, ist es vielleicht möglich, den Weinanbau zu verbieten. Dort, wo das Erzeugen von Alkohol oder andere Rauschmittel ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor ist, ist es schwierig, den Markt zu bekämpfen. Es ist leichter, ihn zu dulden und dabei zu kanalisieren.

Als die 68er Rebellen mit den gesellschaftlich vorstrukturierten Vergnügungen nicht mehr leben wollten, verbreiteten sich in der Szene andere Rauschmittel, die auch noch “bewusstseinserweiternde Drogen” genannt wurden. Wenn man sie als Mittel angepriesen hätte, die den Blick auf die Realitäten verstellen, hätten sie in der linken Szene damals keine Chancen gehabt. Man wollte die verhassten Strukturen der Gesellschaft durchschauen, und so bot sich den Dealern sofort ein neuer Markt an: der Markt der Bewusstseinserweiterung. Dass die Gesellschaft dies nicht dulden wollte, verbreitete diese Drogen erst recht unter den Revoluzzern, es war die beste Reklame, denn man rebellierte ja auch lustvoll gegen andere gesellschaftlichen Strukturen, die uns das Leben schwer machten.

Ich bin dieser Mode damals nur dadurch entgangen, dass Rauchen für mich einfach unangenehm war und dass alle Versuche mit Zigaretten und anderen Tabakkonsumsformen mir eher Verdruss als Genuss bereiteten. Und da Hasch eben geraucht wurde, verfing es nicht. Ich kann mich erinnern, dass ein junger Bettpartner dieser Zeit meine Rumflasche in die Finger bekam und in Ermangelung eines Pfeifchens darauf zurückgriff. “Das törnt ja viel besser”, war sein Kommentar zum Rum.

Ich hörte die Glorifizierungen von Haschisch und Mariuana, hielt sie zwar für wahr, aber es interessierte mich nicht besonders. Ich war eher mit meinem Coming-out beschäftigt. Unter den Typen aus dieser Szene fand ich so manchen Bettpartner. Von denen wurde mir allerdings Sexsucht vorgeworfen, weil ich öfter mit ihnen ins Bett wollte als rauchen, während sie lieber mit mir rauchen wollten, statt so oft, wie ich es wollte, mit mir ins Bett zu gehen. Man muss also auch vorsichtig mit dem Suchtvorwurf sein, denn er kann auch funktionalisiert werden.

Ich war aber auch deshalb auf der Seite der Paffer zu finden, weil ich die Doppelmoral verachtete, mit der die Alkohol-Anhänger gegen Haschpaffer vorgingen. Zumal die begleitende Lebenshaltung dieser Szene eher links und tolerant war, was sich heute teilweise anders zeigt. Als die politische Schwulenszene noch von den Wirten und Besuchern der Lokale angefeindet wurde, man würde unsere GegnerInnen damit nur auf uns aufmerksam machen, war die Kifferszene ein Teil der Infrastruktur, die wir politischen Schwulen nutzen konnten. Wir konnten einen Raum in einem Lokal nutzen, dort unsere Veranstaltungen durchführen. Bei Demonstrationen, wenn es einen schwulen (später schwullesbischen) Block gab, konnten wir dort auf Glühwein und Zuspruch rechnen usw.

Wenn bei diversen Parties bei mit zu Hause auch Kiffer kamen, waren sie oftmals kein Gewinn für die Party. Sie zogen sich in mein Schlafzimmer zurück, damit ihr “Feeling” nicht gestört wurde, wobei sie mich durchaus in der Form als einen von ihnen ansahen, dass ich daran hätte teilnehmen können, wenn ich nur gewollt hätte. Weil mein Schlafzimmer belegt war, gab es andere aus der schwulen Szene, die das Klo dazu nutzten, es miteinander zu treiben. Und so standen oder hüpften die Gäste vor der Toilette rum, weil sie reinwollten bzw. mussten.

