108. Print-Ausgabe, Herbst-LUST 2011
 
„Make Love not War!“
Wo ist unser Pazifimus geblieben? Wie werden Auseinandersetzungen ausgetragen? Ist ein Leben ohne Kriegsvorbereitung und Krieg denkbar? Ist denn nicht klar, dass eine Gesellschaft in Gewaltkonflikten zu allem missbraucht werden kann? Sind denn die Mitmenschen plötzlich zu Feinden verwandelbar?
 
Die Hippies wurden sie genannt oder Blumenkinder, Flower-Power stand auf ihren Transparenten. Es waren solche jungen Leute, die nicht an Krieg und Soldatentum interessiert waren, die sich nicht vollsoffen, sondern wohl eher bekifften, auf jeden Fall viel von freiem Sex hielten.
Sie liefen lieber spärlich bekleidet bis nackt herum anstatt in Uniformen. Und wenn die US-Nationalgarde aufmarschierte, steckten sie den Soldaten Blumen in die Mündungen der vorgehaltenen Gewehre.

Wikipedia schreibt: "Als Hippies (abgeleitet von englisch hip „angesagt“) bezeichnet man Personen der gegenkulturellen Jugendbewegung, die in den 1960er Jahren entstand und sich an den Lebensstil der Hipster der 1950er Jahre anlehnte. Ein Teil der ursprünglichen Hippies trugen ihre Kultur 1967 symbolisch zu Grabe, als die Hippiekultur mit dem Summer of Love von der Nischen- zur Massenkultur wurde und eine dominante Jugendkultur blieb, bis sie in den späten 1970er Jahren von Punk, Metal und Hip-Hop abgelöst wurde. Der Autor Barry Miles sieht den Kern der Hippiezeit in den Jahren von 1965 bis 1971. In den 1980er Jahren ging die Hippiekultur in den alternativen Bewegungen auf und beeinflusste auch neue Subkulturen und Szenen. Besonders hervorzuheben unter den modernen Ausläufern der Hippiekultur sind die „Rainbow-Gathering-Bewegung“ und die Goa- oder „Hippietranceszene“."

Die von San Francisco ausgehende Hippiebewegung stellte die ihrer Meinung nach sinnentleerten Wohlstandsideale der Mittelschicht in Frage und propagierte eine von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung. Im Vergleich zur 68er-Bewegung und den Gammlern dominierten dabei stärker gemeinschaftliche (Selbstverwirklichung) als gesellschaftspolitische Konzepte, teilweise überschnitten sich die Ideale der Bewegungen. „Denn anders als die Gammler wollten sie nicht nur dem Leistungsdruck der Gesellschaft entfliehen, sondern zugleich neue, menschlichere Lebensweisen und Umgangsformen finden.“ Die Idee von einem humaneren und friedlicheren Leben wurde mit dem – oft synonym zur Hippiebewegung verwendeten – Schlagwort Flower-Power (englisch für „Blumenmacht“) belegt, das 1965 vom US-amerikanischen Dichter Allen Ginsberg geprägt wurde. Diese Ideale wurden versuchsweise in neuartigen, oft ländlichen Kommunen umgesetzt.

Die an Henry David Thoreau geschulte Naturverbundenheit und die Konsumkritik der Hippies führte zur Herausbildung einer eigenen Gegenkultur, die sich den bestehenden gesellschaftlichen und politischen Normen und Werten verweigerte und entsprechende Ansätze der Beat Generation (seit den 1940er Jahren), William S. Burroughs, Neal Cassady, Charles Plymell, Jack Kerouac, Allen Ginsberg unter anderem weiterführte. „...im Nonkonformismus der Beat Generation der 1940er Jahre, werden die wesentlichen Aspekte der Hippie-Bewegung thematisiert: die Friedensbewegung, freie Liebe, Drogenkonsum, fernöstliche Religionen (...).“

Gerade in der Spätphase sind die Grenzen zum New Age fließend. Insoweit handelt es sich bei Teilen der Hippiebewegung um ein Übergangsphänomen von den rationalistischen Fortschrittserzählungen der Moderne (zum Beispiel: 68er-Bewegung, Sozialismus) hin zur Neomystik der Postmoderne (unter anderem: New Age, Neuheidentum).

