- 102. Print-Ausgabe, Frühlings-LUST 10
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- Erneuter Streit um das Mahnmal
Wir haben also in Berlin eine Mahnmal für die homosexuellen
Opfer der Nazizeit, bestehend aus einer Stele in die ein Fenster
eingelassen ist, in dem sich 2 Jahre lang zwei Männer küssen.Das
Mahnmal steht gegenüber einem großen Stelenfeld, das
an die von Deutschen diskriminierten und ermordeten deutschen
und europäischen Juden erinnern soll.
- Unser Mahnmal hat und hatte 3 Aufgaben:
1. Das Mahnmal soll an die Männer mit den rosa Winkel erinnern,
also homosexuelle Männer die während der Nazizeit
wegen ihrer Homosexualität verfolgt, diskrimoniert,
verurteilt und ermordet wurden.
Die wird durch die Mahnmalsform der Stele und durch die küssenden
Männer zum Ausdruck gebracht, denn der Kuss zwischen Männern
führte ja schon in die Strafverfolgung durch den deutschen
Staat.
2. Das Mahnmal soll an all die anderen homosexuellen Menschen
erinnern, Lesben und Schwule, die aus anderen Gründen von
den Nazis verfolgt wurden, beispielsweise Jüdinnen und Juden,
um die größte Gruppe zu benennen.
3. Das Mahnmal soll eine Mahnung an zukünftige Generationen
darstellen und Toleranz gegenüber Minderheiten anmahnen.
Besonders am küssenden Männerpaar rieben sich solche
Feministinnen, die politisch dafür eintreten, dass lesbische
Frauen nicht eine Lesbenbewegung aufbauen, sondern dass sie in
die feministische Frauenbewegung integriert gehören.
Und dort habben ganz besonders die Zeitschrift emma und Frau
Schwarzer Stimmung gegen das Mahnmal überhaupt gemacht,
und gegen die Gestaltung.
Der Kompromiss, der letztlich auch durch lesbische Frauen vom
Lesbenring und den Frauen im LSVD gefunden wurde, sah vor, dass
nach 2 Jahren das Männerpaar durch einen anderen Film, ebenfalls
für 2 Jahre, abgelöst werden soll. Gegenwärtig
läuft die Ausschreibung dazu.
Dieser Kompromiss gefiel der emma-Herausgeberin nicht und sie
meinte, dieses Mahnmal erinnere sie an schwulen Klappensex, womit
sie allerdings deutlich machte, dass sie unabhängig jeder
historischen Tatsachen das Mahnmal bewusst entwürdigen wollte.
Das legt die Vermutung nahe, dass sie bewusst Krach zwischen
Schwulen und Lesben provozieren möchte,weil entsprechend
der emma-Ideologie imm er die Männer Täter und die
Frauen Opfer seien. Das Anerkennen der besonderen Verfolgung
homosexueller Männer würde diesem Weltbild widersprechen.
Eine selbständige Lesbenbewegung, die gelegentlich auch
zusammen mit der Schwulenbewegung für das Recht auf andere
Lebensformen eintritt, wäre zudem an einigen Punkten auch
nicht deckungsgleich mit einer solchen emma-geführten feministischen
Frauenbewegung. Da ist es schon besser, die Tatsache der einseitigen
Verfolgung homosexueller Männer einfrach zu leugnen.
Eine ganze Reihe von lesbischen Frauen und schwulen Männern
reagierten dann auch wie erwartet, waren entsprechend verletzt
und empfanden den Unterschied zwischen Lesben und Schwulen derart
groß, dass von Solidarität keine Rede sein konnte.
