- 108. Print-Ausgabe, Herbst-LUST 2011
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- Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und in
Berlin
Rotgrüner Aufschwung, Schrumpfung der Linken, Absturz der
Liberalen und die Piraten scheinen wohl die deutsche Version
der gegenwärtigen Jugendproteste zu sein.
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- Das Superwahljahr 2011, das im Grunde schon
mit der Landtagswahl im Mai 2010 nach der Laufzeitverlängerung
der Atomkraftwerke begonnen hat, ist vorbei. Zahlreiche Landtagswahlen
zeigten das deutlich, was in NRW zaghaft begann: SchwarzGelb
hat überhaupt keine Mehrheit mehr.
2012 ist Wahlruhe, die Bundesregierung kann bis September
2013 ungestört regieren. Nur hat sie keine Mehrheit mehr
in der Länderkammer, im Bundesrat, und das mag noch so manchen
Streit mit sich bringen.
Im September gibts noch die Landtagswahl in Schleswig-Holstein,
und die wird dann von den Parteischreiberlingen in den unabhängigen
Medien entsprechend gewertet und ausgelegt, als ob es eine vorgezogene
Bundestagswahl wäre.
Die Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, die im Frühling
2013 dran sind, werden sicherlich ebenso wahrgenommen.
Die Landtagswahl in Bayern kann vor, gleichzeitig oder nach der
Bundestagswahl stattfinden, die Landtagswahlen in Niedersachsen
und Hessen könnten nach der Bundestagswahl dran sein. Die
Parteipolitiker werden dies nach ihren wahltaktischen Überlegungen
noch ausklüngeln. Ändert sich bei der Bundestagswahl
die Regierung, könnte SchwarzGelb diese Landtagswahlen dazu
benutzen, einer RotGrünen Bundsregierung einige Knüppel
zwischen die Beine zu werfen. Aber das sind alles Spekulationen,
die noch weit in der Zukunft liegen. Kommen wir zurück auf
das Jahr, was bald vorbei ist und in dem sich so manches geändert
hat.
Die SchwarzGelbe Bundesregierung will offensichtlich auf jeden
Fall dran bleiben, egal was passiert und welche Politik gemacht
wird. Wer hätte es gedacht, dass gerade von ihr Reformen
kamen, für die andere Parteien den Vorwurf erhalten würden,
sie wären linksradikale und schädliche Chaoten. Das
ging derart schnell, dass sich die behäbige Tante SPD gar
nicht so schnell darauf einstellen konnte.
Nehmen wir das Gegenteil der Verlängerung der Laufzeit,
nämlich das schrittweise Abschalten der Atomkraftwerke,
und das ausgerechnet durch die Unionsparteien, die uns doch jahrzehntelang
als Atomparteien penetrant in den Ohren lagen.
Natürlich wäre mit dem Abschalten die Gefahr nicht
vorbei. Ein Endlager ist noch nicht ausgeguckt, wohin also mit
dem strahlenden gefährlichen Schrott?
Und die schrottreifen Kraftwerke werden natürlich nun erst
recht nicht mehr repariert, wenn die Laufzeit erlaubt, noch einige
Jahre damit Geld zu machen. Die Atomkraftgegner müssen noch
immer auf der Hut sein, damit uns der Mist nicht vor die Füße
gekippt wird.
Dann die Wehrpflicht für Männer. Die ganze Gesellschaft
ist ja dadurch tangiert, eine Erziehung zum Soldatsein durch
die Schule der Nation. Und die reine Verteidigungsarmee
Bundeswehr, wie es uns früher beigebracht wurde, ist
nun auf der Welt in zahllosen Kriegseinsätzen. Aber das
sagt man ja nicht, es geht ja ums Friedenstiften. Und diese Bundeswehr
soll jetzt privatisiert werden? Es wird niemand mehr eingezogen,
es gibt nur noch Berufsoldaten?
Wer hätte dies von dieser Regierung gedacht, die doch sogar
die Bundeswehr ständig im Inneren einsetzen wollte. Will
sie das vielleicht trotzdem immer noch?
Trauen kann man diesen Parteipolitikern ja nicht, denn, wie man
sieht, machen sie tatsächlich manchmal das Gegenteil von
dem, was sie vorher ständig vor sich hergetragen haben.
Die Verteidigung des dreigliedrigen Schulsystems scheint auch
in ihr Gegenteil transformiert zu werden. Zwar soll das Gymnasium
erhalten bleiben, doch soll die Hauptschule und die Realschule
zur polytechnischen Oberschule zusammengefasst werden. Oder habe
ich das irgendwie falsch verstanden?

Immerhin hat ja Frau Merkel ihre Bildung in einer polytechnischen
Oberschule genossen. Und später in der Freien Deutschen
Jugend FDJ war sie dann Propagandabevollmächtigte für
die Charité. Propaganda kann sie also. Dann wurde sie
nach der Wende Kohls Mädchen und deutsche Umweltministerin,
lange bevor sie die Laufzeit der AKWs verlängerte. Da konnte
und kann man noch so manchen Wandel von ihr erleben.
Ob sie in Wirklichkeit die BRD nach dem Muster der DDR umbauen
will? Das würde natürlich nicht gegen die Unionsparteien
gehen sondern nur aus den Unionsparteien heraus, gegen die Grünen,
die Linke und die SPD gehen. Ach die FDP? Na die hat sie wohl
geschafft. Aber dies wäre ja doch recht abwegig.
Nun gibt es den rotgrünen Aufschwung überall wo Landtagswahlen
waren, nur in Berlin wird es kein rotgrün, weil der innere
Autobahnring, der zu Zeiten des Kalten Krieges im Westen begonnen
wurde, ein Stück weitergebaut werden soll, die A 100, und
weil es eine sehr knappe Mehrheit für Wowereit wäre.
Die A 10 ist der äußere Autobahnring und der ist ja
fertig.
Die Grünen haben nicht so viel gewonnen, wie sie gehofft
haben, sie werden demnächst auch wieder abnehmen, denn die
Atomkatastrophe in Japan gerät wieder in Vergessenheit.
Und die SPD von Wowereit hat auch ein bisschen verloren. Alle
haben an die Piraten verloren.
Es ginge noch RotRotOrange, also SPD, Linke und Piraten. Das
wäre sehr abenteuerlich, aber so etwas hatte ja Ole von
Beust schon mal mit einer rechten Splitterpartei gemacht. Sind
die Piraten Linke? Die Medien behaupten es, um die Proteststimmen
der Linken zu klauen. Der Vorsitzende der Piraten ist ja vorher
in der Jungen Union gewesen. Da kann man eigentlich nichts Genaues
sagen, höchstens, dass die für Überraschungen
gut sein könnten. Und welches Ressort sollten die Piraten
denn nehmen? Zum Beispiel das Computer-Ressort? Ein Minister
für Internet und Computerspiele?
Ich denke Wowereit wird sich in seiner letzten Regierungskoalition
wohl eher von der CDU quälen lassen. Vielleicht sucht er
aber auch den Absprung in die nächste Bundsregierung.
Dass die Piraten mit ihren 130.000 Stimmen nur 15 Sitze haben,
liegt wohl daran, dass sie nicht mehr Leute aufgestellt hatten,
sonst wärs wohl einer mehr gewesen. Sie hatten gar nicht
damit gerechnet. Die Union hatte von den brennenden Autos profitiert
und 47.000 Stimmen gewonnen. Proteststimmen landen wohl nicht
mehr bei der Linken sondern bei den Piraten. Das ist eine neue
Herausforderung für die Linke. (js)
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