108. Print-Ausgabe, Herbst-LUST 2011
 
Vom Nutzen der Religionen
Religionskriege zwischen Menschen und Völker, Frau-endiskriminierung,Homophobie usw. Rreligionen bemühen sich verstärkter um Einflussnahme auf den Staat, um die gesamte Gesellschaft beeinflussen zu können.
 
Sofern man glaubt, dass es ein sogenanntes „höheres Wesen“ gibt, und das tun viele, fragt man sich nicht nach dem Nutzen der entsprechenden bzw. jeweiligen Religion.

Sie gauben tatsächlich daran, dass man eine Art persönlichen Gesprächspartner auf höherer Ebene hat, der alles über einen weiß, und sie rechnen mit dem „Jüngsten Gericht“, denn all ihre guten und bösen Taten wurden über ihr Leben hin säuberlich aufgezeichnet.

Die Gespräche mit dem Pfarrer bei der Beichte der Katholiken haben Ähnlichkeiten mit dem Gebet der Protestanten, die sich an Gott direkt richten. Bei den Katholiken ist noch eine Art Führungsoffizier dazwischen, ir-gendein Heiliger, zu dem man um Fürbitte betet, die diese(r) Heilige dann für den Betreffenden dann leistet, statt einfach tot zu sein.

Das ist gedanklich eine recht hierarchische Angelegenheit. Und am Ende eines Menschenlebens werden die entsprechenden Dateien geöffnet (früherr waren es Bücher, dann Akten) und es wird zu Gericht gesessen. Auch daran glauben einige, nämlich die, die an eine höhere Gerechtigkeit glauben, die also nicht menschlich sondern über dem Menschen ist.

Das religiöse Denkprinzip stammt aus dem hierarchischen Denken. Es geht davon aus, dass über jeden Menschen, auch dem mächtigsten, noch eine Macht drüber ist, der er sich zu beugen hat, und ganz oben ist dann jemand Gütiges und Allmächtiges, der gerade auch dem Wesen, das ganz unten ist, gewogen ist und der aber keine ladungsfähige Adresse hat, der also von niemanden Rachsüchtigen oder Mächtigen verantwortlich gemacht werden kann. Besonders die monotheistischen Religionen sind solche Machtapparate und werden daher von den weltlichen Machthabern gerne genutzt und als „fortschrittlich“ angesehen.

Leute, die an solch ein Überwesen glauben und die sich die entsprechende Belohnung und Vergebung von diesem versprechen, die lassen die Grausamkeiten des brutalen Machtapparates nicht gelten, glauben nicht daran, obwohl sie wissen, dass sie stattgefunden haben, oder finden Begründungen und Rechtfertigen dafür.

Machtapparate haben es so an sich, dass sie die Macht auch nutzen, die sie haben. und die Großen innerhalb solcher Hierarchien verbünden sich mit den Großen anderer Machtap-parate, weil sie diese am besten verstehen können.

Die katholische Kirche ist eines dieser Machapparate, und wir wissen, dass sich diese Organisation in ihrer Geschichte nahezu immer auf die Seite der Mächtigen stellte und oft an der Macht anderer Beteiligt war. Und das Oberhaupt dieses Machtapparates durfte jetzt im Bundestag eine Rede halten, die angeblich alle Kritker zufriedengestellt habe. Jan Feddersen, der immer mal in der taz Kommentare schreibt, schrieb hier, dass man mit diesem Pontifex Erbarmen haben solle, er besuche ein für ihn verlorenes Land. In seinem Kommentar vom 19.09.11, veröffentlicht in der taz vom 20.09. schreibt Feddersen:

