108. Print-Ausgabe, Herbst-LUST 2011
 
Antidiskriminierung - Gleichstellung - Vielfalt.
Stationen eines Weges
18. Runder Tisch der hessischen Lesben- und Schwulengruppen am Freitag, 16.09. im hessischen Sozialministerium zum o.a. Schwerpunkt.
 
Der Runde Tisch der hessischen Lesben- und Schwulengruppen, eingerichtet unter RotGrün, existiert schon recht lange und interessanterweise auch unter SchwarzGelb.

Im Internet findet man das hessische Sozialministerium unter der Home-page www.hsm.hessen.de und wer dort direkt hinwill, der wähle am besten http://projekte.sozialnetz.de/homosexualitaet/.
Am Freitag, 16.09.2011 wars wieder mal so weit, es trafen sich die hessischen Schwulen- und Lesbengrup-pen, und dieses Mal zu dem Thema, das oben als Überschrift steht.

Wer als ReferentInnen eingeladen wurden, ergibt sich aus der untenstehenden Tagesordnung:
10:00 bis 10:15 Uhr Begrüßung durch Ulrich Bachmann (Hessisches Sozialministerium)
10:15 bis 10:45 Uhr Hans Hengelein (Niedersächs. Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, Hannover): Antidiskriminierung - Gleichstellung - Vielfalt, Stationen eines Weges
10:45 bis 11:15 Uhr Christine Lüders (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Berlin): Auf dem Weg zu einer diskriminierungsfreien Kultur. Aus der Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
11.15 bis 11:30 Uhr - Pause -
11.30 bis 12.00 Uhr RA Regina Sigmund (Rüsselsheim): Gegenüberstellung der 'sozialen Utopie' des AGG und der Arbeitswirk-lichkeit
12.00 bis 12.45 Uhr Diskussion
- Mittagspause -
Nachmittag:
14:00 bis 14:30 Uhr Kerstin Pramberger (Head of Diversity bei der Deutschen Bank, Frankfurt/M.): Vielfalt als Konzept
15:00 bis 15:30 Uhr Diskussion, allgemeiner Gedanken- und Infor-mationsaustausch und Ausklang.

Wir, dass heißt Renate und Joachim von der ältesten noch existierenden hessischen Gruppe ROSA LÜSTE, man sieht es uns an, waren (wie seit Jahren fast immer) anwesend und fanden diees Treffen durchaus bemerkenswert, was mit dem Berichten von Christine Lüders (Antidiskriminier-ungsstelle des Bundes, Berlin) und Rechtsanwältin Regina Sigmund (Rüsselsheim) zu tun hatte.

Und so beschränken wir uns im weiteren Bericht im wesentlichen auf diese beiden Referate.
Doch kurz zuvor: Hengelein hielt sich in seinem Referat an die Gliederung des Themas, zählte eine Reihe von politischen Auseinandersetzungen auf und benannte bei „Vielfalt“ auch homosexuelle Lebensformen, die nicht in Partnerschaftsgesetz passen, na immerhin, man immt zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die sich anders entfalten wollen als in Ehen und eheähnlichen Gestzesrahmen.

Die Leute von der Deutshen Bank nutzten dieses Forum, um zu erklären, dass es bei ihnen eine Charta der Vielfalt gibt und wie schön bei ihnen überhapt alles ist. Aus welchem Grund wurden sie überhaupt eingeladen? Wegen dieser Charta der Vielfalt? Wir fanden, dass dieser Beitrag eigentlich entbehrlich war, nicht aber die von uns oben genannten beiden Referate. Also zur Sache:

Die Stelle von Frau Lüders ergibt sich aus dem Allgemeinen Gleichstel-lungsgesetz AGG.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist im Jahr 2006 mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eingerichtet worden. Die ADS unterstützt auf unabhängige Weise Menschen, die der Ansicht sind, aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt worden zu sein, bei der Durchsetzung ihrer Rechte zum Schutz vor Diskriminierung.
 07.10.2011
SPD Parteivorstand,Wilhelmstr. 141, 10963 Berlin, Mitteilung für die Presse:
Keine Kürzungen bei der Antidiskriminierungsstelle!
http://www.antidiskriminierungsstelle.de
Zu den aktuellen Kürzungsplänen der Bundesregierung bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erklärt der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos), Ansgar Dittmar:
Es ist kaum zwei Monate her, dass wir den fünften Jahrestag des Inkrafttretens des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes feiern konnten. Schon vor fünf Jahren war das Gesetz Teilen der Union und vor allem der FDP ein Dorn im Auge.
Diskriminierungsschutz war für Schwarz-Gelb maximal Gegenstand von Sonntagsreden – aber ein aktiver Diskriminierungsschutz war nie gewollt.
Nun wird versucht, die Arbeit des Antidiskriminierungsstelle des Bundes unmöglich zu machen. Die Stelle, die durch ihre neue Leiterin Christine Lüders inhaltlich und öffentlich eine große Aufwertung erfahren konnte, ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Diskriminierung im Zivilleben und vor allem am Arbeitsplatz. Die Stelle wurde gerade deswegen geschaffen, um eine unabhängige Institution zu haben, die den Diskri-minierungsschutz vorantreibt und durch Öffentlichkeitsarbeit einer-seits und Beratung von Ratsu-chenden andererseits den Kern des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes umsetzt.
Wenn diese Öffentlichkeitsarbeit nunmehr auf lediglich 150.000 Euro gekürzt wird, kann die Antidiskriminierungsstelle nicht mehr ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen. FDP und Union wollen den Diskriminierungsschutz durch die Hintertür aufweichen.

