- 106. Print-Ausgabe, Frühlings-LUST 2011
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- Zukunftspolitik
Die neue deutsche Politik, die angeblich derzeit notwendig ist,
erscheint den deutschen Wählern in der nun existierenden
Berliner Republik völlig fremd nach dem Ende der vertrauten
rheinischen Republik. Die politische Kenngrößen, die
sich jedoch schon längere Zeit anbahnten, heißen nun
Globalisierung, Parteienverdrossenheit und neue Bürgerbewegungen.
Im Hintergrund wirken eine neue Geopolitik, Sozialabbau, Schrumpfung
des Mittelstandes und die Wirtschaftskrise", die wohl
"neuere Weltwirtschaftsordnung" genannt werden müsste.
- Kenngrößen
Was als Globalisierung definiert ist, zeichnet sich nun auch
in unserem Lande schrittweise ab. Es geht darum, dass alle großen
internationalen Wirtschaftsunternehmen oder multinationalen"
Unternehmenszusammenschlüsse überall in der Welt investieren
d.h. wirtschaftlich tätig sein können und sich bemühen
können, überall die Infrastruktur der Länder nach
ihren Gewinnerwartungen umgestalten können. Staatliche oder
öffentlich-rechtliche Strukturen wirken auf sie wie Kapitalmärkte,
die noch nicht für sie bzw. von ihnen erschlossen, also
in Besitz genommen wurden.
Für die WählerInnen bedeutet dies, dass sie zunehmend
tendenziös und entsprechend den wirtschaftlichen Interessen
der internationalen Konzerne informiert" werden, und
be-sonders vor den Wahlen werden von denen, die gewählt
werden wollen, Illusionen über die gesellschaftliche Zukunft
geweckt, die in der Realität dieser Menschen dann keine
Entsprechung mehr haben.
Dass sich infolgedessen immer weniger Menschen an die sogenannten
Volksparteien gebunden fühlen, wird Parteienverdrossenheit
genannt, es ist jedoch in Wirklichkeit eine Verdrossenheit über
die Politik von nahezu der gesamten politische Klasse, die in
einer Verrechtlichung durch die Gesetzgebung, die sie selber
zu verantworten haben, über raffinierte und von Konzernen
subventionierten Wahlkampagnen Wählerstimmen auf eine Weise
sammeln, als seien dies wirtschaftliche Profite.
Und mit diesen Profiten können sie (die Politiker) dann
eine Zeitlang selber wirtschaftlich sorglos leben, bezahlt von
den Menschen, die sie ja gewählt haben. Den WählerInnen
bzw. der Bevölkerung erklären sie dann, dass sie das
einst Versprochene nicht halten können, weil die über
ihnen stehende Zusammenhänge dies verhindern, und sie treffen
politische Entscheidungen, die legal nach den Gesetzen sind,
die sie selber vorher verabschiedet haben, und deshalb so sein
können. Nur nutzen diese Entscheidungen eher den internationalen
Konzernen statt den Menschen des Landes.
Es entzünden sich daher, je nach den Ereignissen der Tagespolitik,
politische Kristallisationspunkte, um die herum sich von Gruppen
geführte Proteste und von Gruppen geführte Gegenproteste
bilden, und dort zeigt es sich, dass diese neuen Bürgerbewegungen
irgend etwas von der Wahlpropaganda ernst genommen haben und
dies durchgesetzt haben wollen oder etwas von den politischen
Machenschaften nicht dulden wollen. Nun ist aber nicht sicher,
dass sich die Strukturen dieser Bürgerbewegungen wirklich
gegen die Funktionalisierung durch Konzerne oder deren Lobby-Gruppen
gefeit sind. Es ist durchaus möglich, dass diese viel besser
als politische Parteien vor den Karren deren Wirtschaftsinteressen
gespannt werden können.
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- Es ist daher anzunehmen, dass die gegenwärtig
auftauchenden neuen Bürgerbewegungen nur eine Vorstufe zukünftiger
politischer Interessengruppen darstellen, und noch neuere Formen
entstehen, nachdem die Bevölkerung ihre hinreichenden Erfahrungen
in und mit solchen Bürgerbewegungen machen konnte.
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- 1. Soziale und politische Schichtungen
in der Gesellschaft
Glaubt man den Parteien, sind sie im wesentlichen Parteien der
Mitte. Die politische Rechte, die Konservativen also, sind Parteien
der Mitte, behaupten sie. Die Liberalen sind überhaupt die
Mitte und die Sozialdemokraten unter Schröder/Münte-fering/Steinmeier
waren/sind auch in der Mitte.
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- Das bestreiten die Konservativen. Und weil
die Konservativen behaupten, dass sie in der Mitte sind, seien
folglich die Sozialdemokraten links. Und was links der Sozialdemokraten
ist, das sind nach der Lesart der Konservativen dann Linksradikale.
Sehen wir uns die politische Strukturierung der Gesellschaft
genauer an, müssen wir uns bei den politischen Aktionen
dieser Strömungen, die in Parlamentsparteien ihren Ausdruck
finden, fragen, welchen sozialen Schichten deren Handlungen und
Aktionen nützlich sind.
Die demokratische Rechte ist darum bemüht, die sozialen
Schichtungen der Gesellschaft und also auch die Privilegien einzelner
Schichten gegenüber den anderen zu unterstützen, also
zu konservieren. Als politische Parteien treten zu diesen Zielen
sowohl die konservativen wie auch die Liberalen auf. Die Konservativen
bemühen sich auch um den Schulterschluss mit den religiösen
Organisationen im Lande, zum gegenseitigen Nutzen. Als Parteien
sind hier vorrangig die CDU und die CSU vorzufinden. Die FDP
hat hier auch ihre politische Heimat. Sie ist tatsächlich
die Partei der Besserverdienenden und der Interessen der Banken
und der Wirtschaft.
Die politische Mitte bemüht sich ebenso um den Erhalt der
vorgefundenen gesellschaftlichen und politischen Ordnung, möchte
jedoch soziale Auseinandersetzungen verhindern und ist daher
auch darm bemüht, dass die Arbeitnehmer-Innen in der Gesellschaft
ihr Auskommen haben. Als politsche Parteien finden sich hier
besonders die Sozialdemokraten aber auch der arbeitnehmerflügel
der Union sowie solche Liberale, die die individuellen Freiheitsrechte
in der Gesellschaft verteidigen. Diese finden sich bei den Grünen.
Die demokratische Linke ist darum bemüht, eine Politk zu
machen, die den Gegebenheiten in der Gesellschaft entspricht,
die sich aber besonders den Arbeitnehmern in der Gesellschaft
verpflichtet fühlt, deren Bildungs- und Aufstiegschansen
ebenso befördert wie auch deren gesellschaftliches und wirtschaftliches
Leben. Her finden wir als Parteien besonders die LINKE, aber
auch Teile der Grünen und Sozialdemokraten wieder.
Parteien: Wie aus dieser Aufstellung zu erkennen ist,
sind die Parteigrenzen nicht identisch mit den politischen Strömungen,
die sie angeblich vertreten, denn die Parteien haben ihr Eigenleben,
sind gesellschaftlich weit verzahnte Organisationen, die auch
besonders das wirtschaftliche Wohlergehen des eigenen Apparates
und die für diese Partei arbeitenden Menschen sowie die
politischen Einflussmöglichkeiten sowie die politische Bedeutung
der jeweiligen Partei im Auge haben.
Radikale: Das Wort radikal wird im parteipolitischen
Zusammenhang als Schimpfwort für Konkurrenten und Gegner
benutzt, da ja alle in der Mitte sein wollen. Radikal sein, heißt,
an die Wurzeln zu gehen, wir kennen dieses Wort als Radieschen,
was Würzelchen heißt. Die einen sagen, dass man an
die Wurzeln geht, die anderen sagen, dass man an das Fundament
geht. Der Begriff Fundamentalismus wird eher für
religiös gerechtfertigte politsche Bestrebungen benutzt,
Radikalismus eher für politische Parteien.
So finden sich in der politischen Rechten Menschen und Gruppen
sowie Parteien, die die Wurzeln oder Fundamente der Gesellschaft
radikal verändern möchten und als ideologische Grundlage
dafür den Rassismus, den Sozialdarwinismus, den Sexismus
(angebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern) benutzen,
die als ewig und unverrückbar gelten sollen und daher erst
einmal gewaltsam hergestellt werden müssen. Diese treffen
sich mit religiösen Radikalen oder Fundamen-taliten, die
einen wie auch immer gearteten Gottesstaat zum Ziel
haben und als Rechtfertigung für ihr politisches Handeln
den jeweiligen Wille Gottes als ihre jeweilige Gottesvorstellung
dazu vorgeben. Dieser ist natürlich auch für die Ewigkeit
angelegt.
In der politischen Auseinandersetzung werden bei der politischen
Linken solche Personen oder Gruppen linksradikal genannt, die
die vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen radikal oder
fundamental verändern möchten. Dazu gibt es auch recht
unterschiedliche Vorstellungen zur Rechtfertigung der gewünschten
Änderung.
Bewertung des Radikalismus bzw. Fundamentalismus: Wer in der
vorgefundenen gesellschaftlichen und politischen Ordnung sein
Auskommen hat, gut leben kann, besser also als andere, wer sich
so zufrieden fühlen kann und daher von der politischen Mitte
ausgeht, möchte keine wirklichen Veränderungen. In
den Entwicklungen der menschlichen Gesellschaften gab und gibt
es jedoch ständig gesellschaftliche Veränderungen.
So wurde und wird seit der Erfindung des Monotheismus die politische
Herrschaft religiös begründet, die den einen nutzt
und den anderen nicht. Die, denen die vorgefundene Ordnung nicht
nutzt, möchten natürlich ihre Lage verbessern. Und
wenn sie nicht erst für ihr Sklavendasein oder Ähnliches
belohnt werden wollen, wenn sie tot sind, wie das die Religionen
versprechen, dann müssen sie etwas unternehmen, um ihre
Lage zu ändern.
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- Dabei gibt es die Vorstellung, dass nun sie
mal oben sein wollen und die anderen ihre Sklaven sind, oder
die Vorstellung, dass Sklaverei abgeschafft gehört und daher
die Menschen gleich behandelt werden sollen und gleiche Chancen
haben sollen. Dies ist ein fundamentaler Unterschied und nicht
so sehr die frage, wie radikal die Auseinandersetzungen zum Ändern
der unerträglichen Zustände sind. Änderungen gehen
nur, wenn die Gesellschaft für eine solche Änderungen
offen ist. Geht dies nicht, gibt es zumeist gewaltsame Auseinandersetzungen.
Die von den Zuständen bisher Profitierenden werden sich
nicht so einfach die Butter von Brot nehmen lassen. Nur wenn
sie unter anderen Umständen zumindest einen Ausweg für
sich sehen, werden sie sich vielleicht weniger wehren.
So wurde zum Beispiel die Macht des Adels zurückgedrängt,
und der Adel hat nur noch repräsentative Funktion, oder
wo das nicht ging, wurde er gestürzt und es entstand nach
einigen blutige Auseinandersetzung eine andere Ordnung der Gesellschaft
und des Staatswesens. Ob solche Auseinandersetzungen also radikal
sind, hängt wohl davon ab, wie radikal die Ordnung ist,
gegen die sich die Auseinandersetzung richtet.
Das Bürgertum ist durch den Sturz des Adels oder zumindest
das Zurückdrängen der wirtschaftlichen und politischen
Macht des Adels selber zur politischen Macht geworden.