Wenn die Kiffer dann genügend gekifft hatten, wollten die einen pennen (natürlich im Schlafzimmer), die anderen fressen, und sie machten sich über meinen Kühlschrank her. Und hatten sie dann genügend gefressen wollten sie saufen. Das allerdings vertrug sich nicht immer miteinander und einige mussten dann kotzen. Dadurch war die Party dann natürlich geschmissen.

In Marokko sei Marihuana legal, hieß es damals, hier sei es gesellschaftlich nicht anerkannt, und zwar wegen der staatlichen Alkohol-Protektion. Was ist nun los mit Haschich/Marihuana? Siehe Kasten Cannabis.

Ist die Freigabe aller Drogen ein Mittel, die Sache in den Griff zu bekommen? Damals hätte ich wohl dieser These zugestimmt, heute bin ich nicht mehr so sicher.

Ich habe Leute kennengelernt, die sich als Kiffer in der Psychiatrie mit den Leuten trafen, die durch einen Delirium in eine Psychose getrieben worden waren.

“Delirium (lat.) (delirantes Syndrom) schwere Bewusstseinseintrübung, die sich in Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, optische Halluzinationen, ängstliche Erregung und Verwirrtheit (Desorientiertheit) mit Bewegungsunruhe äußert. Delirien können bei akuter Vergiftung (z.B. mit Alkohol), bei verschiedenen schweren Krankheiten (z.B. Hirnhautentzündung) auftreten. Eine Sonderform ist das Delirium tremens (Alkoholdelir, Säuferwahn), bei chronischem Alkoholismus aber auch durch erzwungene Alkoholabstinenz (Entziehungsdelir) ausgelöste akute Alkoholpsychose” (Meyers Taschenbuchlexicon in 24 Bänden)
Zu 3: Abhängigmachende Stoffe
Da ich mich mit der Materie nicht ausreichend auskenne, habe ich Informationen aus dem Internet verwendet und hier zusammengefasst.

“Ein Ergebnis unserer Drogenpolitik ist es, dass es vielen Leuten nicht möglich ist, die verschiedenen Drogen voneinander abzugrenzen. Alle Drogen werden gemeinsam in einen großen Topf geworfen und als gefährlich und schlecht bezeichnet. Das birgt aber große Gefahren in sich - hier soll deswegen ein kleiner Überblick über die illegalen Drogen gegeben werden.
 
3.1. Cannbis: Haschisch und Marihuana
Diese Droge wird aus den weiblichen Hanfpflanzen gewonnen und ist die am weitesten verbreitete illegale Droge. Das Harz der Pflanze bildet gepreßt das Haschisch, Marihuana besteht dagegen aus den Blüten und ist deshalb weniger potent. Cannabis wird geraucht oder gegessen und führt zu einem leichten, angenehmen Rausch. Die oft behaupteten Halluzinationen treten auch bei starkem Konsum normalerweise nicht auf. Haschisch macht nicht körperlich süchtig und verursacht, außer beim Rauchen in der Lunge, keine körperlichen Schäden. Jedoch kann es zu einer psychischen Abhängigkeit kommen.
 
3.2. Amphetamine
Amphetamine sind Aufputschmittel, die meist ähnlich wie das körpereigene Hormon Adrenalin wirken. Auf dem Markt sind inzwischen zahlreiche Abkömmlinge erhältlich. Der bekannteste ist die synthetisch hergestellte Designerdroge MDMA, das auch als Ecstasy oder XTC bekannt und vor allen in der Technoszene sehr verbreitet ist. Es gibt einem die Energie, eine ganze Nacht lang durchzutanzen. ebenfalls dort häufig benutzt wird Speed, welches im Gegensatz zu Ecstasy nicht als Pille geschluckt wird, sondern meistens als Pulver geschnupft wird und deshalb einen direkten Leistungschub gibt.