Eberhard Zastrau schreibt in einem Beitrag in Queer.de:
In Berlin schreibt man derzeit ein neues Video aus,
das im Denkmal für die homosexuellen Opfer des Nazi-Regimes
gezeigt werden soll. Gegenüber vom Denkmal für die
ermordeten Juden Europas soll nun nach dem Willen des Lesben-
und Schwulenverbandes (LSVD) ein Video mit zwei küssenden
Frauen das Denkmal für die verfolgten Schwulen geschlechtsneutral
verklä-ren. Die Initiatoren verbrämen ihre Geschichtsklitterung
damit, dass sie aus dem Denkmal zur Erinnerung an die ermordeten
und verfolgten Nazi-Opfer ein Mahnmal für gleichgeschlechtliche
Ehe und Beamtenpensionen machen wollen, denn vor allem diese
Ziele sind vom einstigen Befreiungskampf der Schwulen (und Lesben)
übrig geblieben, wenn man den politischen Forderungen deutscher
Homogruppen Glauben schenken darf.
... Der in den Weimarer Jahren berühmte Couplet-Sänger
Paul OMontis war in Hannover aufge-wachsen und wurde als
Rosa-Win-kel-Häftling im KZ Sachsenhausen ermordet. Für
sein Schicksal war in einer Hannoveraner Ausstellung zur Homosexuellenverfolgung
jedoch kein Platz, stattdessen fand die Sängerin Claire
Waldoff prominente Erwähnung. Sie war wenigstens in einer
sehr kurzen Lebens-Episode mit Hannover verbunden und konnte
mit ihrer Freundin in der Nazizeit unbeschadet in bayerischen
Gefilden leben, beide sind in gemeinsamer Grabstelle beigesetzt
worden.
Gerade die Präsentation dieser beiden Lebenswege hätte
die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen den Schicksalen
schwuler Männer und der Lebenssituation tribadischer
Frauen in der Nazi-Zeit aufzeigen können. Doch das war offensichtlich
von der hanno-verschen Ausstellungsmacherin nicht gewollt.
Von einer Verfolgung, die Frauen wegen ihrer Homosexualität
an Leib oder Leben bedroht hätte, kann man redlicherweise
nicht sprechen. Im Gegenteil: Unpolitisches lesbisches Freizeitvergnügen
etwa in regel-mäßigen Massentanzveranstaltung-en
bis ins Jahr 1940 wurde von der Berliner Gestapo zwar
beobachtet, aber nicht unterdrückt.
Die Geschichtsklitterung kommt auf leisen Sohlen daher. Nach
einer Emmaisierten Medienkampagne gegen den bereits
ausgewählten Denkmal-Entwurf knickte die Bun-desregierung
2007 vor dem Sturmgeschütz der Frauenbewegung ein und nötigte
die Künstler des Denk-mals, einer Konzeptänderung zuzustimmen,
damit eben alle zwei Jahre ein neues Video für das Denkmal
entstehen sollte.
In den offiziellen Texten tauchte das Ziel, die Lesben geschichtsklitternd
in das Denkmal zu bringen, nicht auf. Auch die offizielle Ausschreibung
für das neue Denkmal-Video verschweigt das eigentliche Ziel
der DenkmalInitiatoren, mit dem zweiten Video nun lesbische Frauen
in den Mittelpunkt zu rücken. Nur in einem Beiblatt zur
Debatte um das Denkmal kann man das geschichtsklitternde
Ziel aus zwei kargen Sätzen eher ahnen als erkennen.
Es wäre sicher auch schwer geworden, offiziell zu verkünden,
dass auf der einen Seite der Berliner Ebertstraße an sechs
Millionen er-mordete Juden erinnert wird, während auf der
anderen Straßenseite unter der gleichen Überschrift
Verfolgung in der Nazi-Zeit daran erinnert wird,
dass Lesben ihrer Zeitschriftenlektüre verlustig gingen.
Die Betreuung des Denkmals und damit auch die Ausschreibung
des neuen Videos obliegt sinnigerweise der Stiftung für
das Holocaust-Denkmal. Doch die Auswahl des Videos treffen die
politisch Verantwortlichen aus Bund und Land gemeinsam mit den
geschichtsvergessenen Initiatoren des Denkmals. .