Die Hippiebewegung fand ihren gesellschaftspolitischen Höhepunkt in der Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg und prägte um 1967 das Motto Make love, not war. „Seit ihrem Auftauchen sind die klassischen jugendlichen Subkulturen im Guten wie im Schlechten stets Vorboten sozialer und gesellschaftlicher Umbrüche gewesen.“

Hippies wurden von konservativen Kreisen und dem Mainstream als Arbeitsscheue, Gammler, Chaoten und Langhaarige diffamiert. Sie wurden als Aussteiger betrachtet, die sich dem Leistungsprinzip und den bürgerlichen Konventionen und Moralvorstellungen nicht unterwarfen, sondern entzogen, in Kommunen auf Ibiza, in Indien (Goa), Marokko oder auf den griechischen Inseln. Ihnen wurden häufig, im abwertenden Sinne, pauschal politische Bestrebungen wie Sozialismus, Anarchismus oder Kommunismus unterstellt, obwohl es durchaus anarchistische Tendenzen innerhalb der Hippiebewegung und der Gegenkultur gab, jedoch keine Staatskommu-nistischen oder -sozialistischen Interessen und Ideologien. „Das Ziel der Hippies war eine antiautoritäre und enthierarchisierte Welt- und Wertordnung ohne Klassenunterschiede, Leis-tungsnormen, Unterdrückung, Grausamkeit und Kriege“ (Walter Hollstein, Die Gegengesellschaft. Seite 50).

Es war der Viertnamkrig, der uns junge 68er in der Bundesrepublik in den späten 60 Jahren in Hinblick auf die imperialistische Inbesitznahme aufmerksam machte.

In Folge davon interessierten wir uns auch für imperialistische Kriege in Afrika, den Kongokrieg zum Beispiel mit der Ermordung von Patrice Lumumba usw. Den Staatsstreich von Suharto gegen Sukarno in Indonesien, wobei hundertausende linksgerichtete Indonesier ermordet wurde und die an die USA angelehnte rechtsgerichtete Militärdiktatur unter Suharto installiert wurde, um nur einige wenige internationale Ereignisse zu benennen, die uns aufregten. Uns interessierte auch das Appartheitsregime in Südafrika und die Vetreibung von Palästinensern im Zusammenhang mit der Konsolidierung der an die USA und die Bun-desrepublik angelehnte prowestliche Militärmacht Israel.

Immer war die Bundesrepublik die alle die von uns als ungerecht empfundene rechtsgerichteten Kräfte Ereignisse und Kräfte unterstützte. Dann der Militärputsch gegen die Regierung Alliende in Chile usw. Unser Verhältnis zu den USA hatte sich zunehmend verschlechtert, besonders dann durch die Vorfälle in Berkely.

Beim Kent-State-Massaker (Englisch Kent State Shootings, Kent State Massacre) wurden am 4. Mai 1970 an der Kent State University in den USA vier Studenten erschossen und neun teils schwer verletzt, als die Nationalgarde während einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg das Feuer auf die Menge unbewaffneter Demonstranten eröffnete.

Die ständige Forderung der Unionsparteien nach dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren lässt doch viele der damals lebenden Menschen ab Berkeley denken.

Es ging uns auch darum, gegen den Militarismus überhaupt zu sein alleine auch wegen seiner Auswirkung auf die Bevölkerung: zum Beispiel, dass er irgendwie normal sei, Soldat zu sein. So gehörte das Verweigern in der deutschen Jugendbewegung schlicht zum guten Ton.

Was aber die überzeugendsten Argumente waren, die auf eine ganze Generation Einfluss bekamen, war die sexuelle Befreiung vom Muff der religionsgeprägten konservativen Sexualmoral. Endlich roch man Morgenluft, alle wollten endlich sexuell frei sein.

Die sexuelle Unfriehieit war ja überall spürbar, von der in den Medien verkündeten spießigen Moral, über die bewusste Einschränkung von Möglichkeiten zu sexuellen Begegnungen bis hin von Strafgesetzen wie z.B. den Kuppeleiparagraphen bis zum § 175 StGB gegen männliche homosexuelle Handlungen, die generell verboten waren. Übrigens, Pornographie war in Deutschland ebenfalls generell verboten, was dazu führte, dass schon ein Pepp Erotik so manche Literatur verboten wurde, wie auch seriöse Aufkärungsbücher und sogenannte Hygieneartikel.
Wie wir heute wissen, haben die meisten Jugendlichen von den sexuellen Freiheiten, die sie als Befreiung der Möglichkeiten erkämpft hatten, gar nicht so intensiv Gebrauch machten, wie es schon damals und auch noch heute lüsternd erzählt wurde und wird.