Als Nebenwirkung tritt Appetitlosigkeit auf und wenn man den Drang sich zu bewegen nicht nachgibt, reibt man sich nervös die Finger und knirscht mit den Zähnen. Bei ständigem Gebrauch kommt es zu paranoiden Schüben und unkontrollierten Gefühlsausbrüchen. Außerdem besteht die Gefahr, seinen Körper im Tanzrausch zu überanstrengen, was zu Kreislaufzusammenbrüchen führt.
 
3.3. Halluzinogene
Halluzinogene wirken direkt auf Rezeptoren im Gehirn, so daß das logische Folgern geschwächt und Assoziationen verstärkt werden. Als Resultat fangen statische Objekte sich an zu bewegen, man sieht Töne und hört Farben. Die Reize der Außenwelt werden anders verarbeitet.

Das bekannteste und vor allem in der Hippie-Ära beliebteste Halluzinogen ist LSD (lysergsäurediäthylamid), welches 1938 von Schweizer Sandoz-Chemiker Albert Hofman entdeckt wurde und ursprünglich für die Therapie von psychisch Kranken gedacht war. Es wirkt etwa 8-10 Stunden. Neben diesem synthetisch hergestelltem Halluzinogen gibt es noch zahlreiche natürliche. Von Indianern in Mexiko wurden zum Beispiel psilocybin-haltige Pilze für religiöse Rituale verwendet, welche sich von der Wirkung zu LSD nur wenig unterscheiden. Halluzinogene sind weder unmittelbar körperlich schädlich, noch machen sie körperlich abhängig. Wenn ein paar
wichtige Regeln bei der Einnahme eingehalten werden, ist die Gefahr einer negativen Erfahrung gering. Wer die Droge jedoch leichtsinnig nimmt, oder auf dem Schwarzmarkt schlechte Qualität erwischt hat, riskiert viel. Außerdem können latent vorhandene Geisteskrankheiten ausbrechen.
 
3.4. Kokain
Die Modedroge Kokain, gewonnen aus den Blättern des Kokastrauches, euphorisiert und enthemmt. Das weiße Pulver wird über die Nase eingesogen oder (seltener) in Wasser aufgelöst und injiziert. Es macht einen klaren Kopf und vermag die Leistungsfähigkeit zu steigern. Es kann jedoch auch Depressionen und Verfolgungswahn hervorrufen, außerdem macht es körperlich abhängig. Eine Überdosierung führt zu herzversagen, vom jahrelangen Sniefen bilden sich in den Nasen der Kokser oft Geschwüre, die Schleimhaut ist zerfressen.

Mit Backpulver aufgekocht, verwandelt sich das Kokain in die extrem süchtig machende Droge Crack. Crack wird geraucht, nicht geschnüffelt. Es wirkt nur kurze Zeit. Weil Crack noch stärker enthemmt als Kokain, kann der Konsum zu Gewalttätigkeiten führen.
 
3.5. Opiate
Aus dem getrockneten, gekochten und eingedickten Saft der Fruchtkapseln des Schlafmohns wird Rohopium gewonnen, aus dem Chemiker 1803 das schmerz- und Narkosemittel Morphium isolierten. 1889 stellten Bayer-Forscher aus Opium die spätere Fixer-Droge Heroin her: ein weißes kristallenes Pulver, geruchfrei, bitter im Geschmack und wasserlöslich. Nach mehrfacher Einnahme tritt Sucht ein. Unmittelbar nach der Injektion kommt es zu einer Gefühlsaufwallung, die von Fixern als Orgasmus des gesamten Körpers und Geistes beschrieben wird. Ein Schuß hält höchstens vier Stunden lang. Dann quälen den Junkie körperliche Entzugserscheinungen wie Zittern, Krämpfe und Schmerzen.”
 
4. Schlussfolgerungen
Menschen möchten sich das Leben genussvoll gestalten. Viele Dinge, die Menschen etwas wert sind, können zu Suchterscheinungen führen. Es wird von Arbeitssucht, Sexsucht, von Spielsucht usw. gesprochen, es wird von suchtkranken Menschen gesprochen, die nach Genussmitteln süchtig sind, von Apfelplätzchen über Schokolade bis Zimtgebäck. Das alles belegt, dass es entweder Dispositionen zur Sucht gibt oder/und gesellschaftliche Strukturen, die Suchtkrankheiten fördern.