In zahlreichen Kommentaren unter diesem Artikel äußern
sich nun User dieser Webside zu Zastraus Artikel. Es ist jedoch
auch ein scharfer hasserfüllter Unterton gegen Lesben bei
einigen Äußerungen zu erkennen, die ja von den feministischen
InitiatorInnen der antischwulen Kampagne sicherlich beabsichtigt
war.
Ein antilesbische Reaktion auf die antischwule Kampagne trifft
aber überhaupt nicht die Richtigen. Die emma-Kampagne zielt
ja darauf, das Mahnmal für die schwulen Naziopfer überhaupt
zu verhindern, da ein solches Manmal der emma-Ideologie widerspricht,
nämlich dass immer die Frauen als Opfer von Männern
anzusehen seien, die immer Täter seien. Das ist wie bei
der katholischen Kirche, dass nämlich der Mensch schon bei
der Geburt sündig sei, egal was er so macht. Und so ist
bei solchen Feministinnin der Mann immer Täter und die Frau
im-mer Opfer, ganz egal was sie so machen. Diese sexistische
Ideologie ist auch zum Teil unter Lesben verbreitet.
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- Unterdessen gibt es Folgendes:
Offener Brief
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Hannover, 18. März 2010
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
am 27. Mai 2008 haben Sie in Berlin das Denkmal für die
im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen eingeweiht. Mit
der Errichtung des Denkmals vollzog die Bundesrepublik Deutschland
einen wichtigen Schritt zur Anerkennung und Würdigung der
homosexuellen KZ-Opfer. Wir hatten diesen nach Jahrzehnten des
Vergessens und Verschweigens überfälligen Schritt lange
eingefordert und schließlich mit Befriedigung zur Kenntnis
genommen.
Mit großer Sorge erfüllt uns nunmehr die Ausschreibung
für einen neuen Film für das Denkmal. Äußerst
irritiert sind wir über den Ausschreibungstext vom Oktober
2009, demzufolge im Denkmal künftig Interpretationen einer
gleichgeschlechtlichen Kussszene gezeigt werden sollen.
Die derzeit gezeigte Kuss-Szene zweier Männer ist ein integraler
Bestandteil des Entwurfs der Künstler Michael Elmgreen und
Ingar Dragset, der durch eine unabhängige Jury und unter
großer Beteiligung der Öffentlichkeit ausgewählt
wurde. Historischer Bezugspunkt ist die Kriminalisierung mann-männlicher
Küsse mit der Strafverschärfung des § 175 RStGB
durch die Nationalsozialisten im Jahre 1935.
Die mit der Ausschreibung nunmehr signalisierte inhaltliche Ausweitung
des filmischen Konzepts hin zu Interpretationen einer gleichgeschlechtlichen
Kussszene würde es künftig z.B. ermöglichen,
auch einen lesbischen Kuss zu zeigen, wie es von verschiedenen
Seiten im Sinne einer angeblichen Gleichberechtigung
bereits gefordert wird.
Eine derartige Neuinterpretation würde aber nicht nur das
ursprüngliche künstlerische Konzept des Denkmals in
Frage stellen. Sie würde auch zu einer Verzerrung und Verfälschung
der Geschichte wie des Andenkens an die Verfolgten führen,
die wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.
Es ist historisch nicht zu belegen, dass lesbische Frauen im
Nationalsozialismus individueller Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen
Orientierung ausgesetzt gewesen seien. Genau dieser Eindruck
würde aber erweckt, wenn im Denkmal für die im Nationalsozialismus
verfolgten Homosexuellen künftig ein Film mit einer Kussszene
lesbischer Frauen gezeigt würde.
Wohl ist es richtig, dass im Dritten Reich auch die
Freiheitsrechte lesbischer Frauen beschnitten wurden, z.B. dadurch,
dass man ihre Zeitschriften verbot.