Parallel zu der sexuellen Befreiung ging das Erpoben von Beziehungsformen und Wohnformen vor sich, und ich glaube, dass ein beträchlicher Teil von Hausbesetzungen bzw. „In-standbetzungen“ von Innenstadt-Großwohnungen auch damit zu tun hatte, sich die Möglich zu verschaffen, in anderen Formen als in der tradionellen monogamen Ehe zusammenzuleben. Es war damals ja auch so, dass unverheiratete Paare nicht zusammen eine kleine Wohnung bekamen.

Durch die zusammenfallenden Ereignisse war damals ja klar, dass lustvolles sexuelles Leben, die Freiheit der Beziehungsformsuche und der PartnerInnensuche, die Protestaktionen gegen Ausbeutung, Militarismus, neokoloniale Kriege wie den Vietnamkrieg usw., heute wieder „imperialistische Kriege genannt, zusammengehörte.

Und auch wenn dies viele heterosexuelle Protestierende so nicht sahen, die damals entstehende studentische Schwulenbewegung gehörte damals ebenfalls dazu.

Rund um die politischen Ereignisse entstanden zahlreiche kulturelle Initiativen und Ereignisse. in Deutschland war das „Woodstock“ vielleicht „Rock gegen rechts“ in Frankfurt, zumindest für mich bzw. uns, also auch Renate und unsere damligen schwulen und lesbischen FreundIn-nen, also die damalige Gruppe ROSA LÜSTE.

Wickipedia schreibt darüber: „Das erste Rock-gegen-Rechts-Festival fand am 16. Juni 1979 in Frankfurt am Main auf dem Reb-stockgelände statt. Es war eine Antwort auf ein „Deutschlandtref-fen“ der NPD, das an diesem Tag in Frankfurt stattfinden sollte und bei dem ein Jahr zuvor 3.000 Nationalisten durch die Frankfurter Innenstadt marschierten. Inspiriert wurde es durch Rock Against Racism im Vereinigten Königreich.

Einer der bekanntesten Künstler damals war Udo Lindenberg, der auch später mit seiner Initiative Rock gegen rechte Gewalt in diesem Bereich aktiv blieb. Das Festival wurde unter Auflagen erlaubt, eine Demonstration zu der auch der DGB aufgerufen hatte, wurde verboten. 40.000 Demonstranten setzten sich über das Verbot hinweg, worauf die Demonstration dann von der Polizei geduldet wurde und dann tatsächlich ohne Zwischenfälle verlief.

Das zweite Rock gegen Rechts-Festival fand am 16./17. Juni 1980 in Frankfurt wieder auf dem Reb-stockgelände statt. Zeitgleich kam es zu einer Hausbesetzung, und um darüber zu informieren, wurde gegen den Widerstand des Veranstalters vorübergehend die Bühne von den Besetzern gestürmt.“

Es stimmt schon, dass dieses Rock gegen Rechts unser Woodstock war. Wir hatten einige Zelte dabei, dort trafen sich nicht nur die FreundInnen unserer Lesben- und Schwulengruppe, sondern auch andere Leute, die mit uns etwas anfangen konnten. Die Menschcen um uns herum, die auch mit Zelten oder mit Decken und Schlafsäcken die Wiese bevölkerten, waren grundsätzlich sehr lieb.

Wenn man sich unterhielt und es gefiel uns, was gesagt wurde, umarmten wir uns einfach und küssten uns. Auch Fremde kamen immer mal in unsere Zelte und während andere Diskutierten trieben wir es lustig und bunt miteinander.Udo Lindenberg brachte das Gespräch auch auf die von Nazis verfolgten Schwulen. Lei-der gab es viele Leute, die etwas dagegen hatten.

Beim 2. Rock gegen Rechts cführten wir auch ein Theaterstück auf. Das ware nicht besonders gut und gekonnt gemacht, aber wir wollten zeigen, dass Schwule auch zu den Opfern der Nazis in der Nazizeit gehörten. Naja, wir schobens auf die schlechte Qualität unserer Darbietung. Dennoch, das war unser großartiges Woodstock.