„Welch freundliches Treffen, das da vorige Woche stattfand.
Am Ende gelobten sie sich, der Berliner Bischof der Katholiken, Rainer Maria Woelki und Männer und Frauen vom Lesben- und Schwulenverbands, dass die Proteste gegen den Papstbesuch am Donnerstag in der Hauptstadt friedlich verlaufen würden. Ja, was denn sonst? Hat der eben inthronisierte Abteilungsleiter des Vatikans an der Spree befürchtet, Horden von Homosexuellen würden an jenem Abend das Olympia-Stadion mit einem monströsen Flashmob in Besitz nehmen, um die Messe des Heiligen Vaters grob zu stören? Ihm gar an die kostbare Wäsche gehen?
Nein, wir sind ja nicht in Spanien, wo tausende Madrilenen die Performance des katholischen Klerus mit Papst Benedikt XVI. an der Spitze aufmischten - durchaus selbstbewusst feiernd, dass diese Kirche in ihrem Land nicht mehr über jene Macht verfügt, die sie bis zum Ende der Diktatur General Francos 1975 innehatte. Nein, seither hat sich das Kernland der Inquisition zu einer besseren Welt gewandelt - und zwar strikt gegen das Papsttum, gegen Rom und gegen alle Religion, die sich anmaßt, die Geschicke der irdischen Welt im Namen des Glaubens dirigieren zu wollen.
Jüngeren sei gesagt: Alle Liberalität in Spanien ist gegen Priester, Mönche und Laienkleriker katholischer Provenienz errungen worden - Rechte von Frauen, auch die der sexuellen Selbstbestimmung, das Scheidungsrecht wie die Gleichberechtigung Homosexueller, auch im Hinblick auf die Ehe. Die Protestierenden wussten vor einigen Wochen in der spanischen Hauptstadt sehr wohl, wen sie da, der sich als christliche Güte selbst inszenierte, vor sich haben: einen Papst, der die Uhren der bürgerlichen Aufklärung am liebsten zurückdrehen würde. Denn als der Klerus noch weltliche Macht hatte, war, um es kurz zu machen, alles finster und fern aller Nächstenliebe."
 
Und Feddersen vergleicht die Show des Papstbesuchs respektlos mit anderen Großereignissen:
"Jetzt kommt der vatikanische Tross nach Deutschland, und auch bei uns könnten Linke und Liberale, gemessen an früheren Zeiten, dem Besuch des Papstes mit gewisser Entspanntheit entgegensehen. Sie könnten sagen: Okay, das war ne ziemliche Propagandashow, mit Brokat und Seide, Benedikt XVI. in roten Schühchen und Gewändern, die teuer und aufwändig gewirkt wurden. Eine liturgische Inszenierung, die irgendwie zwischen einer Open-Air-Fassung der Orff-schen "Carmina Burana" und einem Auftritt von Mario Barth changiert - nur dass Letzterer es schaffte, das Olympiastadion zweimal in Folge gänzlich zu füllen. Aber das sind statistische Details. Denn der Papst, in Marktl am Inn geboren, beansprucht, für das Jetzt und das Ewige zu sprechen. Diese Schau scheint immer auf gewisse Weise sehr Altes, Überliefertes und Ernsthaftes zugleich zu atmen - was auch nicht ungünstig für das fast unbezahlbare Gut namens Glaubwürdigkeit ist. Dieser Mann hat einfach performativ mehr zu bieten als alle gestrigen und heutigen Popstars. Gegen ihn ist die Bildersprache der Lady Gaga nachgerade unterkomplex einschläfernd."

Was Feddersen hier über Missetaten und den Machteinfluss der Katholiken anführt, könnte durchaus über viele Seiten dieser Zeitschrift ergänzt und erweitert werden. Und auch die evangelische Kirche hat so ihre Geschichte, wie die Verfolgung von Frauen und Männern wegen Hexerei und die Zusammenarbeit der Amtskirche mit den Nazis im „Tausendjährigen Reich“.
Und wenn wir alle Religionen nehmen, wie im Titel dieses Artikels nahegelegt, kämen wir aus dem Aufzählen überhaupt nicht mehr heraus. Oft weiß man garnicht, ob die jeweiligen Religionen sich der Regierungen bedienen oder ob sie Erfindungen der jeweiligen Regierungen sind.

Und wo Staaten verstockt sind und nicht mit den jeweilig vorherrschenden Religionen zusammenarbeiten, übernehmen die Religionen viele soziale Aufgaben, denn „Es ist besser, den Menschen Suppen zu verteilen im Dienste der Nächstenliebe, statt ihnen ihrer Habsucht nachzugeben und ihnen höhere Löhne für ihre Arbeit zu zahlen“.

