105. Print-Ausgabe, Winter-LUST 2010/2011
 
Welche positiven Erwartungen könnten uns veranlassen, zu wählen?
Landtagswahlen finden im Februar in Hamburg und im März in mehreren Bundesländern statt, Kommunalwahlen in Hessen. Wählen wir nur aus, wer uns belügen darf und dann das Ding der Wirtschaftseliten und Wirtschaftspolitk durchzieht?

Die Bedingungen um den Stuttgarter Bahnhof können nicht verändert werden, sagte der Vertreter der FDP, weil das Volk schon darüber entschieden hätte, sagte er, nämlich bei der vergangenen Landtagswahl, wo angeblich klar gewesen sei, wofür die Parteien stehen.

Während wir also auf die Personen schauen, die gewählt werden wollen und deren Plakate riesig groß von den Plakatwänden vertrauenswürdig zu und schauen, haben diese Leute ein eng beschriebenes Wahlprogrammheft in ihrer Tasche, das sie in den nächsten Jahren abarbeiten wollen/sollen, sofern sie dafür die Mehrheit bekommen haben, oder in einer Koalition einen Teil davon umsetzen, oder aber aufgrund unerwarteten Umständen gar nicht umsetzen, sondern etwas ganz anderes machen. Mal ehrlich, wer von uns liest eigentlich die Wahlprogramme der Parteien, in den man meistens verscheiernde Sätze findet und dann machen sie es doch anders. Das tun sich die meisten nicht an.
Wahlen 2011 in Deutschland
Landtagswahlen 2011
20.02. Bürgerschaftswahl in Hamburg
20.03. Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
27.03. Landtag in Baden-Württemberg
27.03. Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
22.05. Bürgerschaftswahl in Bremen
04.09. in Mecklenburg-Vorpommern
18.09. Abgeordnetenwahl in Berlin
Kommunalwahlen 2011
27.03. Kommunalwahlen in Hessen
11.09. Kommunalw. in Niedersachsen
Die Wahlen 2012 in Deutschland
Landtagswahlen 2012

- Bis 30.09.12 Landtagswahl in Schleswig-Holstein
Die Wahlen 2013 in Deutschland
Bundestagswahl 2013

- 15.09. oder 22.09.13
Landtagswahlen 2013
- zwischen 11.11.13 und 20.01.13 Landtagswahl in Niedersachsen
- zwischen 15.03.13 und 24.11. Landtagswahl in Bayern
- bis 15.12.2013 Landtag in Hessen
Kommunalwahlen 2013
- Kommunalwahlen Frühling 2013 in Schleswig-Holstein

Also, im Vorfeld zu den Wahlen bestimmte Themen in den Mittelpunkt rücken, Ablenkungen sozusagen, und dann kann man später behaupten, das Volk wolle all das, was da so alles aufgesattelt wurde.

Diese trickreichen Menschen verschiedener Parteien erhalten ihren Lebensunterhalt als gewählte Abgeordnete dadurch, dass sie der Bevölkerung glauben machen können, ihre Arbeit in den Parlamenten diene ihren WählerInnen. Wir werden sie dafür bezahlen und was sie durchführen auch. Wir werden also für das, was die machen in deren Rhetorik verantwortlich gemacht. Kann man unter solchen Umständen eigentlich noch zur Wahl gehen?

Es wird aber das politisch durchgezogen, was durch angebliche Sachzwänge garnicht anders gehe, heißt es beschwichtigend. Bei Stuttgart 21 ist es auch das Land und der Bund und angeblich auch noch das europäische Verkehrsnetz. Da kann man garnichts anderes machen. Und deshalb muss dieser teure Bahnhof durchgezogen werden, müssen sich die Harts-IV-EpfängerInnen mit 5 Euro mehr bescheiden, müssen die Atomkraftwerke deutlich länger betrieben werden, muss die Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt werden, darf es keine Mindestlöhne geben, müssen die gesetzlichen Versicherungen für Krankheit und Alter schrittweise privatisiert werden usw. Wo kämen wir denn auch hin, wenn im Kapitalismus Gelder eingesammelt werden, ohne dass Leute, die immer von allem was kriegen, hier gar nicht abbekommen?