Neben der Beratung und Unterstützung von Menschen, die Diskrim-inierungserfahrungen gemacht haben, betreibt die ADS Öffentlichkeitsarbeit zur Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierungen.

Weiterhin forscht sie in Zusammenarbeit mit Fachleuten zum Thema Diskriminierung und Gleichbehandlung. Alle vier Jahre legt die ADS dem Bundestag einen Bericht zu Benachteiligungen vor.

Anfänglich übernahm Dr. Martina Köppen (CDU) die Leitung der Stelle, gegen diese Personalie gab es schon im Vorfeld, vor allem von den Les-ben- und Schwulenverbänden Prot-est. Dann gab es auch Kritik und Proteste gegen ihre Amtsführung. Am 8. Februar 2010 übernahm Christine Lüders (FDP) dann die Leitung der ADS.

Sie begann ihr Referat mit einer bemüht Jugendgerechten Sprache, indem sie mehrfach betonten „Ich finde es Klasse ...“ doch nach einiger Zeit war ihr Beitag dann sowohl übe-raus interessant als auch sprachlich angemessen, weil anteilnehmend.

Frau Lüders berichtete über den Umfang der Antidiskriminierungsstelle und nannte konkrete Beispiele, be-sonders im Berufs- bzw. Arbeitsleben, zum Beispiel die anonymisierten Bewerbungsverfahren für Migranten, bei denen die persönlichen Angaben fehlen, um bei gleicher Aus-bildung und gleichen Voraussetzungen auch gleiche Chancen haben zu können. Näheres findet Ihr über www.antidiskriminierungsstelle.de/anonymbewerben. Zum Beispiel gibt es auch Hilfestellungen bei Diskriminierung aufgrund des Alters.

Im Zusammenhang von Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität benannte sie die Verpartnerung auf der KFZ-Zulassungsstelle statt des Standesamtes in Thüringen und Baden-Würthemberg, wobei diese diskriminierende Praxis unterdessen in Baden-Württhemberg aufgrund des Wahlergebnisses endlich been-det wurde. Die Referentin ermutigte die Anwesenden, sich bei bekannt-gewordenen Diskriminierungsfällen an die Antidiskriminierungsstelle zu wenden. Oft reiche schon ein offizielles Schreiben der ADS aus, etwas zu erreichen.

Beratung bei Diskriminierungen über +49 3018 555-1865 Mo. bis Fr. 9 -12 und 13 - 15 Uhr oder über E-Mail beratung@ads.bund.de

RA Regina Sigmund (Rüsselsheim): Gegenüberstellung der 'sozialen Utopie' des AGG und der Arbeitswirk-lichkeit. Im Referat dieser Anwältin ging es um Arbeitsrecht bzw. um Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Zur Lösung ihrer entsprechenden Fälle, über die sie referierte, käme es leider oft zu Freisetzungen, jedoch mit Abfindung. Möglich wäre auch die Versetzung zum Schutz der Betreffenden. Wenn die homophoben oder diskriminierenden Belästigungen nicht abgestellt werden, darf die Arbeitsleistung verweigert werden, wenn dies zum Schutz dr betreffenden Person notwendig ist. Gut sei die Beratung durch eine(n) entsprechende(n) Anwalt/Anwältin.
 
Sie musste zugeben, dass auch die Arbeitsgerichte nicht immer zugunsten der diskriminierten Personen entschieden und hier kam es dann zum Einvernehmen mit der Bevollmächtigten der Antidiskriminierungsstelle, dass in solchen und anderen genannten Fällen das Einschalten der Antidiskriminierungsstelle sehr hilfreich sein könnte.
Wie kondervative Politiker bisweilen mit unseren Belangen umgehe, könnt Ihr aus folgendem Beitrag erkennen: 
http://www.sueddeutsche.de/politik/volker-kauder-einstand-mit-eklat-1.518289

Dieser Runde Tisch der Lesben- und Schwulengruppen in Hessen war für Beratende sicher hilfreich. (rs/js)