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- 1.1. Das deutsche Bürgertum
Die ehemals neue linke Partei die Grünen" oder
dann Bündnis90/Die Grünen sei in Wirklichkeit nun eine
Partei des Mittelstandes und des Bürgertums, heißt
es in den Medien. Diese Partei sei gerade im Kommen, doch es
würde eine Grenze des Wachstums für die Grünen
geben, denn aufgrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen
Situation schrumpfe der Mittelstand. Und die neuen Bürgerbewegungen
sind also ebenfalls Bewegungen des Bürgertums. Was genau
ist eigentlich das Bürgertum und was ist der Mittelstand?
Als Bürgertum wurde der soziale Stand definiert, der nach
oben von dem Adel und dem Klerus abgegrenzt werden konnte und
nach unten von den Bauern und den lohnabhängigen Arbeitern
sowie natürlich auch dem Prekariat oder dem
Lumpenproletariat", also von Menschen, die sich auch
nicht mehr von Lohnarbeit ausreichende ernähren konnten
und können.
Die führenden Köpfe des Bürgertums kommen aus
zwei Schichten, nämlich den Besitzern (Eigentümern)
und Führern (Managern) der großen Konzerne, flankiert
von kleineren Gewerbetreibenden sowie den höheren Beamten
(z.B. Regierungsangehörige), flankiert von den unterschiedlichen
gut bezahlten Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Die eher konservativen Teile des Bürgertums kommen eher
aus der Wirtschaft, während die eher reformerischen Kräfte
aus dem öffentlichen Dienst kommen, aber dies ist nicht
durchgängig.
Das Bürgertum stürzte den Adel und die daraus folgenden
Gesellschaften, die vom Staatsaufbau auf den Nationalstaat und
dem Parlamentarismus basierten, setzten gesellschaftlich auf
die humanistische Bildung und auf ein naturwissenschaftliches
Grundwissen sowie wirtschaftlich auf das Gewinnstreben. Heutzutage
werden alle Staatsbürger bzw. staatsangehörige Einwohner
eines Nationalstaates als Bürger bezeichnet, was diesen
Begriff Bürgertum oder die Eigenschaft bürgerlich
zur Kennzeichnung sozialer Schichten folglich zunehmend unbrauchbar
macht.
Nach der marxistischen Definition ist die Arbeiterklasse die
kommende soziale Schicht, die den bürgerlichen Staat stürzen
wird und die Diktatur des Bürgertums über
alle soziale Schichten durch eine Diktatur des Proletariats
ablösen wird, die letztlich in die klassenlose Gesellschaft
münden bzw. übergehen wird. Dass die Macht der Arbeiterklasse
nicht gestürzt werden kann, hängt dann damit zusammen,
dass unter ihr deshalb keine Klasse mehr ist, die gegen sie revoltiert,
weil die Arbeiterklasse ja schon die unterste Klasse sei. Was
ist aber mit dem Lumpenproletariat bzw. dem Prekariat?
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- Unter Diktatur" wird hier die
wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorherrschaft durch eine
soziale Schicht verstanden und nicht die Führung des Staates
nach innen und außen durch ein diktatorisch vorgehendes
Regime. Allerdings kann dies durchaus immer dann entstehen, wenn
die individuellen Freiheitsrechte aus irgend einem Grund eingeschränkt
werden.
Und so war in den Staaten, die sich selber realsozialistisch
nannten, beispielsweise der DDR, das politische Spielchen zu
beobachten, dass die Arbeitnehmer aber auch der gesellschaftliche
Überbau des Staates mit seinen führenden Funktionären
als Arbeiterklasse angesehen wurden, und in der Bundesrepublik
wird die wirtschaftliche und politische Führung wie auch
die Mehrheit der lohnabhängigen Arbeitnehmer als Bürger"
und Mittelstand" bezeichnet.
Gut bis sehr gut verdienende Menschen sind heutzutage nicht gerade
in ihrer Mehrheit unabhängige Unternehmer, sondern auch
Arbeitnehmer, ob lohn- beziehungsweise gehaltsabhängig,
und es gibt Unternehmer, die durchaus zu den armen Menschen der
Gesellschaft gehören. Es gibt auch viele lohnabhängige
Arbeitnehmer, deren Lohn nicht ausreicht, davon zu leben, was
sie dem Prekariat zuordnet. Also hilft man sich nun mit dem Begriff
Besserverdienende", wenn man die Wohlhabenden benennen
möchte, was aber auch sprachlich nicht sauber ist, weil
das Verdienen zum Arbeitnehmer zugerechnet wird und
nicht dem Arbeitgeber, der ja seine Reichtun erwirtschaftet.
Die wie auch immer finanziell abzugrenzenden Besserverdienende
sind also der sogenannte Mittelstand, von besserverdienenden
MitarbeiterInnen in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst
bis zu mittleren Unternehmern, Managern bis Lehrern und Menschen
in der Verwaltung usw., die durchaus ein Einkommen haben können.
Diese besserverdienenden sozialen Schichten, dieser Mittelstand
also, ist gegenwärtig in Gefahr, seine Stellung zu verlieren
und man hat dort deshalb verstärkt Angst, zu Hartz-IV-Fällen
zu werden und den Kindern nicht mehr den reibungslosen Übergang
auf die besseren Plätze der Gesellschaft ebnen zu können.
Dies zeigte sich zum Beispiel in der Hamburger Kampagne gegen
die kleinen Verbesserungen der Bildungschancen für untere
soziale Schichten.
Auch bei der Bahnhofsgeschichte in Stuttgart geht es vorrangig
nicht so sehr um Interessen der unteren sozialen Schichten, sondern
um die Interessen des städtischen Mittelstandes, der während
der jahrelangen Bauphase alle seine Möglichkeiten verliert,
im Umfeld des Bahnhofes Geld zu verdienen, und die Neuplanung
des bisherigen oberirdischen Bahnhofsgelände mit vielen
kleinen Gewerbebetrieben ermöglicht anderen Kapitalanlegern,
nämlich großen Konzernen, dort Geld durch eine völlig
neue Bausubstanz zu verdienen. Diese Sorgen treffen sich mit
der urbanen Bevölkerung, die in ihrer Stadt wohnlich wohnen
möchte, während die Arroganz der Macht der entsprechenden
Politiker die Menschen sehr erbittert. Dies ist also eine bürgerliche
Bewegung".
Im Mittelstand gibt es auch Strukturen, die generell die Migranten-familien
und anders religiöse Familien mit großem Misstrauen
sehen und die daher für die entsprechende Demagogie empfänglich
sind. Eine große Gefahr ist also eine anti-Mgranten-Bürgerbewegungen
und die Nazis in Deutschland sehen gerade dies als Chance für
einen bürgerlichen Schulterschluss mit Rechtsradikalen.
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- Dort verbinden sich scheinbar die wirtschaftlichen
Ängste mit der traditionellen Ideologie des konservativen
Bürgertums. Aber auch Menschen des linksliberalen Bürgertums
sind für Vorbehalte gegenüber Migrantenfamilien empfänglich.
Sowohl die Frauenbewegung als auch die Schwulenbewegung (bzw.
Lesben- und Schwulenbewegung) bieten den Ansatzpunkt, ihr endlich
Erreichtes verteidigen zu wollen, auch gegen die religiöse
Frauenfeindlichkeit und Homophobie von solchen Religionen, die
hier traditionell fremd waren und nun als fremd dargestellt werden
und wurden. Das legitime Verteidigen der erreichten Rechte homosexueller
Menschen nach vielen Jahren der Demütigung und Verfolgung
kann nicht in einem dumpfen Klima pauschaler Verurteilungen gelingen,
das auch nicht gerade für andere unserer Belange förderlich
sind.
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- Es handelt sich hier jedoch um bürgerlich-linke
Interessen, viele linke Interessenwahrnehmungen sind eher bürgerlich.
Der bürgerliche Mittelstand weiß offensichtlich schon,
auf vielfältige Weise seine Interessen zu erkennen und auf
unterschiedlichen Wegen zu verteidigen.
In der politischen Linken wird davon ausgegangen, dass die unteren
sozialen Schichten nur etwas zu ihren Gunsten erreichen können,
wenn sie ihre eigene Lage und ihre Interessen erkennen und nicht
glauben, mittelständige Bürger zu sein. Dieses Erkennen
ihrer Lage gelingt ihnen aber häufig eher nicht, weil sie
selber glauben, jede/r könnte es individuell nach oben schaffen.
Lohnarbeit wird nicht aufhören zu existieren. Wichtig ist
nur, unter welchen Bedingungen diese Arbeit verrichtet wird,
was leider immer schlimmer aussieht, und wie sich die Menschen
an den gesellschaftlichen Prozessen beteiligen können oder
nicht beteiligen können, erleben sie zu ihrem Unmut ständig.
Und sie wollen nicht immer nur mit ihrem Verlangen und gesellschaftspolitischen
Ansätzen auf Wahlen vertröstet werden, was dann auch
enttäuschend ausgeht, weil sich um die Parteien herum längst
Lobbyverbände gruppiert haben.
Die gesellschaftliche Beteiligung der Bevölkerung von unten
nach oben gehört zu den grundlegenden Prinzipien einer Demokratie.
Es geht anscheinend nicht darum, dass Teile des mittelständigen
Bürgertum mehr Einfluss möchte, sondern dass es zunehmend
autoritärer werdende konservative bürgerliche Strukturen
gibt, die ihrerseits eine für sich selber wirtschaftliche
und politische Machtbasis gegenüber unten absichern wollen,
um vom Niedergang der Mittelschichten selber nicht betroffen
zu sein, sondern davon zu profitieren.
Der Staat handelt also zunehmend autoritärer und baut Strukturen
aus, die ihm dazu befähigen, die Wirtschaft versucht die
Arbeitnehmerrechte und Gehälter in den freien Fall zu bewegen,
was auch den Mittelstand abbaut. Der Niedergang der unteren Mittelschichten
wurde aber vom konservativen Bürgertum in Wirtschaft und
Politik selber eingeleitet, um davon zu profitieren, darüber
an anderer Stelle mehr. Wie dem auch sei, eine Verbesserung der
wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung scheint nur gegeben
zu sein, wenn es eine akzeptable wirtschaftliche Untergrenze
für alle Menschen gibt.
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- 1.2. Die heutige deutsche politische Linke
Die deutsche politische Linke, die sich ja hauptsächlich
um die soziale Lage der Bevölkerung kümmert und zu
kümmern hat und sich überhaupt als die Arbeiterbewegung
sieht, hat unterschiedliche Hintergründe in der Geschichte
und unterschiedliche ideologische Wurzeln sowie historische Erfahrungen
und bekämpft infolgedessen lieber sich gegenseitig selber
als ihre eigentlichen politischen GegnerInnen, das konservative
Bürgertum und besonders auch die Nazis, die immer bereitstehen,
dem konservativen Bürgertum gegen die Linken beizuspringen.
Das führt übrigens dazu, dass das konservative Bürgertum
auch gelegentlich den Nazis beispringt.
Aufgrund der Zweistaatlichkeit nach dem 2. Weltkrieg war die
Lage der politischen Linken in den beiden deutschen Staaten natürlich
völlig unterschiedlich. Während im heutigen bürgerlichen
Deutschland über die tragische Lage konservativer und bürgerlicher
Menschen im Osten viel in den Medien die Rede ist, ist die politische
Linke noch immer das Feindbild.