So machen sich die Religionen bei den Armen beliebt und helfen der Oberschicht, gute Gewinne zu machen, wie die Moslembrüder in Ägypten und die christlichen Kirchen in Europa.
Das schlechte Gewissen für die natürlichsten Zusammenhänge des menschlichen Daseins, die Sexualität, gehört zudem zu den stärksten Machtmitteln der Religionen, wodurch sie ebenfalls große Schuld auf sich laden, zum Beispiel bei Schwulen und Lesben bezüglich ihres dauerhaften schlechten Gewissens, und der liebe Gott sieht alles, bis hin zur sklavenhaften Unterwerfung, zur Entsagung, zur Selbstkasteiung bis hin zur Raserei gegenüber denen, die sich nicht zurücknehmen und zum Selbstmord.

Wenn wir aber die Frage untersuchen wollen, welchen Nutzen die Religionen haben, können wir diese nicht beantworten, ohne die zusätzliche Frage „für wen?“ Denn Religionen haben offensichtlich für unterschiedliche Teile der Bevölkerung unterschiedlichen Nutzen.
Religionen haben Nutzen
 
... für die Obrigkeit
Gehorsam sollen die Untertanen sein, dann kann die Orbrigkeit zum eigenen Nutzen mit den zur Verfügung stehenden Menshcen umgehen. Gehorsam verlangen die Religionen von ihren AnhängerInnen gegenüber den von den Religionen verkündeten Regeln und gegenüber der Obrigkeit.

Der Dalai Lama rechtfertigte die Sklaverei aus der Zeit der Herrschaft der Klöster damit, dass die Sklaven durch ihre Taten in ihrem Vorleben eben selber dafür verantwortlich sind, im Christentum werden die unterwürfigen Arbeiten und die Gehorsam gegenüber der Obrigkeit nach dem Tode mit dem Himmel belohnt. Ähnlich sind die Verheißungen des Islam.

Im Grunde sind das ideologische Hilfestellungen für die Herrschaft der damals klerikalen bzw. adligen Obrigkeiten, heute wohl eher für den Geldadel und seine Sachwalter.

Diese religiösen Gebote, die die Untertanen von klein auf verinnerlichen, sind auch der Kern der gesellschaftlichen Ordnungen, der Kern der Mentalität der jewiligen Bevölkerungen und stellen die Flurbereinigung für die Interessen der jeweiligen Obrigkeiten dar.

Wenn Obrigkeiten gestürzt werden, dann sind die dann herrschenden Nachfolgenden in der Situation, selber Ideologien oder Staatsideen zu benötigen, die eine ordnende Wirkung haben, sofern gnügend Schichten das Gefühl haben, dass diese für sie nützlich sind und ihre Interessen nauch weiterbringen.

Es kann durchaus sein, das die Angehörigen der Obrigkeiten auch selber an diese Religionen oder Ideologie, die oft Ersatzreligionen sind, glauben. Auf jeden Fall tun sie so. Alle Monarchien berufen sich darauf, dass sie von Gott oder den Göttern eingestzt sind. Oder von Göttern, wie im Kastenstaat Indien. Der Monotheismusm ist für diese Aufgabe zugunsten der Obrigkeit am besten geeignet.

Die vorantiken Hochkulturen, meist in fruchtbaren Flusstälern gelegen oder in ihnen entstanden, waren Sklavenhaltergesellschaften und wurden anfänfänglich von Herrscherfamilien beherrschat, die es sinnvoll fanden, sich in einer solchen Weise von ihren Untertanen abzusetzen, dass sie sich zu Göttern machten. Dann kam es schrittweite zur Ver-selbständigung des Klerus, der entweder sein religiöses Oberhaupt selber einsetzte oder das von der weltlichen Herrschaft eingesetzt wurde. Oder dann später hatten sich die Religionsführer eine solch große politischce Mach angeeignet, dass sie bestimmen konnten, wer in ihrem Namen die weltlichen Herrschaftsaufgaben zu erfüllen hatte. Das Papsttum ist in diesem Sinne eine sehr erfolgreiche Inszenierung.

Der ideologische Kern der Religionen ist der gehorsame Glaube, verknüpft mit Demut, der im Widerspruch zum Zweifel steht. Der Zweifel ist der Kern der Naturwissenschaftlichen beziehungsweise wissenschaftlicher Forschung, aber im religiösen Sinne ist Zweifeln eben eine Sünde.