Darin unterschied sich ihr Schicksal nicht von dem der großen
Mehrheit der Deutschen, die nun unter den Bedingungen eines totalitären
Regimes zu leben hatten. Eine ganz andere Qualität hatte
die individuelle Verfolgung und Ver-schleppung in Konzentrationslager,
der Millionen Menschen ausgesetzt waren. Auch etwa 10.000 homosexuelle
Männer waren von dieser Form des NS-Terrors betroffen. Hingegen
ist nicht ein einziger Fall einer lesbischen Frau historisch
zu belegen, die aufgrund ihrer homosexuellen Veranlagung in die
Verfolgungsmaschinerie der Nationalsozialisten geraten wäre.
Wir sind es den Opfern des NS-Terrors schuldig, an ihr Schicksal
zu erinnern, ohne es durch leichtfertige und historisch nicht
zu vertretende Gleichsetzungen zu nivellieren und zu entwerten.
Hüten müssen wir uns davor, die Erinnerungs- und Gedenkkultur
für gegenwärtige oder künftige Interessen zu instrumentalisieren.
Genau dies jedoch droht nun!
Gewidmet ist das Denkmal gemäß Bundestagsbeschluss
vom 12. Dezember 2003 den im Nationalsozialismus verfolgten
Homosexuellen. Es soll die verfolgten und ermordeten Opfer
ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten und ein beständiges
Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgren-zung gegenüber
Schwulen und Lesben setzen.
Die Aufgabe des Denkmals, die sich aus dem Bundestagsbeschluss
ergibt, ist nur zu erfüllen, wenn der Kern, seine Widmung,
nicht in Frage gestellt wird. Sehr geehrter Herr Staatsminister,
wir appellieren deswegen an Sie, dafür Sorge zu tragen,
dass mit dem Denkmal auch künftig die verfolgten und
ermordeten Opfer geehrt und die Erinnerung an das
Unrecht wachgehalten wird. Nur wenn die Erinnerung an das
Unrecht nicht zur Geschichtsklitterung verkommt, wird mit diesem
Denkmal auch ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz,
Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben
gesetzt werden können.
Gerne stehen wir Ihnen für weitere Informationen oder ein
persönliches Gespräch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand des Vereins zur Erforschung der Geschichte der Homosexuellen
in Niedersachsen (VEHN) e.V.
c/o Rainer Hoffschildt, Mitglied im Beirat der Stiftung Niedersächsische
Gedenkstätten, Lister Meile 35, 30161 Hannover, Tel.: 0511-
66 10 55, r.hoffschildt@htp-tel.de
gemeinsam mit:
Alexander Zinn, Mitglied des Internationalen Beirates der Stiftung
Brandenburgische Gedenkstätten, Tel.: 0171 530 71
88, zinn@cultpress.de
Joachim Müller, 1993-2001 Mitglied des Internationalen Beirates
der Stiftung Brandenburg. Gedenkstätten,
Eberhard Zastrau 2001-2007 Mitglied des Internationalen Beirates
der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
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- Unterzeichner des Offenen Briefes:
Prof. Dr. Günter Morsch, Direktor der Stiftung Brandenburgische
Gedenkstätten
Dr. Insa Eschebach, Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte
Ravens-brück/ Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Dr. Gabriele Hammermann, Leiterin der Gedenkstätte Dachau
Prof. Dr. Volkhard Knigge, Direktor der Stiftung Gedenkstätten
Buchenwald und Mittelbau-Dora
Dr. Jens-Christian Wagner, Leiter der Gedenkstätte Mittelbau-Dora
Dr. Habbo Knoch, Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische
Gedenkstätten
Dr. Thomas Rahe, Wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte
Bergen-Belsen
Dr. Detlef Garbe, Direktor der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Dr. Jörg Skriebeleit, Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg
