102. Print-Ausgabe, Frühlings-LUST 10
 
Ostermarsch 2010
Zum 50. mal fanden in diesem Jahr wieder die Oster-märche an Ostern statt. Wir waren in Wiesbaden dabei, denn in diesem Jahr fand der Ostermarsch von Mainz und Wiesbaden zur Abwechslung in Wiesbaden statt.

Die Ostermärsche richten sich gegen Krieg und Militarismus. Schon Monate vorher versammeln sich die Organisationen, die zum nächsten Osterfest zum Ostermarsch aufrufen wollen und besprechen und beschließen den Aufruf des Jahres.

Zu den Aufrufenden der beiden Städte gehörten in diesem Jahr folgende Gruppen:
Alevitisches Kulturzentrum Mainz e.V. Mainz Alevi Kültür Merkezi; Antifaschist. Bündnis Worms; ATIF Wiesbaden; Attac Mainz; Attac Wiesbaden; AUF Arbeitskreis Umwelt und Frieden AKK; Connection e.V.; Deutsche Friedensgesellschaft Vereinigte KriegsdienstgegnerIn-nen Mainz; Deutsche Friedensgesellschaft Vereinigte Kriegs-dienstgegnerInnen Wiesbaden; DGB Mainz-Wiesbaden; DIE LINKE. Mainz; DIE LINKE. Wiesbaden; DKP Rheinland-Pfalz; DKP Mainz; DKP Wiesbaden; Fraktion Linke Liste Wiesbaden; GEW Mainz- Bingen; IG BAU Bezirksverband Wiesbaden-Limburg; IG Metall Wiesbaden-Limburg; Linkswärts Mainz e.V.; Mainz Özgürlük ve Dayan1-ma Dernei Verein für Freiheit und Solidarität Mainz; Partei Mensch Umwelt Tierschutz Die Tierschutzpartei LV Hessen + LV Rheinland-Pfalz; Politische Lesben-und Schwulengruppe ROSA LÜSTE; Rheingauer Friedensinitiative; ver.di Bezirk Rhein-Nahe-Hunsrück; Wählergruppe Linke Liste Wiesbaden.
 
Diese Gruppen einigten sich auf den folgenden Text und die folgenden Forderungen:
 
Für eine Welt ohne Krieg, Militär und Gewalt!
Deutschland führt Krieg. Diese grausame Realität kann die Bundesregierung immer weniger vertuschen, erst recht nicht seit dem Luftangriff von Kundus. Entgegen dem Gerede von Aufbauhilfe für Entwicklung und Demokratie stützt die Bundeswehr in Afghanistan ein korruptes undemokratisches menschen-rechtsverletzendes Regime, das von regionalen Kriegsherren und Dro-gen-händlern getragen wird. Nach acht Jahren hat sich der Krieg ausgeweitet, und es sollen sogar noch mehr Soldaten und Soldatinnen entsandt werden.

Die westlichen Truppen werden immer mehr als todbringende Besatzungstruppe wahrgenommen. Gerade weil die Bundeswehr in Afghanistan Krieg führt, hat sich die Wahrscheinlichkeit terroristischer Anschläge in Deutschland erhöht.

Tatsächlich geht es der NATO um Präsenz im rohstoffreichen Zentralasien zur Durchsetzung energiepolitischer und strategischer Interessen. Die Fortsetzung des Kriegs in Afghanistan bringt immer mehr Tote, aber weder Frieden noch Demokratie.
Bundeswehr raus aus Afghanistan!

Zivile Konfliktlösung unter Berücksichtigung der Friedenspläne, die die Friedensbewegung bereits erarbeitet hat. Jahr für Jahr wird mit gigantischen Beträgen weltweit und in Deutschland Krieg finanziert. Rüstungskonzerne verdienen Milliardenbeträge mit Massenmord. Schon ein Bruchteil dieser ungeheuren Summen könnte wesentlich dazu beitragen, Armut zu beseitigen und Schäden durch Klimawandel zu begrenzen. Stattdessen sorgt die militärisch durchgesetzte Politik der westlichen Staaten dafür, dass sowohl weltweit als auch innerhalb der einzelnen Länder die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Armutsbeseitigung statt Krieg!
Der Bundeswehr nutzt Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher zur Rekru-tierung, Sie wirbt aggressiv und penetrant in Fußgängerzonen, Schulen und Arbeitsagenturen sowie bei Jugendfestivals und Berufsausbildungsmessen.
Gleichzeitig hält auch die neue Regierungskoalition verbissen am Zwang zum Kriegsdienst fest. Totale Kriegsdienstverweigerer werden in Bun-deswehrarrest gefangen gehalten und strafrechtlich verfolgt.
Schluss mit Rekrutierung durch Armut und Zwang!
Die Verherrlichung von Krieg und Militarismus wird immer offensiver betrieben: mit öffentlichen Gelöbnissen, mit neuen Orden, mit dem schändlichen Ehrenmal in Berlin.
Keine Propaganda für Massenmord!
Mit der Verlegung des europäischen Hauptquartiers der US-Armee nach Wiesbaden entsteht eine militärische Anlage als Hochsicherheitstrakt mit permanenten Kontrollen durch bewaffnete GIs. Wiesbaden wird noch mehr zur Militärdrehscheibe und in grundgesetzwidrige Angriffskriege der USA hineingezogen, die Anschlagsgefahr wächst. Ganz zu schweigen von Vernichtung von Natur in militärischem Sperrgebiet. Von Wiesbaden geht dann noch mehr Krieg aus als bisher.
Abzug des Militärs statt Hauptquartier in Wiesbaden!

