- 100. Print-Ausgabe, Herbst-LUST 09
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- Suchtverhalten und Abhängigkeit
Warum das Suchverhalten nicht an den Suchtmitteln zu erkennen
ist, auch nicht, ob es sich um legale oder illegale Mittel handelt.
In diesem Referat erhebe ich keinen
Anspruch darauf, solche Definitionen zu verwenden, die von ganz
unterschiedlichen Mernschen oder Stelle als die wahren und daher
einzig richtigen angesehen werden. Ich benutze Definitionen,
von denen ich annehme, dass in der Allgemeinheit dies ungefähr
so gesehen wird.
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- 1. Was fällt als Suchtverhalten auf?
Auffälligkeit ist das Merkmal eines Menschen mit erkennbarem
Suchtverhalten. Allerdings gbt es auch unsichtbre Schtverhalten,
also Verhalten, die von der Umwelt nicht als Suchtverhalten wahrgenommen
werden. In übrigewn gibt es auch Auffälligkeiten, die
gar nichts mit einem Suchverhalten zu tun haben, beispielsweise
be Erkrankungen.
Als Mensch mit einem auffallenden Suchtverhalten wird angesehen,
wer zwar als normal geltende Verhaltensweisen an den Tag legt,
diese aber intensiver als die anderen. Es geht darum, irgend
eine Sache so sehr haben, machen, erfüllen zu wollen, dass
man das eigene Ansehen, die eigene Gesundheit, die eigene berufliche
und persönliche Reputation oder Zukunft, vielleicht gar
das eigene Leben und das Leben anderer dafür aufs Spiel
setzen will.
Es geht also um ein fanatisches, ein zwanghaftes Verhalten und
den an einer Sucht erkrankten Menschen wird nicht immer klar,
dass er sich krankhaft verhält.
Menschen mit einer Suchterkrankung werden generell von der Gesellschaft
erst dann wahrgenommen, wenn sie ein auffallendes Verhalten an
den Tag legen.
Wenn jemand in der Alkoholsucht nicht mehr in der Lage ist, seine
eigenen Dinge zu regeln, wenn er z.B. völlig verwahrlost
in der Öffentlichkeit erscheint, erst dann wird er wahrgenommen,
obwohl er schon eine lange Suchtentwicklung hinter sich hat.
Ich habe hier deshalb bewusst Alkohol gewählt, weil dieses
Suchtmittel gesellschaftlich integriert ist und ein Mensch nicht
deshalb schon auffällig wird, weil er ein verbotenes Mittel
benutzt.
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- 2. Ist Sucht eher ein körperliches
oder eher ein gesellschaftliches Phänomen?
Die in der Zwischenüberschrift formulierte Fragestellung
stellt ein falsches Entweder-Oder in den Raum Meiner Meinung
nach gibt es für das süchtih Werden und für die
fanatische Bindung an irgendein Mittel oder auch irgrndeinen
anderen Gegenstand überwiegend oder sogar nahezu ausschließlich
gesellschaftliche Ursachen und körperliche oder psychische
Bindung daran stellt sich dann als eine Folge ein.
Nehmen wir wieder den Alkohol: das ständige starke Trinken
von alko-holhaltigen Getränken hat sicher überwiegend
gesellschaftlich Ursachen, die körperliche Gewöhnung
an Alkohol, die bei Verlust von Alkohol zu körperlichen
Entzugserscheinungen führt, ist die Folge davon.
Allerdings gibt es Stoffe, die sehr schnell eine körperliche
Bindung hervorrufen und solche, die dies weniger schnell tun.
Sehr schnelle körperliche Bindungen sollen bestimmte Medikamente
und auch die meisten sogenannten schweren Drogen hervorrufen,
aber auch Nikotin ist in Verdacht, recht schnell zut körperlichen
Gewöhnung zu führen.
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- 3. Die Ursachen von Suchtverhalten
Die Ursachen des Suchtverhaltens liegen eindeutig in der Gesellschaft.
Eine Gesellschaft die in ihren Werbeappellen und in ihren Medien
ständig auf die Bevölkerung einhäm-mert, dass
das Lebensziel und das Lebensglück davon abhängt, dass
man genügend Waren konsumiert um glücklich zu sein,
legt in ihren Grundaussagen die Basis zum akuten Suchtverhalten.