Thomas Lutz, Gedenkstättenreferent der Stiftung Topographie
des Terrors
Dr. Peter Fischer, Vertreter in Ge-denkstättenangelegenheiten
des Zentralrats der Juden in Deutschland im Internationalen Beirat
der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Alexander Zinn, Soziologe, Vertreter des Lesben- und Schwulenverbandes
Berlin-Brandenburg im Internationalen Beirat der Stiftung Brandenburgische
Gedenkstätten
Joachim Müller, Autor des Buches Homosexuelle Männer
im KZ Sachsenhausen, 1993 bis 2001 Mitglied im Internationalen
Beirat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Eberhard Zastrau, 2001 bis 2007 Mitglied im Internationalen Beirat
der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Rainer Hoffschildt, Mitglied im Beirat der Stiftung Niedersächsische
Gedenkstätten, für den Vorstand des Vereins zur Erforschung
der Geschichte der Homosexuellen in Niedersachsen e.V. (VEHN)
Stefan Reiss, Mitglied im Stiftungsrat der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung
(HMS)
Dr. Klaus Müller, Volkswirt, Vorsitzender der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung
(HMS)
Rudolf Hampel für den Vorstand von Mann-O-Meter e.V. (MOM)
Peter Birmele und Volker Gasser für den Gesprächskreis
Homosexualität der Evangelischen Advent-Zachäus-Kirchengemeinde,
Berlin
Dr. Michael Bochow, Soziologe
Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Sozialwissenschaftler am Wissenschaftszentrum
Berlin
Dr. Rainer Marbach, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Akademie
Waldschlösschen
Dr. Hans Gerhard Hannesen, Kunsthistoriker und Historiker
Andreas Pretzel, Historiker und Kul-turwissenschaftler, Autor
verschiedener Studien zur NS-Homosexuellenverfolgung
Prosper Schücking, Ministerialdirigent, Mitbegründer
des Centrums Schwule Geschichte e.V. (CSG)
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- Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU)
verteidigt den Kompromiss zum Homo-Mahnmal in Berlin, wonach
ein als Kurzfilm durch ein Sichtfenster gezeigter schwuler Kuss
durch einen lesbischen ersetzt werden soll.
Leiter von KZ-Gedenkstätten und schwule Aktivisten hatten
diesen Kompromiss als Verzerrung und Verfälschung
der Geschichte kritisiert. Neumann erklärte nun, dass
durch die Entfernung des mann-männlichen Kusses keinesfalls
eine Gleichsetzung von homosexuellen Männern und Frauen
im Hinblick auf ihre Verfolgung im NS-Regime be-absichtigt
worden sei. Denn wissenschaftlich sei die Verfolgung lesbischer
Frauen durch das NS-Regime in vergleichbarer Form wie bei homosexuellen
Männern nicht belegbar. Dies werde auch ausdrücklich
auf der Erläuterungstafel am Denkmal so dargestellt.
Trotz dieser anderen Dimension wurden auch die Freiheitsrechte
lesbischer Frauen im Dritten Reich ingeschränkt,
z.B. dadurch, dass man ihre Zeitschriften verbot, so Neumann.
Der Bundestag habe dann eine durch die Frauenzeitschrift Emma
ausgelöste Debatte aufgenommen und sich in Abstimmung mit
den Künstlern darauf geeinigt, dass der Film alle zwei Jahre
geändert werden soll und nach Absprache möglichst abwechselnd
Männer und Frauen zeigen soll.
Tatsächlich wurde Anfang 2006 der schwule Kuss als integraler
Bestandteil des Mahnmals genehmigt. Erst ein halbes Jahr später
startete die Emma erfolgreich eine Kampagne gegen
das Denkmal, die von den Künstlern Michael Elmgreen und
Ingar Dragset als populistische Attacke kritisiert
wurde.
Der Film am Homo-Mahnmal soll im Mai 2010 ausgewechselt werden.