Will man sich aber auch die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu Nutze machen, weil die Obrigkeiten auch an den Früchten der Naturwissenschaften verdienen wollen, benötigt man eben die Trennung zwischen weltlicher und religiöser Ordnung, Ebenso folgt dann auch die Trennung zwischen religiöser und weltlicher Macht.

Alle 5 Parteien, die in Konkurrenz darum buhlen, für die Obrigkeiten das Volk regieren zu dürfen, alle diese 5 Parteien buhlen um die Religion beziehungsweise auf einen Schulterschluss zwischen religiösen und weltlichen Eintichtungen. Sie hoffen, dadurch einen kleinen Anschub für ihre politischen Ambitionen zu erhalten. Und es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass ihnen diese Buhlerei tatsächlich hilfreich ist, denn in alen Schlüsselpositionen und in den Medien sind die Kirchen usw.
Religionen sind also nützlich für die Obrigkeiten, wenn es „Gott“ nicht geben würde, müssten die Obrigkeiten ihn erfinden.

... für die Gesellschaft
Es bedarf einer gewissen Ethik, wenn in einer Gesellschaft ein einigerma-ßen zivilisiertes Leben möglich sein soll. Wenn sich zum Beispiel die Menschen freiwillig bzw. aus ethischen Gründen nicht gegenseitig betrügen, bestehlen, diskriminieren bzw umbringen, um sich gegenüber anderen Menschen Vorteile zu verschaffen, bzw. um „Spaß“ dadurch zu haben.

Ethische Werte müssen aber in der Gesellschaft verankert sein, so dass es sich nahezu von selbst versteht, wie man sich zwischenmenschlich verhält. Andererseits gehört es zu einem Staatswesen auch, dass es Menschen gibt, die im Auftrag des Staates bzw. der Staatsorgane zum Verfolgen angeordneter Ziele selber jegliche Ethik vermissen lassen. Gegenüber den Menschen, die die „ungeschriebenen Gesetze“ nicht einhalten, gibt es noch die geschriebenen Gesetze. Und um das Einhalten dieser Gesetze zu erzwingen, gibt es eben Einrichtungen, die alleine durch ihre Beschaffenheit eine abschreckende Wirkung für die gesamte Bevölkerung entfalten sollen. Die meisten Staaten benötigen auch ein Militär, um die Staatsziele im Inland und im Ausland mit Gewalt und gegen den Willen anderer Statten oder dn Bevölkerungen durchgesetzt werden können. Und schließlich gibt es auch noch Geheimdienste, die in der Regel am unethischsten vorgehen, angeblich um die ethische Ordnung zu schützen.

Die Ethik muss also so beschaffen sein, dass sie der Obrigkeit auch einen entsprechenden Nutzen bringen kann, ohne dass alle anderen Menschen die Obrigkeit als unethisch empfinden und dann die Interessen oder Vorteile der Obrigkeit gefährden. Dies geht am besten, wenn die Ethik nicht aus der Vernunft des Zusammenlebens begründet ist, sondern wenn sie aus der Macht beziehungsweise der Allmach einer über den Menschen stammenden Ordnung hervorgeht, sodass einzelne Bereiche der Ethik, die der Bevölkerung Verdruss machen und unlogisch erscheinen, nicht begründet oder gerechtfertigt werden müssen.

Sie sollen unerklärlich bleiben und dennoch demütig eingehalten werden, und zwar aus Gehorsam gegenüber der gesellschaftlichen Tradition und der religiösen Ordnung.
Ich glaube, dass es historisch gesehen überhaupt keine tragfähige gesellschaftliche Strukturen für Menschen gab und gibt, ohne dass die gesamte Gesellschaft für eine bestimmte Schicht oder Gruppe dienlich zu sein hat.

Dies dürfte auch einer der wichtigsten Gründe für das Verfallen großer antiker Reiche zu sein, nämlich dann, wenn die Unterdrückung und Ausbeutung durch die Obrigkeit von den gequälten Bevölkerungsteilen erkannt wurde und die Untertanen es nicht mehr für hinnehmbar angesehen haben, diesen Obrigkeiten weiter selbstaufopfernd zu dienen.