Älter gewordene Menschen, die sich selber noch an "früher"
erinnern können, wann immer dies war, können sich an
das Medienverhalten von früher erinnern, das nach anderen
Zielen und Werten streben ließ, beispielsweise nach Zufriedenheit
durch Genügsamkeit.
Meine Eltern zum Beispiel brachten mir zahllose Tricks bei, genügsam
zu leben, denn sie hatten karge Zeiten erlebt und ich war als
1944 Geborener ein Kind der nachkriegszeit, wo auch nicht alles
massenhaft zu bekommen war.
Später war, wie ich leben wollte, aus der Sicht meiner Eltern
schon Verschwendung, nämlich das Savoire Vivre einer ganzen
Generation, die Kunst des Lebens im Nachahmen eines französischen
Stiles, wie wir ihn verstanden.
Als 68er kam ich gut damit aus, und gleichzeitig war ich auch
eher bescheiden in meiner Grundhaltung und bin es immer noch.
Genuss aus kleinen Freuden ziehen und alles Angeberiche und Protzige
als Beispiel anzusehen, dass dieser Mensch als Persönlichkeit
für sich ohne künstliche Vertsärker nicht zurechtkommt,
also ein armer Mensch, dem Konsumterror verfallen. Ich kann heutige
Jugendliche nicht verstehen, deren Lebensglück von Markennamen
und angeberischer teurer Kleidung abhängt sowie von teuren
Autos.
Pulli und Jeans reichten, wie auch der 2 CV, statt des BMW. Bretter
auf Steinen reichten als Möbel für Bücher statt
teurer Schrankwände und preiswerte Haushaltskerzen und Strass
reichten zur Romantik statt teure Leuchtkörper und Schmuck.
Da kommt mir heute die Verbissenheit als etwas Tragisches vor,
mit der nach äußeren Luxusinsignien gestrebt wird,
die mir entbehrlich erscheinen, was sicherlich eine der Grundlagen
darstellt, den Boden für Suchterkrankungen zu bereiten.
Es ist dies eine andere Haltung zum Leben und den Mitmenschen,
als wie sie haben und auch schon früher hatten.
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- Die Bestätigung erhält man offenbar
heutzutage nicht dadurch, dass man sich als integrer Typ Anerkennung
erwirbt, sondern sie geschieht aufgrund des vermeindlichen oder
wirklichen wirtschaftlichen Erfolges und seiner demonstrativer
Erkennungszeichen, selbst wenn man zu ihrer Erringung sich als
Schwein verhält oder verhalten hat. Im Gegenteil, durch
dieses doch menschenverachtende Verhalten bekommt man auch eine
Form von Anerkennung, weil man "es kann".
Bestimmte Erscheinungsformen im Verhalten heutiger Jugendlicher
scheinen zusammen mit anderen Faktoren die Folge eines solchen
Denkens zu sein: die Alkoholexzesse, die deutliche Zunahme von
sinnloser Jugendgewalt, besonders auch gegenüber älteren
Menschen, die ein gewisses soziales Verhalten einfordern usw.
Worte wie "Looser" oder "Versager" in der
Jugendkultur zeigen eine brutale ethiklose Haltung auf, die mir
unerklärlich ist, denn wenn Menschen gesellschaftlich straucheln,
benötigen sie Hilfe und keine Beschimpfung. Das Eintreten
auf solche, die am Boden liegen, statt der Bestürzung, dass
jemand am Boden liegt, dem man aufhelfen muss, das sind Sichtweisen,
die abhanden gekommen sind.
Solche Lebensauffassungen, die sich hier zeigen, sind absolut
krankmachend und können dann nur zur tiefsten Frustration
führen, wenn die Betreffenden erkennen, dass die Gesellschaft,
die sie selber damit mitverfassen, gerade ihnen gar keine Möglichkeit
gibt, ihre hochgesteckten irrationalen und dennoch fanatisch
verfolgten Ziele zu erreichen: das Spaßhaben. Das Erkennen,
dass sie selber solche "Looser" sind, ohne irgendwelche
Chancen, könnte die eigentliche Ursache für Amokläufe
und dergleichen sein. Es ist dis im übrigen auch die gleiche
Haltung, die rechte Demagogen zum eigenen Machtaufbau benötigen,
um solche Bevölkerungsteile gegen andere Bevölkerungsteile
zu hetzen.
