110. Print-Ausgabe, Frühlings-LUST 2012
 
Über das Fehlen staatlicher Ordnung
Wenn der Staat in die Betten seiner Bürger schaut, wenn er seine uns ideologisch bevormunden will, wenn er die „Kleinen“ zur Kasse ruft um die „Großen“ zu unterstützen, lieben wir ihn nicht. Wenn er Hilfen für die „Kleinen“ verweigert, kritisieren wir dies, als ob der Staat für die Einwohner da wäre, die die Hilfe des Staates benötigen.
 
Der Staat ist, um es möglichst sachlich auszudrücken, der Verwaltungsapparat über ein begrenztes Gebiet der Erdoberläche.

Wenn die staatliche Ordnung einem Teil der Bevölkerung Vorteile bringt, einem anderen Teil eher Nachteile, kann man sagen, dass er sein Verwal-tungsgebiet zugunsten der einen und zum Nachteil der anderen verwaltet. Dies ist, wenn man die Analyse von Marx für richtig hält, in der Geschichte immer der Fall gewesen.

Die verschiedenen sozialen Gruppierungen einer Gesellschaft nannte er Klassen, Marx kam zu dem Schluss, dass der Staat nicht für alle Einwohner eines Landes vorteilhaft verwaltet, sondern zugunsten der je-weils herrschenden Klasse und zum Nachteil der unterlegenen Klasse.

Wo der Staat neben sich größeren Spielraum lässt, entstehen auch außerstaatliche Machtapparate, die ebenfalls in der Lage wären, ein Land zu verwalten, zum Beispiel große Wirtshaftsunternehmen oder starke religiöse Organisationen. Manchmal konkurrieren sie mit dem Staat und lassen sich auf ddie machtfrage ein, manchmal aber dirchdringen sie sich gegenseit, der Staat und die Kirchen bzw. die großen Wirtschaftskonzerne.

Wo ein Staat auch die ideologische Führerschaft beansprucht, also eine religionsähnliche Staatsideologie verkündet, oder wo er alle Bereiche der Wirtschaft kontrolliert bzw. lenkt, bevormundet er die Menschen so sehr, dass er immer größeren Schichten lästig wird.

Wer also mit seinem politischen Konzept den Staat als den eigentlichen Feind der Menschen ansieht und ihn erfolgreich bekämpfen könnte, der bekäme es dann mit ganz anderen Gegnern zu tun: mächtige Religi-onsgruppen, große Wirtschaftskonzerne und von ausländischen Organisationen oder Regierungen kontrolierte Gruppen, Mafia-Organisationen usw. Das heißt aber nicht, dass der Staat der Garant gegen solche machtgierige Organisationen ist, er kann auch in derem Auftrag tätig sein.

Der Staat, also der Verwaltungsapparat eines Landes, bestehend aus den Beamten auf vielerlei Ebenen, der Polizei, den Gerichten und Staatsanwaltschaften, den Geheimdiensten, dem Militär usw. existiert auch ohne Regierung. Und eine Regierung hat keine Macht, wenn der Staat die Anweisungen der Regierung nicht ausführt.

Er ist immer in Gefahr, korrupt zu werden, und unter der Korruption bilden sich schon wie-der Gegenmächte, die ihrerseits möglichst bestimmend sein wollen. Diese werden oft Mafia genannt.

Die Regierung, die meistens auch durch Wahlen an die ihre Aufgaben zugewiesen bekommt, ist die jeweilige Führung de Staates. Am gängigsten sind es die Parteien, die sich bemühen, den Staat unter ihre Kontrolle zu bringen. das gelingt ihnen, indem sie ihre Kandidaten zur Wahl stellen.

Was haben wir am Staat der Bundesrepublik Deutschland zu kritisieren?
Zum Beispiel, dass sich das gesamte Gesundheitswesen zunehmend nach dem marktwirtschaftlichen Gewinnstreben umwandelt, ist eine Entwicklung, die man nur mit großem Misstrauen sehen kann. Gesund ist, was eine gesunde Rendite einbringt? So kommt es vor dass städtischen Kliniken an große Krankenhauskon-zerne verkauft werden, die nicht darauf achten, sondern wie die Kosten minimiert werden und die Gewinne gesteigert werden können.
Manche Leute zu retten beziehungsweise ihnen ihre Lebensqualität zu erhalten ist dann einfach zu kostspielig. Anderer-seits ist es auch nicht gut, wenn alle gesund sind? Das bringt auch keinen Gewinn?

Dass die Kontollen der Zulie-ferer der Medizinartikel immer weiter zurückgehen, führt eben zu Verbrechen, die sich lohnen. So kann es eben passieren, dass zum Beispiel Brustimplan-tate zum Nachteil der Transsexuellen oder der Frauen, die gerne größere Brüste hätten, aus billigeren aber gefährlicheren Stoffen bestehen, was zu Krankheit und Tod führt, aber gewinnbringend ist, weil man die teuren Produkte frech in Rechnung stellen kann? Das ist die Folge des Gewinnstrebens im Gesundheitswesen.

Welche gesellschaftliche Instanz wäre in der Lage, Unternehmer zu zwingen, sich an Gesetze zu halten, auch wenn diese Gesetze den Gewinn etwas schmälern, weil sonst für Mitmenschen großer Schaden entsteht?