Die beste Form, dies zu verhindern, ist eine religiöse Ethik, die scheinbar unabhängig von der weltlichen Obrigkeit nicht nur doe Untertanen belehrt und Gehorsam erzwingt, sondern auch die Obrigkeit angemessen berät, damit diese nicht Fehler macht, die zum Machtwechsel führen können.

Große Religionen, die schon seit jahrtausenden Erfahrungen im Umgang mit Menschen sammeln konnten, stellen sich oftmals den weltlichen Machtapparaten gegenüber als überlegen heraus, auch wenn es nicht so aussieht.

Beim diesjährigen Papstbesuch des deutschen Papstes in Deutschland, hatten viele Menschen große Erwartungen in den Papst gesetzt, der ja vor seinem Papstamt der Chefinquisitor war, als der Chef der Glaubenskongregation.

Als Inquisition (lat. inquirere „untersuchen“) werden jene spätmittel-alterlichen und frühneuzeitlichen Gerichtsverfahren bezeichnet, die sich unter der Mitwirkung oder im Auftrag von katholischen Geistlichen in erster Linie der Verfolgung von Häretikern widmeten und sich dabei der Prozessform des Inquisitionsverfahrens (lat. inquisitio „Untersuchung“) bedienten. Ein geistlicher Vorsitzender eines Inquisitionsgerichts wurde als Inquisitor bezeichnet.

Die Kongregation für die Glaubenslehre (lat.: Congregatio pro doctrina fidei, oft kurz Glaubenskongregation genannt) ist eine von Papst Paul III. mit der Apostolischen Konstitution „Licet ab initio“ vom 21. Juli 1542 als Congregatio Romanae et uni-versalis Inquisitionis (dt. Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition) gegründete Zentralbehörde der römisch-katholischen Kirche. Ihre Aufgabe ist der Schutz der Kirche vor Häresien, also abweichenden Glaubensvorstellungen. (Quelle Wikipedia)

Ich habe nie verstanden, warum viele katholische Christen, besonders aucg solche, die schwul oder lesbisch sind, gerade von einem solchen Papst die Änderung des antihomosexuellen Dogmas erwarten. Auch habe ich nicht verstanden, warum evangelische Christen gerade in den Papst die Hoffnung auf die Ökumene setzen, der der evangelischen Kirche absprach, überhaupt eine Kirche zu sein.

Der ehemalige Chefinquisitor und jetzige Papst und somit Chef der Weltkirche, die ganz andere Auseinandersetzungen weltweit zu führen hat ls diese (aus seiner Sicht) kleinliche Zänkerei in Deutschland, holt die Rechtsabweichler, die mit den Konzilerneuerungen nicht leben wollten erst einmal „heim“, er versucht die Ostkirchen, also die ganzen ortodoxen Kirchen schrittweise an Rom zu binden, die nun in Osteuropa und Russland aufgrund des Zusammenbruchs der Sowjetunion zu neuer Macht gekommen sind, er versucht erfolgreich, mit aller Strenge die katholische Kirche gegen die Evangelikalen in Lateinamerika in Vorteil zu bringen, versucht den Rücken freizuhalten, indem er mit den Protestanten und den Juden entsprechende knappe Höflichkeiten austauscht. Schließlich scheint dies alles wohl auch eine vorbereitende Stärkung der Kirche gegenüber dem wieder stärker vorrückenden Islam zu sein.

Richard David Precht meinte in einer Talk-Show anlässlich des Papstbesuches sehr richtig, dass die katholische Kirche als große hierarchische Organisation gar nicht die Möglichkeit habe, liberaler und demokratischer aufzutreten oder gegenüber den 2% deutschen Katholiken Zugeständnisse zu machen, denn dies würde die katholische Weltkirche selber in Gefahr bringen. Und der harte und autoritäre Kurs des Papstes sei die zeitgemäße Antwort auf die derzeitigen Herausforderungen für das Papsttum und den Papst.

Offensichtlich, sofern Prechts Annahme richtig ist, ist gerade Ratzinger genau deshalb zum Papst gemacht worden.