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- Zumindest nutzen die eher konservativen und
bürgerlichen Parteien noch immer gerne dieses Feindbild,
indem sie damit verhindern, dass aus dem Zusammenschluss linker
Kräfte eine politische Vereinigung entstehen kann. Eher
mobilisieren sie gesellschaftliche Bilder und Töne mit,
die näher an die Zeit vor dem Zusammenbruch des tausendjährigen
Reiches" angesiedelt sind und der restaurativen Phase der
Bundesrepublik vor der befreienden 68er Revolte. Die wollen derzeit
eine neue restaurative Stimmung gegen die 68er Wende erzeugen.
Die politische Linke aus diesen beiden Staaten hätte also
alleine deshalb viel zu tun. Gegenwärtig finden wir die
politische Linke Deutschlands in einer ganzen Reihe von sozialen
Projekten und Bewegungen sowie Gewerkschaften, viele politisch
eher linke Menschen sind auch in Parteien zu finden, wie der
Partei "die LINKE", auch noch den GRÜNEN und in
gewissen Mengen noch in den stark angeschlagenen Sozialdemokraten.
Die meisten sind aber parteilos und in sozialen Projekten usw.
engagiert.
Es haben sich nach der für Linke unvergleichlichen Katastrophe
des Nazistaates, teilweise der KZ-Erfahrung oder des Lebens im
Untergrund oder in der inneren Emigration und dem folgenden Untergang
des Nazi-Staates im 2. Weltkrieg dann in den beiden deutschen
Staaten nicht nur zwei völlig voneinander getrennte linke
Bewegungen gebildet. Es entstand sowohl die jeweils unter den
unterschiedlichen Linken dominierende linke Ideologie wie das
aus den politischen und sozialen Auseinandersetzungen in beiden
Staaten sich bildende eigene Selbstverständnis der linken
Menschen in diesen beiden deutschen Staaten.
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- 1.2.1. Linke in der DDR
Der mit Hilfe der Sowjetunion implantierte sozialistische Staat
war in seinen Grundlagen autoritär, von oben nach unten
aufgebaut. Diese Form des Sozialismus" als Ergebnis
der geostrategischen Lage nach dem 2. Weltkrieg wurde schrittweise
ausgebaut und es scheint so, dass die Obrigkeit der eigenen Bevölkerung
nicht traute: Einerseits, weil man sich in Konkurrenz zum Westen
befand, der einerseits in gewisser Weise mit Wohlstand winkte,
die Staatsbürger der DDR als Staatsbürger des eigenen
westlichen kapitalistischen Staates ansah und Einfluss auf die
inneren Strukturen der DDR zu nehmen versuchte, indem der Westen
viel tat, um die DDR zu destabilisieren.
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- Es war nämlich der Teil Deutschlands,
in dem dieser Nachkriegsstaat eingerichtet wurde, auch kein wirtschaftlich
günstiges Gebiet. Andererseits war die sozialistische Führung
aufgrund des hierarchischen Aufbaus ihrer Machtbasis nicht gerade
sicher, was die innerstaatliche Kontrolle der Bevölkerung
verriet. Diese Unsicherheit der Führung macht es aus, dass
die herrschenden Funktionäre bei ihrem eigenen Machtverlust
um das Ganze des sozialistischen Ordnung fürchten mussten,
weshalb viele repressive Maßnahmen der Regierung notwendig
zu sein schienen. Das war schlecht für kreative Entwicklungen.
Viele linke EmigrantInnen der Nazizeit aus dem deutschen Kulturleben
gingen nach dem 2. Weltkrieg in die neugegründete DDR und
befruchteten dort tatsächlich das Kulturleben erheblich.
Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass die gesamte Bevölkerung
der DDR politisch gegen diesen Staat eingestellt war. Allerdings
gab es durchaus auch linke Strömungen oder Bemühungen,
die andere bzw. ergänzende Vorstellungen von einem sozialistischen
Staat hatte, ohne den Staat infrage zu stellen.
Da der Staat DDR selber nicht das Ergebnis einer Revolution,
sondern eines administrativen Aktes der Sowjetunion und der von
ihr eingesetzten Regierung war, stützte sich die Regierung
im wesentlichen auf einen bürokratischen Apparat, der möglichst
alles verwalten wollte/sollte. Und da die Bundesrepublik viel
unternahm, die DDR zu entstabilisieren, traute der Staat seinen
Bürgern nicht, was sehr autoritäre Strukturen förderte.
Der Staat rechtfertigte seine gesellschaftlichen und politischen
Aktionen, die nur teilweise begrüßt oder akzeptiert
wurden, mit der Aussage, dass dies, was er dort zu seinem Staatserhalt
machte, eben der real existierende Sozialismus sei.
Damit wurde bei den politisch linken Kräften in der DDR,
die zum DDR-Staat standen, und deren befreundete Organisationen
im Ausland (z.B. in der Bundesrepublik) der Sozialismusbegriff
auf das festgelegt, was sich nach Lage der Dinge in der DDR entwickeln
musste und daher auch entwickelte.
Der Begriff Sozialismus" wird von unterschiedlichen
Linken recht unterschiedlich gesehen. Im Kalten Krieg"
zwischen dem so genannten Sozialistischen Lager" oder
Ostblock" einerseits und dem angeblichen freien
Westen" andererseits, der durch heiße Kriege um die
Gebiete der sogenannte 3. Welt" rund um die Welt gewürzt
wurde, in dieser Zeit war im Westen Sozialismus" etwas
Schlimmes, Kommunismus etwas noch schlimmeres. Es versteht sich
von selbst, dass dies in den Ländern des Ostens ganz offiziell
anders zu sehen war und vielfach von der Bevölkerung auch
gesehen wurde.
Nun hatte die DDR auch durchaus Errungenschaften vorzuweisen,
was dazu führt, dass die Partei Die Linke" in
den neuen Bundesländern" durchaus ein starker
Faktor ist, weil sie verloren gehen oder gingen, außerdem
gibt es in der Bundesrepublik genug Gründe, die eine politische
linke und deren politisches Wirken notwendig machen. Es gab aber
auch politisch linke" Kräfte in der DDR, zum
Beispiel in den Kirchen und anderen Organisationen des Übergangs,
die, nachdem sie sich in der Bundesrepublik wiederfanden, sich
sehr schnell mit konservativen Kräften der Bundesrepu-blik
in der CDU oder CSU zusammenschlossen.
Und die meisten politischen Parteien der DDR fanden sich auch
recht schnell zurecht.
Die LDPD (Liberaldemokratische Partei) und die NDPD (Nationaldemokratische
Partei) traten der westlichen FDP bei, CDU der DDR und die BP
(Bauernpartei) traten der bundesrepublikanischen CDU bei. Außer
der SPD vergrößerten sich also die Parteien der Bundesrepublik
durch die sogenannten Blockflöten, die ja viele Mitglieder
und Parteivermögen hatten.
Die SPD-Landesverbände in den "neuen Ländern"
waren tatsächlich Neugründungen.
Die SED (Sozialistische Einheitspartei, einstmals aus KPD und
SPD der DDR gegründet), stellte zusammen mit gesellschaftlichen
Organisationen und mit den anderen Parteien, der CDU der DDR,
LDPD, NDPD und BP der DDR die Regierung der Nationalen Front
der DDR. Nach der Übernahme der DDR durch die Bundesrepublik
verlor die SED den größten Teil ihrer Mitglieder,
nämlich alle solche, die nun in anderen Parteien oder Strukturen
vorankommen wollten. Die Rest-SED wandelte sich um in die PDS.
Die PDS schloss sich in der Bundesrepublik später mit den
Teilen der SPD zusammen, die sich unter Schröder in ihrer
Partei nicht mehr wiederfanden und mit Gewerkschaftlern der Bundesrepublik
(beide in der WASG - Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit),
außerdem mit isolierten aber eben noch immer existierenden
68er Linken, die nicht in die Grünen gegangen waren, zur
Partei Die LINKE. Innerhalb dieser neuen Partei Die LINKE gibt
es große inhaltliche Auseinandersetzungen, die etwas mit
der neuen Lage der Menschen aus der DDR in der Bundesrepublik
und der unterschiedlichen Geschichte der politischen Linken in
beiden Staaten zu tun haben, aber auch mit den Dauerauseinandersetzungen
zwischen unterschiedlichen Linken aus der alten Bundesrepublik.
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- 1.2.2. Linke in der BRD
Die KPD entstand nach dem Untergang des Nazistaates ebenso schnell
wie z.B. die Sozialdemokraten und die Liberalen, auch die Konservativen,
sie hatte anfänglich durchaus beachtliche Wahlerfolge, aber
sie wurde dann recht bald verboten und war somit wieder illegal.
Anfänglich bauten die Kommunisten im Westen die Bundesrepublik
mit auf.
In der Bevölkerung war die Stimmung nach dem Krieg und dem
Hitlerstaat mit seinen Anhängern eher links. In Hessen gab
es zum Beispiel eine Volksabstimmung, die zum Ziel hatte, die
Industrie zu verstaatlichen und über 80% der Bevölkerung
stimmte zu, die ameri-kanische Besatzung verbot die Durchführung.
Dennoch hat z.B. die hessische Verfassung durchaus einen linken
Zungenschlag: im Arbeitskampf dürfen die Unternehmer nicht
aussperren, der Krieg ist verboten und alle Maßnahmen,
die einen Krieg vorbereiten können, sind verfassungswidrig.
Die hessischen Lehrer haben die Pflicht, in allen Fächern
für Frieden und Völkerverständigung einzutreten
usw.
Übrigens, die Landesverfassungen entstanden vor dem Grundgesetz,
sie wirken wie Verfassungen souveräner Staaten. Würde
die Bundesrepublik zerfallen, wären die Landesverfassungen
die Grundlage der Gesetzgebung der jeweiligen Länder.
Nach der Gründung der Bundesrepublik begann eine lange restaurative
Phase. Richter und Polizisten aus der Nazizeit wachten wieder
über die Bevölkerung und nach der Gründung der
DDR begann in den Medien und in der Gesetzgebung der Kalte Krieg.
Durch das Verbot der KPD waren nicht nur Mitglieder dieser Partei
verfolgt, sondern auch Anhäng-erInnen anderer linken Strömungen
und ganze Gruppierungen. In vielen Fragen bekamen die Kirchen
großen Einfluss, besonders im Bereich der Familie und auch
der Kindererziehung und Heimerziehung.
Frauen durften kein eigenes Konto führen, nur mit Zustimmung
des Ehemannes einen Beruf ausüben. Männliche Homosexualität
wurde nach den in der Nazizeit verschärften Gesetzen weiterhin
verfolgt, wer unverheirateten Erwachsenen die Möglichkeit
gewährte, Sex zu haben, wurde wegen Kuppelei verurteilt
usw.
All diese Umstände werden auch heute noch eher verschwiegen,
wenn über die junge Bundesrepublik berichtet wird. Erst
in den späten 60er Jahre änderte sich im Westen Vieles.
Eine von den Universitäten ausgehende linke antiautoritäre
Jugendrevolte durchdrang die Schulen und die Kulturszene, wehrte
sich gegen die deutsche Unterstützung des amerikanischen
Vietnamkrieges und gegen die miefige Familien- und Sexualmoral
der Adenauer-Republik. Das war dann auch die Zeit des parteipolitischen
Wandels.
Die lange CDU-Zeit ging mit einer großen Koalition zu Ende,
der die SPD-FDP-Zeit folgte. Die Zeit der SPD-FDP-Regierung und
der Notstandsgesetze mit einer ganzen Reihe von Reformen und
der Anerkennung der DDR, den Berufsverboten für linke LehrerInnen
usw. und der Lockerung des Sexualstrafrechts usw.
