105. Print-Ausgabe, Winter-LUST 2010/2011
 
Ist Frau Schwarzer ein Hindernis für die Frauenbewegung geworden?
Im Kulurmagazun Aspekte wurde am 12.11.diese Auffassung vertreten. Doch was dort als Arguement für diese Behauptung vorgebracht wude, ist nicht die gleiche Kritik, die wir an ihr haben.
 
Frau Schöder, geb. 1977, ist seit November 2009 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Was können die Familien von Frau Schröder anderes erwarten, als dass sie für konservative Familienwerte eintritt und auch eine solche Politik macht?

Was können die Senioren von Frau Schröder anderes erwarten, als dass sie die Senioren auf die konservative Familie verweist?

Was können die Frauen von Frau Schröder anderes erwarten, als dass sie an die traditionellen Familien-werte erinnert werden?

Und was kann die Jugend von Frau Schröder anderes erwarten, als dass sie auf die traditionelle Famile ein-geschwört werden soll?

Als konservative Konservative ist von Frau Schröder gar nichts anderes zu erwarten.

Frau Schröder kommt aus Wiesbaden, und auch wenn wir ihr und ihren Gesinnungsfreunden und -freundinnen tunlichst aus dem Weg gehen, immer gelang das nicht. Und da sie Parteifreunde hat oder hatte, weiß ich nicht so genau, die der LSU angehörten und dann wohl nahestanden, konnte man nicht immer weghören, wenn sie, damals noch als Frau Köhler, irgendwas auch zu den Schwulen zum Besten gab, beispielsweise, dass die politisch engagierten Schwulen eben nicht links sein müssten, sie könnten auch konservativ sein.

Sicherlich weiß sie es noch nicht, nahm ich damals zu ihren Gunsten an, wie die junge konservativ regierte Bundesrepublik mit den Schwulen umgegangen ist, und dass in der jungen Bundesrepublik mehr Schwule verhaftet wurden als in der Nazizeit. Und dass sich die Union erst einmal für diese Menschen-rechtsverletzungen zu entschuldigen hat, sich rückwirkend davon distanziert und nicht einfach so tut, als sei sie schon immer „tolerant“ gegenüber Schwulen gewesen.

Man musste eben irgenwie links sein, wenn man schwul war, denn rechts wurde man verfolgt und einge-sperrt. Das konnte und kann man doch nicht entschuldigen oder irgendwie loben?

Ich habe sie so verstanden, die junge aufstrebende Frau, dass sie eben strikt gegen alles Linke war, unab-hängig davon, ob sie irgendwelche Zusammenhänge erkannte. Und sie war flink mit der Zunge, schnippisch, konnte loslegen, wie es eben höhere Töchter aus gutem Hause können, die schnell in höhere Posten kom-men und genau wissen, dass es ihr Recht ist, zu den besseren und hörenen Leuten zu gehören.

So habe ich sie wahrgenommen, weil man in Wiesbaden und wohl auch anderswo, überall solchen jungen Frauen begegnet. Sehr selbstbewusst, von Hause aus wohlhabend und gefördert und schnell mit der Zunge, wenn es gegen irgendwas Linkes geht.

Sie sind vor allem von sich sehr eingenommen und glauben es selber, wenn sie behaupten, alles sei ihre Leistung.

Die schwulen jungen Gegenstücke dazu sind mir auch bekannt. Sie sind in der Union oder der FDP, sind selbstbewusst ... ich zähle hier nicht alles noch einmal auf.

Diese junge Frau hat also in Spiegel-Online vom Leder gezogen. Und nätütlich hat sie die Lebensarbeit von einer Emanzipationskämpfering mit frechen Halbwahrheiten und mit schnottrigen Angriffen mit den teuren Schuhchen getreten und ist sich mit solchen provozierenden Angriffen gut vorgekommen. Die antilinken Stammtischpolemiken begreift sie als Wahrheit, die sie unbekümmert von sich gibt.

Ich kenne das sehr gut und habe mit jungen schwulen Männern ähnliches und weit Krasseres erlebt, denn Schwule gehen untereinander nicht gerade sanft um, besonders junge gernegroße Schnösel. Und wenn die dann noch einen Posten haben ...

Platt äußert sie zum Spiegel-Re-porter zur Frage der gesellschaft-lichen Konstruktion der sexuellen Geschlechtsrollen wie folgt,:
„Familienministerin Kristina Schröder, 33, über die Schattenseiten des Feminismus, benacht-eiligte Jungs und warum Frauen keine Weicheier als Partner wollen

SPIEGEL: Frau Schröder, wir haben mal einen Blick in Ihre Abiturzeitung geworfen.

Schröder: O Gott, jetzt kommt's …

SPIEGEL: Darin findet sich der Satz, dass Sie niemals Feministin werden möchten. Was fanden Sie denn so schlimm an denen?