Und für das alles wurden und werden Abgeordnete von Abgeordneten aufgestellt, vom Volk gewählt, bezahlt und verehrt? Ihre Arbeit ist es, dem Volk zu sagen, dass das alles notwendig ist, was sie durchsetzen und wie es dem Volk von den Abgeordneten und den Medien erklärt wird.
Zur Wahl zu gehen, heißt tatsächlich, dafür mit verantwortllich zu sein, was die betreffenden Abgeordneten, die wir mit in diesen Poaten gehievt haben, anschließend anstellen. Das ist nun mal klar.

Und wenn alles, was Menschen so anstellen, veröffentlich würde, einschließlich des Wahlverhaltens, dann könnten die anderen zu uns kommen und uns veranlassen, für den Teil Verantwortung, die wir mit unserer Wahl übernommen haben, grade zu stehen. Wer von uns würde eigentlich unter solchen Umständen noch wählen?

Vielleicht gibt es ja doch die eine oder andere Partei, die sich bemüht, das ganz offen vor den Wahlen zu propagieren, was sie nach ihrer Wahl dann auch zu verwirklichen versucht und den oder die Abgeord-nete(n), der/die das tut, wofür er/sie gewählt worden ist.

Es bliebe als Wahlgrund vielleicht die Hoffnung, dass gerade durch die Partei, die Du oder ich wählen würde(st), irgendeine politische Forderung erfüllt werden kann, die es wert ist, all die anderen oben genannten Nachteile aufzuwiegen.

Das wäre zum Beispiel für die lesbischen und schwulen Menschen, die Bisexuellen und Transgender die Möglichkeit, dass ihre Partnerschaft in der Gesellschaft, durch den Gesetzgeber und die Mitmenschen als gleichberechtigt angesehen werden würden. Dazu gehört, dass generell Lesben und Schwule als gleichwertig und gleichberechtig angesehen würden und dass ihre Versuche, nach ihren Interessen als Minderheit in einer andersempfindende Mehrheit leben zu können, ebenso Unterstützung finden wie die der Mehrheitsgesellschaft.

Also: völlige Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe und Familie. Im Grundgesetz Artikel 3 die Ergänzung des Gleich-heitsartikels im Grundgesetz um das Merkmal "sexuelle Identität". In einem erweiterten Artikel 3 Absatz 3 GG soll es in Zukunft auch heißen: "Niemand darf wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden."

Das bedeutet auch, dass nicht nur die Urteile nac § 175 StGB gegen homosexuelle Männer in der Nazizeit, sondern auch die in der Bun-desrepublik sowie anfänglich auch in der DDR endlich aufgehoben werden sollen. Begründung:

In einem entsprechenden Antrag der Bundestagsfraktion z.B. der Grünen heißt es, alle betroffenen Urteile seien aufzuheben und „die ihnen zugrundeliegenden Verfahren einzustellen“. Die Entschädigung der Verurteilten solle mindestens den Umfang haben, der laut dem Gesetz für die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen für Schäden durch eine ungerechtfertigte Verurteilung vorgesehen ist.

Bis 1969 waren in der Bundesrepublik homosexuelle Handlungen zwischen Männern grundsätzlich strafbar. Insgesamt seien nach 1945 „noch mehr als 50.000 Verurteilungen in der Bundesrepublik und anfänglich auch knapp 4.000 Verurteilungen in der DDR verhängt“ worden. In einem Klima der Angst und der Einschüchterung fiel es zudem schwer, die von den Nazis zerstörte homosexuelle Infrastruktur nach dem Krieg wieder aufzubauen.“ Man solle „das Signal geben, dass Homosexuelle keine Verbrecher sind und dass es vielmehr Unrecht war, sie ihrer Menschenwürde zu berauben“.

Soweit ich weiß erhebt auch die LINKE entsprechende Forderungen. Doch keine dieser Parteien könnte dies alleine verwiklichen, sondern bräuchte mindestens einen Koalitionspartner.
Die Union würde nicht mitmachen. Die SPD eher zögernd und mit Abstrichen. Und dies wäre ein Argument, zur Wahl zu gehen? Und wen wollt Ihr abwählen?
 
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