Doch die linke antiautoritäre Jugendrevolte hatte außerhalb
der Parlamente bis tief in die Provinz hinein ihre Eigendynamik.
Häuserkampf mit Hausbesetzungen usw.
Es entstanden andere Lebensformen in Wohngemeinschaften und Kommunen,
auch Landkommunen, eine breite linke Kulturszene und eine immer
befreitere Sexualität. Das Spektrum linker Gruppen reichte
von den Libertären über die Antiautoritären und
Radikaldemokraten bis zu Sozialisten und maoistische Kommunisten.
Auch eine terroristisch vorgehende RAF entstand, die den Bürgerkrieg
versuchte, der Linken mit Ihrer Propaganda der Tat"
ihre Politik aufzuzwingen versuchte und die sich als ein Teil
des Versagens der bundesrepublikanischen Linken erwies.
Und die Juso kamen mit ihrem integrativen Marsch durch
die Institutionen.
Die bundesdeutsche Linke führte durch ihre antiautoritäre
Jugendrevolte zu einer Erneuerung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung
der Bundesrepublik und versickerte in den Angeboten der Marktwirtschaft.
Sozialistische Errungenschaften blieben auf die betriebliche
Mitbestimmung reduziert und dem vermögensbildenden Sparen.
Die neue Linke der Bundesrepublik war genau genommen eine linksbürgerliche
Bewegung.
Durch das Lesen von Hegel, Feuerbach, Marx, Trotzki, Bakunin
und anderen, aber auch mit Macuse, Pilgrim, Amendt, Mc. Neill,
von Braunmühl und Makarenko bildete man sich weiter und
erging sich in verkopften theoretischen Auseinandersetzungen
und argumentierte mit den Klassikern alten sozialistischen und
anarchistischen Ikonen sowie neuen Theoretikern der neuen Linken.
Man war antiautoritär und glaubte im wesentlichen sich selber
und nur solchen Theoretikern, denen man abnehmen konnte, dass
sie sich mit dem, worüber sie schrieben und sprachen, auch
hinreichend auseinandergesetzt hatten. Die Bewegung war also
verkopft, sexualisiert und schließlich bekifft.
Aus diesen ganzen Bewegungen entstand immerhin auch die neue
Frauenbewegung und die studentische Schwulenbewegung.
Später ging es gegen die Statio-nierung von Raketen, woraus
eine breite Friedensbewegung entstand und eine breite Umweltbewegung.
Dies alles veränderte das gesamte politische Klima auch
zu mehr individueller Freiheit.
Mit eher autoritären realsozialistischen Strukturen in Osteuropa
hatte man weitgehend nichts zu tun, das lag doch zu weit weg
von den Auseinandersetzungen, die man hierzu-lande gegen die
konservativen Autoritäten führte, außer in der
DKP, die sich gründen durfte und nicht verboten war.
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- 1.2.3. Die heutige Linke im heutigen Deutschland
Keative Kräfte die notwendige soziale, gesellschaftliche
und zwischenmenschliche Veränderungen durchführen wollen,
um besonders den unteren Schichten der Bevölkerung bessere
Chancen zu ermöglichen, werden die politische Linke genannt.
Die politische Linke in ihrer Vielfalt wäre auch nicht am
Ziel ihrer Hoffnungen, wenn sich die jeweilige linke Bewegung
politisch durchgesetzt hätte, weil es immer etwas zu verändern
und zu verbessern gibt mit dem Ziel, dass ein Zustand sozialer
und gesellschaftlicher Gerechtigkeit erreicht wird. Auch wenn
es in der Geschichte linker Bemühungen furchtbare Entgleisungen
gab, geht es in den Grundlagen immer um individuelle und gesellschaftliche
Emanzipation, besonders bei der sozialistischen Ausrichtung dieser
Bewegung.
Große Teile der DDR-Bevölkerung sahen offensichtlich
in der Marktwirtschaft und der durch die 68er erneuerte bürgerliche
Gesellschaft die Erfüllung ihrer Sehnsucht nach mehr individueller
Freiheiten. Dass dies ihren persönlichen wirtschaftlichen
Niedergang bedeuten würde, kam ihnen dabei offensichtlich
trotz der polytechnischen Oberschule nicht in den Sinn. Und bei
uns im freien Westen" machte der Zusammenbruch einer
scheinbaren gesellschaftlichen Alternative in Osteuropa, die,
wie auch immer sie war, immerhin existierte, eine neue
Weltordnung" mit neoliberalen Strukturen möglich. Und
die durch den Zusammenbruch dieser Alternative machte es nahezu
überall möglich, Sozialstrukturen abzubauen, Löhne
zu senken und so die Gewinne deutlich zu erhöhen.
Da die SPD und die Grünen nach ihrer Wiederwahl selber den
Sozialabbau betrieben, verloren immer mehr linke Sozialdemokraten
ihre politische Heimat und sind aus der SPD ausgetreten. Sie
sammelten sich in kleinen parteiähnlichen Organisationen,
die sich nach und nach zur Wählerinitiative Arbeit und soziale
Gerechtigkeit, WASG, zusammenfanden bzw. in sie einbanden. Gleichzeit
entstanden auch in vielen west-bundesrepublikanischen Städten
PDS-Ortsgruppen, die sich auch in Landesverbänden zusammenschlossen.
In diese Landesverbände bzw. Ortsgruppen, die oft auch von
PDS-Mitgliedern aus dem Osten gegründet wurden, die wegen
ihrer Arbeit umgezogen waren, traten linke Gewerkschaftler und
isolierte frühere alt-68er Linke ein, die eine neue linke
Heimat suchten und die sich nicht (mehr) in den Grünen wiederfanden.
Linke Sozialdemokraten hatten somit 2 neue Möglichkeiten.
Schließlich kam es im Westen und in Berlin und zu einem
festgelegten Zeitpunkt zum Zusammenschluss von WASG und PDS,
wodurch diese vereinigte Linke arbeitsfähiger wurde und
nun überall wählbar wurde. Der Beitritt des langjährigen
Saarbrücker Oberbürgermeisters und dann jahrelangen
saarländischen Ministerpräsidenten sowie ehemaligen
SPD-Vorsitzenden Oscar Lafontaine half entscheidend, dass die
Partei Die LINKE für breitere Bevölkerungsteile nun
auch im Westen wählbar wurde.
Natürlich versuchen alle anderen Parteien, die Partei die
LINKE zu isolieren, um sie so unbedeutend werden zu lassen, um
eine Konkurrenz um die gleichen WählerInnenstimmen loszuwerden
oder um anderen Parteien einen möglichen Koalitionspartner
zu nehmen.
Es geht aber auch darum, zu verhindern, dass es etwas einigermaßen
Bedeutendes links von der SPD und den Grünen geben soll.
Es geht also auch darum, Stimmen zum Verstummen zu bringen, die
den Sozialabbau kritisieren, damit dieser wie durch ein Naturgesetz
bedingt erscheint und nicht durch die mit durchgesetzt, die wir
deshalb gewählt haben, damit sie den Sozialabbau verhindern,
weil sie ihn im Wahlkampf kritisiert hatten.
Wo finden wir also nun Menschen, die man weitläufig als
links bezeichnen kann? Nun, da gibt es in unserem Lande also
gegenwärtig zwei sozialdemokratische Parteien, die in die
bürgerlich Mitte verschobene SPD, und ich unterstelle, dass
man dort auch noch Linke" finden kann. Die anderen
Sozialdemokraten sind links von der SPD angesiedelt, in der Partei
"Die LINKE". Dann gibt es noch Linke bei den Grünen.
Sie arbeiten natürlich zusätzlich in Gewerkschaften
und den verschiedensten Organisationen mit, wo es ihnen aus politischen
oder persönlichen Gründen sinnvoll erscheint.
Außerhalb der Parlamentsparteien gibt es natürlich
auch noch Linke, die es aus politischen Gründen ablehnen
in und mit Parlamentsparteien zusammenzuarbeiten oder mit diesen
Parlamentsparteien. Sie arbeiten politisch in anderen Organisationen
z.B. der Friedensbewegung, der Frauenbewegung, der Schwulenbewegung
usw. oder haben eigene Organisationen gegründet, die ihren
emanzipatorischen Vorstellungen entsprechen. Es kann auch sein,
dass sie bürgerlich oder alternativ leben und auf Organisationen
persönlich verzichten.
In der jetzigen Bundesrepublik geht es gegenwärtig nicht
so sehr nach links, es sieht im Gegenteil so aus, als ob bestimmte
gesellschaftliche Kreise lieber die politische Rechte hochpäppeln
und mobilisieren möchten, um ihre wirtschaftlichen Vorteile
auch in Zukunft sicher ernten zu können.
-
- 2. Der Zorn über die Sozialfuzzis
und die Gutmenschen
In der politischen Rechten und in konservativen bürgerlichen
Kreisen wird immer mal von den Sozialfuzzis geredet. Und es gibt
viele Menschen, die über Hartz-IV klagen, weil dort den
Faulenzern Geld in den Rachen gesteckt würde. Wer hier politisch
die Steuergelder mit vollen Händen verschwenden würde
und die ausführenden Angestellten in den betreffenden Büros,
diese alle sind also die Sozialfuzzis. Es geht auch gegen gesetzliche
Sozialversicherungen, man ist eher für privat für die
besser stehenden Leute, überhaupt geht es gegen alles, was
in irgendeiner Weise irgendwie sozial ist, weil es die Faulenzer
und Versager" fördern würde.
Der Hintergrund einer solchen Haltung ist Sozialneid, besonders
bei solchen Leuten, die es auch nicht einfach haben, zu ihrem
Geld zu kommen, beziehungsweise, die der Ansicht sind, dass die
öffentlichen Gelder eigentlich anders ausgegeben werden
müssten, in ihrem Sinne nämlich.
Sozialsysteme machen das Soziale der Gesellschaft aus, besonders
einer marktwirtschaftlichen, denn nicht jeder Mensch hat so viel
Geld, um sich das, was er in jedem seiner Lebensabschnitte benötigt,
erkaufen kann. Genau genommen haben nur wenige so viel Geld.
Daher sind öffentliche Kindergärten, Schulen, Universitäten
usw. wichtig, damit sich jeder Mensch anständig versorgen,
anständig bilden und ausbilden kann und anständig leben
kann Außerdem werden Einrichtungen zum Versorgen von Menschen
benötigt, die sich aus Alters- oder Krankheitsgründen
nicht, noch nicht oder nicht mehr aus eigenen Mitteln ausreichend
versorgen können.
Wichtig wäre hier auch ein sinnvolles Gesundheitssystem
für alle, die dieses aus irgendeinen Grund benötigen.
Überall an diesen Stellen arbeiten Menschen, die hier ihren
Lebensunterhalt verdienen. Diese Menschen als Sozialfuzzis"
zu beschimpfen, weil sie im öffentlichen Dienst anstatt
in der Wirtschaft arbeiten, ist absurd.
Es gibt aber auch noch andere GegnerInnen der hier vorzufindenden
Sozialfuzzis, nämlich links Engagierte, die ein gut ausgebautes
Sozialsystem absolut für sinnvoll halten, nicht aber Profiteure
von Sozialstrukturen, an denen diese ganz gut verdienen, jedenfalls
besser und mehr als solche, für die die Sozialstrukturen
eingerichtet wurden.