Der Staat mit seinen Organen könnte dies, doch tut er das nicht immer. Hat Marx vielleicht doch recht, mit der Auffassung, dass das herrschende Recht der Recht der (wirtschaftlich) Herrschenden ist, die herrschende Ordnug und Moral eben die Ordnung und (doppel)Moral der Herrschenden? usw?

Also wenn der Staat und dessen Regierung im Grunde tatsächlich für das Volk da sein könnte, Schaden von ihm wenden usw: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“ (Der Amtseid)

Naja, das Volk das ist ja so eines, denn es setzt sich aus ganz unterschiedlichen Interes-sensgruppen zusammen, sodass man wohl machen kann, was man will, es dient (und schadet) irgendwie immer dem Volk, je nach dem, was man jeweils als das deutsche Volk definiert. Näheres darüber steht wohl im Staatsbürgerrecht, denn nicht jeder Mensch, der in Deutschland wohnt, ist deutscher Staatsbürger und gehört damit auch zum deutschen Volk. Da können sich die Parteien trefflich drüber streiten, denn was ist mit den Menschen oft schon in der 4. Genetarion, die alle in Deutschland geboren sind und dennoch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben? Muss die deutsche Regierung auch Schaden von ihnen nehmen usw.?

Im Tausendjährigen Reich, das 12 Jahre gedauert hat, dann war Deutschland kaputt und viele Nachbarstaaten waren es auch, da hatte man ja solche Definitionen, wer in den Deutschen Volkskörper passte und wer nicht. Da gibt es ja viele Gründe, mit denen man Menschen 3. oder 4. Klasse bilden kann, zum Beispiel aus rassistischen, aus religiösen, aus politischen, aus sexuellen usw. Gründen.

Ist das ein Grund, warum der Staat bei uns blad und im Moment schon in Griechenland den kleinen Leuten nimmt und den Banken siwie den reichen Leuten gibt? Die kleinen Leute gehören einfach nicht zum deutschen Volk? Das Volk wird durch die reichen Leute repräsentiert?

Wo ist denn der Staat, wenn Menschcen in den Krieg geschickt werden und dort müssen sie für irgendwelche Ziele ihr Leben einsetzen und verlieren, wo er sich doch dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden soll? Zumindst die Führung des Staates, die Regierung?

Wo ist denn der Staat, wenn ganze Teile der arbeitenden Bevölkerung schrittweise verarmen, wenn die Gehälter und die Renten schrumpfen und die Abgaben und Preise steigen? Dafür ist er nicht da? Für unsere Gesundheit auch nicht? Was bleibt denn dann noch von seinem Nutzen? Dass wir frei sind und nicht machen können, was wir wollen, weil es immer irgendwelche Barrieren gibt, die und daran hindern oder die Hand aufhalten und so viel Geld von uns verlangen, wie wir gar nicht haben, sondern nur andere? Und dass wir uns infolgedessen „frei entscheiden“, das eine oder andere dann doch nicht zu wollen, das ist dann unser eigener freie Wille zu dem wir uns frei entschieden haben? Nicht mal eine lächerlich niedrige Finanztransak-tionssteuer bekommt dieser Staat hin.

Also fassen wir zusammen: ein Staat, der eine ganz bestimmte Ordnung garantiert, die den einen nutzt und den anderen schadet, ist ja eigentlichlich nur dann gut, wenn er mir nutzt und meinen Gegnern schadet.

Dumm ist, das ich nicht so sehr über die Vorraussetzungen verfüge, dass er mir mehr nutzt als denen, über die ich mich ständig ärgere. Sollte daher der Staat abgeschafft werden und alle machen, was schon vernünftig ist?

Was für die einen vernünftig ist, schadet aber anderen. Könnte es eine Obrigkeit geben, die sehr gerecht ist und allen, besonders mir, nutzt und allen anderen schadet, die mir kleine Vorteile missgönnen? Wäre diese Ggerechtigkeit vielleicht dadurch zu erreichen, dass irgendeine Religion oder Kirche das Volk regieren würde?

Geht nicht, denn ich bin überhaupt nicht religiös. Und wäre ich es, wüsste ich doch, was in Mitteleuropa im Kirchendominierten Heiligen römischen Reich los war, in Süd-westchina unter der Macht des Dalai Lhama und seiner Mönchspolizisten oder heutzutage im Iran. Das ist dann wohl doch nichts.

Und wie wäre es, wenn der ganze Staat einem Konzern statt einer gewählten Regierung gehören würde, also vollkommen privatisiert wäre? Dann wäre nur das von Bedeutung, was den Aktionären dieses Konzerns Gewinne bringen würde, alles andere wäre völlig bedeutungslos.
 
Der US-Präsident Bush Junior meinte, dass der Staat sich nur um die innere und äußere Sicherheit zu kümmern hätte, alles andere könne der Markt regeln. Na das bisschen könnten doch auch bezahlte Söldnertruppen und die Werkspolizei verrichten. dazu bräuchte man doch keinen gewählten Staat. Und die würden dafür sorgen, dass auch die Nachbarstaaten unserem Konzern offenstehen würden, damit die Geschäfte völlig unbehindert vor sich gehen könnten.

Irgendwie will mir das aber auch nicht gefallen. Vielleicht setze ich einfach die Segel und entere erst mal die Politik?
 
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