Er muss eine gleichgeschlechtliche Kussszene auf
Schwarz-Weiß enthalten und darf maximal zwei Minuten dauern.
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- Unsere Schlussfolgerung
Die emma-Kampagne wurde in Teilen der Schwulenbewegung wohlwollend
aufgenommen, dort wurde ihr geglaubt. das ist nicht verwunderlich,
denn Schwule sind keine Frauenhasser und, wie vielleicht bekannt
ist, gehört die Schwulenbewegung zu den Unterstützern
der Frauenbewegung, weil es um die Gleichstellung der Menschen
geht, umanhängig vom Geschlecht oder der sexuellen Orientierung.
Die strafrechtliche Verfolgung betraf in Deutschland seit Gründung
des deutschen Reiches lediglich homosexuell handelnde Männer.
All die menschenverachtenden Ideologien, die in der Nazizeit
zur Grundlage von furchbaren Gruasam-keiten gegenüber Menschen
von den Staatsorganen wurden, gab es schon vorher. Sie sind durch
den völligen Zusammenbruch des deutschen Nazistaates auch
nicht verschwunden. Die staatliche Verfolgung von Männern,
die sich homosexuell betätigt hatten oder die dessen beschuldigt
wurden, gab es vor, während und nach der Nazizeit, allerding
in unterschiedlicher Stärke.
In der Nazizeit wurde jedoch der § 175 StGB, der Männer
für homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte, bersonders
verschärft. Schon ein Blick, der als ein inniger Blick ausgelegt
wurde, konnte zur Bestrafung führen, und ein Kuss zwischen
Män-nern war eine homosexuelle Handlung im Sinne des Strafrechts.
Es ist ein Fortschritt, dass der deutsche Staat durch eine solches
Mahnmal auch der homosexuellen Opfer der Nazizeit gedenkt.
Es ist aber eine Absurdität, dass das Anerkennen dieser
Staatsverbrechen nicht auch die Zeit vor der Nazizeit und nach
der Nazizeit berücksichtigt und dass lediglich aufgrund
einer geschichtsklitternden Kampagne einer Zeitschrift das Angedenken
mit einer intendierten historisch falschen Aussage belastet ist.
Natürlich gibt es in Deutschland durchaus
politische Kräfte, die die Tatsachen verschleiern möchten.
Es gibt nur eine Möglichkeit, diese Sache wieder einigermaßen
in Ordnung zu bringen. Nämlich die Lesben- und Schwulenszene
als eine zussammengehörige Gemeinschaft anzusehen, und mit
dem Denkmal in erster Linie der Männer mit dem Rosa Winkel
zu gedenken, sowie der Schwulen und Lesben, die aus anderen Gründen
in der Nazizeit verfolgt wurden, zum Beispiel, weil sie politische
AktivistInnen waren oder weil sie als Juden und Jüdinnen
verfolgt wurden.
Das wäre so möglich, indem an der Stele ein großer
Rosa Winkel angebracht würde und dann alle zwei Jahre beim
Film abgewechselt würde, 2 Jahre lang zwei schwule Männer
beim Küssen zu zeigen, um die Verfolgung der Nazizeit korrekt
darzustellen, und 2 Jahre lang sowohl ein schwules als auch ein
lesbisches Paar zu zeigen, um all der homosexuellen Menschen
zu gedenken, die aus anderen Gründen von den Nazis verfolgt
wurden. Dann würden die schwulen Männer nicht 2 Jahre
lang ausgeklammert, die ja tatsächlich aufgrund ihren Homosexualität
verfolgt wurden.
Dann müsste wohl an anderer Stelle und vielleicht auch auf
andere Weise, eben wie es angemessen ist, die 124jährige
Geschichte des menschenrechtsverletzenden Unrechtsparagraphen
175 in Erinnerung gerufen werden. Und
wir alle müssten ebenfalls einen Besinnungsort für
die Folgen der Ungleichbehandlung der Geschlechter befürworten.
(js)
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