Selbstverständlich gibt es auch in den verschiedensten als
Sozialdienst angesehenen Einrichtungen Menschen, die recht profitorientiert
denken, wenn sie schon in der Marktwirtschaft leben. Und da suchen
sie nach Möglichkeiten, in die Marktwirtschaft umzusteigen
und Unternehmen für die Lücken zu gründen, die
sich gerade wegen Sozialeinsparungen auftun. Tja die Marktwirtschaft
setzt schon ganz gut gewisse Kreativitäten frei.
Menschen, die sich für sozial Benachteiligte einsetzen,
die das Ausbeuten, Erniedrigen und Diskriminieren anderer Mernschen
bekämpfen und sich oft schützend vor sie stellen, werden
von zynischen Profiteuren ungerechter Verhältnisse als Gutmenschen
verhöhnt. Mitmenschlichkeit und Solidarität sind für
so manche Menschen, die gerne von Sklaven bedient würden
der gar werden eher Schwächen statt Tugenden. Sie betrachten
Menschen, die sich nicht wehren können als Opfer, auf denen
sie zu ihrer eigenen Belustigung gerne rumtrampeln wollen.
-
- 3. Politik
Das Handeln für die Allgemeinheit wird politisches Handeln
genannt. Mit der Ableitung des Wortes aus den griechischen Stadtstaaten,
Polis genannt, kommt man heutzutage nicht so sehr weiter, wo
man es mit Flächenstaaten auf der Grundlage von Nationalstaaten
mit multikulturellen Ergänzungen zu tun hat, die vom internationalen
Kapital dominiert werden. In diesen modernen Staaten heutzutage
muss der Politiker natürlich die wichtigen und als bedeutend
geltenden Verbände und Interessengemeinschaften im Auge
haben, die Interessen der wirtschaftlichen Oberschicht und ihren
wirtschaftlichen und politischen Handlangern also.
Und dann gibt es ja auch noch die anderen BewohnerInnen des Landes,
die nicht wirklich etwas zu sagen haben, die aber für die
Wahlen von gewisser Bedeutung sind, nämlich dann, wenn sie
sich doch anders verhalten als es über die Medien vorausbestimmt
wurde.
Diese an und für sich unwichtigen Bürger sehen sich
gerne als Mittelstand, haben aber Angst zu Hartz-IV-Fällen
zu werden, zur Unterschicht also, wie sie meinen. Und diese Leute
des angeblichen Mittelstandes, also Leute, die genügend
verdienen, um davon mehr oder weniger gut leben zu können,
die sind gesellschaftlich aufzuteilen in die, die sich mit den
bedeutenden Interessengemeinschaften, der Oberschicht, identifizieren
und die sich in der Situation wähnen, dass alles, was den
Wohlhabenden nutzt infolgedessen auch ihnen nutzt.
Die PolitikerInnen müssen sich hier also auf eher bürgerlich
denkende Menschen einstellen, und diese stehen nur zum Teil im
Gegensatz zu den wirtschaftlich dominierenden Schichten.
Aber die eher machtlose Bevölkerung eines Landes setzt sich
auch noch aus einem Teil von Einwohnern zusammen, die zwar wirtschaftlich
der gleichen Gruppe wie der bürgerlich denkenden machtlosen
Bevölkerung angehören, die aber eben nicht bürgerlich
denken und sich nicht am Bürgertum orientieren und die deshalb
im Prinzip nicht völlig machtlos sind. Sie haben eher das
Bewusstsein, dass ihre Interessen, die sich aus ihrer Lage in
der Gesellschaft ergeben, nicht darin bestehen, hinter der Oberschicht
herzulaufen, wenn sie schon für sie arbeiten müssen.
Und die Oberschicht findet, dass diese nur dann in ihre Interessen
passen, wenn es zwischen ihnen und diesen Unterschichtlern
einen möglichst großen Abstand gibt.
Politiker möchten in ihrem Beruf Karriere machen, und dazu
gehört, dass sie erkennen, wem zuliebe sie zu handeln haben,
damit sie reibungslos von ihrem Amt her für die Leute arbeiten
können, die an den Geldschlüssel sitzen. Des weiteren
müssen sie lernen, wie sie möglichst große Teile
der Bevölkerung entweder für ihre Politik gewinnen
können oder ihnen gegenüber den Eindruck erwecken können,
dass sie für ihre WählerInnen arbeiten.
Wir 68er haben gerne und lustvoll Politik gemacht und eher konservativ
bürgerliche Leute meinten, uns immer aufklären zu müssen,
indem sie uns sagten, dass Politik ein schmutziges Geschäft
und sehr verlogen sei. Und es ist wahr, die Parteipolitik ist
sehr korrumpierend. Es ist schon bezeichnend, dass unter dem
Begriff Politik den Leuten immer nur Parteien einfallen.
-
- Unsere politischen Aktionsfelder waren die
Schule, die Uni, oft auch der Arbeitsplatz, Vereine und Verbände,
Jugendzentren und Gemeinschaftshäuser, politische und kulturelle
Veranstaltungen, selbstverständlich immer wieder die Straße,
Kneipen und Szenekneipen usw. Und unsere politischen Ziele richteten
sich gegen den Vietnamkrieg und die Eroberungspolitik bzw. anmaßendes
autoritäres Verhalten, gegen verlogene Politiker, gegen
Unterdrückung und Ausbeutung und für Aufklärung
und Entlarvung sowie für die Befreiung der Individuen aus
ihrer Unmündigkeit sowie der Sexualität der Menschen,
die ja sehr reglementiert und beinahe verunmöglicht war.
Ganz wichtig war uns das Aufarbeiten der Nazizeit, was ja damals
nicht geschah, im Gegenteil, bekannte höhere Nazis waren
ja in der jungen Bundesrepublik schon unter Adenauer in Amt und
Würden. Man setzte bei uns nicht so sehr auf Wahlen, sondern
auf direkte Aktionen z.B. in Schulen, sogar in Kinder- und Jugendheimen
usw. Das alles war für uns lustvolle Politik.
In Republiken wie den unseren Heutigen ist Politik im wesentlichen
auch wieder nur Parteipolitik, zumindest in den meisten Medien,
was es den Nutznießern der Verhältnisse ermöglicht,
die Politik aus allen anderen Bereichen fernzuhalten und dem
Markt immer größeren Raum zu geben.
-
- 3.1. Parteipolitik
Parteien sind im Grunde Interessenverbände, denen es in
erster Linie darum geht, ihren Mitgliedern gut bezahlte Arbeitsplätze
in der Politik zu verschaffen. Dazu benötigen sie ein oder
mehrere Themen, die sie von den Werbethemen der anderen Parteien
unterscheiden.
Es mag sein, dass sich einige Parteien ursprünglich um diese
Themen herum gebildet haben, die großen Teilen der Bevölkerung
wichtig waren, und dass auch themenorientierte Bürgerbewegungen
die Gründer sind oder zu den Gründern gehören.
Aber das ändert sich dann ziemlich schnell im Parlamentsbetrieb,
denn bezahlte Posten sind stärkere Argumente als hehre Gesinnungen.
Und wenn die Führung einer Partei es mit ihrer Propaganda
und ihren unterschiedlichen Abteilungen nicht schafft, einen
nennenswerten Teil der führenden interessierten Mitglieder
in angestrebte Posten zu bringen, wird sie schnell ausgetauscht,
denn dann ist sie für die Politiker, die sich von dieser
Partei etwas versprachen, wirtschaftlich gesehen wertlos.
Warum ich eine solche Meinung hier verbreite? Es ist ja richtig,
dass die unterschiedlichen Mitglieder von Parteien unterschiedliche
ernst hinter der Ideologie der Partei stehen, sofern eine zu
erkennen ist, dass sie also selber an ihre eigene Propaganda
glauben, was unter routinierten Politikern nur Gelächter
hervorruft. Ein erfogreicher Politiker ist der, der mit Meinungen
spielen kann und nicht der, der an sie glaubt.
Ihr glaubt nicht, dass dies so ist? Wart Ihr schon mal auf einer
Parteiversammlung und habt ihr schon mal erlebt, dass alle plötzlich
sehr hektisch werden, wenn es um die Kandidatenlisten geht und
die Verteilung der Posten? Und Parteien können eigentlich
ihren Laden zumachen, wenn es ihnen über Jahre hinaus nicht
gelingt, ihre Leute auf die bezahlten Posten zu bringen, die
darüber hinaus noch den Vorteil haben, angeblich einem höheren
Ziel zu dienen.
-
- Zusätzlich kann man ja ständig
beobachten, dass sich die über Jahre und dauerhaft in den
Parlamenten vertretenen Parteien in vielen Fragen nicht wirklich
unterscheiden. Da geht es in den Wahlkämpfen gar nicht um
die Themen, sondern darum, dass gerade dieses Team und nicht
ein anderes die sich gleichende politische Arbeit übernehmen
kann und somit auch die bezahlten Posten bekommt. Und man kann
diese Posten zusätzlich noch benutzen, eigene Leute in unterschiedliche
flankierende Positionen zu bringen, in der Justiz, in den Medien
und in der Verwaltung.
Parteien die derart denkende Berufspolitiker in ihren Schlüsselpositionen
haben, sind meistens sehr effizient und erfolgreich, weil gerade
sie kühl taktisch denkend ihrer Aufgaben besonders gut leisten:
in der Öffentlichkeit derart unverschämt zu lügen,
dass fast alle dies glauben (mit Unglaublichen kann man nicht
gewinnen), und dennoch sind sie oft nur Wirtschaftsbosse bzw.
deren höhere Angestellte. Zu ihren Aufgaben gehört
auch, nicht nur in der Wirtschaft, sondern in den Medien sowie
in der Werbung verzahnt zu sein, und die alkoholgetränkte
Luft über den Stammtischen zu beherrschen, Teil von Bürger-
und Basisorganisationen zu sein. Besonders gut kommt an, wenn
Politiker von großen Teilen der Bevölkerung selbst
schwerwiegende Fehler bzw. Betrügereien, die aufgeflogen
sind, verziehen bekommen, wenn ihnen dafür vielleicht noch
eine gewisse augenzwinkernde Achtung zukommt. Dann sagt man,
dass sie Charisma haben.
Politische Parteien bemühen sich, überall ihre Finger
drin zu haben, und das gelingt ihnen um so mehr, als sie AnhängerInnen
aus allen Bereichen der Gesellschaft haben.
Und diese parteigebundenen Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft
machen sie in Verbänden und Bewegungen gerne nützlich,
was ihnen Ansehen bringt. Dann werden ja immer mal wieder bestimmte
wichtige Positionen besetzt, zum Beispiel in der Justiz und Verwaltung,
und daher ist es wichtig, dass die Partei auch dort möglichst
ihre Leute unterbringen kann oder andere Leute dort einschüchtern
und locken kann. Parteien sind in einer Gesellschaft vielarmige
Kraken, und dies werfen sich die Parteien dann auch gegenseitig
vor, nach dem Motto: wenn ich andere damit angreife, kommt keiner
auf die Idee, bei mir genauer hinzusehen.
Und weil 1. in der Gesellschaft Politik vorrangig als Parteipolitik
für normal gehalten wird und 2. unter diesen Bedingungen
gerade diese Organisationsform auch tatsächlich erfolgreich
sein kann, deshalb geraten alle oder viele neue Bewegungen in
die Parteifalle. Sie organisieren sich als Partei, sind erfolgreich,
müssen sich dann aber auch wie die anderen Parteien verhalten
und erfüllen ihre eigentliche Aufgabe nicht mehr, sondern
dienen den wirtschaftlichen Obrigkeiten, um erfolgreich zu bleiben.