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- 3.1. Abhängigkeit und das Suchtverhalten
Der Kern der Sucht ist die Abhängigkeit eines Menschen von
einem Stoff oder einem Verhalten. Aber wie gerät ein Mensch
in eine solche Abhängigkeit?
Es gibt individualgeschichtliche Faktoren, die "hilfreich
sind, dass Menschen in solche Abhängigkeiten geraten. In
bestimmten gesellschaftlichen Zusammenhängen treten diese
jedoch gehäufter auf. Diese sind:
· Je länger ein emotionaler Zustand besteht, desto
tiefer ist er in Gehirnschichten verankert. Hiermit sind dann
auch grundlegende Einstellungen und Erwartungen des Einzelnen
verbunden.
· Je negativer die frühkindlichen Erfahrungen waren,
desto wahrscheinlicher ist die Herausbildung einer instabilen,
ängstlichen / aggressiven und unzufriedenen Persönlichkeitsstruktur.
Hiermit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Suchtverhalten
entsteht.
· Je stabiler ein Jugendlicher emotional ist, desto geringer
die Wahrscheinlichkeit, dass er Drogen, die er ausprobiert, zur
dauerhaften Erlangung einer positiven emotionalen Gestimmtheit
nutzt.
· Je negativer ein Jugendlicher geprägt ist, desto
schneller wird er der Versuchung erliegen, den Zustand der Zufriedenheit,
des Glücklichseins dauerhaft durch Drogen oder exzessive
Verhaltensweisen herzustellen.
· Je mehr ein Jugendlicher eigenes Handeln als selbstwirksam
und erfolgreich erlebt hat und erlebt, desto eher wird er auch
in Krisensituationen weiterhin auf diese Strategien vertrauen
und zurückgreifen.
· Je misserfolgsorientierter ein Jugendlicher ist, desto
schneller wird er bei Problemen aufgeben und nach Ersatzlösungen
suchen.
Es sind dies also Faktoren die geeignet sind, die Abhängikeit
eines Menschen an bestimmte Faktoren hervorrufen.
Suchtverhalten entsteht in der Regel dann, wenn der Einzelne
nach Wegen sucht, seinem Leben Bedeutung zu geben und Befriedigung
zu erlangen, dies jedoch nicht auf normalem Wege erreichen kann.
Hierbei können sowohl exzessive Verhaltensweisen (nicht-stoffgebundene
Süchte) als auch Drogen eine Rolle spielen.
Nichtstoffgebundene Verhaltensweisen können z.B. auch nationaler
oder religiöser Fanatismus sein. Abhängigkeiten von
Nichtstoffgebundenen Faktoren oder Drogen bzw. anderen Stoffen
wie Tabak, Alkohol, Kaffee, Tabletten usw. geben dem Süchtigen
ein Glücksgefühl oder Belohnungen dann, wenn er sich
dieser Faktoren bedient.
Nicht nur die Truksucht, auch die Speisesucht, Sexsucht und Sucht
nach Beziehung gegenüber einzelnen Menschen (was zu Stalker-Verhalten
führt) sind die Folgen der entsprechenden gesellschaftlichen
und individuellen Dispositionen.
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- 3.2. Die Sehnsucht nach Zufriedenheit
und Glückseligkeit
Diese in der Zwischenüberschrift angegebenen Sehnsüchte
gehören zu den Antriebskräften des Menschen. Das Verhalten
von Menschen und Tieren wird bestimmt von Belohnungen, die Handlungen
nach sich ziehen oder in Aussicht stellen. Damit wir etwas als
belohnend empfinden, muss es an einen befriedigenden, positiv
erregenden oder als lustvoll empfundenen Zustand gebunden sein.
Als positiv wird auch die Beendigung eines unlustvollen, bedrohlichen
oder schmerzhaften Zustandes empfunden.
Unser Gehirn entscheidet, ob es sich lohnt, eine Handlung auszuführen.