Die Kirche, über die wir gerade sprechen, hat immer die Naturwissenschaften, die Freigeister, die Gleichberechtigung der Geschlechter, die soziale Gerechtigkeit, die Demokratie usw. als ihre Gegner angesehen und und suchte Bündnisparter, um diese Bestrebungen zu bekämpfen. Heute behauptet sie, dass alle diese Errungenschaften letztlich von ihr und durch sie gekommen seien.
Ohne religiöse Ethik, gemeint ist ohne Religion, könnten menschliche Gesellschaften nicht existieren, weil der Mensch böse sei. In unserer Gesellschaft ist das demokratische Denken, das im Gegensatz zum hierarchischen Denken steht, nicht gerade weit verbreitet. Das ist aber kein Zufall, weil sowohl die Obrigkeiten wie die Spitzen der Kirchenhierarchien das hierarchische Denken benötigen.

Wir haben kein durchgängig demokratisches Denken wie auch keine demokratische Ethik, weil die Strukturen unserer Gesellschaft nur an der Oberfläche demokratisch aussehen. Dies würde auch der marktwirt-schaftlichen Konkurrenzgesellschaft widersprechen, die gut damit lebt, dass man das nicht sagt, was alle denken.
Das sind wirklich schechte Voraussetzungen für eine demokratische, ethische Gesellschaft.
 
... für die Menschen
Der Mensch hat als Kind die Eltern wie Götter über sich, später die Lehrer und dann die Ausbilder und Vorgesetzten im Arbeitsleben. Über sich hat er Staat und Kirche. Und letztere bestimmt auch, wie es uns im Jenseits gehen wird, wenn wir tot sind, denn wenn wir sterben isr es nicht aus. Wir haben ein Bewusstsein und können uns nicht so gut vorstellen, dass dieses beim Sterben einfach ausflackert, wie bei einem verlöschenden Feuer. Im Alter regiert daher zunehmend dieTodesangst.
Das sind Bedingungen, die den Menschen anfällig für Religionen machen, denn er lebt immer in einer Hierarchie. Auch Anarchisten können sich eine Leben ohne Hierarchie kaum vorstellen. Religionsführer wissen dies und machen sich zu ihrem eigenen Vorteil dem Menschen nützlich.

Anders ausgedrückt: Das Mensch-sein selber lässt uns hierarchisch denken. Ein Regenwurm kommt mit allem, was er im Leben benötigt, auf die Welt. Höhere Tiergattungen (ich kann es ohne Begriffe der Hierarchie gar nicht ausdrücken) benötigen den Schutz und das Anlernen durch die älteren Tiere im Rudel, wodurch sie die Fähigkeit erlernen, mit vielen Eventualitäten, die in ihrem Dasein auftachen können, später selber zurechtzukommen. Dieser Umstand macht es der Affenart „Mensch“ möglich, höhere gesellschaftliche Zivili-sationen zu errichten und sich über die Jahrhunderte bis zur Erfindung des Komputers und der Raumfahrt zu entwickeln. Der Mensch hat sich so dahin entwickelt, dass er ein Bewusstsein hat und seine Unzulänglichkeiten außerdem durch Technik zum Teil beheben kann.

Er lernt dies von klein auf, bevor er ein Bewusstsein entwickeln konnte, von seiner übermächtigen Mutter und anderen mächtigen Wesen, die sich gleichzeitig ständig darum bemühen, von ihm als eine Respektsperson anerkannt und angesehen zu werden, was übrigens das Kind schon im indergarten dann von seinen Mitkindern ebenfalls schon recht früh erwartet. Das Bewusstsein und die dazugehörige individuelle Identität sind es, was uns im Alter nicht verstehen lässt, dass wir (das Bewusstsein) einfach verschwinden werden, wie bei all den anderen Menschen vor uns, um uns und nach uns.
 
Die Religionen lehren uns beruhigend, dass der Mensch ein Ewigkeitsgeschöpf sei und nach seinem irdischen Leben in ein weiteres übergeht, wie sich der Schmetterling aus einer Raupe bildet. Doch lebt der Schmetterling nur zum Vermehren und überhaupt nicht ewig.