Nun scheint es so zu sein, dass viele WaählerInnen auf die
Partzeien dshalb sauer sind, weil man schon mal auf ihre Versprechungen
hereingefallen ist. Also meint man, dass man nun die anderen
wählt, um mit deren Handlungen zufiedener sein zu können.
Und dann erlebt man, wie Sozialdemokraten unsoziale Gesetze machen,
z.B. Hartz IV, wie pazifistische Naturschützer den Kriegseinsatz
auf dem Balkan anordnen usw. Denn als gewählter Abgeordneter
hat man zwar ein recht gutes Gehalt, aber zu entscheiden hat
man nix mehr, man hat sich an die Parteibeschlüsse zu halten,
wenn man bei der nächsten Wahl wieder aufgestellt werden
will, und die Beschlüsse werden an anderer Stelle entschieden.
Die Beschlüsse sind gegenüber den Versprechungen jedoch
kaum nachvollziehbar. In der Konkret 4/2011 auf S. 8 finden wir
Webung für ein neues Buch von Jutta Ditfurth vor: Krieg,
Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen. Wir
lesen: JJutta Ditfurth, die die ehemalige Sprecherin
der Partei, entfaltet in ihrem Buch (...), das binnen drei Wochen
schon die dritte Auflage erreicht hat, eine Enzyklopädie
des intriganten Mitläufertums. In ihr ist en détail
nachzulesen, wie die Partei und ihre FührerInnen mit List
und Tücke die Atomkraftwerke am Laufen gehalten, Deutschland
in seine Kriege geführt, die Armen degradiert und damit
die Herzen des Mittelstandes erobert haben.
-
- Nun Gleiches oder Ähnliches lässt
sich auch über die SPD sagen. Für die Oberschicht des
Landes gibt es eigentlich nur einen Grund, die sogenannte politische
Linke ans Ruder zu lassen, nämlich die links stehende Bevölkerung
dazu zu bringen, die Oberschichtspolitik zu dulden. Parteien,
die das nicht einsehen, sind noch nicht politikfähig und
deshalb über die Medien nicht protegierend zu behandeln.
Das wichtigste für Parteien sind die Medien, denn es ist
nicht unwichtig, wie man über sie spricht. Und es gibt doch
noch immer Menschen, die glauben, was sie dort sehen, lesen und
hören.
-
- 3.2. Die Medienpolitik
Es gibt einen uralten Streit zwischen den Parteien, den Verbänden
und Bürgerinitiativen sowie Religionsgemeinschaften um Einfluss
auf die Medien. Alle solche, denen es nicht egal ist, wie die
Menschen über das eine oder andere denken, versuchen, auf
die Inhalte der Medien Einfluss zu bekommen. Dass hier nicht
immer alles sauber lief, dass hinter unterschiedlichen Modellen
der Medienpolitik natürlich auch Interessen standen, versteht
sich von selber.
Sowohl die Kirchen wie die Parteien haben ihre unterschiedlichen
Sprachreglungen" hinter denen jeweils ihre Deutungen
standen und stehen.
Wenn beispielsweise nun die Union im Verbund mit den Kirchen
und den Wirtschaftsverbänden und in Kooperation mit den
Liberalen eine ganz bestimmte Deutung der Ereignisse in unserem
Land und in der Welt als offizielle Sprachreglung der Medien,
besonders im Fernsehen durchsetzen könnte oder kann, haben
es sowohl Atheisten als auch andere Parteien sowie anders interessierte
Verbände sehr schwer, sich in der Öffentlichkeit verständlich
zu machen, denn sie sind dann der Bevölkerung schon alleine
aus den Gründen der Deutung der Ereignisse schon fremd.
Natürlich ist es den Konservativen am liebsten, wenn möglichst
alle Medien in Privatbesitz sind, denn diese Medienunternehmen
sind dann Unternehmen, die die gleichen Gewinne machen können
oder Probleme haben, je nachdem wie sie sich dann wirtschaftlich
und politisch verhalten. Die Presse ist bei uns überwiegend
privat. Aber auch öffentlich-rechtliche Unternehmen wie
die Rundfunk- und Fernsehanstalten, die unter Kohl noch private
Konkurrenz bekommen haben, meist sind es die gleichen Konzerne,
die schon die Presse besitzen, können leicht beeinflusst
werden. Man kann bei Bedarf die Geldhähne auf- und zudrehen,
und man kann die Lands-Rundfunk-Gesetzgebung verändern.
Schließlich kann man noch dafür sorgen, dass überwiegend
die eigenen Leute im Rundfunkrat sitzen.
Und deshalb braucht man sich nicht zu wundern, dass alle Medien
im gleichen Tenor berichten, was dort oder dort passiert.
-
- 3.3. Meinungsfreiheit usw.
Wenn über Meinungsfreiheit diskutiert wird, sollte man genau
zuhören. Meist wird über eine fehlende Meinungsfreiheit
geklagt, wenn es nicht (mehr) möglich ist, freche Lügen
so einfach zu verbreiten. Und oft beklagen gerade die eine fehlende
Meinungsfreiheit, wenn ihre Propaganda für das Abschaffen
der Meinungsfreiheit nicht breit veröffentlicht wird. Aber
wer bestimmt eigentlich, was eine Lüge ist?
Was ist eigentlich Meinungsfreiheit? Meinen die Leute, dass man
seine Meinung artikulieren bzw. veröffentlichen dürfte,
wenn jemand zuhört oder wenn man die Möglichkeit hat,
sie in die Medien zu bringen? Eine durch den Staat, durch religiöse
Gemeinschaften oder Wirtschaftsverbände begrenzte Freiheit,
sich zu äußern, das wäre schon diktatorisch und
sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich behindernd. Und
dennoch gibt es Länder, in denen das so ist und noch mehr
Länder, in denen es so war.
Aber wie ist es, wenn gegen Personen oder ganze Menschengruppen
in einer Weise gehetzt wird, dass daraus nur noch mörderische
Folgen zu erwarten sind? Ist so etwas durch die Meinungsfreiheit
gedeckt? Und wenn gleichzeitig noch Aufklärer daran gehindert
werden, zu erklären, dass an solchen Unterstellungen und
Verleumdungen überhaupt nichts dran ist, und wenn es noch
gelingt, die Notlagen, in denen sich viele Leute befinden, als
von dieser Menschgruppe verursacht darzustellen ... diese Liste
lässt sich verlängern, wenn so etwas geschieht, wer
hätte dann überhaupt noch die Macht, darüber zu
entscheiden, ob dies Volksverhetzung oder Meinungsfreiheit ist?
Die Meinungsfreiheit hat noch eine andere Seite, nämlich
die Seite der Informationsfreiheit. Es ist nämlich für
vernünftige Entscheidungen wichtig, dass man auch gute,
richtige und interessante Informationen bekommt und nicht nur
vorsortierte Propaganda, die sich vielleicht noch moralisch gibt,
wenn jemand von den linken Parteien erkennen lässt, dass
er ein Mensch ist, während man sich sehr verständnisvoll
gibt, wenn jemand aus den eigenen konservativen Reihen ein Blender,
Angeber und Betrüger ist. Also, man muss schon aufpassen,
wenn irgendjemand definieren will, was Freiheit und was Meinungsfreiheit
beziehungsweise Informationsfreiheit ist.
Bei uns ist Meinungs- und Informationsfreiheit nicht immer gewahrt,
trotz der vielen Medien, die alle irgendwie ihr Geld machen und
über die große finanzielle Transaktionen geschleudert
werde, denn in einer Warenwelt ist eine Nachricht nicht daran
gebunden, ob sie irgendwie einer Wahrheit entspricht, sondern
ob sie sich gut verkaufen lässt und mit ihr eine guter Gewinn
realisieren lässt.
-
- 3.4. Bürgerbewegungen, Bürgerpolitik
Die neuen Bürgerbewegungen werden in den Medien immer mal
gelobt und es wird dort als rätselhaft angesehen, woher
sie auf einmal kommen. Ich denke, sie kommen nicht auf
einmal" in die Öffentlichkeit, sondern es gab sie schon
immer. Nur hatten sie früher nicht die technische Möglichkeit
zur übergreifenden und schnellen Kommunikation miteinander,
wie es zum Ärger der Medienmeinungsmacher über Handys
und dem Internet möglich ist.
-
- Denken wir zum Beispiel an die 68er Bewegung,
die war deshalb sehr erfolgreich, weil sich die Notwendigkeit
für Änderungen schon geraume Zeit zeigte. Hätte
die 68er Bewegung über die heutigen technischen Möglichkeiten
verfügt, wären sie sicherlich derart erfolgreich gewesen,
dass diese Kommunikationsmöglichkeiten sicherlich sofort
verboten bzw. abgeschaltet worden.
Bürgerbewegungen können außerhalb der Parteipolitik
durchaus recht erfolgreich sein, zum Beispiel als die Bevölkerung
in Berlin bei einem Volksbegehren den Ethikunterricht beibehalten
wollte und den Versuch der Kirchen zurückweisen konnten,
die Schulpflicht für den Religionsunterricht auch in Berlin
einzuführen, und das bei einer derart multikulturellen Bevölkerung,
die doch über die Religionsgrenzen hinaus zusammenleben
muss.
Die Parteipolitik verführt zum Mauscheln. Da können
leicht Absprachen getroffen werden, von denen die Bevölkerung
gar nichts mitbekommt, und schnell sind einige Absprachen in
trockenen Tüchern, alle müssen sich dann an neue Regeln
und Gesetze halten, die nur einigen nutzen.
Verrechtlichte Strukturen" sind solche Strukturen,
die ganz schnell und bevor die Bevölkerung mitbekommen hat,
was da los ist und dahinter steckt, zu Gesetzen, Bestimmungen,
Anordnungen ect. wurden. Und wenn man in einer Initiative etwas
machen möchte, was soziale oder kulturelle Verbesserungen
mit sich bringt, oder wenn man Grund hat, etwas nicht zu wollen,
beispielsweise Stuttgart 21, dann muss man feststellen, dass
alles schon in verrechtlichten Strukturen ist, dass man also
kaum noch was machen kann.
-
- Das Schlichtungsverfahren im Zusammenhang
mit Stuttgart 21, von Heiner Geißler geleitet, sollte den
Druck von den CDU- und FDP-Politikern wegnehmen, damit es nicht
zu einer immer größeren Eskalation kommen sollte.
Die Eskalation kam aber von dem unangemessen brutalen Polizeieinsatz
gegen die DemonstrantInnen, so nicht von ihm angeordnet behauptete
Mappus, und das Schlichtungsverfahren" war lediglich
dazu in der Lage, den immer heftige werdenden Druck der Straße
von den Parteipolitikern und ihrem ausführenden Dunstkreis
zu nehmen. Der Protest gegen Stuttgart 21 ist und war eine bürgerliche
Bewegung, also zum Beispiel keine Arbeiterbewegung, und sie hat
die Obrigkeiten tatsächlich beunruhigt, weil es ihr möglich
war, das selbstherrliche Schalten und Walten dieser parteipolitischen
und wirtschaftlichen Obrigkeiten öffentlich vorzuführen.
Solche Bürgerinitiativen und/oder Bürgerbewegungen
sind in der Lage, den Bürgerwillen zu bündeln und als
eine politische Größe sichtbar zu machen, sie sind
aber auch trotz ihrer gelegentlichen Vitalität und Stärke
anfällig, manipuliert zu werden. Die Bürgerinitiative
"Wir wollen lernen" in Hamburg hatte das Ziel, den
Kindern der unteren sozialen Schichten den Zugang zu höherer
Bildung weiterhin zu erschweren, weil das Ziel der vorbereiteten
Schulreform war, den Unterschichtskindern eine karge Chance zuzubilligen.