Es verfügt über einen Botenstoff, das Dopamin, das
dem Körper signalisiert aktiv zu werden, und über ein
körpereigenes Belohnungssystem. Das Gehirn setzt als Belohnung
Endorphine frei: Serotonine und Opiate. Diese Prozesse verlaufen
im Wesentlichen unbewusst und sind nicht willentlich beeinflussbar.
Das Dopaminsystem ist im Limbischen System, dem Sitz der Gefühle,
angesiedelt. Dieses System ist entwicklungsgeschichtlich ein
sehr altes System, das sicherstellt, dass sinnvolle und lebenserhaltende
Handlungen beibehalten werden, es sagt, was gut für das
Lebewesen ist und was gefährlich. Auch in der individuellen
Entwicklungsgeschichte eines jeden Einzelnen entsteht dieses
System schon sehr früh, lange bevor das Bewusstsein entsteht.
"Das grundlegende Verhältnis eines Individuums zu sich,
zur Welt und insbesondere zu anderen Menschen formt sich weitgehend
unbewusst und bildet den Rahmen, in dem spätere Erfahrungen
gemacht wer-den."(G. Roth). Dies ist ein selbst-stabilisierender
Prozess. Der Einzelne eignet sich Erfahrungen an, die die bereits
bestehenden bestärken. Netzwerke in den limbischen, unbewusst
arbeitenden Zentren lernen langsam, vergessen aber nur schwer.
Nur Krisen bewirken in der Regel eine Umstrukturierung. Es kann
passieren, dass in einer solchen Krise eine nicht sinnvolle Handlung
mit der Ausschüttung von Endorphinen verknüpft wird.
Wenn eigenes Verhalten nicht als erfolgreich und emotional befriedigend
erlebt wird, fehlt der Ausstoß von Dopaminen und Serotoninen,
es entsteht ein Mangel an Glücksgefühlen. Je länger
der emotionale Mangelzustand besteht, desto stärker bestimmt
er die Persönlichkeitsstruktur, desto tiefer ist er in Gehirnschichten
verankert, desto schwieriger ist eine Veränderung herbeizuführen.
Drogen vermögen die fehlenden Glücksgefühle auszulösen,
denn das mesolimbische-mesokortikale Dopaminsystem ist auch die
gemeinsame Endstrecke des Angriffspunkts von Suchtstoffen wie
Kokain, Alkohol, Amphetaminen, Haschisch etc. Diese Stoffe bewirken
die Frei-setzung von Dopamin und körpereigenen Opiaten,
ohne dass dafür etwas getan werden muss.
Drogen wirken nicht bei allen Menschen gleich und führen
nicht bei allen zur Abhängigkeit. Ein Faktor ist z.B. die
genetische Prädisposition. Auf jeden Fall wirken Drogen
stärker belohnend als natürliche Belohnungsstoffe und
-situationen. Allerdings brauchen Körper und Psyche nach
einiger Zeit die Zufuhr der Droge, um ihren Normalzustand aufrecht
zu erhalten. Die Droge verliert schnell ihre positive Wirkung,
da sich das körpereigene System umstellt. Recht schnell
wird die Droge nur noch genommen, um Entzugserscheinungen, also
negative emotionale / schmerzhafte Zustände, zu bekämpfen.
Fatalerweise wertet das Limbische System dies ebenfalls als Belohnung.
Essstörungen entstehen häufig, wenn eine Diät
- meist in Kombination mit Sport - in einer depressiven Phase
begonnen wird. Sportliche Erfolge und Gewichtsabnahme werden
von der Gesellschaft belohnt und führen so zu emotionaler
Befriedigung. Der Körper reagiert auf die für ihn bedrohliche
Situation des Abnehmens mit der Ausschüttung von Endorphinen,
das Wohlbefinden wird zusätzlich gesteigert.
Irgendwann kann das Verhalten aller-dings nicht mehr gesteigert
werden, um das Verlangen nach Endor-phinen zu befriedigen. Es
kommt zum Zusammenbruch.
In ähnlicher Weise verlieren auch exzessive Verhaltensweisen
schnell ihre Wirkung, wenn sie den grundlegenden emotionalen
Mangel nicht beseitigen können oder vom Lim-bischen System
auf Dauer nicht entsprechend belohnt werden. Die Reizschwelle
muss immer höher gesteckt werden, um den sogenannten Kick
auszulösen.