Schröder: Gar nichts, aber ich stimme einer Kernaussage der meisten Feministinnen nicht zu, nämlich der von Simone de Beauvoir: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird es." Dass das Geschlecht nichts mit Biologie zu tun hat, sondern nur von der Umwelt geschaffen wird - das hat mich schon als Schülerin nicht überzeugt.“

Was höre ich aus ihrer Antwort raus? Sie hats schon damals nicht verstanden.

Und dass im frühen Feminismus die feministischen Frauen über eine weibliche und nicht-patriarchalisch-bestimmte Sexualität stritten und reflektierten, davon hat sie sich auch was gemerkt, was sie nun zum Besten gibt, natürlich vorwurfsvoll gegen den Feminismus:

„SPIEGEL: Wie finden Sie Alice Schwarzer?

Schröder: Ich habe viel von ihr gelesen - "Der kleine Unterschied", später dann "Der große Unterschied" und "Die Antwort". Diese Bücher fand ich alle sehr pointiert und lesenswert. Etliche Thesen gingen mir dann aber doch zu weit: zum Beispiel, dass der heterosexuelle Geschlechtsverkehr kaum möglich sei ohne die Unterwerfung der Frau. Da kann ich nur sagen: Sorry, das ist falsch.

SPIEGEL: Warum?

Schröder: Es ist absurd, wenn etwas, das für die Menschheit und deren Fortbestand grundlegend ist, per se als Unterwerfung definiert wird. Das würde bedeuten, dass die Gesellschaft ohne die Unterwerfung der Frau nicht fort-bestehen könnte.

SPIEGEL: Dachten Sie, Feministinnen würden Beziehungen zwischen Männern und Frauen grundsätzlich ablehnen?

Schröder: Es gab in der Tat eine radikale Strömung, die in diese Richtung argumentiert hat und die die Lösung darin sah, lesbisch zu sein. Dass Homosexualität jetzt aber die Lösung der Benachteiligung der Frau sein soll, fand ich nicht wirklich überzeugend.“

Wieder nicht richtig verstanden, aber eben so zurechtgelegt, dass damit der konservative Stammtisch sich in seinem platten Antifeminismus bestätigt fühlen muss. Bravo
.
Würde mir als nahezu lebenslanger schwulenbewegter Mann ein elitäres Bübchen so antworten, wenns um Sachen des schwulen Lebens geht, würde ich mir leise sagen „so ein Dussel“, würde denken, der ist halt nicht klug genug aber vielleicht recht schlau und würde mit ihm darüber reden, ob Dieter Bohlen vielleicht schwul sein könnte und das Gespräch bei der nächsten Gelegenheit beenden.

(Man/frau benötigt vielleicht derzeit PolitikerInnen, die nicht in einer Sache engagiert sind, sondern die geschäftsmäßig handeln und die nicht ihre Gedanken in klugen Philosophien wälzen, sondern die schlau sind.)

Alice Schwarzer setzt sich aber hin und schreibt wutentbrannt, so scheint es, einen offenen Brief. So beendet sie wohl das Gespräch auch, aber anders, als käme es drauf an, was Frau Schröder denkt. Sie schreibt:

„Dafür haben Sie nun dem SPIEGEL ein aufschlussreiches Interview gegeben. Ein Interview, bei dem man nicht so recht weiß, ob man nun weinen oder lachen soll. Eines jedenfalls ist spätestens jetzt klar: Was immer die Motive der Kanz-lerin gewesen sein mögen, aus-gerechnet Sie zur Frauen- und Familienministerin zu ernennen - die Kompetenz und Empathie für Frauen kann es nicht gewesen sein.“

Und: „Nein, es stimmt nicht, dass die Überrepräsentanz weiblicher Pädagogen schuld ist an den Pro-blemen der Jungen. Dafür gibt es, wie Sie als Ministerin wissen sollten, null wissenschaftliche Beweise. "Schuld" ist eher ein verunsichertes Verständnis von "Männlichkeit", eine Männerrolle, bei der es als uncool gilt, zu ler-nen, und als cool, zu pöbeln - und Pornos zu konsumieren.“

Gerade weil es viele Frau (und auch Herr) Schröders gibt, denen es von einer sichtbaren Position aus gesagt werden muss, ist eine Frau Schwarzer zumindst uns in dieser Frage willkommen.

Aber warum könnte Frau Schwarzer ein Hindernis für die Frauenbewegung geworden sein? Weil sie für die konservative Kanzlerin im Wahlkampf getrommel hat, weil die eine Frau ist und nun hofft, ihre Politik solle nicht konservativ sein, und weil sie sich über Frau Schröder aufregt oder wundert und weil sie in der Bildzeitung schreibt, weil sie also längst anders denkt als die Frauen, die sich noch bewegt engagieren und nicht mit Konservativen paktieren und mit ihnen auf linke Engagierte einschlagen, die also mühsam an anderer Stelle arbeiten, denn da gibts auch genügend Dussel, aber das sind sie aus Unwissenheit oder Geltungssucht und nicht aus Prinzip.
 
Aber das ist ein anderes Thema. (rs/js)
 
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