Die Liedermacher waren unsere neuen Stichwortgeber und Werteverkünder. Und das waren Degenhard, Hüsch, Süverkrüp, Wecker, Long, Heller, Danzer, aber auch der damalige Biermann, Neuss, Schwendter sowie mit Rock Floh de Kologne und Ton - Steine - Scherben. Zur Unterhaltung noch Insterburg & Co. sowie Schobert und Black. Später kam dann noch alles von Tucholski und Brecht dazu.
 
Pazifismus
Selbstverständlich waren wir Pazifisten, nämlich schon deshalb, weil wir es scheußlich fanden, wie junge Männer gedrillt und zu Soldaten gemacht werden, oft noch politisch rechts beeinflusst und gerne Macker und Helden werden statt ihre Sensibilität zu erproben, zärlich miteinan-der und ihren Mitmenschen umgehen wollen, Verständnis und Mitgefühl für sie haben wollen statt mit ihnen zu konkurrieren usw.

So war unser Menschenbild, und da passten Kriege schon gar nicht hinein. Das hieß aber nicht, dass wir uns alles gefallen ließen, wir lernten schon und erwrteten dies auch von anderen, für unsere Interessen einzutreten, für unsere Ansichten zu werben, Mitmenschlichkeit zu erleben und zu gewähren usw.

Ich selber hatte ja Erfahrung mit der Bundswehr, hatte mich sogar zu 3 Jahren verpflichtet und wusste also, wovon ich sprach. Militär ist eine Welt, die mir gerade dort absolut fremd wurde.
Als 68er später, ich hatte im Abendgymnasium mein Abitur gemacht und studierte, lernte ich andere Menschen kennen beziehungsweise menschliche Menschen, die ebenfalls ein anderes Menschcenbild hatten.

Heut muss ich feststellen, dass es solche Menschcen kaum mehr gibt. Mache ich die Glotze an, geht es um Krieg und Heldentum, um das Bekämpfen von Andersartigen, also auch mich, wenn sie wüssten, dass dieser alte Mann (also ich) solche Gesinnung haben.

Theoretisch kann ich natürlich nicht gegen solchte Thesen anstinken, dass bei einem Angriff auf uns und unsere Lebensart wir über keine Waffen und Übung verfügen würden und so die militaristichsten Menschen letzt-lich die Oberhand bekommen würden, denn dies sind solche Totschlagargumente, mit denen das derzeitige Leben schon in Situationen gebracht wird, als sei man schon von Bewaffneten erobert worden, und wie es scheint, sind wir das ja schon von Geburt an. Offensichtlich „gehören“ wir schon so manchewn Leuten und Institutionen, wenn wir geboren werden.
 
Sexuelle Befreiung
Darum ging es wirklich. Mir gings um das Abschütteln der religiös indoktrinierten Schuldgefühle. Und das war gar nicht so einfach, weil es ein langer Prozess war, bis ich mich davon schrittweise befreien konnte.

Viele erprobten sich unbekümmert miteinander, es ging ja nicht darum, den Menschen fürs Leben zu entdecken, sondern Gefühle mit Mitmenschen zu entdecken, erforschen und zu erleben.
Wenn ich heute frühere Texte, Bucher und Bilder sehe, wundere ich mich, welche Freiheiten wir uns unbekümmert rausgenommen haben.

Und ich weiß, dies und das dürftest Du heute nicht mehr sagen, schreiben abbilden oder jemanden zeigen. Trotz aller gesetzlicher Freiheit haben sich die Zeiten doch wieder sehr geändert. Und der berechtigte sexuelle Kinderschutz, was wir damals übersehen hatten, eignet sich heutzutage, als Normierungsmittel gegenüber freizügigen Menschen auch unter Jugendlichen und Erwachsenen funktionalisiert zu werden.

Sex war für uns ein lustvolles Element der Befreiung und nicht ein Problem sein, wie es heutzutage gesehen wird. Sexuelle Kontakte werden wieder problemisiert und werden dann auch problematisch, weil man eines machte (Sex) um anderes zu erreichen (Beziehung, Karriere, Geldverdienen, persönliches Fortkommen usw.).