Darüberhinaus gibt es noch Stoffe, die in das Gehirn eingreifen und dort irrationale Zustände erzeugen. Diese werden zwar einerseits als lustvoll empfunden, andererseits verbergen sich hier viele Gefahren bis hin zur Lebensgefahr, entweder langfristig oder sogar ganz kurzfristig. Wenn es sich vemeiden lässt, sollten wir uns von ihnen fernhalten. Interessant ist für mich, dass die modernen Drogen ursprünglich aus der chemischen Industrie stammen und nicht aus einem schmutzigen Hinterhauskeller. Sehr interessant ist auch, dass auch Staaten sich nicht scheuen und scheuten, wenn es ihren Interessen nutzt, auf Drogen zurückzugreifen und ihre Bevölkerungen sowie die Bevölkerungen anderer Staaten zu gefährden.

Angesichts dieser Vorgänge ist es einfach doppelmoralisch, wenn die gleichen Staaten ihren Bevölkerungen verbieten, sich selbst für oder gegen Drogen zu entscheiden. Es wäre sicherlich besser, wenn die Leute mit den Genüssen zurechtkämen, die das Leben bietet, ohne dass es zu einer Sucht kommt: Freude empfinden ohne chemische Stimulanzien zu benutzen, Genüsse aus dem zu ziehen, was der uns der Körper ohnehin an Freuden gewährt. Aber die Gesllschaft, das Leben in der Gesellschaft und die Zustände in der Wirtschaft scheinen andere Schlüsselstellungen angelegt zu haben.
 
Der direkte Weg zum zufriedenen Leben wird zunehmend verbaut, damit wir irgendetwas kaufen, was dann doch mehr Verdruss als Genuss schafft, damit man immer wieder kaufen muss. Der Widerstand gegen diese gesellschaftlichen Vorgaben zeigt sich daher nicht darin, eine verbotene Droge zu nehmen, sondern darin, auf solche Anreize nicht nur bei den verbotenen Drogen, sondern bei allen Suchtmitteln zu verzichten. Sie bieten uns nichts, was wir uns nicht auch selbst gegenseitig bieten könnten. Der Widerstand gegen gesellschaftliche Zwänge besteht wohl darin, sich Strukturen zu schaffen, in denen man sich selbst und seine Mitmenschen genießen kann, ohne dafür irgendwelchen Nutznießern wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Tribut zu zollen.

Was den Staat als Interessensvertreter der Gesellschaft angeht, den wir im begrenzten Maße mit beeinflussen können: um selbst Einfluss nehmen zu können, müsste er den mafiosen Strukturen die Grundlagen entziehen, zumindest bei solchen Stoffen, die nachweislich wenig oder keine Schäden verursachen. Die Forderung nach der Legalisierung von Cannabis leuchtet mir ein. Die Forderung nach der Freigabe der anderen Drogen scheint mir zu einfach zu sein und die Probleme für die Menschen in unserer Gesellschaft eher noch zu vergrößern. Natürlich ist die Eigenverantwortung des mündigen Bürgers ein wichtiges Gut, aber bei der Forderung nach Freigabe der sogenannten harten Drogen zögere ich, dies aus den angegebenen Gründen hier auch zu unterstützen.

Natürlich ist es so, dass der Staat auf Vertriebswege und im begrenzten Umfang auf die Verbraucher-Kultur Einfluss nehmen kann, was in der illegalen Szene weniger möglich ist, von der Abbau des Mafia-Einflusses ganz zu schweigen. Aber die Zulassung harter Drogen würde uns sicherlich weitere menschliche und auch wirtschaftliche Probleme bringen.

Dort, wo wir es in unserer Szene beeinflussen können, sollten wir versuchen, darauf hinzuarbeiten, dass niemand unbedingt solche Mittel braucht. (Joachim Schönert)
 
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