Wenn die Medizin bei schwerer Erkrankung versagt, wenn sich der Altersverfall des Körpers bemerkbar macht, zu dem auch das Gehirn gehört, öffnet sich der Mensch für so manche Glücksverheißung vom Jungbrunnen bis hin zum Leben nach dem Tode im Paradies.Diese Anfälligkeit für irrationalen Trost, wo es keine rationale Lösung gibt, ist die Quelle der Anfälligkeit für religiöse Deutungen und die Macht der Religionen.

Wenn sich ein Mensch in Not befindet und nicht mehr aus eigener Kraft weiterkommt, hofft er auf Hilfe durch andere Menschen, durch staatliche Einrichtungen oder wenn dies alles aussichtslos ist, hofft er auf Hilfe aus dem Bereich der Mythen, Wunder und eben Religionen.
Selbst ein sterbender Mensch hofft noch im Sterben darauf, dass etwas folgt und dass es für ihn noch eine Hoffnung gibt. Dieser Umstand hat Naturreligionen entstehen lassen, die auch noch Erklärungen für all das lieferten, die die wissenschaftliche Forschung damals noch nicht erklären konnte.

Auch in den großen Weltreligionen finden wir noch die Erklärung naturwissenschaftlicher und gesellschaftswissenschaftlicher Zusammenhänge vor, die aufgeschrieben wurden, bevor die wissenschaftliche Forschung den Zusammenhängen auf der Spur waren. Und das sind dann die Streitpunkte innerhalb der Religionen. Dogmatiker wollen, dass vorwissen-schaftliche Erklärungen als Teil der Religion den wissenschaftlichen Forschungsergebnissen vorzuziehen sind, im Zweifel wollen sie sogar die Forschung verhindern bzw. verbieten, und dazu greifen gerade sie verstärkt nach der Staatsmacht.

Haben Religionen Nutzen für die Menschen? Zum Teil schon, insofern sie Menschen Trost spenden können. Aber da sie gleichzeitig auch um Macht ringen und dabei vielfach die Menschen von besseren Erkenntnissen abhalten wollen, ist ihr Nutzen gesamt gesehen fraglich.
 
... für die Kirchen usw.
Die Kirchen und andere Organisationen der Religionsverkündung sind, wenn man dies mit politischen Parteien vergleichen will, die Verkünder und Verwalter einer ganz bestimmten politischen (religiösen) Richtung. Die FDP behauptet, den Liberalismus zu verreten, die SPD vertritt ebenso wie die Linke den „demokratischen Sozialismus“, die CDU vertritt ebenso wie die CSU den Konservativismus, und zwar den christlichen. Die Grünen vertreten den Umweltschutz und den Sozialliberalismus usw. Ohne die entsprechende politische Richtung wären die Parteien leere Organisationen, wie eben die Religionsgemeinschaften ohne ihre jeweilige Religion inhaltlich leere Verbände wären.

Den politischen Anhängern von Parteien wird erklärt, dass nur sie die wahren VertreterInnen der jeweiligen politischcen Richtung seien, wie den Kirchenmitgliedern erklärt wird, dass gerade diese Organisation den Zugang zu diesem Glauben darstellen würden, einige Kirchenoberhäupter behaupten gar, sie seien Stellvertreter des Gottes aus der Erde, den sie als existierend verkünden.
Diese Organisationen wollen möglichst großen Einfluss auf die Schaltstellen des Staates, und viele Religi-onsorganisationen wollen sich der Staatsorgane bedienen, um andere Auffassungen als gerade ihre religiöse Verkündung verbieten bzw. verfolgen zu lassen, die Verkünder des „falkschen“ Glaubens am liebsten hinrichten zu lassen, möglichst öffentlich zur Warnung aller Menschen. Ohne diese Organisationen gäbe es die jeweilige Religion überhaupt nicht.

Die Religionsverkünder leben meist in wirtschaftlich guten Verhältnissen und werden für ihre Arbeit an der Ethik der Bevölkerung oft über Steuergelder bezahlt. So sind diese Verbände auch Arbeitgeber, woe zum Beispiel die Parteien ebenfalls Arbeitgeber sind. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass zu den verkündeten Inhalten der Religion gehört, gerade diese jeweilige Organisation als den einen heiligen und einzigen Zugang zu gerade diesen Gott anzusehen. Diese Orgnaisationen ziehen Nutzen vom Glauben der Menschen.
 
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