Eine Zeitlang haben wir nicht auf Geschlecht oder Alter geachtet, sondern einfach mit anregenden Mitmenschen, die das auch wollten was wir wollten, Sex gehabt. Beziehunsloser freigiebiger Sex entlastet auch von Beziehungsrücksichten und fühlt sich anders an als Beziehungssex, der sich anders anfühlt und anders zufriedenstellend ist. Diese Zeit des freien Auslebens war aber gar nicht so lange und auch nicht unbedingt so ergiebig.

Die sexuelle Befreiung hat nicht allen viel Sex gebracht, sondern nur einigen, die hach vorherrschenden Meinungen anziehend aussahen. Und dies ist der Grund, warum auch gleich die Kommerzialisierung der Sexualität stattfand und recht häufig die Pornos statt der freien Partner mit ins Bett kamen.
 
Beziehungsmodelle
Die monogame Zweierkiste stellte sich ja dann doch nach einigen anderen Erlebnissen wieder ein, weil die gesellschaftlichen Rahmenbe-dingungen nichts anderes zuließen. Aber zuerst einmal wollten wir anderes, und das hieß Kommune.

Kommune als Wohn- und Beziehungsform bedeutete das Zusammenleben, Zusammenlieben, Zusammenarbeiten und politisch zusammen Kämpfen von den Personen, einem ganzen Kreis von Frauen und Män-nern, die sich zusammengefunden haben. Diehe die in den Medien diskutierte K1 und diverse Stadt- und Landkommunen, die auch zusammen ihren Lebensunterhalt verdienten. Meines Wissen hat das nicht immer geklappt. Auf jeden Fall haben sich viele Leute an vielen Experimenten versucht. Die mesiten lebten aber weiterhin in monogamen Paarbe-ziehungen.
In der Schwulenbewegung kam das Beziehungsnetz in Mode, das aber nicht auf die eher heterosexuelle Kommunebewegung ausstrahlte. Die Kommune schien uns zu eng zu sein, unser Beziehungsnetz schien den Kommunarden meistens zu unverbindlich zu sein.
 
Wohnen
Die Zweizimmerwohnungen mit Wohn- und gemeinsamen Schlafzimmer für die Kleinfamilie, dann die Zreizimmerwohnung, wenn Kinder kamen, dieses Muster des Zusammenlebens empffanden wir als zu zwanghaft. das gemeinsame Schlafzimmer zwang zur gegenseitigen sozialen Kontrolle, man konnte weder einen anderen Partner (Partenrin) ungestört mit bringen noch war freizügige Selbstbefriedigung möglich usw. Da sollte schon jeder sein eigenes Zimmer als Rückzugsraum haben. Die Räume wurden damals eher spartanisch eingerichtet, denn die Wohnung war nicht zum Repräsentieren da, man wollte lieber außerhalb der Wohnung mit anderen Menschen zusammensein.

Man benötigte eigentlich keine Festung um Zurückziehen und die große Wohnküche in den WGs war immel voll von hier wohnenden und besuchenden Leuten, die WG war eher deutlich offen.
Und dann war man ja auch ständig mit anderen Leuten außerhalb der WG zusammen, um in Diskussionen zu lernen und um sich für das alles gemeinsam und gegenseitig zu informieren, was uns damals so alles wichtig war und was so alles zusammen gemacht wurde.
Lediglich das eigene Zimmer, um sich zurückzoiehen zu können, hatte einen Ansatz von Privatheit. An-sonsten glaubten wir ja, dass das Private politisch ist.
 
Arbeiten
Die Erwerbsarbeit natten wir damals entfremdete Arbeit. Man macht sie nicht, um etwas herzustellen zum Beispiel, sondern um sein Lebensunterhalt zu verdienen.

Man muss sich Menschen unterordnen, die weisungsbefugt waren und obt auch in unser eigenes Leben hineinregieren wollten. Man wurde mit KollegInnen zusammengesteckt, mit denen wir nicht immer was anfangen konnten. Man musste Arbeiten verrichten, die aus unserer Sicht recht oft keinen gesellschaftspolitischen Zweck erfüllen, sondern nur den Profit der Besitzer geschuldet waren.