Es ging den Anwälten, die diese Bürgerinitiative gründeten
und führten, darum, es ihren Sprösslingen so leichter
zu machen, möglichst reibungslos in die Führungspositionen
der Gesellschaft zu schlüpfen, wie das durch das dreigliedrige
System schon recht lange der Fall ist.
Solche Schulreformen, die es Schülern allen Schichten der
Bevölkerung ermöglichen könnten, möglichst
gleiche Bedingungen für sich vorzufinden, sind für
sie so schlimm wie der Sturz des Adels durch das Bürgertum
oder wie die zehnklassige polytechnische Oberschule der DDR,
die keine soziale Schicht bevorzugte.
Im Falle dieser Bürgerinitiative reichte wohl ihre Propaganda
und ihre Wortwahl, um die wahren Absichten zu verschleiern, während
die Eltern unterer sozialer Schichten nicht zu mobilisieren waren,
sie durchschauten die Folgen nicht. Das war ja auch von einer
konservativen Partei (zwar im Bündnis mit den Grünen)
nicht zu erwarten.
Wenn man die bürgerlichen nordafrikanischen Revolutionäre
gegen ihre prowestlichen autoritären und korrupten Regimes
mit den Bürgerbewegungen unserer Breiten vergleicht, miss
man zugeben, das sich hier die Schwäche solcher Bürgerbewegungen
zeigt, nämlich durch konservative gesellschaftliche Kräfte
und konservative Parteien leicht manipulierbar zu sein.
Nachdem dieser aggressive Polizeieinsatz gegen die Stuttgart-21-Demonstration
stattfand, als dann diese "Schlichtung" stattfand und
dann in den Medien nichts mehr über Stuttgart 21 berichtet
wurde, fand auch am Sonntag der Internationale Frühschoppen"
statt, genaues Datum weiß ich nicht mehr. Es ging nun auf
einmal um Bürgerbewegungen und dem Misstrauen gegenüber
den Parteien. Es war schon interessant, wie viele Journalisten
willfährig das taten, was letzten Endes den Parteien nutzt
und dazu beitrug, dass die Stuttgart-21-Bewegung erheblich Rückschläge
hinnehmen musste.
-
- Bei dem Internationalen Frühschoppen
ging es um die "neuen Bürgerbewegungen", als ein
Phänomen, das möglicherweise "der Politik"
Ärger macht. Ich hatte schnell mit-notiert und erhebe hier
keinen Anspruch auf Genauigkeit, gebe also wohl nur den Trend
wieder.
Zeit, Mariam Lau: Dies Bürgerbewegungen sind Anzeichen
von einem veränderten Verständnis von Politik und nicht
Verständnislosigkeit voneinander.
Fokus, Wolfram Weimar: Mehr Teilhabe für die Bürger,
Plebiszite gegen Parteienoligarchien.
taz, Bettina Gaus: Aber die ganz großen Fragen sind von
den Bürgern nicht mehr lösbar, daher ist man den Parteien
ausgeliefert, und in diesen Fragen bestehen ja zwischen den Parteien
keine nennenswerten Unterschiede.
Süddeutsche Zeitung, Heribert Prantl: Die Parteien haben
sich mehr und mehr Macht angeeignet. Sie haben zu viel Macht.
Die Bürger engagieren sich jetzt, die Politik muss das akzeptieren,
während und außerhalb der Wahlen.
Fokus: Bürgerbewegungen führt zum Erstarken der
Volksparteien.
taz: Viele Menschen haben sich die Anhörung angehört.
Die Probleme bei größeren Projekten sind sehr diffizil.
Ich delegiere mein vertrauen in die Sachkompetenz der Politiker.
Süddeutsche Zeitung: Durch formalistische und legalistische
Strukturen werden die Argumente der Bürger einfach weggewischt.
Zeit: Im Wahlkampf wurde den Bürgern Versprechungen gemacht,
es wurde zum Beispiel mehr nette vom brutto versprochen, aber
die gleichen Politiker werden durch die Strukturen behindert
und machen dann das Gegenteil.
Moderation: Wie groß ist die Gefahr, dass die Parteien
bzw. die Sachkundigen eigene Interessen verfolgen?
Fokus: Das wäre in Ordnung, das ist eben die Demokratie,
dass man bei Kritik der Medien das Ziel verfolgt, dass endlich
das ZDF privatisiert wird.
Zeit: Und so macht die Bevölkerung die Erfahrung, dass
fast alle wichtigen politischen Entscheidungen gegen die Bevölkerung
durchgesetzt werden.
Süddeutsche Zeitung: Nicht immer, es wird auch Lobbyarbeit
eingebunden. Solche wichtigen Entscheidungen müssen von
den Politikern in Maßen eingesetzt werden.
Es geht auch darum, ob die Politiker Zutrauen zur Bevölkerung
haben. Adenauer hat zum Beispiel gesagt: "Ich glaube nicht
an den Menschen", während zum Beispiel Carlo Schmidt
die anders sah. (...)
Wir können als zusammenfassen, dass das Bürgertum teilweise
auf Parteien vertraut, andererseits sich aber zunehmend besonders
dann in Bürgerbewegungen politisch engagiert, besonders
wenn die konservativen Parteien die Interessen konservativer
Teile des Bürgertums nicht ausreichend berücksichtigen,
also die Teile der demokratischen Rechten, das kann auch Parteien
der Mitte (SPD, Grüne) oder sogar der demokratischen Linken
(die Linke) treffen. Da sich viele ArbeitnehmerInnen in der Gesellschaft
als Bürgertum und Mittelstand verstehen und die Politik
sowie die Medien dies auch fördern, kommt auch nichts anderes
dabei raus, als eben dabei rauskommt.
Die Landtagswahl in Baden-Würtemberg, so erklärte die
Kanzlerin, sei eine Volksabstimmung über den Bahnhof Stuttgart
21 und legte somit die politische Linie für die CDU gegen
das Verlangen von SPD und Grünen fest, eine Volksabstimmung
über dieses umstrittene Bauprojekt durchzuführen. Die
in den Medien breit übertragene Schlichtung
durch den CDU-Politiker Geisler führte dann dazu, dass Mappus
und die CDU trotz des gewaltsamen Polizeieinsatzes wieder Aufwind
bekam.
-
- Die Verlängerung der Atomeilerlaufzeiten
führte dann zu neuen und weiteren Protesten. Ein weiterer
großer Atomstörfall kurz vor den Wahlen, genauer ein
GAU in Japan, ermöglicht es nun der Partei die GRÜNEN,
in einer Koalition mit der SPD den Ministerpräsidenten zu
stellen. Der steht freilich auf einem Medienprüfstand, und
jede Maßnahme, die gegen ihn ausgelegt werden kann, wird
natürlich von den Medien und den konservativen politischen
Kräften gegen ihn genutzt werden, wie wir das schon in NRW
mit den diversen Verfassungsklagen der CDU und der FDP sehen.
Die Atombefürworterparteien CDU, CSU und FDP (die SPD hat
in der rotgrünen Koalition mit dem Atomkompromiss in dieser
Frage die Richtung gewechselt und war nun auch für den Ausstieg)
versuchten nun noch schnell vor den Landtagswahlen in Baden-Würthemberg
und Rheinland-Pfalz nach außen hin die Seiten zu wechseln,
das machten aber die WählerInnen der FDP und die Mitglieder
und WählerInnen der Union zum Teil nicht mit. Sie hatten
eben noch den Kompromiss aufgekündigt und die Laufzeit der
Atomkraftwerke verlängert.
-
- Die Kanzlerin ließ noch schnell für
3 Monate die unsicheren Meiler abschalten und gab somit zu, dass
man die ganze Zeit von ihrer Unsicherheit gewusst hat und dennoch
ihre Laufzeit verlängert hat. Dann kündigte sie ein
Atom-Moratorium für 3 Monate an, denn dann ist auch die
Wahl in Bremen (22.05.) vorbei. Die Sprachmächtigen wussten,
dass Moratorium nur heißt, dass die Entscheidungen bis
dahin aufgeschoben werden. Die anderen, die nicht wissen was
Moratorium heißt, hatten den Verdacht, dass nach 3 Monaten
der alte Kurs weiter geht.
Eine Indiskretion über eine Rede des Wirtschaftsministers
Brüderle in Wirtschaftskreisen schaffte aber nicht nur für
die Wirtschaft Klarheit. Den Wirtschaftsbossen verkündete
Brüderle, dass die Sache mit dem Moratorium nur eine Wahlkampfveranstaltung
sei und sie auf ihre erhöhten Gewinne aus den Atomkraftwerken
weiter hoffen könnten. Die Medien waren wegen des Wahlkampfes
und den Bürgerbewegungen sowie der Vorgänge in Japan
auch für oppositionelle Regungen sensibilisiert.
Den GegnerInnen des Parteiensystems und AnhängerInnen der
Bürgerbewegungen kann es nicht so recht sein, dass ihre
Aktivitäten wieder vom Parteiensystem aufgesogen wurden,
wie durch Geisler und ins Parteipolitische integriert werden,
wie bei der Möglichkeit eines grünen Ministerpräsidenten.
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- 3.5. Basispolitik
Wikipedia schreibt: Basis- oder Graswurzelbewegungen haben
ty-pischerweise basisdemokratische und konsensorientierte Strukturen,
da sie den gewöhnlichen lobbyis-tischen oder parteipolitischen
Mei-nungsbildungsprozess umgehen wollen. Der Wandel soll durch
engagierte Artikulation von Bürgerinteressen gegenüber
als starr empfundenen staatlichen Organisationen erreicht werden.
Das Internet hat eine große Bedeutung für die Graswurzelorganisierung
von Interessen, da es gerade für Ideen außerhalb des
Mainstreams eine kostengünstige Plattform bietet, zum Beispiel
in Form von sozialer Software.
Das Ziel von einigen Graswurzel-Initiativen ist es, gesellschaftliche
Alternativen zum Bestehenden aufzubauen, bis hin zum revolutionären
Anspruch, grundsätzliche Systemveränderungen zu bewirken.
Dabei wird sowohl auf den langfristigen Aufbau von Netzwerken
gesetzt, als auch auf spektakuläre Einzelaktionen,
die in erster Linie Öffentlichkeit schaffen sollen. Nicht
selten bedient man sich hierbei der Methoden des zivilen Ungehorsams.
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- Einige Vertreter dieser Richtung haben sich
ein gemeinsames Dach in der Art eines Netzwerks gegeben, das
sich dem Pars pro Toto-Prinzip folgend auch Graswurzelbewegung
nennt. Ein wichtiges Sprachrohr dieser Bewegung, die mit einem
basisdemokratischen und anarchopazifistischen Anspruch auftritt,
ist die seit 1972 erscheinende Zeitschrift Graswurzelrevolution.
Andere Basisbewegungen lehnen einen umfassenden Ansatz ab, und
wollen stattdessen in erster Linie Sacharbeit an einem konkreten
Thema leisten. In diesem Licht können etwa private Hilfsorganisationen
betrachtet werden."
Ich möchte aber solche engagierten Organisationen nicht
mit Basisbewegungen gleichsetzen, obwohl sie Basisarbeit leisten,
weil dies zwar Engagement bedeutet, aber nicht die Basis, die
Identität. Aber der allumfassende Ansatz hat
damit gar nichts zu tun.
Der Ansatz, der die Basis ausmacht, setzt sich wie die Identität
eines Menschen, bildhaft gesprochen, aus Mosaiksteinen zusammen.