Da die beschriebenen Prozesse im Wesentlichen unbewusst ablaufen,
vermag Einsicht unser Handeln kaum zu verändern, so lange
das Limbische System nicht konform mit dieser Einsicht geht.
Ob Menschen suchtgefährdet sind, hängt von einer Reihe
von Faktoren ab. Selten gibt es nur einen einzigen Auslöser.
Im Wesentlichen kann man drei Ursachenfelder benennen:
· der / die Einzelne mit seiner Persönlichkeit und
Lerngeschichte
· Gesellschaftliche Faktoren
· das Suchtmittel
In der Regel wirken die Ursachenfelder in unterschiedlichem Maße
zusammen und bedingen einander. Betrachtet man allerdings die
Ergebnisse der Hirnforschung, so kann man sagen, dass die Prägung
unseres Gehirns und damit die unserer Persönlichkeitsstruktur
in den ersten Lebensjahren eine große Rolle spielt.
Als besonders stabile Suchtmittel, die vielen Versuchen Standhalten,
die Sucht zu bekämpfen können im nichtstofflichen Bereich
Subkulturen, Pararllelgesellschaften und männerbündlerische
Sozialgrup-pierungen wirkungsvoll sein.
4. Das Recht auf Zufriedenheit und Erfüllung
Das Wort "Sucht" (germ. suhti-, ahd. suht, suft, mhd.
suht) ist nicht verwandt mit "suchen". Es geht auf
"siechen" (ahd. siechen, mhd. siuchan) zurück,
das Leiden an einer Krankheit. Im heutigen Sprachgebrauch ist
das Adjektiv "siech" (vergleiche auch engl. sick, ndl.
ziek) nur noch regional gebräuchlich.
Bereits 1888 definierte Meyers Konversationslexikon "Sucht"
als ein in der Medizin veraltetes Wort, das früher ganz
allgemein Krankheit bedeutete, z. B. in Schwindsucht, Wassersucht,
Fettsucht, Fallsucht, Gelbsucht.
Diese historischen Krankheitsbezeichnungen beschrieben meist
nur das auffälligste Symptom. Der Schwindsüchtige "schwindet
dahin", im Wassersüchtigen sammelt sich Wasser, der
Fettsüchtige ist zu fett, der Gelbsüchtige verfärbt
sich gelb, der Trunksüchtige trinkt zu viel. Durch Verwendungen
wie Tobsucht und Mondsucht wurde Sucht auch als krankhaftes Verlangen
verstanden. Daraus entstand im 20. Jahrhundert der moderne Suchtbegriff
im Sinne von Abhängigkeit. Anfänglich bezog er sich
nur auf die Trunksucht (Alkoholismus). Später wurden auch
andere Abhängigkeiten als Sucht bezeichnet.
Das oben Beschriebene könnte den Schluss nahelegen, dass
die Sehnsucht nach Zufriedenheit und Glückseligkeit als
dide einentliche Ursache des Suchtverhaltens bekämpft werden
müsste.
Ich meine jedoch, dass sich aus dem Beschriebenen ergibt, dass
das Ziel der Erfüllung eines zufriedenstellenden Lebens
ein berechtigtes Lebensziel ist. Nur muss die destruktive Zielsetzung
in unserer Gesellschaft, durch Medien und in der Werbung verbreitet,
und müssen zahlreiche religiösen und gesellschaftlichen
Irrtümer endlich infrage gestellt werden dürfen.
Man muss nicht der reichste, der angeberischste, der stärkste,
schönste usw. sein, und zufrieden zu leben. Man muss sich
nicht destruktiv gegen andere durchsetzen, um die entsprechende
gesellscftliche Anerkennung zu erhalten, die der Schlüssel
zur Zufriedenheit ist.
Angeberei ist das Eingeständnis, dass der betreffende Mensch
aus sich heraus seine Ziele nicht erreicht. Hilfreich wäre
eine gerechtere Gesellschaft, die nicht von den "besten
und erfolgreichsten Angebern und Lügnern" geführt
wird. Dann wäre Suchtverhalten seltener.
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