Dies fanden wir schlecht und wollten es ändern. Bei den Gedanken, dies ändern zu wollen, entwickelten wir eigentlich keine eigenen Rezepte, sondern verließen uns zumeist auf sozialistishce Modelle, wie wir sie sahen und verstanden. Dazu standen uns eine ganze Reihe eher geschönter oder wahrer Berichte zu Verfügung. Wir dachten daran, dass die größeren notwendigen Konzerne verstaatlicht werden sollten und Teams bzw. Kollektive an die Stelle von Cheft eingesetzt werden sollten. Außerdem gab es die Auffassung, formuliert von Herbert Marcuse, dass viel zu viel unnötig gearbeitet und produziert wird, und wenn die Gesellschaft gerechter organisiert würde, wäre nur ein kleiner Teil davon gesellschaftlich notwendig. Es werde zu viel parallel produziert, was niemand wirklich brauche.

Und es war unser Ziel, mehr Freizeit zu haben, weshalb man junge Leute, die man nicht arbeiten sah, Gammler nannte.

Wir selber glaubten, wir kämen ohne teurer Kleidung, teuren Möbeln usw. ganz gut aus und könnten weniger arbeiten, um mehr Freizeit für unsere eigene gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung zu haben.

Ansonsten kamen wir auf die Idee, in den Kommunen oder Wohngemeinschaften selber kleine Gewerbetreibende zu sein.
 
Mode
Es ist vielleicht bekannt, dass Jugendbewegungen und soziale Schichten aus ihrer Mode bzw. Kleidung her-aus kenntlich ist. Besonders teure Kleidung war besonders bei Industriearbeitern und anderen eher ärmeren Leuten beliebt, um privat einer höheren sozialen Schicht zugeordnet zu werden.

Genau dies fanden wir sehr selbstentwürdigend und in Wirklichkeit nur vorteilhaft für den Handel und die entsprechenden Textilprodu-zenten. Ein Mensch ist dadurch geachtet, dass er sich als dufter Typ erweist und nicht wegen seiner Kleidung, seines teuren Autos oder Ähnliches.
Wir kleideten uns schlicht, das heißt mit Jeans und Pulli, und das wenn wir ins Theater gingen um Brechtstücke zu sehen oder essen zu gehen usw.

Da junge Männer immer mit kurzen Haaren, glattem Kinn, wie es bei Soldaten und zur Nazizeit üblich war, umherliefen, wurden lange Haare und Bärte bei den 68er Männern üblich. „Langhaariger“ war ein Schimpfwort und es ist vorgefallen, dass junge Leute von besoffenen BILDzeitungs-verhetzten Bürgern an ihren Haaren über das Starßenflaster geschleift wurden oder ihnen gewaltsam der Kopf geschoren wurde.
 
Kiffen statt Saufen
Als ich für mich beschloss, nicht zu rauchen, kam das Kiffen in Mode. So entging ich diser Modeströmung. Zwar habe ich schon mal probiert, wenn ein Joint zu mir rübergereicht wurde, und ich fühlte mich dabei recht gut, das war aber auch schon vorher so.

Der Fanatismus, mit dem die Kettenraucher und Biertrinker über die Kiffer schimpften, mit dem die Kiffer auch polizeilich verfolgt wurde, machte mich dann doch parteiisch. Kann etwas dran sein, dass Hanf eine bessere, zufreidenmachende Form des Rausches erzeugt als Alkohol, der eher Aggressionen erzeugt? Das glaubtre ich wegen meiner Parteilichkeit, nicht weil es verbürgt wäre.

Aber wenn Kiffer auf unseren Treffen in unserer WG einfielen, zogen sie sich immer in mein Schlafzimmer zurück (es roch dann schon recht gut, wenn ich mich schlafen legte), wollten nicht gestört werden, wegen der Vibrations, dann kamen sie raus und hatten großen Durst. Danach hatten sie Hunger und räumten unseren Kühlschrank leer. Und anschließend mussten viele von ihnen kotzen.

Ihr seht schon, meine Parteilichkeit hatte keine reale Grundlage. Doch ich meine, dass es besser ist, sich mit Sexualität und Zärtlichkeit usw. glücklich zu machen, statt mit irgendwelchen Rauschmitteln. Sex, Drogs und Rock‘n Roll gilt also für mich nicht so ganz. Macht nix, oder? (js)
 
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