Dass sie alle mit denen anderer Menschen der gleichen Basisbewegung
übereinstimmen, ist nicht nötig und auch nicht möglich,
denn das Leben der Individuen stimmt einfach nicht in allen Punkten
überein, sondern nur in dem Bereich, der ihnen eine wichtige
Basis ist und mit dem sie in der Gesellschaft daher ähnliche
Erfahrungen machen wie andere, die doch in anderen Fragen eben
andere Erfahrungen machen mussten.
Um eine Basisbewegung zum Zuge zu bringen, benötigt man
eine Basis, die sich für eine Sache einzusetzen bereit ist,
mal sehr engagiert und mal weniger engagiert ist, je nachdem,
wie notwendig ihr auf-grund äußerer oder eigener Umstände
den betreffenden Menschen das Engagement als geboten erscheint.
Dies ist die Stärke aber auch zugleich die Schwäche
von Basisbewegungen.
Diese Basis hat etwas damit zu tun beziehungsweise ist eine Basis,
weil die Menschen dieser Bewegung genau diese Sache als ihre
Basis ansehen. So können zum Beispiel nur solche Menschen
Teil der Schwulenbewegung sein, die sich mit ihrem Schwulsein
mehr identifizieren als mit ihren Sein in der vorgefundenen Gesellschaft,
ihrer bevorzugtern Partei oder ihrem sozialen Stand.
Solche Schwulen, die mehr oder weniger von ihrer Homosexualität
Gebrauch machen, aber ansonsten die Strukturen der heterosexuell
genormten Gesellschaft mehr als ihre Basis ansehen als ihr Schwulsein,
diese haben nicht die gleiche Basis wie die der Schwulenbewegung.
Solche Lesben, die ihr Lesbischsein mehr als ihre Basis ansehen
als zum Beispiel den Feminismus haben eine andere Basis als die
feministischen Frauen, die außerdem auch noch lesbische
Erlebnisse erproben oder bevorzugt praktizieren, was auch Familienfragen
aufwirft.
Basisbewegungen lassen sich nicht willkürlich gründen
und ausweiten, sie lassen sich auch nicht einer eindeutigen Ideologie
unterordnen, weil in allen Ideologien die Auseinandersetzungen
der Gegenwart einfließen, und somit fließen die Hintergründe
der jeweiligen gesellschaftlichen Strukturen in negativer Weise
in die Ideologie einer Basisbewegung ein, gegen die man sich
gerade wehren muss. Es gibt eben nichts Statisches oder Ewiges,
sondern im wesentlichen eher Vorgänge und Prozesse des Agierend
und des Reagierens.
Basisbewegungen oder Strömungen lassen sich zwar besiegen
oder politisch in die Defensive zwingen bzw. ausschalten, aber
wenn Menschen leben, deren Basis sich in dieser oder einer anderen
Sache aus ihrem Leben ergeben, werden auch immer wieder neue
Basisinitiativen entstehen, aus denen Bewegungen entstehen können.
Basisbewegungen bzw. Menschen in Basisbewegungen können
eben-falls manipuliert werden, ganze politische Strömungen
können das, doch ist die Manipulation dann erschwert, wenn
die Basis der Bewegung nicht willkürlich ideologisch ist,
sondern sich aus dem Leben der betreffenden Menschen notwendig
ergibt. Das ist eine Stärke der Basisbewegungen.
Wichtige und bedeutende Basisbewegungen sind die pazifistische
Bewegung, die kriegerische Auseinandersetzungen zum Durchsetzen
wirtschaftlicher oder politischer Ziele ablehnt. Es geht nicht
um diesen oder jenen speziellen Krieg, sondern gegen den Krieg
generell. Der Krieg beginnt schon mit seiner Mög-lichmachung
und Vorbereitung, weil sich dadurch 1. die politische Durchsetzungsmöglichkeit
von Zielen vom Sinnvollen und Ethischen zum technisch Machbaren
verlagert, unabhängig davon, welcher Ethik dies folgt. Und
2. schafft die Vorbereitung der Möglichkeit, Kriege zu führen,
auch Strukturen in der Bevölkerung, sowohl im gesellschaftlichen
als auch im ideologischen Bereich.
Nehmen wir auch die feministische Bewegung, die aus der Situation
entsteht, dass man die Menschen in 2 Gruppen Teilt, festgemacht
an der Form und Funktionalität der Geschlechtsorgane, diese
beiden Men-schengruppen von klein auf in zwei gegensätzliche
Verhaltens- und gesellschaftliche Aufgabenrollen erzieht und
alle Menschen in eine der beiden Rollen integriert. Und die eine
Geschlechtsrolle wird zum Kämpfen und zum Unterdrücken
der eigenen Gefühle ausgebildet, die andere wird zum Fühlen
und Zuarbeiten ausgebildet. Da diese sexistische Aufteilung und
Zuordnung des Menschen absolut wider die menschliche Natur ist,
wehren sich solche Menschen gemeinsam, die nur zuarbeiten und
fühlen sollen, denn sie können auch denken, gegen die
Menschen, die denken sollen und sich Privilegien verschafft haben,
denn sie können auch fühlen.
Oder die Schwulenbewegung, die entsteht, wenn den Menschen pauschal
zugeordnet wird, wer mit wem sexuelle Erlebniss haben soll und
dass verfolgt, gedemütigt, bestraft oder ermordet wird,
wer dies anders empfindet und dementsprechend handelt.
Der Heterosexismus geht ideologisch davon aus, dass der Mensch
erst dann vollkommen ist, wenn er sich durch sein Gegengeschlecht
ergänzt, dies eben auch körperlich. Wer sich mit Menschen
des gleichen Geschlechts ergänzen will, weil ihm danach
ist und schon immer danach war, gilt nicht als vollwertig und
hat gesellschaftliche Nachteile.
Alle Basisbewegungen wehren sich gegen für sie unerträgliche
Zustände und hoffen, damit eine Beendigung dieser Zustände
zu erreichen. Zusammengenommen wenden sich die unterschiedlichen
Basisbewe-gungen gegen die Funktionali-sierung der Menschen zugunsten
von Zielen, die anderen Menschen nutzen und die mit angeblichen
höheren Zielen oder Mächten begründet werden,
oftmals auch religiös, pseudowissenschaftlich, biologisch
oder mittels Neid, Unterstellungen und Volksverhetzung.
Die jeweiligen Basisbewegungen dulden nicht mehr die Macht ihrer
Peiniger über sich. Und damit nicht die einen Bekämpfer
der Macht über sich gleichzeitig durchaus Macht über
andere ausüben, sondern das Machtausüben auch bei sich
selber überdenken, ist eine gewisse Ver-knüpfung und
Zusamenarbeit der unterschiedlichen Basisbewegungen nötig,
indem man sich auch mit deren Kämpfe beschäftigt.
Zusammengenommen wollen die ganzen Basisbewegungen dann keine
Macht über niemand.
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- 4. Zukunftspolitik
Das Handeln für die Allgemeinheit wird politisches Handeln
genannt. Mit der Ableitung des Wortes aus den griechischen Stadtstaaten,
Polis genannt, wird Politik technokratisch definiert.
Für unsere Zukunft jedoch muss Politik durchaus über
Inhalte, also über Ziele definiert werden. Warum sollten
wir uns auch politisch einsetzen? Damit irgend jemand dann einen
besseren Job als Politiker bekommt oder andere ordentlich dabei
verdienen?
Selbstverständlich muss es uns darum gehen, dass wir und
unsere Mitmenschen zufriedener und besser leben können.
Es muss uns darum gehen, dass Menschen nicht wirtschaftlich ruiniert
werden, damit andere große Gewinne machen, das Menschen
nicht in Rollen hineinerzogen werden, mit denen sie sich dienstbarer
für Obrigkeiten machen und es ihnen daher besser geht als
denen, die in andere Rollen erzogen werden.
Es darf nicht sein, dass Menschen in der Entfaltung ihres Lebens
deshalb eingeschränkt werden, weil sie andere PartnerInnen
begehren als man es gerne von ihnen möchte, jeder Mensch
soll sich satt essen können mit Nahrungsmittel, die ihn
nicht krank werden lassen usw.
Nicht zu vergessen: es dürfen keine Technologien genutzt
werden, die bei einem Unglück oder Versagen Teile eines
Landes mit den dort lebenden Menschen vernichten würden,
nur um gute Gewinne zu mache, denn bei noch so raffinierten Sicherheitsmaßnahmen
kann es dennoch zu einem Unglück und dadurch zu einer Katastrophe
kommen. Politiker, die das Wohl der Menschen im Auge haben, können
sich auf solche Technologien überhaupt nicht einlassen.
Dieses und anderes können und sollten auch unsere Ziele
sein, die uns zum politischen Engagement anspornen. Es wäre,
genau genommen die fortwährende menschliche E-manzipation
aus der (selbstver-schuldeten?) Unmündigkeit.
Doch welche Methoden sind für unser eigenes zukünftiges
politisches Engagement überhaupt sinnvoll? Ist es den eine
Frage der Methoden? Wir dürfen uns nicht belügen lassen
und uns nicht auf eine Methode festlegen lassen, wenn wir keine
gläubigen Kinder sein wollen.
Wo Bürgerbewegungen tätig sind und wo deren Ziele unserem
emanzipatorischen Ansatz gegenüber förderlich sind,
da ist es sinnvoll, sich von außen als Lesbenbewegung oder
Schwulenbewegung erkennbar (oder beides zusammen), zu beteiligen.
Wir selber lassen uns wohl ganz gut als Basisbewegung einordnen,
wenngleich es auch Parteigruppen gibt, die teilweise auch von
sich aus tätig werden, besser aber ist es, dass man sie
von außen anstößt, wo es Sinn macht.
Parteien haben meistens die Eigenschaft, dann tätig zu werden,
wenn Bewegungen zeigen, dass sie erfolgreich existieren und wenn
sie politikfähige Ziele als Forderung formulieren,
zum Beispiel so: Diese Reform bringt zudem der Wirtschaft
noch ungeahnte Investitionsmöglichkeiten und Gewinne.
Wir haben auch einen Verband, den LSVD, in dem sowohl Parteilesben
und Parteischwule wie auch andere Lesben und Schule mehr oder
weniger aktiv mitmachen. Der leistet ganz gute Arbeit für
seine Möglichkeiten.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Handlungsfreiheit für
Lesben und Schwule immer dann größer ist, wenn sich
Religionen nicht offen in die Politik einmischen können,
wenn eine gewisse Freiheit bezüglich unserer sexuellen PartnerInnenwahl
allgemein akzeptiert wird und wenn sich der Staat überhaupt
nicht in unsere Betten einmischt.
Es ist eine etwas offenere Gesellschaft für unsere Belange
besser und je enger der Bürger reglementiert und überwacht
wird, um so mehr besteht die Gefahr, dass auch unser Leben zunehmend
reglementiert wird. Bei politischen und wirtschaftlichen Krisen
sollten wir sehr wachsam sein.
Die Bürgerbewegungen werden gegenwärtig als die politische
Kraft der Zukunft diskutiert, die die Allmacht der Parteien in
ihre Schranken weisen. Sie nutzen auch neue technische Kommunikationsmittel,
die deshalb durch die Anhänger der Parteipolitik, die die
Medien kontrollieren, zwar überlegen sind, doch, wenn man
es durchsetzen kann, einfach abgeschaltet werden können.
Der Begriff Wutbürger" ist schon wieder ein Manipulationsversuch,
denn Bürgerbewegungen werden damit ideologisch in den Bereich
der Gewlttätigkeiten gedrängt. (js)
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