Krieg ist zu einem nahezu selbstverständlichen Mittel der deutschen Außenpolitik geworden.
Krieg darf kein Mittel der Politik sein!
Krieg und Gewalt sind keine Lösung!
Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit.
Krieg ist organisierter Massenmord.
Krieg schafft die Voraussetzungen für neue Kriege und neue Gewalt.

Dieser gefährlichen Dynamik müssen wir uns entgegenstellen, indem wir uns für Abrüstung, Entmilitarisierung, gewaltfreie Konfliktlösung und die Beseitigung aller Kriegsursachen einsetzen.
Wir treten ein für:
– Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan und allen anderen Auslandseinsätzen, Austritt aus der NATO, eine Bundesrepublik ohne Armee;
– Abzug der Besatzungsmächte aus Irak und Afghanistan;
– Abschaffung aller Kriegs- und Zwangsdienste, Ende der Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern in aller Welt, Asyl für Kriegsdienstverweigerer;
– drastische Kürzung der Rüstungsausgaben;
– Beendigung aller Waffenexporte;
– zivile Nutzung von Militäranlagen und Rüstungsfabriken (Rüstungskonversion);
– Abschaffung von Atomwaffen z.B. den in Büchel (Eifel) stationierten Atomwaffen und Atomkraftwerken;
– Abkehr vom Öl zugunsten erneuerbarer Energien und einer Lebens- und Produktionsweise, die mit deutlich weniger Energie auskommt; Klimapolitik ist Friedenspolitik!
– Sicherung und Verteidigung sozialer und politischer Errungenschaften und damit gegen Sozialabbau, Überwachungsstaat und Bundeswehreinsatz im Innern;
- eine gerechte Weltwirtschaftsordnung
 
Wir waren dabei!
Man muss schon loben, dass es möglich war, einen solchen Text zwischen all diesen Gruppen erfolgreich zu vereinbaren. Und so gingen wir (ROSA LÜSTE) am Ostersamstag zum Ostermarsch.

Eine religiöse Organisation war auf dem Platz der Schlusskundgebung auch da, um an den "ursprünglichen Sinn von Ostern" zu erinnern, hatte mit uns jedoch nichts zu tun. Für uns ist Ostern eine Reihe bezahlter freier Tage, die zum sozialen Besitzstand der Arbeitnehmer gehören.

Wie üblich war das Wetter sehr „gemischt“ und wie üblich fanden wir all die „üblichen Verdächtigen“ vor, die wir jedes Jahr mal in Mainz und mal in Wiesbaten aus diesem und oder jenen Anlass treffen.

Die Bevölkerung schien uns gegenüber jedoch aufgeschlossener zu sein als sonst. Es gab einige Reden am Bahnhof und dann auf dem Mauritiusplatz.

Freund Gernot hielt eine auch eine bemerkenswerte Rede, in der er u.a. einforderte, doch lieber für angemessene Arbeitsplätze zu sorgen, statt mit Bundeswehr Reklame in die Schulen der Abgängerklassen zu gehen sowie sich vor die Arbeitsämter zu stellen.

Noch werde bei der Bundeswehr niemand gezwungen, nach Afghanistan zu gehen, es seien Freiwillige. Er wies auf Bertungsstellen hin, wie man den kriegsdienst verweigern könne und wie man auch als Berufssoldat wieder ins zivile Leben gehen könne, wenn man verweigern möchte.

Obwohl in diesem Jahr mehr TeilnehmerInnen zu sehen waren, waren es angesichts der Kriegseinsätze der Bundeswehr immer noch zu wenig protestierende Menschen. (RoLü)
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